Review von Lars Peterke (mail) | 22.12.2009
Need for Speed war schon immer richtig klasse. Jedenfalls wenn es darum ging zu beweisen, wie man ein Franchise totwirtschaftet. Nachdem die als untergegangen gegoltene Serie mit Need for Speed Underground wieder ein Revival erlebte, ging es danach erneut schnurstracks bergab. Need for Speed Pro Street war auf Wii ein peinlicher Streetracing-Verschnitt und Need for Speed Undercover der verzweifelte Versuch, mit glattpolierten Filmsequenzen das schlecht aufgebauschte Gameplay zu kaschieren. Wir haben das vor einem Jahr dementsprechend mit einer passenden Wertung quittiert. Jetzt, ein Jahr später, gibt es wieder die nächste Packung Need for Speed. Mit reduzierten Elementen und Fokus auf das Wesentliche gelobt EA Besserung. Und wirklich: Das neue Need for Speed Shift fährt auf Metacritic in jenen Wertungsbereichen, wo die Zahlen grün statt rot oder gelb markiert werden. Und interessanterweise bekommt die Wii diesmal keinen HD-Abklatsch, sondern ein komplett eigenes Need for Speed mit dem Zusatztitel „Nitro“. Eigentlich hatten wir uns jetzt schon die Hände gerieben. Abschlachten wollten wir es. Niedermachen und zerstückeln, sodass EA sich nie wieder traut, auch nur an ein halbherziges Rennspiel für die Wii zu denken. Aber WiiX-Redakteure sind leicht zu bestechen. Am besten mit einem guten Spiel. Und nicht nur das trifft auf Need for Speed Nitro zu. Es ist zudem sogar ein kleiner Ersatz für F-Zero.
Arcadelastig und auf den Punkt
Nach dem kurzen Intro und einem netten Einführungsvideo zur Steuerung wirft euch das Spiel sehr direkt ins Hauptmenü, wo ihr außer Arcade- und Karrieremodus eigentlich kaum Auswahl habt. Zunächst müsst ihr gewissermaßen entscheiden, wie ihr Need for Speed Nitro spielen wollt. Nur mit der Wii-Fernbedienung oder zusammen mit einem Wii-Wheel, Nunchuk oder Classic-Controller? Zusätzlich könnt ihr auch mit einem Gamecube-Pad spielen. Für jeden Spielertyp ist etwas dabei und bei jeder dieser Steuerungsvarianten funktioniert das Spiel super.

Wählt ihr anschließend die Karriere, sucht ihr euch erst einmal ein Fahrzeug aus. Gemäß dem leicht abgedrehten Spieldesign startet ihr im Bronze-Cup stilecht mit einem uralten VW-Bus oder einer Renault-Gurke für Omis und spielt euch dann langsam Caddys, Lambos oder andere Sportflitzer frei. Spielt ihr auf Silber oder Gold, gibt es für euch auch die schnelleren Flitzer. Nun gilt es aber vorerst, eure erste Karre zu lackieren, mit einem Logo auszustatten und ein paar Bauteile der Karosserie aufzumotzen. Anschließend startet ihr eure Karriere dann in Rio de Janeiro. Das komplette Spiel beinhaltet fünf Städte und einen Grand Prix.
Jede Stadt hat eine Reihe von Events zu bieten, die ihr alle mit maximal fünf Sternen abschließen könnt. Das sind dann beispielsweise Rundkurs-Rennen, Drift-Wettbewerbe oder Duelle der Marke „Last Man Standing“, bei denen alle 30 Sekunden der letztplatzierte Fahrer rausfliegt. Neue Modi, die man bisher aus keinem NfS-Titel kennen könnte, gibt es aber nicht und man zelebriert die seit jeher bekannten Varianten. Mit den gesammelten Sternen aus den Events schaltet ihr dann prinzipiell alles frei: neue Autos, Events, Städte und Tools zum Modifizieren eurer Fahrzeuge.
Die Events selbst geben sich erstaunlich reduziert. Beschleunigen mit dem A-Knopf, Driften und Bremsen mit dem B-Knopf und Lenken je nach Steuerungsart mit dem Stick am Nunchuk oder durch Neigen der Wii-Fernbedienung. Der Nitro wird durch Schütteln der Wiimote aktiviert. Mehr müsst ihr dann auch gar nicht wissen. Das Spiel selbst bietet wenige Dinge, auf die ihr achten müsst. Neben euren Kontrahenten sind das eigentlich nur Fahrzeuge, die sich auf der Strecke tummeln, sowie die Polizei, die euch gerne nervt. Ihr müsst dann weitgehend die aktuelle Spielsituation zu euren Gunsten nutzen beispielsweise, indem ihr Nitro sammelt, weil ihr im Windschatten des Gegners fahrt.

