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Summer Athletics 2009
Review von Tim Herrmann (mail) | 14.08.2009
Wii Sports, Wii Sports Resort, Deca Sports 1 und 2 bzw. Sports Island, Big Beach Sports, Sports Party, RTL Winter Sports 2008 und 2009, Mario & Sonic bei den Olympischen (Winter)Spielen, Celebrity Sports Showdown, Beach Fun – Summer Challenge, Big League Sports, World Sports Party, Summer Sports Party, Wacky World of Sports, Summer Athletics – eine ellenlange Liste und alle Einträge sind Sportspielsammlungen für Wii, wohlgemerkt auch noch ohne Wii Fit und seine zahlreichen Kopien, professionelle Simulationen ebenfalls nicht mit inbegriffen. Wenn es ein Genre auf Wii gibt, das den Minispielsammlungen zahlenmäßig Konkurrenz macht, so ist es sicherlich das der Sportspielsammlungen. Nun bekommt die Liste einen neuen Eintrag: Summer Athletics 2009 ist für Wii erschienen und versucht die Fans für sich zu begeistern. Und wir fragen uns in unserem Review: Muss das wirklich sein?

Neu dabei: die 2009
Wenn man seinen gesunden Menschenverstand verwendet und man beim Vorgänger von Summer Athletics 2009 blauäugig von Summer Athletics 2008 plaudert, ist das streng genommen falsch. Denn das Spiel aus dem letzten Jahr hatte keine Jahreszahl im Titel. Es ist also davon auszugehen, dass man die Marke damals gar nicht als Serie angelegt hatte, sondern mit einem einmaligen Ausflug ins Grüne auf dem Goldesel gerechnet hat. Aber die Pläne der Entwickler und des Publishers wirbelten doch noch heftig durcheinander: das Echo von den Käufern war schuld. Das fiel nämlich überraschenderweise sehr positiv aus. 160.000 Mal verkaufte sich die, sagen wir erst einmal qualitativ fragwürdige Minispielsammlung allein in den USA nur für Wii (es gab auch noch Versionen für PlayStation 2, PC und XBOX360) und auch in den deutschen Medien war sie sehr präsent, schließlich erschien sie mitten im Olympia-Fieber und machte zumindest beim ersten Blick auf das Spielecover einen durchaus professionellen Eindruck. Dtp Entertainment und der deutsche Entwickler 49games zögerten natürlich nicht lange, warfen die Pläne über den Haufen und entschieden sich sogleich für einen weiteren Ableger, der diesmal die Euphorie um die Leitathletik-WM in Berlin ausnutzen soll, was auch das Cover dezent andeutet, auf dem ein paar Athleten auf einer Bahn vor dem Brandenburger Tor laufen.



Was erwartet die Kunden von Summer Athletics in dem diesjährigen Ableger nun Neues? Zunächst einmal ist da natürlich die „2009“ im Titel und das neue Cover in vielen spektakulären, neuen Farben. Hört sich polemisch an und ist auch so gemeint, denn tatsächlich beschränken sich die Neuerungen in Summer Athletics 2009 auf ein Minimum: Die Sportarten aus Teil 1 sind gleich geblieben, ihre Steuerungen auch, an der Grafik wurde ebenfalls nicht geschraubt. Es handelt sich im Prinzip noch einmal um fast das gleiche Spiel. Waren es letztes Jahr noch 24 Disziplinen, sind es nun 28 – allerdings darf man bei den vier Neuankömmlingen bis auf das Tontaubenschießen keine neuen Spielerlebnisse erwarten, es handelt sich um weitere Abwandlungen, die sich zueinander ungefähr so verhalten wie der 100-Meter-Sprint zum Hürdenlauf.

Und dann ist da natürlich auch noch das Balance Board, das vor dem Release großspurig mit eigener Pressemitteilung für das Spiel angekündigt wurde und das Spielgefühl exponentiell steigern soll. Tatsächlich unterstreicht es die Hauptschwäche von Summer Athletics (2009) aber noch deutlicher als die normale Steuerung über Wii-Remote und Nunchuk.

