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Virtua Tennis 2009
Review von Tim Herrmann (mail) | 14.07.2009
Tennis scheint eine Art Einsteigersport zu sein. Erst hilft 2006 Wii Sports und besonders das darin enthaltene Tennisminispiel dabei, die neuen Käufer in die Wiimote-Steuerung einzuführen, dann erscheint im Juni 2009 Wii MotionPlus und schon wieder ist es ein Tennisspiel, das in die neue Kontrolle einführt. EA Sports Grand Slam Tennis war das erste Spiel für den Bewegungssensor. Und obwohl Virtua Tennis 2009 lange Zeit für Mitte Mai angekündigt war, verschob es sich letztendlich noch mehrmals und wurde so zum zweiten MotionPlus-Titel für Wii. In unserem ausführlichen Review zu SEGAs Version der Tennis-Introduktion wollen wir zum einen Virtua Tennis 2009 für sich betrachten, zum anderen aber natürlich auch nicht den Vergleich zur starken Konkurrenz scheuen.

Wii MotionPlus last minute?
EA Sports Grand Slam Tennis wurde zur GamesConvention 2008 angekündigt und schon damals brüstete sich EA damit, das Spiel extra für Wii MotionPlus zu entwickeln, sodass man endlich eine genaue Steuerung einbauen kann. Die Entwicklung lief mehr als ein Jahr, sodass das Spiel jetzt pünktlich zum Launch des Zubehörs fertig war. Bei Virtua Tennis 2009 lief das Ganze alles ein wenig anders: Dass das Spiel überhaupt erscheinen würde, wusste man erst Anfang Februar – und damals hieß es noch, dass das Spiel nur für die HD-Konsolen und den PC käme. Eine Wii-Version wurde erst ein paar Wochen später offiziell gemacht. Wii MotionPlus war zur offiziellen Ankündigung in SEGAs Pressemitteilung noch kein Thema, endgültig war die Information über die Einbindung des Sensors tatsächlich erst zwei Monate vor dem Launch.

Deswegen muss die Frage erlaubt sein, wie SEGAs Planungen tatsächlich ausgesehen haben: Entwickelte man Virtua Tennis 2009 exklusiv für Wii MotionPlus oder baute man das Zubehör nur nachträglich noch als zusätzlichen Kaufanreiz ein, um sich gegen die EA-Konkurrenz behaupten zu können, die ungefähr im selben Zeitfenster erscheinen würde?
 


Vieles im fertigen Spiel deutet darauf hin, dass Letzteres der Fall gewesen ist und dass Virtua Tennis 2009 eben keine Exklusiventwicklung für den Sensor ist. Glücklicherweise ist es nicht das Gameplay selbst, das hierauf hinweist. Wie die Steuerung funktioniert, darauf wird später noch eingegangen. Stattdessen ist es das „Drumherum“ der Steuerung, das einen dazu veranlasst zu glauben, dass die Einbindung von Wii MotionPlus eher in letzter Minute und unter viel Druck geschehen ist. Zunächst einmal muss man vor jeder Aufgabe – sei es ein Match, ein ganzes Turnier oder ein Minispiel – manuell auswählen, mit welchem Controller man spielt: Wiimote oder Wii MotionPlus. Standardmäßig ist die Wiimote eingetragen, weswegen es stets nötig ist umzuschalten. Eigentlich sollte man erwarten dürfen, dass die Software dies allein erkennt.

Im Spiel selbst kommt die größte ungeschliffene Stelle. Vor jedem Ballwechsel zwingt einen das Spiel nämlich, den Controller zu kalibrieren. Neben dem Spielcharakter erscheint dann ein kleiner Kreis mit einer 1 für den ersten Spieler, in den der Pointer bewegt werden muss. Ca. zwei Sekunden dauert es dann am Anfang, bis ein kleiner Haken die Kalibrierung beendet und das Spiel beginnen kann. Danach braucht man diese kurze Kalibrierung immer noch nach jedem gespielten Punkt, dann dauert sie aber wenigstens nicht mehr so lange.

Die Kalibrierung selbst ist nicht unbedingt ein vernichtender Kritikpunkt, schließlich dauert sie nicht lange und ist schnell erledigt. Aber dafür muss man sich trotzdem fragen, warum das Ganze überhaupt sein muss, schließlich schafft es die Konkurrenz auch ohne oder kalibriert sich automatisch im Laufe des Spiels. Zu signifikant besserer Steuerungsqualität trägt diese Pflicht vor jedem Ballwechsel ebenfalls nicht bei, weswegen die Vermutung nahe liegt, dass SEGA bzw. Entwickler Sumo Digital hier einfach nicht mehr die Zeit hatte, das Ganze glatt zu schleifen und unauffälliger zu gestalten.

