Unser Netzwerk: NintendoWiiX.net   | NintendoWiiX Forum   | Planet3DS.de
EA Sports Active
Review von Kamil Witecy (mail) | 24.08.2009

Als Nintendos kreativer Kopf, Shigeru Miyamto, auf der E3-Pressekonferenz 2007 mit einem gewohnt gut gelaunten Lachen im Gesicht das Wii Balance Board der Öffentlichkeit präsentierte, war die Videospiellandschaft ein weiteres Mal in Sekundenschnelle gespalten - vermutlich fast so wie einst Moses das Meer teilte, um sich ein wenig am Stilmittel der Übertreibung zu bedienen. Denn während die einen angesichts der neuen Möglichkeiten vor Freude sprichwörtlich im Kreis hüpften, konnten sich die anderen eine „Waage“ als Eingabegerät für Videospiele partout nicht vorstellen und witterten darin eine noch stärkere Abkehr von den Core-Spielern. Letztendlich ist mit dem fertigen Produkt in Form von Wii Fit ein kleiner Spagat zwischen schnörkellosen Fitnessübungen sowie klassischen Minispielen, die vom Balance Board profitierten, geglückt. Nie zuvor musste man sich beim virtuellen Skifahren körperlich so ins Zeug legen oder anfliegende Fußbälle mit vollem Körpereinsatz über den Bolzplatz köpfen. Und auch wirtschaftlich hat es sich für Nintendo mehr als nur gelohnt: Wii Fit ist in kürzester Zeit zu einem der bestverkauften „Videospiele“ aufgestiegen, wurde aufgrund der großen Nachfrage und der Knappheit an Balance Boards zur Weihnachtszeit für unverschämt hohe Preise in Online-Auktionshäusern gehandelt und kann selbst heute, mehr als ein Jahr nach dem Verkaufsstart, noch immer beachtliche Absatzzahlen vorweisen. Ein kleiner Goldesel also, der natürlich auch die Aufmerksamkeit anderer Hersteller auf sich gezogen hat.

Beingurt statt Balance Board
Mit diesem Wissen im Hinterkopf ist es daher alles andere als verwunderlich, dass sich auch andere Entwickler Gedanken gemacht und in den derzeit „boomenden“ (wie man neudeutsch so schön sagt) Sektor der Fitnesssoftware investiert haben. Zu diesen Unternehmen gehörte dementsprechend natürlich auch der Gigant aus dem amerikanischen Redwood, der mit EA Sports Active schon recht schnell nach den Erfolgen von Nintendo ein Konkurrenzprodukt für Wii angekündigt hat. Anders als Nintendo setzt man jedoch nicht unbedingt auf die neu eingeführte Zusatzperipherie. Das Wii Balance Board wird zwar auch von EA Sports Active unterstützt, dessen persönliches Gimmick kommt aber mit weit weniger Technikaufwand aus. Es ist ein recht simpler Beingurt, in dessen kleine Tasche ihr das mit der Wii-Remote verbundene Nunchuck steckt. Auf diese Weise registriert das Spiel eure Beinbewegungen. Zumindest die von einem eurer Beine. Die Kabellänge zwischen Nunchuk und Wii-Fernbedienung wird dem ein oder anderen ein weiteres Mal störend auffallen, ist beim Ausführen der Übungen für normalgroße Menschen jedoch absolut ausreichend und auch der Umfang des Beingurtes sollte aufgrund der Verstellmöglichkeiten auf keine Kritik stoßen.


Aus der etwas größeren, aber immer noch handlichen Pappverpackung, die ihr nach dem Kauf von EA Sports Active in den Händen hält, springen euch noch ein zunächst seltsam anmutendes rotes Gummiband und ein paar Nylongriffe entgegen. Kombiniert ihr diese, lässt es sich zum Grundgerüst moderner westlicher Frauen-Fitness schlechthin umformen: Dem Flexband. Fertig ausgerüstet solltet ihr im Idealfall noch für ein wenig Bewegungsfreiraum sorgen. Etwa zwei Meter in der Breite und in der Tiefe sollten es schon sein, die lieber von jeglichen zerbrechlichen Gegenständen befreit werden sollten, um euch genügend Platz für körperbetonte Übungen zu verschaffen. Habt ihr auch dies erfolgreich hinter euch gebracht kann die Spieledisc endlich im weißen Winzling zu rotieren beginnen.

