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DJ Hero
Review von Lars Peterke (mail) | 12.11.2009

Es musste ja so kommen: Nach dem großen Erfolg von Guitar Hero muss die Marke gemolken werden. In Kürze wird es „Band Hero“ zu kaufen geben, ein Abklatsch mit poppiger Setlist (als wäre schon die Setliste zu Guitar Hero 5 nicht poppig genug gewesen), um auch die Singstar-Zielgruppe anzusprechen, damit sie überteuerte Plastikgitarren kaufen. Für alle Hopper, Discomachos und „New Dubby Conquerors“ jedoch musste man sich etwas anderes einfallen lassen als ein Guitar Hero mit Maroon 5 und Konsorten. Die Idee liegt auf der Hand: ein innovatives DJ-Spiel, das man dann DJ Hero nennt. Wem sich nicht schon jetzt die Nackenhaare sträuben, der hört wohl auch Robbies „Reality Killed The Video Star“ mit Genuss und ist nur wegen dieser Scheibe zum Media Markt geheizt, vor allem, weil der Mario Barth das ja auch macht und so. Und dabei haben Robbies Disconummern auf seinem neuen Album, die Witze von Mario Barth und der Elektronikfachmarkt mit der superkompetenten Beratung eines gemeinsam: Sie sind alle mindestens so ausgelutscht, wie ein Videospiel namens „Beatmania“ von Konami alt ist. Steilvorlage also für einen astreinen Verriss, bei dem sich der WiiX-Leser vor Lachen auf dem Boden kugelt. Wäre da nicht dieses verflixte kleine Detail: DJ Hero ist verdammt gut geworden.

Das Spielprinzip bei den DJ’s
Wer sich traut, 110 Tacken für DJ Hero auf die Ladentheke zu legen, der darf erst einmal vor allem eines: mit einer knallbunten großen Verpackung stolz wie Oskar aus dem Laden marschieren. Zuhause angekommen und ausgepackt, offenbart sich einem dann ein schlichter, aber wirklich hübsch gestalteter und zudem sehr durchdachter Turntable-Controller. Dieser ist in zwei abtrennbare Elemente (zur Modifizierung für Linkshänder) aufgeteilt: Das Turntable mit drei Knöpfen (Grün, Rot, Blau) und das Mixer-Element mit einem Control-Stick, Plus- und Minusknopf, einem großen Button sowie einem Lautstärke- und Schieberegler.



DJ Hero zu spielen bzw. den Controller zu bedienen, ist nun recht simpel. Wodurch das Spiel erst schwierig wird, ist die Mischung aus allem, weshalb ihr auf höheren Schwierigkeitsgraden richtig herumwirbeln müsst, wodurch beim Spielen dann auch die gewisse Intensität und ein wenig DJ-Feeling entstehen. Die Grundsteuerung ist aber relativ klar strukturiert. Gespielt wird auf drei Spuren. Diese sind gleichzusetzen mit den bunten Tasten, die bei Guitar Hero auf euch zufliegen, nur dass es hier eben drei statt fünf sind: grün, rot und blau.

Immer wenn eine Taste auf der jeweiligen Spur den Bildschirmrand erreicht, müsst ihr den entsprechenden farbigen Knopf auf dem Turntable drücken. Ähnlich wie in Guitar Hero gibt es auch längere Töne. Hier müsst ihr den Knopf am Turntable für eine gewisse Zeit gedrückt halten und dabei das Turntable fortlaufend vor- und zurück bewegen. Das ist dann Scratchen. Um das Ganze noch etwas schwieriger zu gestalten und eure Links-Rechts-Motorik zu fördern, kommt der Schieberegler ins Spiel. Die beiden äußeren Spuren (Grün und Blau) werden im Laufe eines Songs hin und wieder nach außen verschoben. Bei solchen Umstellungen müsst ihr den Schieberegler entsprechend nach links, rechts oder wieder zurück in die Mitte setzen. Im Grunde also noch recht einfach alles: Knöpfe drücken, bei langen Tönen den Knopf gedrückt halten und scratchen und parallel dazu den Schieberegler einstellen.

Recht schnell werdet ihr aber dann auch mit den Kommandos für Fortgeschrittene konfrontiert. Zum einen werden die Scratchings variiert. Normalerweise müsst ihr den Turntable nur vor und zurückdrehen, doch es gibt auch Scratchings, bei denen ihr eine Bewegungsfolge ausführen müsst, beispielsweise „hoch, runter, hoch“. Solche festgelegten Bewegungen gibt es auch als Einzelnote. Hier müsst ihr in einem exakten Moment den richtigen Knopf drücken und zeitgleich etwas in die richtige Richtung scratchen.

