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Ice Age 2
Review von Andreas Held (mail) | 14.03.2007

Jeder kennt sie, keiner mag sie und sie sind der Alptraum jedes Spieletesters: Die Lizenzspiele. Zu jeder schlechten Hollywood-Produktion, die in den Kinos anläuft, steht kurze Zeit später ein mindestens genauso schlechtes Spiel in den Händlerregalen, das vor Kameraproblemen, uninspirierten oder geklauten Spielelementen und Frustauslösern nur so strotzt, aber trotzdem genug Käufer findet (sonst würde es diese Spiele nicht geben). Da wirkt es dann sehr überraschend und fast schon unglaubwürdig, wenn eines dieser Spiele mal gute Wertungen einfährt - doch genau so ist es bei Ice Age 2 passiert. Das Ende letzten Jahres für Gamecube, Xbox und PS2 erschienene 3D-Jump'n'Run wurde von der Fachpresse überraschend gut empfangen, und nun, natürlich mit neuen Steuerungselementen, auch für Wii umgesetzt. Guter Hoffnung, vielleicht sogar ein halbwegs brauchbares Spiel in Händen zu halten, schalte ich meine Wii-Konsole ein....

Jetzt taut's!
Noch bevor ich überhaupt zum Titelbild komme, bestätigt sich diese gute Hoffnung. Völlig unerwartet, auf der Verpackung prangert nur ein "Sierra"-Logo, schreibt mir Ice Age 2 "Eurocom" auf den Bildschirm - genau jenes Entwicklerstudio, das auch schon für das völlig zu unrecht gefloppte "Sphinx und die verfluchte Mumie" zuständig war. Noch ein Grund mehr also, mich auf das bevorstehende Spiel vorsichtig zu freuen.
Die Hauptfigur im Spiel zu Ice Age 2 ist der heimliche Held der Filme, Scrat, das "Säbelzahneichhörnchen". Ähnlich wie in Sphinx, fallen auch in hier die sehr guten Animationen auf - Scrat ist unglaublich liebevoll in Bewegung gesetzt worden und es macht anfangs sogar Spaß, einfach mal sinnlos mit ihm durch die Gegend zu hüpfen, bevor man richtig anfängt zu spielen. Dann stellt sich zumindest teilweise eine kleine Ernüchterung ein: Ice Age 2 ist ein zwar nicht schlechtes, aber sehr belangloses Jump'n'Run mit ein paar eingestreuten Minispielen.
Insgesamt verfügt das Spiel über sechs Level, die (mit einer Ausnahme) in mehrere Abschnitte eingeteilt sind, und die Grundaufgabe ist prinzipiell immer die gleiche: In den nächsten Abschnitt zu gelangen. Manchmal schafft man das einfach so, manchmal muss ein Minispiel gewonnen werden, aber meistens geht es darum, in einem Areal alle goldenen Walnüsse zu finden. Tut man dies nicht, steigt Scrat beim Zugang in den nächsten Abschnitt der Geruch noch vorhandener Walnüsse in die Nase, und er weigert sich, weiterzugehen. Die Walnüsse selbst liegen entweder ebenfalls im Level verstreut, oder es müssen dazu kleine Aufgaben erfüllt werden. Letztere reichen von normalen Fetch Quests ("Bringe mir 4 Chilischoten, damit ich meine Feuersuppe vollenden kann") bis hin zu den bereits erwähnten Minispielen, die Anfangs noch ganz lustig sind, ab der vierten Welt jedoch deutlich abbauen und am Ende gar nicht mehr vorhanden sind. Originell waren die Entwickler hier aber sowieso nicht so wirklich, und man hielt an bekannten Konzepten wie z.B. Whack-A-Mole oder Bowling fest.
Mehr als die Suche nach goldenen Walnüssen bietet das Spiel nicht: Ice Age 2 ist sehr linear gehalten und es gibt nicht mal die Möglichkeit, bereits besuchte Level nochmal zu spielen. Einziges Feature sind die überall verstreuten Eicheln, von denen man in jedem Level meistens 1.000 Stück sammeln muss, um Bonusmaterial freizuschalten. Hier haben sich die Entwickler (oder eher der Publisher) übrigens den größten Klops erlaubt: In der deutschen Version bekommt man nicht mehr geboten, als ein paar mit klassischer Musik unterlegte Artworks unter den Menüpunkten "Bonus 1" bis "Bonus 6". Schaltet man die Wii jedoch auf Englisch, verwandeln sich diese Platzhalter in Namen und man kann sich Interviews mit den Erstellern des Films ansehen, die einfach nicht übersetzt wurden und daher in den anderen Sprachversionen fehlen. Die legendären Szenen mit Scrat zum Immer-Wieder-Ansehen wären mir hier zwar lieber gewesen, aber wer weiß, vielleicht bekomme ich die ja, wenn ich meine Wii auf Spanisch stelle.



