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Truck Racer
Review von Marian Wehmeier (mail) | 31.05.2010
Langsam wird es bedenklich: Seit ihrem Launch Ende 2006 sucht man gute Rennsimulationen auf der Wii vergeblich. Wir hatten Need For Speed Carbon, GT Pro Series und einige Versuche, die noch weniger ernst gemeint waren. Und nun, na ja, startet Truck Racer, ein Rennspiel mit allerlei rallye-untauglichen Fahrzeugen. Zudem ähnelt das Spiel auf gravierende Weise dem ebenfalls von Nordic Games programmierten Kart Racer - also einem Titel, dem der geschätzte Kollege Held, seit der Rezension auffällig deprimiert, trotz Budgetpreises ein ungenügendes Preis-Leistungsverhältnis testiert. Ach, ach.

Vermeidbare Fauxpas
Fehler erlauben sich die Entwickler bereits vor dem eigentlichen Spiel. Das unschöne und umständliche Menüdesign, mit unverständlichen Ladezeiten und einem zittrigen Windows-Cursor, lässt sich noch aushalten. Warum man allerdings keine Rennen veranstalten kann, die länger als eine Piste überdauern, bleibt offen. Ebenso, wieso zum Anfang nur ein Truck und eine Strecke freigeschaltet sind. Neue Fahrzeuge müssen erst durch direkte Duelle mit dem Computer, neue Strecken durch das Knacken von Rundenzeiten auf der entsprechenden Strecke erspielt werden. Auch der Optionsmangel hätte vermieden werden können. So müssen z.B. mindestens fünf Runden gefahren werden - bei Streckenlängen von meist gut zwei Minuten pro Runde wirkt das schnell zermürbend.

Das alles gipfelt dann in Übersetzungsfehlern: Amazon etwa übernimmt aus der Pressemitteilung, es gäbe einen "Multiplayer mit bis zu 8 Spielern" (gemeint sind hierbei nur die computergesteuerten Mitspieler), und der Verpackungstext bietet Sätze an wie "Gewinnen Sie Trophäen und schalten Sie Inhalt" oder gestelzte Eindeutschungen wie "Turbofunktion für den gewissen kleinen Vorteil". Jeder zweitklassige Lektor hätte diese Lapsus vermeiden können.

Undienliche Realitätsnähe
Im Rennen steuert man eines von acht Fahrzeugen, wie Monstertrucks, Löschwagen oder Hummer, über acht Strecken, durch Wüsten- und Winterlandschaften, durch französisches Industriegebiet und italienische Wälder. Am Anfang sorgt zunächst die Steuerung für Verwirrung, denn die Trucks lenken sich durchaus realistisch - mit anderen Worten: schwerfällig und sperrig. Gerade bei Spitzkehren muss man die Geschwindigkeit mittels Handbremse enorm drosseln, um nicht in der Auslaufzone zu landen. Selbst bei Flachbögen und normalen Kurven muss hart abgebremst werden, will man nicht vor die Leitplanke prallen.



So realitätsnah diese Physik sein mag, so wenig dienlich ist sie dem Spiel. Durch das ständige Vollbremsen kommt nur selten ein Gefühl für Geschwindigkeit auf, und die vielen Ausflüge ins Kiesbett, dank Untersteuerung, rauben den letzten Nerv (gerade, wenn beim Freischalten jede Sekunde entscheidend sein kann). Witzig ist hingegen, dass selbst die Computergegner unter der Steuerung zu leiden haben und regelmäßig im Verbund von der Strecke abkommen (siehe Bild). Warum wurde die Steuerung nicht sensibilisiert? Dass den Entwicklern das Problem mit den Lenkradien bewusst war, zeigen die riesigen Auslaufzonen. Die Tastenbelegungen, wie z.B. der Z-Knopf zum Beschleunigen, sind indes schlichtweg unsinnig.

Diese Probleme wecken Skepsis am Spielkonzept. Denn eigentlich sind z.B. Militär- oder Lieferfahrzeuge für Rennsimulationen nur bedingt geeignet. Was bei Wacky Races, 18 Wheeler oder beim vorbildlichen Excite Truck wunderbar funktioniert, krepiert in realistischen Simulationen - aufgrund des Realitätsanspruchs. Dieser Anspruch, den das Spiel für sich behaupten möchte, wird zudem geschmälert durch eine ulkige Kollisionsphysik (Fahrzeuge fallen auf die Seite und kippen wieder wie Stehaufmännchen) und ein minimalistisches Schadensmodell. Ganz zu schweigen vom undurchdachten Turboboost.

Bemühungen
Die schwierige und für Einsteiger unfreundliche Steuerung erstickt jede Spielfreude schnell. Die Grafik von Truck Racer, auch auf der Dreamcast nur durchschnittlich, wirkt unkreativ und flüchtig realisiert. Die Framerate bricht, trotz leeren Landschaftsszenerien, spartanischem Streckendesign und maximal sieben Mitfahrern, regelmäßig ein, und die Fahrzeuge wirken ohne Lichteffekte wie Spiegelungen allesamt matt und wenig plastisch. Ach, ach. Wenn man nur ein einziges Baumobjekt modelliert, dies aber achtzig Mal um die Strecke herum platziert, sagt das viel über die Bemühungen der Entwickler aus.