Für den Schieberegler hat man sich sogenannte „Spitzen“ ausgedacht, die als Stachel auf den äußeren Spuren erscheinen. Hier müsst ihr im Bruchteil einer Sekunde den Schieberegler beispielsweise nach links und dann wieder zurück in die Mitte schieben. Dazu gesellen sich kleine Bonusfeatures. An bestimmten Stellen im Song könnt ihr den Sound mit dem Lautstärkeregler verzerren. Ist die rote Spur dick markiert, könnt ihr beliebig oft den roten Knopf am Turntable drücken, um Sprachsamples in den Song einzubauen. Und habt ihr genug Noten hintereinander ohne Fehler gespielt, bekommt ihr einen Rewind. Ihr könnt dann das Turntable zurückdrehen und so den Song zurückspulen, um eine Passage erneut zu spielen.



Zu guter letzt gibt es die Starpower, nur dass man sie hier Euphorie nennt. Spielt eine Notenfolge perfekt, um Euphorie zu sammeln. Habt ihr genug davon, wird ein großer Button auf dem Controller rot beleuchtet und ihr könnt ihn drücken, um die Euphorie zu starten. Dann gibt es einen großzügigen Punktemultiplikator und das Spiel steuert zur Entlastung den Schieberegler für euch.

Guter Spielaufbau contra Feature-Armut
Die von uns gerade so kompakt erklärte Steuerung wird im Spiel ebenfalls hervorragend in zwei Tutorials erklärt. Anschließend könnt ihr sofort mit dem Spielen loslegen. Dabei ist der Aufbau etwas anders gehalten als die Tour-Etappen in Guitar Hero. Man kann sich das bei DJ Hero eher wie Kapitel vorstellen. Jedes Kapitel hat ein Thema, beispielsweise rocklastige Mixes oder Hiphop-orientierte Mixes. Wählt ihr ein Thema aus, müsst ihr anschließend eine ganze Setlist am Stück spielen.

Je weiter ihr kommt, desto schwieriger und länger werden die Setlisten. Diese bestehen aus den einzelnen Songs, wobei im Falle von DJ Hero wohl eher der Begriff „Mashup“ richtig ist. Damit bezeichnet man einen Song, der aus zwei Songs von einem DJ zusammengemixt wurde. So entstehen beispielsweise Kombinationen wie Daft Punk vs. Queen oder The Killers vs. Eric Prize. Eben solche Mashups müsst ihr bei DJ Hero spielen. Kommt ihr so langsam ans Spielende, dürft ihr auch Sets von Daft Punk oder Jay-Z spielen. Hier treten die Protagonisten auch selbst auf den Plan und ihr könnt beispielsweise das französische DJ-Duo auf eurem Bildschirm mixen sehen.

Natürlich ist hier irgendwann Ende der Fahnenstange, auch wenn das Spiel stolze 96 Mashups zum Spielen anbietet und ihr im Online-Musikladen weitere Songs kaufen könnt. Abseits der einzelnen Kapitel bzw. Setlisten gibt es aber erstaunlich wenig zu entdecken. An Locations gibt es circa acht Stück, bei den spielbaren Charakteren ungefähr dasselbe. Einen Charaktereditor gibt es hingegen nicht. Es ist, als habe Activision hier die Zeit zurück gedreht. Oder man wollte im Voraus Argumente für potentielle Nachfolger schaffen. Traurig, aber wahr. So ist das einzige, was ihr tun könnt, die Modifizierung und Auswahl eures DJ-Pults in Form und Farbe.

Ein tolles Feature gibt es dann aber doch. Hiermit sind wir beim Multiplayer-Modus angelangt. Spielt ihr diesen, fragt euch das Spiel nach DJ- oder Gitarrenset, was die Auswahl der anschließend angezeigten Songs beeinflusst. Der Clou dahinter ist ganz simpel. Während ihr am Mischpult mixt, kann ein zweiter Spieler an der Gitarre rocken. Ihr braucht also keinen zweiten Turntable-Controller, sondern drückt eurem Kumpel einfach die Plastikklampfe aus Guitar Hero in die Hand und er kann dann das Riff von „Somebody Told Me“ spielen, während ihr das Ganze durch den DJ-Mixer knallt.

Viel mehr gibt es aber leider nicht zu entdecken. Bedenkt man üppige Features wie den Song-Editor oder das Jam-Feature aus Guitar Hero 5, wirkt DJ Hero dagegen sehr blass. Gerade hier wäre es doch spitzenklasse, wenn man zu einigen Songs nach Belieben scratchen und mixen könnte. Doch bevor wir dies Activision zur Last legen, gedenken wir der vielen penetranten DJs, die sich darüber wahrscheinlich freuen und Activision deshalb nicht verklagen, wie es Courtney Love oder No Doubt bei Guitar Hero tun.



