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The Conduit
Review von Lars Peterke (mail) | 29.07.2009

Endlich ist es da. Selbst mit versteckter Review-Überschrift wüsste jetzt jeder, dass es um „The Conduit“ geht. Das erste Wii-Spiel nach Super Mario Galaxy, bei dem wirklich von „endlich“ geredet werden darf. Schon jetzt ist The Conduit ja sehr prestigeträchtig. Erst einmal weil das Spiel in der letzten Zeit wohl das prominenteste Gegenargument zum Spruch „Die Wii hat ja gar keine grafisch überzeugenden Erwachsenentitel!“ war, und zweitens weil es natürlich der lang ersehnte Rettungsring für die Core-Gamer ist. Dementsprechend heiß war der Titel in den letzten Monaten erwartet. Zahlen können dies übrigens belegen. Mit 67 Newsmeldungen bei NintendoWiiX schlägt The Conduit zahlenmäßig Zelda, Metroid Prime und sogar Super Mario Galaxy. Jetzt liegt uns endlich das fertige Spiel vor und es stellt sich nur noch die Frage, ob The Conduit dem Hype gerecht wird. Während Super Mario Galaxy den Erwartungen gerecht wurde und eine Traumwertung kassierte, ist bei The Conduit die nahe liegende Antwort auf diese Frage mindestens so simpel wie grotesk: Es ist einfach nur ein normalsterblicher Ego-Shooter. Aber ein guter.

Ziemlich „Perfect“
Es dauert nur wenige Sekunden, bis es beim Spieler klingelt. Nachdem im Hauptmenü das erste Stück aus dem Soundtrack ertönt, bei dem Elemente aus Metroid Prime, Metal Gear Solid und Agentenshooter XY bunt gemischt auftauchen, fühlt man sich schon fast wie bei Perfect Dark 64. Der anschließende Ausflug in den Singleplayer bestätigt diese Vermutung mit demselben astreinen Spielgefühl. Ein kurzes Intro schwört euch auf eine storytechnische 08/15-Mischung aus Akte X und Men In Black ein, bevor ihr im ersten Level auf Aliens ballern dürft. Hier wird man gewissermaßen ins kalte Wasser geschmissen, um dann nach dem hektischen Warm-Up mit einem „5 Weeks earlier“ begrüßt zu werden. Ihr schlüpft in die Rolle von Michael Ford, der (glaube man der Spielverpackung) so aussieht wie eine Acclaim-Fusion aus Shadowman und Turok.

Jede Mission beginnt mit einer Einsatzbesprechung, bei der euer Auftraggeber natürlich verdeckt bleibt. Ihr macht euch zunächst auf die Suche nach einem gewissen Prometheus, der der Pokerface-Ikone Morpheus aus Matrix wahrscheinlich sehr ähnlich ist. Nach und nach deckt ihr dann eine Verschwörung auf, in die insgesamt drei Gruppen verstrickt sind und die im Endeffekt mit viel Aliengeballer zu tun hat. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.



Zu Beginn geht es noch recht ruhig los. Ihr startet mit Pistole und MP und dürft euch mit Anzugträgern und Spezialkommandos rumärgern. Um etwas Taktik ins Spiel zu bringen, könnt ihr nur zwei Waffen zurzeit tragen und müsst je nach Bedarf andere Kaliber vom Boden aufheben. Das Nachladen von Waffen sowie deren Aufheben wird mit dem Minusknopf erledigt. Das ist stellenweise etwas nervig, da letzteres ziemlich oft nötig ist. Doch dies mag Absicht der Entwickler gewesen sein, die das Spiel taktisch gestalten wollten. Für das Nachladen solltet ihr entweder in Deckung gehen oder fix zu eurer Sekundärwaffe umschalten. Jedenfalls macht es wenig Sinn, durch die Level zu rennen, da grundsätzlich jeder Raum in einem Level nachteilig für euch ausgelegt ist und die Gegner immer recht gut positioniert sind und zum Teil neu nachrücken, wenn ihr bestimmte Areale durchlauft. Ihr müsst euch also besonnen durch die Räume kämpfen. Wer einfach durchrennt, wird sehr schnell das Zeitliche segnen. Glücklicherweise haben die Entwickler einige Checkpoints in den Levels verteilt, die hier das Schlimmste verhindern.

