Review von Lars Peterke (mail) | 08.06.2009
Würde es eine offizielle Liste mit den kultigsten Videospiel-Charakteren geben, dann wären zwei ganz oben mit dabei: Hund Sam und Hase Max von der Freelance Police. Das ziemlich skurrile Ermittlerduo hatte seinen ersten Auftritt in verschiedenen Comics ab 1987, bevor sie ihren Siegeszug durch die Videospielwelt mit „Sam & Max hit the Road“ von Lucas Arts antraten. Seitdem ist es jedoch ruhig geworden um die beiden, bis man sich in Zusammenarbeit mit Telltale Games dazu entschloss, einige Download-Episoden zu produzieren, in denen Sam & Max neue Fälle lösen müssen. Von diesen Episoden sind inzwischen zwölf Stück erschienen, die sich in zwei Staffeln aufteilen. Die erste Staffel ist unter dem schlichten Titel „Sam & Max: Season 1“ jetzt für die Wii erhältlich. Wir haben das Point & Click Adventure für euch auf Herz und Nieren geprüft.
Das wohl humorvollste Spiel aller Zeiten
Sam und Max muss man lieben. Kaum ist eine Spielminute vergangen, hat man beide Charaktere in sein Herz geschlossen. Während Sam alles mit der trockenen Realität konfrontiert, feuert Max ironische und sarkastische Kommentare aus allen Rohren. So kann „Sam & Max: Season 1“ allein schon durch die Dialoge der beiden einen hoch angelegten Spielspaß erzeugen. Getoppt wird dies noch durch die herrlichen Szenarien, die beide überstehen müssen. Ohne hier zuviel zu verraten, landen beide beispielsweise in einer Quiz-Show oder müssen in der ersten Episode „Culture-Schock“ einen gewissen Brady Culture dingfest machen, der die Welt erobern will, indem er alle Menschen mit Hilfe eines Fitness-Videos hypnotisiert und willig macht.
Bevor jetzt aber hier der Eindruck entsteht, dass hier das beste Spiel der Welt vorliegt, zunächst einmal alles auf Anfang. Das Spiel startet nach einigen unangenehmen Ladezeiten mit einem simplen Auswahlbildschirm, in dem ihr euch für eine der sechs Episoden entscheiden könnt. Das verfügbare Optionsmenü lässt euch bis auf das Ein- und Ausschalten der Untertitel wenig Spielraum und ein Klick auf den Menüpunkt „Specials“ zeigt euch lediglich ein paar Artworks und ein paar Charakter-Biographien, die auf Englisch gehalten sind.
Ebenfalls fragwürdig ist, wieso man sich nicht darüber im Klaren war, dass wir Deutsche ein Sprachelement mit dem Begriff „Umlaute“ nutzen. Diese sind beim ersten Empfinden nicht vorhanden und wir müssen auch große „Zurueck“-Buttons klicken. Doch der Höhepunkt kommt erst noch: Hat man sich für eine Episode entschieden, startet das Spiel mit einem pompös eingeblendeten „Telltale Games präsentier“. Genau, richtig gelesen. Kein t. Irgendjemand hat das „t“ im Introscreen geklaut. Und das trotz übertrieben langer Entwicklungszeit. Während die einzelnen Episoden und die „Season 1“ –Compilation für den PC schon längere Zeit erhältlich sind, mussten Wii-Besitzer bis jetzt warten, um dann so etwas serviert zu bekommen. Peinlich, peinlich.
Spielspaß mit Dämpfern
Wer Angst hat, die Lokalisierung wurde vollends verstümmelt, kann nach dem Start der ersten Episode aufatmen. Eine brillante deutsche Synchronisation haucht den beiden Charakteren Sam und Max auf besonders tolle Art und Weise Leben ein und es gilt dann zunächst, das Telefon der beiden aus den Fängen der Hausratten zu entziehen, die das Fernsprechgerät als Erpressungsmittel für Schweizer Käse nutzen. Allerdings offenbart sich hier auch der erste markante Nachteil des Spiels: die Untertitel sind viel zu klein und das Optionsmenü gibt keine Möglichkeit preis, diese zu vergrößern. Das ist dank der tollen Vertonung des Spiels zwar stellenweise verschmerzbar, bringt aber nichts, wenn es um die Antwortenauswahl im Dialog mit anderen Charakteren geht. Hier wird das Ganze zum Krampf. Und das vor einem großen LCD-Flachbildfernseher mit Komponenten-Kabel. Wie das auf einer kleinen Röhre mit AV-Kabel ausschaut, mag man sich da gar nicht vorstellen. Hier ist ein Herankriechen an den Fernseher angesagt. Zumindest etappenweise.