Fitness, Fitness, Fitness
Bevor ihr mit dem schweißtreibenden Fettverbrennen beginnen könnt, muss zunächst ein neues Profil (oder mehrere, falls mehr Spieler aktiv teilnehmen wollen) samt virtuellem Abbild angelegt werden. Ein wenig unverständlich ist hierbei die Entscheidung, dass nicht auf bereits angelegte Mii-Profile zurückgegriffen werden kann und ihr somit einen neuen Charakter erstellen müsst. Der Stil der Figur in EA Sports Active präsentiert sich dabei etwas realistischer als der von Nintendos Miis und ähnelt der hauseigenen SIMS-Reihe, dafür sind jedoch die Einstellungsmöglichkeiten im direkten Vergleich stark eingeschränkt. Hat man sowieso keine Lust, einen eigenen Charakter zu erstellen, kann aber auch einfach eine vorgefertigte Figur verwendet werden. Darüber hinaus kann das Geschlecht eures Trainers bestimmt werden, der, anders als in WiiFit, ein echter Mensch ist und euch sämtliche Übungen in Form von Videos vormacht und sogar erklärt. Neben diesen Videos werdet ihr auch während des Workouts mit Anregungen, Tipps und allzu häufig auch überschwänglichem Lob von eurem Trainer versorgt. Motivation ist letztlich alles. Hat man schließlich alle Einstellungen den eigenen Vorstellungen entsprechend vorgenommen, kann man sich endlich dem eigentlichen Videospiel widmen. Doch genau dieses möchte Electronic Arts Casual-Produkt allem Anschein nach nicht unbedingt sein.

Während Nintendos Fitmacher Wii Fit noch damit wirbt, den Spaß an der Bewegung spielerisch zu vermitteln, sieht es beim Konkurrenten aus dem Hause EA ein wenig anders aus. EA Sports Active geht noch einen Schritt weiter und möchte interessierten Käufern einen virtuellen Personal Trainer an die Seite stellen, der euch auf Wunsch hart ran nimmt (mit Übungen, ihr Lümmel!) und schon nach wenigen Minuten so richtig schwitzen lässt. Denn auch wenn ihr schon mit WiiFit bei entsprechenden Übungen leicht ins Schwitzen gekommen seid, unterscheidet sich die Art und Weise der Aufmachung doch deutlich. Active macht keine Witzchen, kommuniziert nicht durch ein putziges Balance Board, wedelt nicht mit auf Spielspaß ausgelegten Minispielchen herum und macht auch sonst keine Anstalten, als wolle es gern ein klassisches Videospiel sein. Ihr müsst nicht wie in Wii Fit neue Übungen, Spiele und Schwierigkeitsgrade erst freischalten, sondern könnt auf Wunsch sofort mit einem 30-Tage Schnell-Fit-Kurs (leicht, mittel schwer) loslegen, zusammengestellt von euerem persönlichen Trainer. Dieser Schnellkurs stellt euch nahezu jeden Tag eine Reihe von neuen Trainingsaufgaben und Zielen zur Verfügung, um so den persönlichen Fortschritt gut nachvollziehen zu können und euch eine bestimmte Anzahl an Kalorien verbrennen zu lassen. Und das ist alles andere als ein Spaziergang, auch wenn ihr mit eben diesem beginnt. Der lockere Spaziergang mutiert schnell zum leichten Joggen über Rennen bis hin zum Spurten und Springen über Hindernisse. Nach diesem „Aufwärmen“ folgen Seitwärtsausfallschritte, ein kleines Boxtraining mit dem Sandsack und eine schnelle Inline-Skating Tour mit Sprungübungen. Danach wird das Flexband ausgepackt und die Arme gestreckt und belastet. Habt ihr auch diese Übungen abgeschlossen, geht es nochmal ins Stadion um zu joggen, weiter mit mehr Hüpfereien, Kniebeugen und Stretching-Übungen, einer Liegestützabwandlung, Bizeps Curls und Trizeps-Übungen, einigen lockeren Korbwürfen mit dem Basketball, um dann noch einmal mit einem ausgedehnten Lauf abzuschließen. 25 bis 30 Minuten später ist eure erste Trainingseinheit beendet und ihr könnt das Endergebnis eures stetig hochzählenden Kalorienzählers begutachten. 136 Kalorien verbrannt. Jetzt aber erstmal eine kleine Pause und am besten direkt duschen.