The Conduit ist in seiner Steuerung sehr klassisch ausgelegt und fast alle Kommandos laufen über Knöpfe ab. Abseits der Pointer-Funktion zum Zielen sind die einzigen Bewegungskommandos das Werfen von Granaten mit dem Nunchuk und das Angreifen im Nahkampf mit einer Stoßbewegung der Wii-Fernbedienung. Der Rest ist Standard: mit dem B-Knopf Schießen, A-Knopf zum Springen und C-Knopf zum Ducken, während der Z-Knopf zum Anvisieren von Feinden dient. Wie zu erwarten war, haben High Voltage Software sehr akribisch an dieser Steuerung gearbeitet. Man kann sich vorstellen, dass es bis zu diesem Punkt viele Testläufe gab. Die Nutzung des Pointers ist ab dem ersten Spielmoment sehr intuitiv und kann ansonsten auch noch je nach Belieben im Menü angepasst werden. Hier liegt sicherlich das Optimum vor. Zwar wird Wii Motion Plus nicht genutzt, laut der Entwickler wäre dies aber auch nicht sonderlich praktikabel. Hier muss uns Red Steel 2 im Winter das Gegenteil beweisen.

Schau mir in die Augen…
Jetzt kommt der Moment, in dem einige sicher mit Steinen auf mich werfen möchten. Ich behaupte: The Conduit ist nicht viel anders als die Lizenzversoftung zu „Ein Quantum Trost“, nur in besserer Grafik, ohne Ruckler und viel feiner ausbalanciert. Prinzipiell ist es aber genau wie das Bond-Abenteuer ein einziges „Run and Shoot“. Jedenfalls meistens. Die Entwickler haben sich auch hier ein Feature ausgedacht, dass auf den Namen „Allsehendes Auge“ – kurz ASA – hört. Dieses Auge ist eine Runde leuchtende Kugel und fungiert als eine Art Scanner, den ihr mit dem Plus-Knopf aktiviert. Die Kugel wirft dann einen Schein ähnlich einer Taschenlampe, der organische Türen, Schlüssel oder versteckte Feinde offenbart. Mit dem B-Knopf wird euer ASA dann aufgeladen und ihr könnt mit einem Schuss die gefunden Objekte aktivieren, zerstören oder entschlüsseln.



Nutzt ihr das Allsehende Auge, habt ihr keine große Chance, euch gegen Gegner zu wehren. Hier wechselt das Spiel sich dann mit Kampf- und Suchmomenten ab. Seid ihr in einem Bereich, wo euch das ASA weiterhilft, wird sich das Spiel mit einem entsprechenden Piepgeräusch schon bemerkbar machen. So wird zumindest ein wenig Abwechslung geboten. Allerdings ist dies auch das einzige eigene Feature, das The Conduit bietet. Alles andere ist eben seit Perfect Dark 64 durchgekaut und von spielerischen Raffinessen wie dem Morph- oder Spiderball sowie den verschiedenen Sensoren in Metroid Prime ist man meilenweit entfernt. Auch ein Erfahrungssystem gibt es nicht. Ihr ballert euch fröhlich durch die Level und getötete Gegner lassen meist kleine Energiepakete fallen, die ihr sammelt, um am Leben zu bleiben. Ein Upgrade-System für Waffen und euren Helden selbst gibt es jedoch nicht. Hier hätten sich die Entwickler ruhig das ein oder andere von Bioshock abgucken können. Zumindest gibt es das obligatorische Freischalten von Bildergalerien und Cheats, wenn ihr versteckte Datendisks im Spielverlauf sammelt.

Eigentlich fast nichts zu meckern…
Alles, was The Conduit macht, macht es richtig. Es ist ein sehr solider Shooter, läuft flüssig, bietet gute Action und einen ausreichenden Umfang. 15 Waffen stehen zur Verfügung, die allesamt gut ausbalanciert sind und je nach Gegnertyp entweder klassisch oder fantasievoll-organisch anmuten. So spielt ihr euch durch insgesamt neun Level, die im späteren Spielverlauf natürlich etwas umfangreicher und schwerer werden, doch auch hier kann The Conduit natürlich nicht mit einer offenen Spielwelt a la Metroid Prime konkurrieren und zieht den Kürzeren. Genau das ist auch das Dilemma. The Conduit macht alles richtig, ist aber nicht tiefgängig genug, um in der Metroid-Liga, respektive dem 9er-Wertungsbereich mitzuspielen. Es handelt sich einfach nur um einen guten Shooter, der mit guter Grafik, einer tollen Sounduntermalung und lupenreinem Gameplay besticht.
Auch die Gegner-KI geht dabei in Ordnung und ihr müsst mit Fernangriffen, Granaten und Vorstoßmanövern klar kommen. Allerdings ist hier in erster Linie die Levelarchitektur bestimmend. So ist der dritte Level ein einziges Bunkergang-Gelaufe und ihr wisst schon im Voraus, das hinter der Ecke vor euch wieder ein langer Gang liegt, wo sich wieder drei Gegner hinter Kisten verstecken und sich bei eurem Angriff wieder in die seitlichen Nebenräume retten, um danach weiter anzugreifen.