Zweierlei Items gibt es während der Rennen zu sammeln: Schraubenschlüssel, die euer Vehikel reparieren und ein Polizeiemblem, das bei der Aktivierung die Cops auf den Kontrahenten vor euch hetzt. Rammt ihr Gegner oder die Bande, nimmt euer Fahrzeug Schaden und die Cops bemerken euch, falls sie in den Crash involviert sind. Schaden am Wagen beeinflusst immer die Verfügbarkeit von Nitro, was auf Grund des Gameplay-Settings euren sicheren Tod bedeuten kann. Sofern verfügbar, macht euch das Spiel dann aber darauf aufmerksam, dass ihr einen Schraubenschlüssel besitzt und ihn mit dem Z-Knopf benutzen könnt. Die Cops werdet ihr hingegen nur los, wenn ihr ihnen geschickt davonfahrt.
Je nach Leistung bekommt ihr dann pro Event Sterne verteilt. Wollt ihr fünf Sterne, müsst ihr ein Rundkurs-Rennen also schon gewinnen. Landet ihr nur auf dem dritten Platz, gibt es weniger Sterne. Damit gilt das Event zwar ebenfalls als abgeschlossen, doch reichen die gesamten Sterne womöglich nicht aus, um das nächste Areal freizuschalten. Dann müsst ihr vergangene Events erneut spielen und euch verbessern. Generell aber ein positiver Schachzug im Spielkonzept, dass Spielfrust in erster Instanz vermieden wird, obgleich Need for Speed Nitro schon auf der Karriere im Bronze-Niveau nicht immer leicht ist.
F-Zero-Flair und gute Präsentation
Need for Speed Nitro ist in erster Linie also sehr reduziert und dazu noch verdammt schnell und hier und dort kommt ein wenig F-Zero-Feeling auf. Schließlich müsst ihr wie auch in Nintendos Futurismus-Racer eigentlich nur geschickt fahren, eure Boost- (bzw. hier Nitro-) Leiste füllen und dann im richtigen Moment den Turbo einlegen, um bei Drag-Rennen, Radarfallen oder Rundkursrennen die Nase vorn zu haben. Zusätzlich zur Karriere könnt ihr im Arcade-Modus mit bis zu drei Freunden auch direkt drauflos fahren, was die Kurzweiligkeit des Titels noch mehr fördert. Im sogenannten Showroom, dem letzten Punkt im Hauptmenü, könnt ihr dann eure eigenen Vehikel betrachten. Need for Speed Nitro bietet euch viel mehr Möglichkeiten zur Modifikation eurer Wagen, als es bei vorherigen Serienablegern auf Wii der Fall war, sodass dieser Menüpunkt sogar Sinn macht.

Abgerundet wird das Spielgefühl durch die gute Präsentation, angefangen bei der ordentlichen, deutschen Synchronisation und der Hintergrundmusik. Beispielsweise zu Songs von Rise Against heizt man über die Strecken und auch die Motorengeräusche sind diesmal kein nerviges Heulen. Grafisch hat sich ebenfalls ein wenig getan. Die Autos sind wesentlich besser als solche zu erkennen und auch die von euch aufgesprühten Decals lassen sich beim Spielen erkennen. Die Umgebungsgrafik kann mit besseren Texturen als üblich punkten und alles wirkt weniger verpixelt, als es noch bei Need for Speed Undercover der Fall war. Sicher ist nach wie vor einiger Spielraum nach oben hin offen, jedoch rückt die Grafik bei diesem Need for Speed recht schnell hin den Hintergrund. Spätestens wenn ihr die zweite Stufe eures Nitros zündet, fliegt die Umgebung nur so an euch vorbei. An diesen Stellen bleibt das Spiel positiverweise trotzdem flüssig und verstärkt den Eindruck, dass hier zum ersten Mal alles aus einem Guss kommt und zusammenpasst. Fazit: Mit Need for Speed Nitro geht EA zum ersten Mal den richtigen Weg mit seiner Rennserie auf Wii. Das Gameplay wurde stellenweise zurückgeschraubt und die übrig gebliebenen Elemente sind im Gegenzug entsprechend ausgereift. Die Grafik wurde leicht verbessert, passt gut zum Spielsetting und gibt zusammen mit dem Soundtrack und den Soundeffekten eine runde Präsentation ab, die diesmal auch „gewollt“ wirkt, anstatt den Eindruck zu erwecken, man müsse mit haufenweise Kompromissen leben. Lob verdient sich EA auch für die Steuerung, die mit den vielen Modi keine Wünsche offen lässt. Auch die simple Ausrichtung gefällt und Need for Speed Nitro ist ein super Spiel für zwischendurch, das aber dennoch genug Tiefe bietet und Casual- und Core-Gamer gleichermaßen anspricht, ohne dabei zu über- oder unterfordern. Dennoch gibt es Schwachpunkte. Zunächst existiert nach wie vor kein Online-Multiplayer. Auch wenn EA diesen offenbar für nicht notwendig erachtet, muss man unter Beachtung von fast schon alten Eisen wie Mario Kart Wii an dieser Stelle Punktabzug geben. Ebenfalls negativ stößt einem auf, dass der Arcade-Faktor nicht streng genug durchgezogen wurde und man auf einige Modi verzichten muss. Online-Ranglisten und kleine Renn-Herausforderungen sind also genau so wenig Bestandteil des Spiels wie ein Tuning-Modus, was noch super zum Spiel gepasst hätte. Dennoch verdient EA viel Lob dafür, diese Serie auf Wii aus der Versenkung gehoben zu haben. Für die Pole-Position fehlt aber noch ein bisschen.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Need for Speed Nitro | |
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| 7.4 | Grafik Diesmal eine gute, rund präsentierte Grafik, die aber natürlich nach wie vor Spielraum nach oben bietet, sich aber schon einmal erkennbar von den NfS-Vorgängern absetzt. | |
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| 8.5 | Sound Gute Sounds und Musiktracks, wobei es bei letzterem etwas mehr hätten sein dürfen. | |
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| 8.6 | Steuerung Die vielen Konfigurations- und Spielmöglichkeiten sind klasse. Nur die Steuerung mit der Wii-Fernbedienung einzeln hat uns nicht optimal gefallen. | |
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| 7.8 | Gameplay Der Arcade-Anstrich steht dem Spiel außerordentlich gut, allerdings leidet es im selben Atemzug unter nach wie vor fehlenden Online- und Challenge-Modi. | |
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| 8.0 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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