Somit dürfte schon jetzt verdeutlicht sein, dass EA Sports Active wirklich alles andere als ein klassisches Videospiel ist und dem Zusatztitel „Personal Trainer“ auch durchaus gerecht wird. Dieser Umstand sollte interessierten Spielern beim Kauf von Anfang an absolut klar sein, denn wer vor allem lockere, spielerische Koordinationsabfragen sucht, ist hier eher fehl am Platz.

Was gibt’s sonst noch?
Habt ihr keine Lust, euch gleich zu Beginn auf einen 30-Tage Schnellkurs einzulassen oder euch einem der zahlreichen vorgefertigten Trainingspläne widmen wollt, die zwischen 20 bis 50 Minuten dauern, könnt ihr euch leicht und gezielt selbst ein Programm aus den etwa 30 verschiedenen Übungen zusammenstellen. Diese Zusammenstellungen können dabei praktischerweise auch gespeichert und beliebig oft wiederholt werden. Aber auch das Austesten und Absolvieren von einzelnen Übungen ist jederzeit möglich. Das Balance Board bleibt dabei wie bereits erwähnt stets optional. Viele Übungen können mithilfe des Balance Boards variiert werden, doch auch wer nicht über Nintendos Zusatzhardware verfügt, bekommt genügend Abwechslung bei den Übungen geboten und kann sorgenfrei den (schmerzhaften?) Weg zur physischen Fitness antreten. Um diesen Weg für euch möglich transparent zu machen, könnt ihr euch zudem über eine Tagebuch- und Kalender-Funktion freuen, in der sämtliche Fortschritte und für abgeschlossene Workouts erhaltene Medaillen dokumentiert werden. Zudem bietet sich auch die Möglichkeit, mit einigen Fragebögen eure Ernährungs- und Schlafgewohnheiten auszuwerten und in den Trainingsplan mit einzubeziehen. Zusätzlich ist noch zu erwähnen, dass neben der Möglichkeit, mehrere Profile für mehr Mitspieler anzulegen, auch zeitgleich zusammen mit einem Freund trainiert werden kann. Der Haken: Für viele Übungen wird eine zweite Beinschlaufe benötigt, die separat erworben werden muss.



Sämtliche „Minispiele“, die sich darüber hinaus unter den Trainingsübungen in EA Sports Active finden lassen, sind voll auf den Trainingseffekt ausgelegt, sodass der Spielspaß, anders als noch in Wii Fit, absolut nicht im Vordergrund steht. Bei EA Sports Active soll richtig geschwitzt werden, um überschüssige Kalorien gen Verbrennungsofen zu befördern. So gibt es unter anderem auch ein Boxspiel, bei dem man mit Wii-Remote und Nunchuk entweder auf einen Boxsack oder verschiedene Schlagziele boxt, das aber wesentlich intensiver als das Pendant in Wii Fit daherkommt, sowie Minispiele, in denen man gut koordinierte Tennisschläge übt, mit dem Basketball einige Körbe wirft, mit Inline-Skates über Rampen heizt oder einige variierende Laufspiele absolviert.

Insgesamt zeigt sich das Training in EA Sports Active sehr konditionsbasiert und ist daher auch für fitte Zeitgenossen wirklich anstrengend. Dabei wird grundsätzlich die Bewegungserkennung von Wii-Remote und Nunchuk dafür verwendet, um zu prüfen, ob die Bewegungen von euch auch richtig ausgeführt werden. Ist dem nicht so, werdet ihr von eurem Trainer darauf aufmerksam gemacht und mit meist sinnvollen Tipps zur Verbesserung versorgt. Zwar kann es gerade anfangs bei einigen neuen Übungen dennoch zu kleineren Problemen kommen, da eure Bewegungen allem Anschein nach nicht richtig erkannt werden, doch gerade dann empfiehlt sich ein genaues Studieren der umfangreichen Videos, die meist die Fehler eurer eigenen Körperhaltung schnell aufdecken. Sind auch die Beine in das Training involviert, so kommt die eingangs erwähnte Beinschlaufe zum Einsatz, sodass das Nunchuk die Bewegungen eines eurer Beine misst. Dies ist zwar leider nicht absolut präzise (auch, weil nur ein Bein gemessen wird), reicht aber für die meisten Übungen vollends aus, zumal es primär sowieso um den Trainingseffekt geht und keine Highscores oder Ähnliches angepeilt werden. Störend fällt dieser Umstand hingegen beim Inline-Skating auf. Bei diesem Minispiel muss zum Beschleunigen tief in die Hocke gegangen werden, um dann mit dem Hochschnellen des Körpers über Rampen zu springen. Das alleine ist schon anstrengend genug, wird aber aufgrund der teilweise doch ungenauen Erkennung der Sprünge das ein oder andere Mal recht frustig.