Zum oft angebrachten Conduit-Hauptargument, der Grafik: Da werden sich einige wundern, denn eigentlich sah The Conduit in den vielen Trailern doch immer sehr gut aus. Das stimmt zwar für sich genommen, doch sehen einige Innenareale arg monoton aus. The Conduit hat mit tollen Charaktermodellen und einigen hübschen Szenen sicher viel Lob verdient, doch so mancher Gang, so manche Straßenschlucht sieht ein bisschen dahingewürfelt aus und verlässt sich darauf, dass sich der Spieler mit seinen Augen in den Gefechten verliert, die von tollen Animationen und Effekten profitieren. Das ist ohne Zweifel immer noch über Durchschnitt, allerdings auch nicht super. Die Nachteile eines Vorab-Hypes schlagen gnadenlos zu.



Online-Feuerwerk
Das kennt man selten: Schon kurz nach Auswahl des entsprechenden Menüpunktes ist man in der Wi-Fi-Connection angemeldet, erhält seinen Friendcode und kann loszocken. Ihr habt die Wahl zwischen Matches gegen Freunde, regionale oder weltweite Gegner. Anschließend entscheidet ihr euch für eine Spielart. Hier besteht die Qual der Wahl aus „Jeder gegen jeden“, „Teamkampf“ sowie „Teamziel“. Während die ersten beiden Varianten klassische Deathmatch-Methoden sind, orientiert sich die dritte Spielweise eher an „Capture the Flag“. Bevor ihr dann eure Auswahl bestätigt, könnt ihr noch euren Charakter editieren, das HUD und dessen Position anpassen, sowie Einstellungen für Wii-Speak vornehmen.
Anschließend sucht das Spiel schrittweise nach Spielern für euch.

Zuerst werden Spieler mit dem gleichen Spielerniveau gesucht. Findet sich kein passender Gegner, wird die Suche stückweit immer weiter ausgeweitet, bis das Spiel „ohne Einschränkungen“ nach Duellpartnern sucht. Hierbei kommt wie immer die Eigenart der Wi-Fi-Connection zutage, dass zwecks Serverentlastung immer so lang gesucht wird, bis ein Spielslot möglichst gefüllt ist. Kleinere Matches gibt es daher nur, wenn ihr euch gezielt mit Freundescodes organisiert.
Hat sich eine Gruppe gefunden, kann jeder in den nächsten 20 Sekunden für die Spieleinstellungen abstimmen. Jeder Spieler kann eine Spielkarte, den sekundären Spielmodus sowie ein Waffenset wählen. Die Spielkarten sind dabei klassisch gehalten und bieten zwischen Bunker, Krankenhaus und Hinterhof genau das, was man so erwarten würde. Der sekundäre Spielmodus konkretisiert den von euch zuvor gewählten Modus „Jeder gegen jeden“, „Team“ oder „Teamziel“.

Spielt ihr allein gegen alle anderen, habt ihr beispielsweise die Wahl zwischen zeit- oder fragbasiertem Spielen oder könnt eine Lebensanzahl festlegen. Bei „Drei Treffer“ hat jeder Spieler nur drei Leben, bei „Bis zum letzten Mann“ insgesamt zehn. Bei „ASA-Rugby“ müsst ihr lediglich das Allsehende Auge erobern und es möglichst lange bei euch behalten. „Kopfgeldjäger“ hingegen teilt jedem Spieler ein Ziel zu und setzt gleichzeitig einen anderen auf ihn an. Wer der beste Kopfgeldjäger ist, der nur sein Ziel oder den eigenen Verfolger umlegt, gewinnt hier.

Bei den Teamduellen gibt es nur drei Modi. Auch hier existiert eine Wahl zwischen zeit- und fragbasiert. Der letzte Modus heißt „Gemeinsamer Vorrat“ und orientiert sich dabei ebenfalls an den Leben, nur das ihr nicht wie beim „Jeder gegen jeden“ pro Kopf eine feste Anzahl an Leben habt, sondern diese mit dem ganzen Team teilen müsst. Das Team, dem zuerst die Leben ausgehen, verliert. Die „Teamziel“-Modi drehen sich immer um ein Allsehendes Auge, das als Flagge fungiert. Hierbei gibt es wahlweise pro Team ein ASA oder nur eines, um das sich dann beide Teams prügeln müssen. Auch hier könnt ihr nach Frags oder auf Zeit spielen.