Das größte Übel sind aber die Ladezeiten, die zu Beginn etwas kürzer hätten ausfallen können, und sich während des gesamten Spiels durch kurzes Nachladen immer wieder bemerkbar machen. Scrollt der Bildschirm, kann es passieren, dass das Spiel ruckelt und ständig wird man mit teilweise sekundenlangen Standbildern konfrontiert, wenn bei der Dialogauswahl oder einem Szenenwechsel einzelne Grafiken oder Sprachdaten nachgeladen werden müssen. Erstaunlicherweise schmälert dies den Spielspaß nicht zu signifikant, da das tolle Setting des Spiels und der Charme von Sam und Max den Titel aus der Misere retten können. Ein stilistisch nicht so prägnantes Adventure wie „Geheimakte“ hätte mit diesen Nachteilen sicherlich mehr zu kämpfen gehabt.
Glücklicherweise wirken sich Framerate-Einbrüche bei einem Point & Click Adventure nicht besonders negativ auf die Spielerfahrung auf, wenn man sie überhaupt ausgiebig wahrnimmt. Was bleibt ist hier immerhin eine gute Grafik mit einem zudem sehr stimmigen Gesamtkonzept, die mit lasziv-jazziger Hintergrundmusik Hand in Hand geht.
Einfaches und effektives Konzept
Wie ein Point and Click Adventure funktioniert, muss wohl keinem mehr erklärt werden. Entsprechend einfach präsentiert sich die Steuerung, die lediglich mit dem Pointer der Wii-Fernbedienung und dem A-Knopf zur Auswahl auskommt. Bei der Dialogauswahl lassen sich Antworten mit dem Steuerkreuz auswählen. Das erhöht den Spielkomfort und man muss nicht zwingend auf alles zeigen. Ähnlich einfach ist die generelle Steuerung. Klickt auf einen beliebigen Bereich im Bildschirm, um Sam dorthin gehen zu lassen und klickt auf Max, um mit ihm zu kommunizieren.
Unten links auf dem Bildschirm findet sich eine kleine Kiste, die bei einem Klick die gesammelten Gegenstände offenbart. Ein Klick auf einen Gegenstand verwandelt das Zeigersymbol dann in das entsprechende Objekt und ihr könnt es auf ein anderes Objekt oder eine Person auf dem Bildschirm anwenden. Das lässt sich dann ganz einfach daran erkennen, dass ihr ein kurzes Vibrieren der Wii-Fernbedienung spürt und der Name des Objektes auf dem Bildschirm erscheint, egal ob Fernseher, Kleiderbügel oder Parkuhr.
Ein Zahnrad-Symbol am Oberrand des Bildschirms öffnet beim Klick die Systemleiste, durch die ihr auch jederzeit Speichern und Laden könnt, sofern ihr euch nicht auf die sehr verlässliche Autospeichern-Funktion des Spiels verlassen wollt. So könnt ihr euch also doch relativ komfortabel durch die Episoden spielen. An die kurzen Standbilder gewöhnt man sich dann nach einer gewissen Zeit und verschmerzt diese, spätestens wenn der Charme des Spiels dafür sorgt, dass der Suchtfaktor ansteigt. Da vermisst man dann nur die eine oder andere Hilfe-Funktion. Denn ab und an sind die Lösungsansätze für ein Rätsel nicht sofort ersichtlich und man muss schon viel Fantasie mitbringen. Oder es ist ein Item, das man auf dem Fernsehgerät übersieht, beispielsweise eine Spraydose, die auf einem Auto an der Straße steht. Hier wäre zum einen eine Zoom-Funktion oder großzügigere Markierung der Gegenstände wünschenswert gewesen und ein Hinweis-System für besonders knackige Rätsel hätte man auch begrüßt. Letzteres sollte in Zeiten von GameFAQs und Co. jedoch zu verschmerzen sein. Fazit: Eigentlich müsste man stinksauer über die Umsetzung sein, denn im Detail hätte man hier einiges besser machen können, um den Spielspaß zu maximieren. Und dennoch: „Sam & Max: Season One“ ist ein Point & Click Adventure der Güteklasse A, das in Design, Setting und Story durchweg überzeugen und mit knackigen Rätseln in seinen sechs Episoden lange vor dem Bildschirm fesseln kann. Es bleibt also ein lohnenswerter Titel zum Budget-Preis, bei dem Fans von Adventures und skurrilen Storys mit haufenweise kulturellen Sidekicks unbedingt einen Versuch wagen sollten.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Sam & Max: Season 1 | |
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| 7.0 | Grafik Tolles Design mit gutem Setting, welches durch eine technisch schwache Umsetzung leider etwas geschmälert wird. | |
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| 9.3 | Sound Brillante Synchronisation und hervorragende Hintergrundmusik, die den Stil des Spiels perfekt einfangen | |
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| 8.4 | Steuerung Der Pointer und der A-Knopf. Da kann man wenig falsch machen. | |
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| 8.5 | Gameplay Ein überzeugendes Point & Click-Adventure mit Suchtfaktor, das in seiner Spielbarkeit durch die technische Umsetzung leidet. Ein Hinweissystem ist ebenfalls nicht vorhanden. | |
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| 8.0 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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