Saubere Präsentation, fragwürdige Peripherie
Denkt man an die Zeit um Guitar Hero 3, erfreut einen DJ Hero wirklich. Hier wurde von Beginn an offenbar an die Wii gedacht und die Grafik präsentiert sich dementsprechend gut. Zwar kann immer noch nicht gegen Rockband 2 angestunken werden, doch durch den Fakt, dass beim Spielen selbst das Augenmerk sowieso auf anderen Elementen des Spiels liegt, kann die Optik in DJ Hero durchaus im höheren Maße als gut befunden werden. Selbiges gilt natürlich für den Sound, der qualitativ gut gelungen ist. Nur die Synchronisation in Deutsch wirkt ein bisschen aufgesetzt. Einziges Manko sind hin und wieder kleine Details, beispielsweise das Verhalten der Crowd in den einzelnen Spielorten. Diese sind keinesfalls am Tanzen, wie man es in einer Disco vermutet, sondern machen stellenweise eher den Eindruck, sie hätten sich verlaufen und wollten eigentlich auf das Konzert von Coldplay.

Etwas mehr Fragen hingegen wirft der Controller auf. Dieser punktet zwar mit positiven Details wie einer Strukturoberfläche der drei Hauptknöpfe, die ein Abrutschen der Finger verhindern, doch bietet er auch etwas Raum für Kritik. Trotz der guten Verarbeitung wirkte der Schieberegler nicht optimal, bedenkt man die zentrale Rolle, die er im Spiel einnimmt. Hier gibt es für Activision noch Raum für Verbesserung. Ebenfalls sollte die interne Elektronik verbessert werden. Die scheint nämlich der Hauptgrund dafür zu sein, warum unser Controller nach einem Tag den Geist aufgab und sich seither alle 90 Sekunden beim Spielen aufhängt und das Spiel nicht mehr auf gedrückte Tasten anspringt. Ebenfalls interessant im negativen Sinne sind die Berichte einiger Nutzer in diversen Foren, die über Fehlerkennungen beim Scratchen und Rewind klagen. Sicher, gegen Vorlage des Kassenbons wird der Controller kostenfrei ausgetauscht, doch sollte man hier besonders beim stattlichen Paketpreis von 110€ nicht an der Hardware sparen. Dieser Preis macht es auch gleich doppelt ärgerlich, dass sich bereits eine Woche nach dem Release des Spiels Meldungen über Defekte häufen.

Fazit:
Derbe! DJ Hero schafft es, mit klugen Gameplay-Ideen mehr zu sein als ein Sellhout von Guitar Hero auf einem anderen Level. Die Setlist an Mashups überzeugt, die Steuerung funktioniert für einen ersten Teil einer hoffentlich aufstrebenden Videospiel-Serie erstaunlich gut (sieht man mal von unserem defektem Muster-Controller ab) und auch an Flair scheint einiges durch. Dennoch gibt es viel Raum für Verbesserungen. Charakter-Editor, mehr Locations, etwas bessere Grafik und Jam-Modi wären wünschenswert und definitiv im Bereich des Möglichen gewesen. Dennoch bietet das Spiel viel für Solisten und wagt man sich an die höheren Schwierigkeitsgrade, ist der Titel ähnlich fordernd wie Guitar Hero. Core-Gamer wird dies definitiv freuen. Sie können jetzt eine neue Profession erlernen, auf die viele Leute wahrscheinlich absolut gar nicht neidisch sein werden. Aber darum geht es hier ja auch schließlich nicht. Wer gemeinsam DJ Hero daddelt oder sich in ein Online-Match stürzt, wird viel, viel Spaß haben. Darum geht’s nämlich.

Von Lars Peterke
Wertung für das Spiel DJ Hero
Wertungen Beschreibung
8.5Grafik
Überzeugende Optik, die hier und dort aber natürlich etwas Feinschliff vertragen könnte.
9.3Sound
Alles ist auf dem gewünschtem Niveau, nur die Synchronisation wirkt hier und dort etwas aufgesetzt.
9.0Steuerung
Für einen Serien-Erstling erstaunlich ausgefeilt, die Controller-Hardware bietet aber noch Raum für Verbesserungen.
8.8Gameplay
Spaßiges und überzeugendes Spiel, dass jedoch wenig Modi-Vielfalt bietet und bei seiner richtigen Entfaltung des DJ-Flairs mit hohem Schwierigkeitsgrad einher geht.
8.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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