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Blazing Angels: Squadrons of WWII
Review von Andreas Held (mail) | 05.04.2007

Wer den Namen "Blazing Angels" hört, denkt wohl zuallererst einmal an eine kitschige Seifenoper im Vormittagsprogramm von RTL, wahrscheinlich eine neue Ärzteserie. Erst zusammen mit dem Untertitel, nämlich "Squadrons of World War II", bekommt man eine nähere Vorstellung, worum es sich bei diesem Spiel handelt. Wie bereits in sehr vielen anderen Spielen zuvor, wurde hier der Zweite Weltkrieg versoftet. Im Gegensatz zu fast allen anderen Studios entschieden sich die Entwickler von Ubisoft Bukarest jedoch dazu, die Luftkämpfe ins Rampenlicht zu stellen. Zum ersten Mal seit Iron Aces auf der Dreamcast darf man also die Schlachten gegen Wüstenfuchs Rommel und viele andere entscheidende Punkte des Zweiten Weltkriegs von oben sehen. Ganz neu ist Blazing Angels allerdings auch nicht, denn das Spiel ist bereits Mitte letzten Jahres für die Xbox 360 erschienen und wurde nun für Wii portiert.

Nur Fliegen ist schöner
In Blazing Angels erlebt ihr die Geschichte des Zweiten Weltkriegs aus der Sicht eines einzelnen Soldaten, der aus Amerika abgezogen wurde und zu Beginn des Spiels der Royal Airforce dient. Der Verlauf des Kriegs wird hier zwar nicht neu geschrieben, allerdings erzählt der namenlose Hauptcharakter ein bisschen vom Kriegsgeschehen, um den Spieler etwas in das Spiel einzubinden. Zu Beginn der Kampagne steht jedoch erst einmal die Aufnahmeprüfung an, die gleichzeitig auch als Tutorial dient. Gesteuert wird das Flugzeug in der Standardeinstellung durch Neigen des Nunchuks, was meiner Meinung nach absolut nicht funktioniert; glücklicherweise gibt es in den Einstellungen jedoch auch eine klassische Variante, in der die Maschinen mit dem Analogstick navigiert werden. Nach einer entsprechenden Mitteilung in der Tutorial-Mission, darf man also mit dem Doppeldecker durch die Luft fliegen, und dann passiert eine ganze Zeit lang absolut gar nichts. Man fliegt also erst mal ein paar Minuten ziellos durch die Gegend, bevor es weiter im Text geht. Danach folgen einige elementare Schiessübungen auf unbewegliche Ziele: Zunächst werden Wetterballons zerschossen und danach eine Kirche mit Klopapier "bombardiert". Außerdem erfolgt eine Einführung in die so genannte Verfolgungskamera, die sich nicht auf das eigene Flugzeug, sondern auf das anvisierte Ziel fokussiert. Diese Kameraeinstellung ist absoluter Suizid, da man weder sehen kann, in welche Richtung man fliegt noch was sich vor dem eigenen Flugzeug befindet. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis man auf den Boden oder in den nächsten Baum stürzt, ohne es vorher irgendwie gesehen zu haben. Zum Abschluss der Trainingsmission werden ein paar plötzlich auftauchende deutsche Aufklärungsflugzeuge vom Himmel geholt, bevor es dann endlich losgehen kann.

Einheitsbrei
Leider stellt sich eine sehr starke Ernüchterung ein, wenn sich herausstellt, dass das komplette Spiel fast nur aus den beiden im Tutorial vorgestellten Elementen besteht. Kleine Highlights, wie eine Verfolgungsjagd knapp über der Oberfläche der Themse oder ein Aufklärungsflug, der zwar nicht besonders spannend, aber immerhin eine Abwechslung ist, sind sehr rar gesät. Es geht also fast immer nur darum, innerhalb eines Zeitlimits entweder eine Bomberstaffel oder eine Gruppe Jagdflugzeuge abzuschießen oder bestimmte Bodenziele zu bombardieren. Noch schlimmer ist, dass sich das selbe Ziel während einer Mission sehr oft wiederholt: Ist die erste Bomberstaffel besiegt, kommt die zweite, dann die dritte, die vierte, und die fünfte ist endlich die letzte. Es erinnert sehr stark an das Liebeslied von Thomas D: Die selbe, ohnehin nicht sehr prickelnde Sequenz, wird so oft wiederholt bis sie einem zum Hals raushängt.



Ein weiteres sehr großes Manko von Blazing Angels ist der sehr chaotische Schwierigkeitsgrad. Bereits in der ersten Mission muss ein LKW-Konvoi von einer Brücke fern gehalten werden, der sich jedoch erst wenige Meter vor der Brücke materialisiert. In kürzester Zeit muss nun jeder einzelne LKW erfolgreich bombardiert werden, eine Aufgabe, die frühestens beim fünften Versuch gelingt, und in der ersten richtigen Mission nicht gerade motivierend ist. Danach bleibt es eine ganze Zeit lang sehr ruhig, bis in der Pearl-Harbor-Mission selbst den verbissensten Gamern der Garaus gemacht wird. Hat man anfangs noch jeweils zehn Minuten für zwei kleine Bomberstaffeln, sollen danach 20-30 japanische Kampfjäger innerhalb von sieben Minuten unschädlich gemacht werden, was meiner Meinung nach nicht zu schaffen ist. Selbst wenn man nur 15 von ihnen erwischt, ist das eine sehr gute Leistung, zumal es aufgrund der sehr trägen Steuerung schon recht schwierig ist, das eigene Flugzeug sieben Minuten lang überhaupt in der Luft zu halten. In einem Spiel, das ohnehin nichts Besonderes bietet, macht ein derart hoher Schwierigkeitsgrad auch den letzten Funken Motivation zunichte. Die insgesamt 20 Missionen hätte man eigentlich innerhalb von drei, vier Stunden durchgespielt, aufgrund der eingestreuten kniffligen Passagen ist jedoch mit einigen Überstunden zu rechnen. Blazing Angels ist actionreich und macht zeitweise sogar Spaß, letztendlich kann es jedoch nicht überzeugen.
Der Grund dafür dürfte sein, dass die für die Xbox 360 entwickelte Originalversion eher auf den Online-Multiplayermodus ausgelegt war, und die Einzelspieler-Kampagne eher schmückendes Beiwerk sein sollte. Der Multiplayermodus wurde bei der Portierung zwar nicht wegrationalisiert, aber was man auf der Xbox mit acht oder mehr Spielern online spielen kann, ist nun maximal zu zweit und im Splitscreen möglich. Es ist wohl überflüssig, darüber wertende Worte zu verlieren.

