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WSC Real 08
Review von Marian Wehmeier (mail) | 04.09.2009
Präzisionssportarten boomen auf der Wii. Egal, ob Bowling, Feldbogenschießen oder Golf - die Wii-Remote verleiht Leibesübungen jeglicher Art einen realistischen Touch. WSC Real 08, vom britischen Entwickler Blade Interactive, schließt nun eine Marktlücke. Fans von Poolbillard und Snooker, die bis jetzt auf ein Spiel ihres Lieblingssports warten mussten, wird eine umfangreiche Simulation geboten. Laien hingegen müssen sich in diesem vor Inhalt strotzendem Paket erst einmal zurecht finden.

Zum guten Verständnis
Die Snookerweltmeisterschaft, the world snooker championship (WSC), ist das bekannteste und zugleich wichtigste Turnier für Snookerspieler aus aller Welt. Jährlich trifft sich die Elite in Sheffield, England, um im Crucible Theatre Preisgelder und Punkte für die Weltrankliste zu sammeln. Diese Elite besteht hauptsächlich aus Engländern, Schotten und Waliser, die außerhalb Großbritanniens relativ unbekannt sind. Denn gehört Snooker gerade in Großbritannien zum Sportestablishment, harrt es in Deutschland und Resteuropa noch immer ein Nischendasein aus.

Daran wird auch WSC Real 08 nichts ändern. Im Gegenteil: Das Spiel von Blade Interactive scheint gar nicht vorgesehen zu sein für den europäischen Markt. Spieler aus Spanien, Frankreich oder Deutschland suchen eine entsprechende Übersetzung des komplizierten Regelwerks von Snooker in ihrer Landessprache umsonst. Im Menü werden zwar, wenn auch nur auf Englisch, alle relevanten Begriffe erwähnt und erklärt. Die Erklärungen sind aber so detailreich gehalten, dass sich allenfalls Anglisten zurecht finden werden. Alle anderen müssen erstmal in ihrem Brockhaus oder auf Wikipedia nachschlagen. Ein Einführungsmodus, der Neulingen den Snookersport näher bringt, wäre hilfreich und zum guten Verständnis notwendig gewesen.

Bombast an Modi und Optionen
Es ist nicht so, dass WSC Real 08 ohne Regelkenntnis unspielbar sei. Zumal es auch andere Billardvarianten neben Snooker gibt, die weniger komplex sind. So kommen auch diejenigen Spieler auf ihre Kosten, die die gesamte Sportart auf sechzehn Kugeln, zwei Queues und einen Kreidewürfel reduzieren. Doch weniger das Poolbillard (8 Ball), das man in einer verrauchten Bar mit einem Bier zu genießen vermag, steht hier im Vordergrund. Hier geht es um Professionalität. Gelegenheitsspieler sollten also gleich beim Billard-Minispiel in Wii Play bleiben.



Diejenigen, die sich intensiv mit Billard und Snooker auseinandersetzen wollen, finden in WSC Real 08 Gelegenheit dazu. Der Umfang spricht für sich: 96 Spieler der Weltrankliste, drei Profikommentatoren, Turniere, ein Karrieremodus und ein Coaching-System, mit dem man Schwächen seines Spielers ausmerzen kann. Der Laie, der für eine gemütliche Runde Billard seine Wii anmacht, wird mit dem unerwarteten Bombast an Modi und Optionen fast erschlagen.

Zwischen Training und Turnier
Bevor man sich dem Training widmet oder zu einem Turnier antritt, kann man seinen eigenen Spieler erstellen. Nachdem Aussehen und Skills festgelegt sind, fängt man mit Trainingsübungen an, beginnt eine Saison, startet ein Versus- oder Einzelspiel. Durch das oben erwähnte Coaching-System können sich Skill-Punkte erspielt werden, die ausgewählte Eigenschaften des Spielers, wie das Positionieren oder die Cue-Power, verbessern.

Im Turniermodus, es kann zwischen einer Snooker- und einer 8 Ball-Saison gewählt werden, kämpft man nacheinander gegen verschiedene Gegner und arbeitet sich langsam in der Weltrankliste hoch. Trophäen, neue Queues und Austragungsorte werden als Boni angeboten. Im Einzelspielermodus, dem Quick Play, lässt sich wählen zwischen den Varianten Snooker, 9 Ball, 8 Ball, 3 Ball, Rotation, Billiards und Bar Billiards. Zusätzlich kann man noch den Golden Cue-Tournament freischalten, einem Mix aus Snooker und Poolbillard.