Hat jeder Spieler gevotet, kann es auch schon losgehen. Circa fünf Minuten dauert es vom Verbinden mit der WiFi-Connection bis zum Spielstart, da während des Verbindungsaufbaus gegen Spieler weltweit natürlich einige Handshakes erfolgen müssen. Anschließend darf man ruckelfreie Spielaction genießen, die einem erst einmal sauschnell und besonders schwer vorkommt. Hier heißt es zunächst Üben, die Spielkarten Kennenlernen und die optimale Waffe für sich selbst finden. Dennoch fällt aber sofort auf, dass sich die Entwickler hier einiges bei Unreal Tournament abgeschaut haben. Der Spielstil ist ähnlich schnell und dynamisch, es gibt viele Modi und man kann auch „mal eben kurz“ eine Runde spielen.

Mit einigen Zusatzfeatures wird der Onlinespaß dann noch gekrönt. Via Wii Speak könnt ihr mit euren Gegnern reden, bei Teammodi allerdings nur innerhalb eurer Gruppe. Bei Bedarf lassen sich im Hauptmenü einzelne Spieler auch blocken, falls ihr beispielsweise euer Schulfranzösisch oder Auslandsjahr-Spanisch habt einrosten lassen. Ebenfalls nett: Habt ihr ein paar Friendcodes gesammelt, könnt ihr via WiiConnect24 eure Kumpels zum Spiel einladen oder ihnen eine Nachricht auf ihren WiiSpeak-Kanal senden, um dann mehr Leute für ein Onlinematch zusammen zu bekommen. Einziger Wehrmutstropfen: Den Lokal-Multiplayer mussten die Entwickler leider streichen. Doch ist dies eindeutig verschmerzbar, denn im Gegenzug bietet das Spiel den wohl bisher umfangreichsten Onlinemodus, den ein Wii-Spiel je hatte. Das verdient erst einmal großes Lob und stellt sich nach längerem Spielen sogar als Hauptkaufgrund für The Conduit heraus, betrachte man im Gegenzug den eher seichten Singleplayer.

Fazit:
Jetzt weiß ich, wieso der Hype um The Conduit in den letzten Monaten an mir vorbeigezogen ist: Das Spiel hatte ihn selbst gar nicht verdient. Der Singleplayer ist mit neun Levels relativ dünn und schnell vorbei und präsentiert sich als Run & Shoot ohne große Momente. Die Grafik ist gut, kitzelt aber auch nicht das Maximum aus der Wii heraus. Einige Areale wirken wie Fassaden dahingestellt und hätten mehr Details vertragen können. Doch The Conduit hat Glück: Da eben erwähnter Hype an mir vorbeizog, fühle ich mich nicht genötigt, den Titel jetzt mit einer schlechten 7er-Bewertung abzusägen. Es bleibt ganz objektiv ein solider Shooter ohne gravierende Stärken und Schwächen zurück, der unter anderem von guten Effekten und einer sehr guter Steuerung profitiert. Was den Titel dann doch noch in den höheren Wertungsbereich hievt, ist der Multiplayer. Dieser ist enorm umfangreich, gibt viel her und macht nach einiger Einspielzeit auch ordentlich Spaß. Hier sind definitiv Qualitäten für einen WiFi-Connection-Dauerbrenner vorhanden und man sollte sich nicht wundern, wenn sich schon bald eine größere Clanszene um dieses Spiel herum organisiert. Shooter-Freunde können sich das Spiel also bedenkenlos zulegen, besonders wenn sie viel im Multiplayer spielen wollen. Vom Singleplayer sollte man aber nicht viel erwarten. Dieser kann in Anbetracht des Multiplayers schon fast hinten angestellt werden. Deswegen gibt es auch keinen WiiX-Award. Und wer also eher etwas Üppiges für einsame Stunden sucht, der sollte lieber zur kommenden Metroid Prime Trilogie greifen.

Von Lars Peterke
Wertung für das Spiel The Conduit
Wertungen Beschreibung
8.1Grafik
High Voltage hat (zu) viel versprochen und nicht alles gehalten: gute Grafik, die aber leider weitaus mehr Details hätte vertragen können. Die Effekte, Charaktere und Gegner sind sehr gelungen und das Spiel läuft stets flüssig.
8.8Sound
Der Soundtrack und die englische Synchronisation überzeugen und auch die Soundeffekte sind klasse, ab und an hätte es aber mehr Musik in den Levels geben können.
9.3Steuerung
Perfekt ausbalancierte Steuerung mit vielen Anpassungsmöglichkeiten. Wie aus einem Guss.
7.8Gameplay
Fehlende Eigenheiten und Features machen den Singleplayer zu einem durchschnittlichen Lückenfüller, der viel zu geradlinig daherkommt. Im Multiplayer blüht das Spielsetting hingegen super auf und kann auch länger begeistern.
8.2Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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