Funktioniert’s?
Die Steuerung von Virtua Tennis 2009 weist lediglich einen klaren Unterschied zu der von Grand Slam Tennis auf – sie benutzt keine Knöpfe. Während EAs Spiel noch A und Bo für Lobs und Stoppbälle verwendet, kommt Virtua Tennis zwar ganz ohne jegliche Buttons aus, erschwert es seinen Spielern aber dafür auch, besonders Stoppbälle zu schlagen. Ansonsten könnte man in diesen Abschnitt des Reviews eigentlich den kompletten entsprechenden Text aus dem Review von Grand Slam Tennis hineinkopieren, denn es gibt exakt die gleichen Lob- und Kritikpunkte.
 


Zunächst einmal greift auch bei SEGA das Prinzip der verspäteten 1:1-Steuerung. Die Bewegung des Spielers wird nicht direkt ins Spiel umgesetzt, wenn sie ausgeführt wird, sondern erst nachträglich umgesetzt. Dass es zumindest theoretisch auch anders geht, zeigt das Tischtennisminispiel in Wii Sports Resort, allerdings spielt sich dies natürlich auf wesentlich kleinerem Feld ab und die Entwickler der beiden großen Tennissimulationen hatten mit dem Problem zu kämpfen, dass bei weitem nicht jeder ihrer Spieler auch Tennisprofi ist. Deswegen läuft es jetzt so, dass der Ball kommt, der Spieler seine Bewegung ausführt und das System dann im Bruchteil einer Sekunde berechnet, wo der Ball dem Schlag entsprechend hinwandern müsste – das Ganze unter Verwendung einer gewissen Toleranz, damit nicht jeder Ball im Aus landet.

Bei Virtua Tennis 2009 scheint es so zu sein, dass diese Verspätung etwas geringer ausfällt als bei Grand Slam Tennis, das liegt aber einzig daran, dass die Ballwechsel hier allgemein schneller vonstatten gehen und das Spiel zackiger ist als bei der Konkurrenz, wo der Ball ein wenig langsamer über den Platz saust. Unterstrichen wird das optisch durch farbige Schnuppen hinter den geschlagenen Filzbällen.

Obwohl Virtua Tennis 2009 mit Wii MotionPlus auch wunderbar funktioniert, äußert sich dies nur in den Resultaten der Schläge. Vor und während des Spiels wackelt der Schläger nicht realitätsgetreu in der Hand, wenn man ein wenig mit der Wiimote zappelt wie bei Grand Slam Tennis; der Spieler bleibt starr mit seinem Schläger stehen und lässt erst bei der letztendlichen Schlaganimation durchblicken, dass er die Kommandos verstanden hat. Ansonsten gilt dasselbe wie bei der Konkurrenz: Endlich wird ein kontrolliertes und koordiniertes Spiel mit genau platzierten Bällen möglich, das es so noch nicht gegeben hat.

Wählt der Spieler im Voraus die Steuerung ohne den 1:1-Sensor aus, greift das herkömmliche Prinzip. Virtua Tennis hat sich hier Gedanken darüber gemacht, wie man die Mängel bisheriger Spiele am besten ausmerzen kann – das Ergebnis ist eine blaue Leiste über dem Kopf des Spielers, der eine Einschätzung des Timings ermöglicht. Wer früher oder später schlägt, kann damit die Richtung beeinflussen. Das funktioniert zwar meist, hat mit Tennis aber nicht mehr viel zu tun, weswegen sich die Wii-Version dann nicht mehr viel von den HD-Varianten mit Knopfsteuerung abheben kann. Wii MotionPlus ist also fast Pflicht.


 
Einen Vorteil hat Virtua Tennis dann übrigens doch noch gegenüber seinem Konkurrenten: Die KI der Spieler ist teilsdeutlich besser. Verliert man in EAs Spiel gern einmal ein paar Punkte, weil der Spielcharakter völlig falsch zum Ball steht und ihm nur dumm hinterher guckt, kommt dies in Virtua Tennis 2009 nur sehr selten vor. Außerdem beginnt SEGAs Tennis wesentlich einfacher und einsteigerfreundlicher, sodass man zu Beginn noch viel Selbstvertrauen eingeflößt bekommt, weil man fast jedes Match gewinnt.

Alle Features sind schon da…
Schon zur Ankündigung der Wii-Version brüstete sich SEGA damit, alle Features der großen Versionen auch für Nintendos Konsole einzubauen. So ist jetzt zum Beispiel auch der Online-Modus vorhanden, der mit den altbekannten Freundecodes funktioniert und online sogar eine Lobby bietet.

Kernstück von Virtua Tennis 2009 ist sein World Tour Modus, den man als Karrieremodus verstehen kann. Im Vorfeld erstellt sich der Spieler (wie bei der Konkurrenz) einen Charakter mit den üblichen Parametern wie Körpergröße, Haarfarbe, Statur, Frisur etc. und geht mit ihm dann auf Welttournee. Jede (Spiel)Woche gibt es ein neues Ereignis zu spielen z.B. Turniere, Übungsmatches oder Freundschaftsspiele. In freien Wochen könnt ihr entweder mit dem erspielten Geld einkaufen gehen, üben oder Minispiele spielen. Die Minispiele sind eine Besonderheit von Virtua Tennis, denn sie haben eigentlich kaum noch etwas mit dem Tennissport zu tun, sondern lassen euch abstruse Aufgaben auf dem Platz erfüllen. Manche sind ganz sinnvoll (z.B. ein Spiel, in dem man Farbblöcke wegschlagen soll, um Punkte zu sammeln, oder eines, in dem Bälle in farbige Punktemultiplikatoren zu schlagen sind), andere sind schlichtweg doof – man rennt beispielsweise über den Platz und sammelt Items ein, während man Tennisbällen ausweicht. Teils sind die Minispiele etwas albern und wirken so, als seien sie nur da, um die Spiellänge zu strecken, aber ab und zu sind sie auch nette Bereicherungen.