Einheitsbrei, die zweite
Eine absolute Beleidigung für jedes Zockerauge ist jedoch die Grafik, die man selbst auf dem N64 schon als schlecht empfunden hätte. Das erste, was man im Tutorial zu Gesicht bekommt, ist hässlicher grüner Matsch und starkes Flimmern. Den Vogel abschießen tut jedoch der etwas von der Landebahn entfernte Fluss, der einfach eine blaue Textur ist, die über den grünen Matsch gelegt wurde. Von oben sieht das Ganze aus wie ein misslungener Mode 7-Effekt auf dem Super Nintendo. Und als wäre das alles noch nicht genug, ziehen unerklärliche Framerateeinbrüche den Eindruck noch weiter herunter. Später gibt es zwar einige Missionen, die deutlich besser aussehen, allerdings kommt die Grafik fast nie auch nur an Dreamcast-Niveau heran. Dass Blazing Angels auf Wii nicht so gut aussehen kann, wie auf der Xbox 360, ist klar, aber aktuelle Trailer zu Spielen wie Super Mario Galaxy haben gezeigt, dass auch mit Nintendos Konsole einiges möglich ist und sicherlich deutlich mehr als hier abgeliefert wurde.
Im krassen Gegensatz dazu ist die akustische Seite des Spiels durchweg gelungen. Die belanglose Musik hält sich sehr stark im Hintergrund, doch der Funkverkehr, zahlreiche Explosionen und etliche andere Umgebungsgeräusche erzeugen trotz der indiskutablen Grafik eine dichte Athmosphäre. Sei es das Pfeifen einer abgeworfenen Bombe, ein feindlicher Pilot, der sich in seiner Landessprache mit seinen Verbündeten unterhält, oder das Rattern der eigenen Maschinengewehre - in Blazing Angels ist sehr viel los und zumindest die Soundkulisse des Spiels kann durchweg überzeugen.
Bevor ich das Review abschließe, seien hier noch die zahlreichen Bugs zu erwähnen. Die deutschen Untertitel sind oft falsch übersetzt und selbst der Funkverkehr der Deutschen wurde an einer Stelle falsch untertitelt (der Pilot rief "Unmöglich!" und im Text stand "Nein, Heinrich!"). Storysequenzen brechen mittendrin ab, in einer Zwischensequenz sitzt mein Pilot plötzlich in einem anderen Flugzeug, laut Missionsstatistik wurden 67 von 55 Gegnern abgeschossen und trotz einer deutlichen Überschreitung des dafür angesetzten Zeitlimits gab es die bestmögliche Auszeichnung. Diese Fehler machen das Spiel zwar nicht kaputt, aber falls sie in der Originalfassung noch nicht vorlagen, ist das neben der Grafik ein weiteres sehr deutliches Zeichen dafür, dass für die Wii-Portierung sehr wenig Zeit geopfert wurde.

Fazit:
Blazing Angels: Squadrons of World War II ist nicht das schlechteste Spiel, das ich jemals gespielt habe, und es gibt auch innerhalb des Genres schlechtere Beispiele (Deadly Skies oder auch Iron Aces zum Beispiel). Vergleicht man es jedoch mit Spielen wie Ace Combat IV, werden extreme Unterschiede deutlich, vor allem was Story und Missionsdesign angeht. Es ist, als würde man Haferschleim und Pizza, oder Angela Merkel und Mirjam Weichselbraun miteinander vergleichen. Blazing Angels ist uninspiriert, monoton, technisch extrem veraltet, an einigen Stellen frustrierend schwer, sehr kurz und insgesamt einfach nur langweilig. Es ist eigentlich erschreckend, dass das 1995 für die Playstation erschienene Air Combat nicht nur spielerisch besser und umfangreicher ist, sondern auch optisch problemlos mithalten kann. Treue Nintendo-Fans, die sich unbedingt mal in die Lüfte erheben wollen, können sich das Spiel mal ansehen. Alle anderen sollten tunlichst zu einem der Ace Combat-Teile greifen.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Blazing Angels: Squadrons of WWII
Wertungen Beschreibung
3.5Grafik
Das meines Wissens nach häßlichste Wii-Spiel bisher und eine Beleidigung für die Netzhaut.
7.8Sound
Banale Hintergrundmusik, aber athmosphärische und gelungene Geräuschkulisse.
6.9Steuerung
Schwammig und träge, insgesamt noch akzeptabel.
5.9Gameplay
Mal zu leicht und mal viel zu schwer, immer extrem monoton.
5.7Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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