Hula-Hula beim Hammerwurf
Die Steuerung war und ist das größte Problem von 49games’ Sportumsetzung: Auf Wii fühlt man sich in der Entwicklerposition einfach genötigt, innovative Bewegungssteuerung einzubauen – wer hätte es den Machern verziehen, wenn sie auf der Bewegungskonsole Wii auf einfache Knopfkommandos gesetzt hätten? Das ist nunmal die Crux mit Nintendos System, mit der sich besonders Entwickler von Sportspielen (Gedanke: Sport = Bewegung) auseinander setzen müssen. Auf Wii, das wissen Spieler aus Erfahrung, artet das Ganze schnell in lästiges Gefuchtel aus, das mit der Realität nichts mehr zu tun hat und einfach um der Bewegung willen eingebaut ist. So auch bei Summer Athletics 2009. Problem: Die Spieler sind keine echten Sportler, sondern spielen in ihren 4 Mal 4 Meter-Wohnzimmern ein Videospiel und sollen dort Sportarten erleben, für die echte Könner nicht nur eine ganze Halle benötigen, sondern diesen Platz auch ausnutzen, um den ganzen Körper und jede Muskelfaser unter voller Anspannung zu benutzen. Das Spiel kann dagegen aber nur mit Kommandos arbeiten, die es von den groben Beschleunigungssensoren der zwei Controller in den Händen bekommt. So wird es schon in der Theorie unmöglich, Hochsprung oder Turmsprünge realistisch umzusetzen, während die Füße des Spielers stets auf dem Boden bleiben und kein Bein auch nur zuckt.

Die Entwickler behelfen sich mit altbekannter Schüttelsteuerung, die unrealistischer kaum sein könnte und dazu auch noch miserabel umgesetzt ist: Im Vorfeld jeder Disziplin wird kurz die individuelle Kontrolle erläutert, die man meistens erst dann versteht, wenn das Event schon im vollen Gange ist. Danach folgen dann Reaktionstests und Schnelligkeitsaufgaben à la „Bewege den Controller zur richtigen Zeit“ oder „Schüttele so schnell, wie du kannst, um Kraft aufzubauen“. Das scheitert dann aber wiederum an der Bewegungserkennung, die solche Kommandos zu früh oder zu spät umsetzt und nicht besonders gut funktioniert. Das Balance Board fällt, wie oben schon angesprochen, voll in dieses Schema. Es wird ohnehin nur in fünf Disziplinen und auch nur in einem bestimmten Extra-Modus unterstützt, in dem diese fünf Disziplinen aneinander gereiht werden. Ein kurzes Beispiel für die Sinnlosigkeit, mit der das Zubehör eingebracht ist: Es wird beim Bogenschießen unterstützt. Der Spieler soll sich gerade und ruhig auf das Board stellen, mit dem Schwerpunkt komplett ist der Mitte, und währenddessen mit dem Pointer auf die Scheibe zielen. Steht der Spieler nicht perfekt mittig, nimmt die Software dreist Einfluss auf die Zielmarkierung und lässt sie wahllos durch die Gegend wabbeln, was das Zielen mit dem Pointer fast unmöglich macht. Abgesehen davon, dass sich ein Bogenschütze niemals plump und breitbeinig parallel zu seiner Scheibe aufstellen würde, ist diese Art der Balancesteuerung schon sehr zweifelhaft.



Unzweifelhaft dagegen ist das Highlight der Balance-Board-Steuerung wohl der Hammerwurf mit dem Balance Board: Es fühlt sich schon komisch an, die Wii-Remote über dem Kopf zu schwingen wie ein Lasso und damit einen Hammerwurf zu simulieren. Mit Balance Board soll man aber wie beim Hula-Hoop die Hüfte kreisen lassen, was mit Hammerwurf nun so wenig zu tun hat wie Sackhüpfen mit Weitsprung. Diese Disziplin markiert nur einmal mehr, wie wenig Gedanken sich die Entwickler anscheinend bei der Entwicklung gemacht haben und wie sehr sie offenbar von Jessica Albas Tanzszene in SinCity begeistert waren... Der Gedankengang muss wie folgt vonstatten gegangen sein: „Beim Hammerwurf dreht sich ein Sportler im Kreis. Dann lassen wir den Spieler halt mit der Hüfte oder mit dem Arm Kreisbewegungen machen, ist doch fast das gleiche“.

In anderen Disziplinen wie beispielsweise dem Hochsprung wird das Board dagegen nur als Wiimote-Ersatz genutzt und soll ebenfalls Knopfkommandos an das Spiel übermitteln. Wo vorher zu bestimmten Befehlen der Controller bewegt werden sollte, muss sich der Spieler jetzt auf eine bestimmte Seite lehnen. Die Erkennung ist miserabel, denn schon während des Beugevorgangs wird die Bewegung interpretiert und als falsch gewertet. Echte Balance-Steuerung gibt es nicht, das Balance Board wird lediglich als anderes Eingabegerät für Knopfkommandos verwendet – und wer das sensible Brett kennt, weiß, dass das nicht funktionieren kann, weil es keine verschiedenen Kommandozonen gibt wie beispielsweise auf einer Tanzmatte, sondern eine gleichmäßige Schwerpunktermittlung. Wieder einmal gilt: Nicht mitgedacht und dadurch versagt, zumal sich ein Wackel-Dackel-ähnliches Schwenken von links nach rechts auch nicht so anfühlt, als würde man Anlauf nehmen. Das Balance Board ist hierfür einfach nicht geeignet, das hätten die Entwickler erkennen und die Idee der Einbindung fallen lassen müssen. Egal, wie schön der Sticker auf der Verpackung am Ende aussieht.

