Review von Andreas Held (mail) | 17.12.2009
Dritthersteller, deren Spiele sich trotz guter Qualität nicht verkaufen, müssen sich oft den Vorwurf gefallen lassen, dass sie ihre Spiele einfach nicht gut genug vermarktet haben. Paradebeispiel dafür ist wohl Little King's Story, welches trotz Wertungen von über 90% wie Blei in den Regalen der wenigen Händler liegt, die es überhaupt bestellt haben. Andere Spiele werden dagegen völlig überhyped: The Conduit hätte ein echter Perfect-Dark-Killer werden müssen, um den Erwartungen irgendwie gerecht zu werden. Einen guten Mittelweg hat eventuell Cursed Mountain gefunden: Große Versprechungen oder Eigenlob der Entwickler gab es selten, und trotzdem schauen viele Fans von Horror-Games momentan relativ interessiert auf den Titel, gespannt darauf, ob sich ein Kauf denn nun lohnt oder nicht. Nicht zuletzt aufgrund der häufigen Forderungen nach Reviews haben wir uns den Titel nun einmal näher angesehen, um eine mögliche Antwort auf diese Frage liefern zu können.
Bergwanderungen im Himalaya
Cursed Mountain vertraut auf ein erfrischendes Setting, denn es spielt weder in einer Fantasy-Welt, noch während des zweiten Weltkriegs. Stattdessen ist der Himalaya Vorbild für Cursed Mountain, genauer gesagt der Chomolonzo, ein real existierender Berg in Tibet nahe der Grenze zu Nepal. Ein reicher Raritätensammler hat großes Interesse an einem angeblich sehr mächtigen Artefakt, welches in diesem Berg verborgen liegt, und heuert deshalb einen Bergsteiger an, um es für ihn zu bergen - der das Ganze eigentlich für Humbug hält, dem Geld jedoch nicht abgeneigt ist. Scheinbar hat der Berg allerdings ein Eigenleben und ist alles andere als begeistert von der Respektlosigkeit des aus dem Westen kommenden Bergsteigers, weshalb dieser irgendwann verschwindet und die um das Massiv herumliegenden Dörfer von Geistern heimgesucht werden. Als der ältere Bruder des Bergsteigers zur Rettungsaktion eintrifft, der gleichzeitig die Hauptfigur des Videospiels ist, sind die Dörfer schon praktisch ausgestorben - fast alle Bewohner sind entweder geflohen oder wurden von den Geistern getötet.

Die Story von Cursed Mountain gewinnt keinen Videospiele-Oscar, kann aber schon alleine wegen des originellen Settings punkten. Der Himalaya und buddhistische Mythologie sind die Hauptthematiken des Spiels und wurden bisher kaum behandelt, in diesem Spiel jedoch sehr gut umgesetzt. Die merkwürdigen Rituale der Bergmönche und exotische Drogen sorgen dabei für die nötige Würze.
Überleben in über 5.000 Metern Höhe
Wie man es von einem klassischen Survival-Horror-Titel erwarten würde, ist die Spielgeschwindigkeit sehr langsam. Eric Simmons, so heißt der Protagonist, kriecht durch die Spielwelt und kann mit der Z-Taste auf Schritttempo beschleunigt werden, was im Zusammenhang des Spiels schon als echter Sprint gilt. Das mag für einige schon ein KO-Kriterium sein, ist für andere aber schon mal der erste Schritt hin zu einer dichten Atmosphäre.
Eric streift im Laufe des Spiels durch mehrere voneinander unabhängige Gebiete, in denen er spezielle Gegenstände finden und mit den wenigen vorhandenen NPCs interagieren muss, um die Handlung voranzutreiben und sich weiter in Richtung Gipfel zu bewegen. Die Aufgaben gehen selten über reine Suchaufgaben hinaus; Hirn verdrehende Rätsel, bei denen man um mehrere Ecken denken muss, gibt es nicht. Viele Gebiete sind außerdem relativ linear, weshalb man sich auch ohne Karte selten verläuft und nur gelegentlich wirklich nach dem nächsten Objekt suchen muss. In den vielen Seitengassen sind einige Tagebücher und ähnliche Schriftstücke verstreut, die von Einheimischen oder dem verschollenen Bergsteiger Frank stammen und nach und nach ein Bild von dem malen, was zur Zeit von Franks Expedition um den Berg herum geschehen ist.