Ebenfalls ein wenig negativ anzukreiden sind die Übungen, die den Oberkörper und die Arme betreffen. Während die Beinübungen teilweise recht heftig sind und die Kondition durch viele Übungen ebenfalls gut trainiert wird und euch fleißig Kalorien verbrennen lässt, gleichen die Oberkörper-Übungen eher ausgiebigen Dehnübungen als ernstzunehmendem Training. Schuld daran ist vor allem die generelle Idee des Flexbandes, welches keine optimale Lösung für ein Krafttraining ist. Zudem ist auch der Widerstand des Bandes kaum vorhanden, was eure Muskeln (zumindest bei Männern) kaum beansprucht. Ein strafferes Band könnte hier natürlich ein wenig Abhilfe schaffen, trotzdem ist es schade, dass eine solche Option überhaupt erst in Erwägung gezogen werden muss.



Aus audiovisueller Sicht kann Electronic Arts Personal Trainer sicher nicht beeindrucken, was aber für ein Spiel dieser Art auch nicht anders zu erwarten war und deshalb nicht allzu schwer ins Gewicht fallen sollte, zumal es auch nicht wirklich viel auszusetzen gibt. Die enthalten Übungsvideos kommen mit einer guten Qualität daher, während die Spielegrafik rein technisch in etwa auf einer Stufe mit Nintendos Casual-Games steht dafür aber mit einigen netten Details extra punkten kann. Auch auf akustischer Ebene haben die Entwickler keine Bäume ausgerissen, sodass EA Sports Active nicht wie in anderen Spielen von EA nicht mit einem großen, lizensierten Soundtrack aufwarten kann. Dafür ist die Musikuntermalung zumindest recht abwechslungsreich und zu keinem Zeitpunkt störend, wohingegen die Trainerstimmen komplett in Deutsch gehalten sind und einen guten Eindruck hinterlassen.

Fazit:
Mit EA Sports Active hat Electronic Arts einen guten und gelungenen Konkurrenten zu Nintendos hauseigener Fitness-Software auf den Markt geworfen. Allerdings muss an dieser Stelle klar und deutlich erwähnt werden, dass EAs Personal Trainer alles andere als ein traditionelles Videospiel ist und sein will. EA Sports Active entfernt sich noch weiter als das verspieltere Wii Fit vom Thema Spielspaß und legt seinen Schwerpunkt voll und ganz auf ernste Sport- und Trainingsübungen um fit zu bleiben und Kalorien zu verbrennen. Daher gibt es weder etwas zum Freispielen noch zum Gewinnen, außer vielleicht Gesundheit und ein wenig mehr Lebenszeit. Harte Arbeit, Anstrengung und Schweiß – Sport eben. Seid ihr euch dessen bewusst und habt keinen Platz für ein Fitness-Gerät oder sucht ihr einfach ein wenig sportliche Abwechslung, dann gibt es trotz einiger kleinerer Mängel kaum etwas Effektiveres in diesem Bereich.

Von Kamil Witecy
Wertung für das Spiel EA Sports Active
Wertungen Beschreibung
7.0Grafik
Für eine Fitness-Software absolut ausreichende grafische Untermalung, die daher jedoch auch minimalistisch daherkommt und nicht beeindrucken kann.
7.2Sound
Kaum Raffinesse, dafür grundsolide und durchaus abwechslungsreich. Zusätzlich gute deutsche Synchronstimmen der Trainer.
8.0Steuerung
Die Erkennung der Bewegungen funktioniert bei den meisten Übungen gut, allerdings gibt es hin und wieder einige kleinere Probleme bei der Erkennung von Beinbewegungen. Dies tut dem Trainingseffekt absolut keinen Abbruch, kann manchmal aber etwas nerven. Die Integration des Wii Balance Boards als optionale Peripherie ist ebenfalls gut gelungen.
8.2Gameplay
Training, Training, Training. Wer die Motivation findet, mit viel Fleiß, Arbeit und Schweiß seinen Körper auf Trab zu halten, findet sehr viele effektive und professionelle Übungen, wohingegen der eigentliche Spielspaß eine absolut untergeordnete Rolle spielt.
8.0Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



© Copyright GameCube X / Nintendo Wii X 2001 - 2023 | All rights reserved