Viel Interface, wenig Balance
Steht man seinem Gegner gegenüber, dessen Spielniveau für gewöhnlich zwischen Welt- und Amateurklasse schwankt, verwirrt zunächst das Interface. Oben links ist die weiße Kugel mit einer Anzeige für Stoßkraft und Drall eingeblendet. Oben rechts wird der Modus, Geh- oder Stoßmodus, angezeigt. Hat man sich zurecht gefunden, kann man mit dem Steuerkreuz seinen Spieler positionieren. Die Ansicht lässt sich mit dem B-Knopf ändern, der Minusknopf ermöglicht eine Vogelperspektive. Das Anvisieren der Kugel erfolgt über den A-Knopf, das Ausholen wie beim realen Billard durch Ausholen der Wii-Remote. Rühmlich sind die Linien, die die eventuelle Rollbahn der Kugeln illustrieren - sie helfen bei der Positionierung. Auch das präzise Anschneiden der Kugeln verdient Lob.



Weniger gut gelungen ist das Variieren der Stoßstärke. Gelegentlich hat man den Eindruck, dass gewollt schwache Bälle zu stark übernommen werden und gewollt starke zu schwach. Etwas mehr Ausbalancierung hätte hier gut getan. Auch die Ballphysik erscheint bisweilen, gerade wenn angestoßene Kugeln etwas zu abrupt ausrollen, etwas unnatürlich. Insgesamt wirkt die Steuerung, durch die fehlende Balance in der Stoßstärke und die komisch anmutende Ballphysik, abgehackt und dadurch unrealistisch.

Nicht schnell dahin programmiert
Die Grafik ist leicht überdurchschnittlich. Positiv hervorzuheben ist die Idee der Entwickler, die Ladezeiten durch Animationen zu überbrücken. Wenn man z.B. im Hauptsaal weilt und in das Spielerprofil editieren will, begibt sich der Charakter durch eine Tür und einen Korridor in die Ankleide. Die Spielräume sind dafür, dass es sich um eine Billardsimulation handelt, aufwendig und hübsch gestaltet, die Tische fein und sorgfältig modulliert. Den Machern kann man nicht vorwerfen, mit einem schnell dahin programmierten Spiel etwas Cashflow zu erzeugen. Leider, und das ist ein trifftiger Minuspunkt, kommt die Grafik meist nicht über PS2-Niveau hinaus. Auch die Animationen der Spieler wirken oft gestelzt.

Soundtechnisch macht der Titel kaum Fehler. Zwar ist der Song in der Lounge, der zwischen Rock und Country pendelt und auf Repeat läuft, auf die Dauer nervig und auch wenig akkurat. Die Effekte wie das Stoßen einer Kugel oder das Berührung einer Kugel der filzüberzogenen Bande klingen hingegen realistisch und erlauben kaum Unterschied zum wirklichen Billardspielen. Auch die englischen Kommentatoren, die insgesamt sehr sporadisch über das Geschehen auf den Tischen berichten, tragen zu einer guten Wettkampfatmosphäre bei.

Fazit:
WSC Real 08 ist eine umfangreiche Snooker- und Billardsimulation, die Anfänger, aufgrund von mangelhafter Einführungsarbeit und fehlender Starthilfe, schnell überfordern wird. Die englische Anleitung erklärt zwar alle Richtlinien. Ehe man sich aber durch das komplette, auf kleineren Bildschirmen kaum leserliche Regelwerk zueigen gemacht hat (gute Englischkenntnisse vorausgesetzt), ist die Lust auf eine Runde Snooker oder Billard schon verflogen. Profis und Kenner des Sports erhalten ein Spiel mit vielen Modi und Optionen. Sie können über kleinere Schwächen, wie die fehlende Übersetzung und die mittelmäßige Grafik, hinweg sehen. Ihnen wird dafür umso mehr die Steuerung aufstoßen, die sich weniger intuitiv anfühlt als beispielsweise beim Billard-Minispiel in Wii Play.

Von Marian Wehmeier
Wertung für das Spiel WSC Real 08
Wertungen Beschreibung
6.7Grafik
Leicht überdurchschnittlich. Nette Menü- und Raumführung und detaillierte Räume, dafür gestelzt wirkende Spieleranimationen und insgesamt nur PS2-Niveau.
8.0Sound
Der Song, der das Menü unterlegt, hätte nicht sein müssen. Ansonsten passende Soundeffekte und gute Kommentatorenarbeit.
6.9Steuerung
An sich relativ gut spielbar, allerdings wirkt die Steuerung durch die Mängel bei der Stoßstärke und der Ballphysik leicht abgehackt.
7.1Gameplay
Viele Modi und Optionen, die Profis - trotz der genannten Steuerschwächen - Spaß bereiten werden. Anfänger vermissen die Starthilfe. Übersetzung der Regeln fehlt, Computergegner teils unausgewogen.
6.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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