Lass’ uns in Götterspeise schwimmen

Wie oben bereits angedeutet, hat sich auf der technischen Seite nichts getan. Die Wii-Version ist nicht mehr als eine PlayStation-2-Portierung ohne jegliche Anpassungen. Von einem Totalausfall zu reden, wäre übertrieben, aber das extreme Kantenflimmern des Vorgängers ist genauso wie die Charaktermodelle nicht angepasst worden. Grastexturen sehen aus wie grüner Brei mit hellgrünen Bröckchen drin. Währenddessen ist das Wasser wieder ein Negativ-Highlight, was besonders beim Turmsprung auffällt. Taucht man dort ein, steigt eine zähe Masse in einer flachen Welle empor, in der man blaue Flecken sieht und das sich dann sofort wieder glättet. Scheußlich.

Lizenzen gibt es immer noch nicht, obwohl man dieses Jahr sogar die Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Berlin als Zugpferd gewählt und einen Extra-Modus kreiert hat, der „Berlin“ im Namen trägt. Bekannte Sportler findet man ebenfalls nicht. Dafür aber eine Reihe an verschiedenen Modi, die aber alle daraus bestehen, dass verschiedene der 28 Disziplinen aneinander gereiht und dann der Reihe nach abgehandelt werden. Im Karrieremodus kann man sich wie schon im Vorgänger einen eigenen Sportler basteln und ihm dann (diesmal wenigstens mit fließender Punkteverteilung ohne ständige einzelne Steuerkreuzdrucke) Potential vergeben, das Kraft, Tempo, Technik oder Ausdauer verbessert. Ist man in den einzelnen Disziplinen erfolgreich, gibt es mehr Punkte zu verteilen und der selbst erschaffene Sportler wird besser, was sich im Spielgeschehen aber so gut wie gar nicht äußert.

Fazit:
Summer Athletics 2009 ist auf Wii genauso schlecht wie sein Vorgänger, was wahrscheinlich hauptsächlich daran liegt, dass es sich noch einmal um das gleiche Spiel mit wenigen Anpassungen handelt. Es gibt ein paar Disziplinabwandlungen mehr, eine miserable Unterstützung des Balance Boards und einen neuen Modus zur Leitathletik-WM in Berlin, dafür aber immer noch keine nennenswerten Lizenzen. Ansonsten ist die Grafik weiterhin minderwertig und die Schüttel-Steuerung mit Wii-Remote und Nunchuk genauso undurchdacht, unpraktisch, unrealistisch und schlecht umgesetzt wie die mageren fünf Disziplinen, die auch mit dem Balance Board spielbar sind. Summer Athletics will eine mehr oder weniger ernsthafte Simulation sein, benutzt aber gimmickhafte Bewegungssteuerung, die nicht funktioniert, und vermischt sich damit selbst mit einer nicht ernst gemeinten Minispielsammlung. Wer auf der Suche nach einer Sportspielsammlung ist, ist mit Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen wesentlich besser beraten, weil die Steuerung hier wenigstens den Minispielcharakter unterstützt und nicht ernsthaft zum Simulationsgefühl beitragen will.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Summer Athletics 2009
Wertungen Beschreibung
5.0Grafik
Weiterhin Kantenflimmern ohne Ende, welches bei Kamerafahrten die Bahnmarkierungen fast unkenntlich macht. Dazu kommen schlechte Matschtexturen und miese Charaktermodelle.
5.0Sound
Der Stadionsprecher hat außer einigen Standardkommentaren und den Namen der fiktiven Weltspitzensportler nichts zu bieten, das Publikum johlt ab und zu statisch.
4.4Steuerung
Bewegungssteuerung, die nichts zum Spielgefühl beiträgt. Schüttel-Kommandos, die man ohne Realismusverlust durch Knopfdruck ersetzen könnte, schlecht durchdachte Steuerung, die mit der Realität nichts mehr zu tun hat, und lahme Balance-Board-Unterstützung brechen dem Spiel das Genick.
5.6Gameplay
28 Disziplinen, die allesamt an schlechter Steuerung und damit verbunden wenig Realismus scheitern. Da das Spiel professionelle Simulation und nicht Minispielsammlung sein will, ist dies unverzeihlich. Dafür gibt es aber eine anständige Anzahl an Modi und die Versuche, Abwechslung im Spielablauf zu bieten.
5.0Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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