Trifft Eric auf einen der relativ zahlreichen Geister, kann er ihn meist ganz einfach mit seiner Spitzhacke erschlagen. Mit einem Druck auf den C-Knopf wechselt die Kamera in eine Schulterperspektive, woraufhin man nun wie in Resident Evil 4 mit dem Pointer auf die Gegner zielen und mit seiner Spitzhacke spirituelle Energie verschießen kann. Allerdings kann Eric nicht freudig Blitze durch die Gegend jagen, sondern muss sich zwischen den einzelnen Schüssen regenerieren. Sollten die Geister dies ausnutzen, muss danach auch wieder auf Nahkampfangriffe vertraut werden, welche einfach über den B-Knopf gestartet werden. Bewegungskommandos kommen nur dann ins Spiel, wenn Eric mit Gesten entweder ein Siegel bricht oder einen Geist bannt, um etwas Lebensenergie zurückzugewinnen. In diesen Fällen müssen im Rahmen kleiner Quick-Time-Events Bewegungen mit beiden Controllern ausgeführt werden, welche meist gut erkannt werden und nicht einmal wirklich aufgesetzt wirken, da der Spielcharakter auf dem Bildschirm zeitgleich dieselben Gesten ausführt.
Die langsame Spielgeschwindigkeit setzt sich auch in den Kämpfen fort, weshalb man keine Kämpfe à la Devil May Cry erwarten darf. Trotzdem ist die Spielbarkeit durchgehend gut und erweckt eigentlich zu keiner Zeit den Eindruck, dass der langsame Hauptcharakter oder die träge Steuerung den Schwierigkeitsgrad künstlich in die Höhe treiben würden. Der Survival-Aspekt mag für einige sogar zu kurz kommen, denn Räucherstäbchen, mit denen sich Eric an einem Altar heilen kann, gibt es zuhauf und sie werden vergleichsweise selten benötigt. Für Frustpotential sorgen eher die zu weit auseinander liegenden Checkpoints: Wenn Eric in eine Falle tappt oder von einem Boss getötet wird, kann es schon mal vorkommen, dass ihr fünf Minuten spielen müsst, um es ein weiteres Mal versuchen zu können - und vielleicht wieder zu scheitern. Und während Kämpfe gegen die häufig auftauchenden Geister meist problemlos zu gewinnen sind, können Bosskämpfe extrem schwierig werden.

Dichte Atmosphäre trotz mäßiger Technik
Ein Spiel wie Cursed Mountain lebt jedoch ohnehin nicht von seinem Gameplay, sondern von der Atmosphäre, und die ist hier reichlich vorhanden. Das Setting, die Story und die Erzählweise leisten schon einmal gute Dienste und sind auch entsprechend gut umgesetzt. Vor allem im ersten Kapitel setzt der Titel zunächst auf billige Schockeffekte, die eher an Internet-Streiche erinnern, wenn zum Beispiel beim Schleichen durch eine Gasse oder beim Untersuchen eines Items plötzlich das Gesicht eines Geistes erscheint und ein lauter Schrei aus den Lautsprechern dröhnt (kleiner Tipp: Stellt vor dem Spielen im Optionsmenü die Soundeffekte auf 50%). Je weiter man in Cursed Mountain vordringt, desto dichter wird jedoch die Atmosphäre, und das Spiel hat solche billigen Tricks dann immer weniger nötig. Stattdessen sorgen sowohl die düstere Soundkulisse als auch die durch die dünne Luft in 8.000 Metern Höhe hervorgerufenen "Sanity-Effekte" dafür, dass der Spieler in Cursed Mountain hineingezogen wird. Die Grafik untermalt das Ganze, und man kann die matschigen Texturen sowie die vielen Grau- und Brauntöne schon fast als Stilmittel durchgehen lassen, auch wenn sie aus rein technischer Sicht wenig beeindruckend sind. Fakt ist aber, dass einige der bei Tageslicht spielenden Kapitel (insbesondere das erste, welches noch in einem relativ großen Bergdorf spielt) für Wii-Verhältnisse sogar richtig gut aussehen und echte Grafikfehler sehr selten sind.
Fazit: Cursed Mountain ist für Genrefans ein empfehlenswerter Titel. Wer ein Action-Adventure im Stile von Tomb Raider oder Devil May Cry oder einen neumodischen Action-Horror-Titel wie Dead Space oder Resident Evil 5 erwartet, der wird wahrscheinlich enttäuscht sein aufgrund der langsamen Spielgeschwindigkeit und der nicht existierenden Möglichkeiten, seine Kampfkünste mit Combos unter Beweis zu stellen. Was für die einen der Hauptkritikpunkt ist, macht den Titel für die anderen jedoch gerade erst aus. Cursed Mountain setzt voll auf das Setting und die Atmosphäre und macht dafür bewusst Abstriche beim Gameplay, die jedoch nicht so weit gehen, dass sie der Spielbarkeit im Weg stehen würden. Cursed Mountain ist sicherlich kein Aushängeschild - an Klassiker wie Silent Hill oder Eternal Darkness können die erwähnten Eigenschaften nicht heranreichen und wenn der Titel nach gut zehn Stunden durchgespielt ist, gibt es wenig Anreiz für einen zweiten Durchgang. Ein würdiger Genrevertreter ist Cursed Mountain jedoch allemal und kann als Trostpflaster zumindest eine Zeit lang die Wunden verarzten, die aufgerissen wurden, als Nintendo einen Release im Westen für Fatal Frame IV verweigert hat.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel Cursed Mountain | |
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| 7.8 | Grafik Die Mängel auf technischer Seite kann man nicht komplett übersehen, nur weil die matschigen Texturen und der viele Nebel stilistisch sogar passend sind. Trotzdem sieht Cursed Mountain meistens gut aus und macht einen professionellen Eindruck. | |
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| 8.7 | Sound Sprachausgabe und eine gute, atmosphärische Soundkulisse können überzeugen; die lauten Schreie, die insbesondere zu Beginn des Spiels für ein paar billige Schockmomente herhalten, hätten jedoch nicht sein müssen. | |
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| 8.0 | Steuerung Cursed Mountain ist langsam, was aber nicht zulasten der Spielbarkeit geht. Die Bewegungsfeatures funktionieren sehr gut und wirken nicht mal sonderlich aufgesetzt. | |
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| 6.0 | Gameplay Für einige der Hauptkritikpunkt, für andere das, was den Titel gerade erst ausmacht. Die langsame Spielgeschwindigkeit und die Suchaufgaben werden einige langweilen, die von neumodischen Action-Horror-Titeln wie Resident Evil 5 anderes gewöhnt sind. | |
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| 7.3 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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