Altersgerechte Kost
Während der Film "Ice Age 2" für alle Altersklassen sehenswert war, hat das zugehörige Spiel ganz klar die junge Zielgruppe im Auge. Ohnehin orientiert sich der virtuelle Ausflug in die Eiszeit fast gar nicht am Film - ein paar Storyelemente werden zwar mit Sequenzen aus dem Kinostreifen eingestreut, haben jedoch fast nie einen Bezug zum tatsächlichen Spielgeschehen. Auch die anderen Charaktere aus dem Film sind, wenn überhaupt, nur kurz in einem Minigame spielbar. Eigentlich ist es so aber auch besser, da sich Scrat wirklich am allerbesten als Hauptfigur eignet (ein Mammut wäre nun mal etwas schwerfällig für ein Jump'n'Run).
Vom Schwierigkeitsgrad her wurde Ice Age 2 größtenteils an die ganz junge Altersklasse angepasst, allerdings gab es einige Stellen, an denen ich auch mal in's Schleudern kam oder einen kurzen Hänger hatte; insgesamt sollten jedoch selbst Grundschüler keine Probleme mit dem Spiel haben. Auf der anderen Seite stellt sich allerdings die Frage, ob es pädagogisch wertvoll ist, sich mit Faultierfürzen in Geiernester katapultieren zu lassen; ob es wirklich adäquat ist, ein Level im Inneren eines Raubfisches mitsamt gleich zwei in 3D ausmodellierten Herzen und einem achtäugigen Tentakelmonster als Endgegner umzusetzen; und ob es nicht etwas unmoralisch ist, wenn freundliche Tiere an mehreren Stellen mit Schlägen dazu bewegt werden können, dem Spieler zu helfen. Die Beantwortung dieser Fragen überlasse ich lieber mal den Eltern, die ihre Kinder hoffentlich beim Spielen beaufsichtigen.

"Schüttele und schwinge den neuen Wii-Fernbedienung..."
So, und zwar genau so, wirbt der Publisher auf dem Klappentext mit den neuen Features der Wii-Version. Glücklicherweise haben die Entwickler wesentlich bessere Arbeit geleistet und dem Spiel eine mehr als würdige Wii-Portierung verpasst. Die Steuerung wurde in großen Teilen von Zelda abgekupfert, was sicherlich die beste Lösung ist. Mit dem Analogstick des Nunchucks bewegt man Scrat durch die Levels, springt mit A, wirft mit B Kieselsteine, C ist die Aktionstaste und der Z-Knopf wechselt in die Egoperspektive. Hier kann dann mit dem Pointer genauer gezielt und ein bestimmtes Ziel mit Steinen beworfen werden. Angegriffen wird wie in Zelda durch Schwingen mit der Wii-Remote. Drei kleinere Patzer gibt es hier dennoch: Zum ersten werden Spezialangriffe durch ein "weites Schwingen" mit der Remote ausgelöst, was dazu führt, dass man sehr oft unabsichtlich eine Spezialattacke einsetzt, und diese sind ohnehin eher unpraktisch als hilfreich. Die Kamera, die mit dem Steuerkreuz gedreht wird, ist an manchen Stellen zu langsam, wenn sie auch sonst überraschend wenige Probleme macht. Außerdem ist die Angriffsreichweite von Scrat dermaßen niedrig, dass man allein aus diesem Grund doch mal ein paar Treffer einsteckt. Dafür hat er aber auch 50 Hitpoints, die regelmäßig wiederhergestellt werden können.
Auch technisch ist Ice Age 2, zumindest als Port, voll akzeptabel. Die Grafik ist definitiv auf Gamecube-Niveau, sieht dafür (und auch im Vergåeich zu den meisten Wii-Spielen...) aber ziemlich gut aus und gerade die Animationen sammeln hier einige Pluspunkte. Die Levels sind teilweise zwar etwas karg, werden dafür aber fehlerfrei dargestellt und auch von jeglichem Ruckeln bleibt der Spieler verschont. Der Soundtrack des Spiels ist zwar ähnlich belanglos, aber teilweise richtig schön - hier reißen nur die schlechten, imitierten Stimmen der Hauptfiguren (die man aber wie bereits erwähnt sowieso sehr selten hört) den Eindruck etwas herunter.