Die Bemühungen für den Sound sind ähnlich minimalistisch. Ein paar wenige der rockigen Instrumentalstücke besitzen zwar fast soetwas wie Ohrwurmqualitäten, generell überwiegen jedoch die nach Proberaum klingenden Songs mit einfachen Riffs und wenig ausgeprägter Melodik. Schlimm wird es bei den Motorengeräuschen, die gelegentlich klingen wie das Knurren und Fiepsen von ängstlichen Hunden. Und wenn man Pech hat, verheddert sich dank Programmierfehler das Soundskript - dann hört man das ganze Rennen über einen scratchigen Dreisekunden-Loop des jeweils gespielten Songs.



Recycling Racer
Für Truckfans könnte das Spiel dennoch, gerade im Mehrspielermodus, etwas reizvoll sein. Die sperrigen Giganten unter Kontrolle zu bringen, Pistenzeiten zu meistern und Trophäen freizuschalten, kann als Bestreben durchaus für Motivation sorgen. Die Frage ist, wie intensiv sich Spieler mit Truck Racer auseinander setzen wollen. Der Versuch, eine realistische Steuerung einzubauen, verdient auf jeden Fall Lob. Da das Gesamtpaket jedoch schludrig konzipiert und voll von vermeidbaren Fehlern ist, bietet sich Liebhabern von Rennspielen wenig Anreiz zum Weiterspielen.

In diesem Zusammenhang muss noch mal auf Kart Racer verwiesen werden. Wer nur eines der Spiele kennt, wird nichts spitzkriegen. Alle anderen merken, dass nicht nur das komplette Menüdesign, Interface und Coverlayout (abzüglich anderem Motivs), sondern selbst Musikstücke und Soundeffekte aus Kart Racer wiederverwertet wurden. Dass die Grafikengine dieselbe ist, bedarf keiner Ausführung. Somit ist Truck Racer, drastisch ausgedrückt, nur ein Recycling-Produkt, mit Trucks anstatt Karts. Allerdings sind die Fahrzeuge und Strecken in diesem Spiel weitaus detaillierter und abwechslungsreicher gestaltet, was jedoch, soviel ist klar, nicht viel heißen muss.

Fazit:
Truck Racer ist Kart Racer mit Trucks - und somit nicht viel besser. Es bietet acht Fahrzeuge und acht Strecken, aber zuwenige Modi und Optionen, um die fehlende Qualität wett zu machen. Die Steuerung ist weitestgehend realistisch, wenn auch die Fahrzeuge untersteuern, und somit Einsteiger unfreundlich. Der Realitätsanspruch wird durch eigentümliche Kollisionsphysik jedoch zunichte gemacht. Grafisch irgendwo auf solidem Dreamcast-Niveau anzusiedeln, merkt man Truck Racer die fehlenden Bemühungen an, mehr zu sein als nur ein unterdurchschnittlicher, ideenarmer Budgettitel. Spielspaß wird somit nicht garantiert, Langzeitmotivation schon gar nicht. Schnäppchenjäger und Fans von Rennspielen, die wenig bis gar nichts mit den sperrigen Boliden anfangen können, ignorieren lieber Truck Racer. Für den gewissen kleinen Vorteil.

(Im Web gibt es eine uneingeschränkt nutzbare PC-Testversion von Truck Racer, dessen Spielzeit allerdings auf 30 Minuten begrenzt ist. Diese halbe Stunde sollte zum Abschrecken genügen.)

Von Marian Wehmeier
Wertung für das Spiel Truck Racer
Wertungen Beschreibung
3.2Grafik
Uninspirierte und detailarme Strecken, unverständliche Einbrüche der Framerate, unschönes, umständliches Menüdesign. Immerhin hat man sich bei den Fahrzeugmodellen etwas mehr Mühe gegeben.
3.5Sound
Eine gerade noch akzeptable Musikleistung, wenn auch qualitativ oft unterdruchschnittlich. Die Soundeffekte klingen unrealistisch.
3.0Steuerung
Um die Trucks unter Kontrolle zu kriegen, bedarf es einige Übung. Die Steuerung ist viel zu schwerfällig. Leider untersteuern die Fahrzeuge, die Kollisionen wirken unnatürlich. Unsinnige Tastenbelegung.
3.0Gameplay
Der Mangel an Modi und Optionen sorgt dafür, dass man sich mit diesem Spiel nicht lange beschäftigen wird. Die ideenarme Aufmachung, die Übersetzungsfehler auf der Verpackung und schlussendlich die überall wiederverwerteten Spielelemente aus Kart Racer verdeutlichen den Qualitätsanspruch dieses Titels.
3.0Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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