Nach jeder Aktion in einer Woche gewinnt euer Spielcharakter zwar an Erfahrung, wodurch er bessere Fähigkeiten freispielen kann, verliert aber auch Kondition – wer sich selbst zu viel zumutet, riskiert die Gefahr von Verletzungen und sollte dem lieber vorbeugen, indem er sich Urlaub genehmigt oder förderliche Drinks zu Wucherpreisen einkauft. Der World-Tour-Modus in Virtua Tennis 2009 überzeugt, weil er am Anfang leicht und motivierend beginnt und dann immer schwieriger wird. In Grand Slam Tennis wird man direkt in die großen Weltturniere geworfen und hat zunächst kaum Chancen.
 


Das Gesamtpaket
So gut Virtua Tennis von der Steuerung her an die Wiimote angepasst sein mag, so schade ist es, dass es technisch keine Bäume ausreißen kann. Grafisch sieht das Spiel sowohl in den Zwischensequenzen als auch im Spiel selbst aus wie von der PlayStation 2 (obwohl es dafür gar keine Version gibt!) – kantige Modelle, schlechte Texturen, abgehackte, unnatürliche Animationen und merkwürdige Haare hinterlassen einen eher schlechten Eindruck. Besonders wenn man sich im Vergleich dazu noch einmal Grand Slam Tennis mit seinem exklusiven Comic-Stil und der stechend scharfen Optik anschaut.

Der Sound kann manchmal etwas quietschig werden und eher den Eindruck erzeugen, dass man gerade Fun-Tennis spielt, obwohl eindeutig eine professionelle Simulation mit zahlreichen Lizenzen zu sehen ist. A Propos Lizenzen: Zumindest bei den verfügbaren Spielern hat man sich nicht lumpen lassen und sowohl Legenden wie Boris Becker als auch viele andere aktuelle Stars integriert. Dazu gibt es im spielinternen Shop Kleidung und Accessoires von namhaften Firmen der Realität zu erstehen.

Fazit:
Mit Wii MotionPlus lässt sich Virtua Tennis 2009 mindestens so gut wie Grand Slam Tennis steuern, gewinnt vielleicht sogar ein paar Pünktchen dazu durch die bessere KI und das zackigere Gameplay, das den Eindruck einer flüssigeren Kontrolle aufkommen lässt. Ohne Wii MotionPlus bietet das Spiel ein funktionierendes System, das sich aber sehr unnatürlich anfühlt. Insgesamt gesehen kann Grand Slam Tennis aber durch seinen Status der Exklusiventwicklung auftrumpfen. Bei der Technik merkt man Virtua Tennis 2009 nämlich an, dass Wii hier technisch nicht wirklich ernst genommen wurde, es sieht aus, als könnte es auf der PlayStation 2 laufen. Während Grand Slam Tennis mit zahlreichen Multiplayer-Modi aufwartet, kann SEGA zwölf Minispiele anbieten, die teils aber etwas albern sind, wenig mit Tennis zu tun haben und manchmal auch schlicht keinen Spaß machen. Virtua Tennis 2009 hat zwar eine ganz leicht bessere Steuerung, dieser Vorteil wird aber durch die ungeschliffene Kalibriermechanik wieder wettgemacht und Grand Slam Tennis bietet dadurch insgesamt spielerisch und technisch das knapp bessere Gesamtpaket.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Virtua Tennis 2009
Wertungen Beschreibung
6.4Grafik
Hakelige Bewegungsanimationen, schlechte Texturen und verbesserungswürdige Charaktermodelle können diese Umsetzung leider nicht übers PS2-Niveau hieven.
7.0Sound
Teilweise etwas piepsiger Sound, der eher zu den Minispielen als zum Tennis passt. Das Publikumsgejohle hört sich etwas statisch an und dem Sprecher merkt man einen deutschen Akzent beim Englischreden an.
8.1Steuerung
Ingame etwas angenehmer als bei Grand Slam Tennis wegen besserer Spielerintelligenz und flotteren Gameplays. Allerdings nerven die ewigen Kalibrierungen, die man irgendwie hätte umgehen müssen.
8.0Gameplay
Schöne Lernkurve mit motivierenden Einsteigermatches, dann schwierigeren Herausforderungen und zahlreichen lizenzierten Spielcharakteren. Der Online-Modus weiß zu gefallen, einige Minispiele fallen aber eher durch.
7.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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