Kurzurlaub im Eistal
Einen Haken hat Ice Age 2 dann allerdings doch: Das Spiel ist kurz, sehr kurz sogar. Bei 6 Levels, von denen zwei fast direkt wieder vorbei sind, ist das Ende des Spiels nach fünf bis sieben Stunden erreicht. Der niedrige Schwierigkeitsgrad trägt sein Übriges dazu bei, dass erfahrene Spieler an einem Abend zu den Credits gelangen können. Dafür wird einem in dieser Zeit ein recht spaßiges und auch ziemlich abwechslungsreiches Spiel geboten, das zumindest kurzzeitig unterhalten kann. Eurocom haben hier wieder einmal ihr Talent bewiesen und ein sowohl technisch als auch spielerisch sauberes Spiel abgeliefert, das nur am stark begrenzten Budget scheitert. Die Wii-Fernbedienung wurde ebenfalls genau richtig benutzt und ist zu jeder Zeit eine Bereicherung für das Spiel - ich hatte nie das Gefühl, dass eine Stelle zwanghaft auf die Remote umgeschrieben wurde. Diese Entwickler hätten es wirklich verdient, mit mehr Möglichkeiten für einen großen Publisher zu arbeiten.

Zweite Meinung (L.Peterke)
Ice Age 2 hat mich überrascht. Denn mit einem konkurrenzfähigen und vor allem spaßigen Jump & Run hatte ich eigentlich nicht gerechnet. Umso erfreuter war ich dann, als ich das Spiel zum ersten Mal spielte. Es eröffnet mit einer superwitzigen „Scrat-sucht-Walnuss“-Seqenz aus dem Film und wirft mich dann ins erste Level. Als erstes fällt der Breitbild- und HD-Modus auf und (man staune) die eingängige und kompromisslos einfache Steuerung. Die geht gut von der Hand und die Entwickler haben Aktionen wie Stampfattacken sehr nett mit Wii-Remote und Nunchuck umgesetzt. Einzig und allein die Steuerung von Minispielen wie das Bowling fand ich als Wii Sports Bowling-verwöhnter Mensch recht argwöhnisch. Ansonsten aber eine runde Sache, dieses Spiel. Das einzige, was mich wirklich stört, ist das einem das Spiel mit zu banalen Aufgaben konfrontiert. Tore öffnen und Nüsse sammeln, das macht zwar bei einem ausgeklügelten Spiel, wie Ice Age 2 es ist, zwar Spaß, ist aber nicht sonderlich spektakulär. Was übrig bleibt, ist ein gutes und spaßiges Jump & Run mit adäquatem Schwierigkeitsgrad, das besonders Jüngere und Fans des Animationsfilms aus der Eiszeit entgegen dem Spielsetting wärmstens überrascht anstatt zu schockfrosten.

Fazit:
Zum Schluss bleibt also die in diesem Fall absolut nicht leichte Aufgabe, eine Wertung für das Spiel zu finden. Würde ich von normalen Standards ausgehen, wäre (gerade aufgrund des Umfangs) höchstens eine Wertung im 7er-Bereich gerechtfertigt; zieht man jedoch andere Kinderspiele zum Vergleich heran, katapultiert sich Ice Age 2 schon fast in den 9er-Bereich. Ein gesundes Mittelmaß ist hier wohl das beste. Nachwuchsgamer werden auf jeden Fall eine Menge Spaß mit diesem Spiel haben und sicherlich auch mehr Zeit brauchen, die Zusammenhänge hinter den einzelnen Aufgaben zu verstehen, weshalb der Umfang vielleicht gar nicht so problematisch ist. Für absolute Konsolenneulinge und für Eltern, die ein Spiel für ihren Schützling suchen, ist Ice Age 2 also erste Wahl - fortgeschrittene Spieler sollten sich das Spiel ausleihen oder warten, bis es wesentlich günstiger wird, aber selbst die können mit Ice Age 2 mehr Spaß haben als mit so manchem Grafikblender.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Ice Age 2
Wertungen Beschreibung
7.0Grafik
Eine Generation zurück, aber trotzdem ok, fehlerfrei und nett anzusehen
7.5Sound
Stellenweise einfach nur schöne Hintergrundmusik, aber schlechte Sprachausgabe
8.5Steuerung
Leichte Kameraprobleme können nicht über eine sehr gelungene Steuerung hinwegtäuschen
8.0Gameplay
Abwechslungsreich, für jüngere Spieler genau richtig, aber leider sehr kurz
8.1Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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