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MySims Party
Review von Burkhart von Klitzing (mail) | 24.05.2009

Es war einmal, vor gar nicht allzu langer Zeit, ein Königreich, das auf den bezaubernden Namen Ellek Troenik Ahrz hörte. Es war das größte Reich weit und breit und trotz des lieblichen Namens litt sein Volk. Die Menschen forderten Reformen – ein Umdenken der verkrusteten Strukturen – und das Ende der Kriege gegen kleinere Staaten, wie Bullfrog, Origins und Westwood, die (in den Augen der gemeinen Bevölkerung) überrannt, geplündert und im besten Falle noch als Marionettenstaat fortgeführt wurden. Schließlich kam es wider Erwarten zu neuen Impulsen in der Obrigkeit, die langsam begann, den Fihfah-Stagnationsfluch zu überwinden. Planungen, die für ungerecht befunden wurden, fanden ein jähes Ende, Versprechungen zur Verbesserung des Lebensstandards häuften sich, Wagnisse kamen zum Vorschein. Bis, ja bis Activision mit Vivendi, beziehungsweise Blizzard fusionierte und somit Electronic Arts auf Platz zwei der Publisher verbannte und in Zugzwang brachte.

Willkommen zurück aus der Fantasiewelt der Einleitung hinein in die an und für sich liebenswerten Weiten der MySims-Welt. Die MySims-Serie begann ursprünglich als ein kindertauglicherer Verschnitt der immens populären Lebenssimulation Die Sims, verbunden mit einer unübersehbaren Annäherung an Nintendos Animal Crossing-Serie. Das war spielerisch nicht immer sonderlich anspruchsvoll, lebte dafür zum Großteil von seiner Seele und der Hingabe der Entwickler, die man in den liebevollen Szenerien und den abgedrehten Personenkonstellationen sah. Was soll man dagegen jetzt erwarten, wenn zu dem Ableger einer Serie ein Ableger erscheint, der zudem das mittlerweile verpönte und überlaufene Genre der Minispielsammlungen bedient?
Damit solche Anhäufungen kurzer Spielehappen funktionieren, bieten sich drei Möglichkeiten. Rayman Raving Rabbids band die einzelnen Disziplinen erfolgreich dicht aneinander ohne große Ablenkung, Wario Ware kam ebenfalls ohne längere Unterbrechung aus, bot aber wahlweise nebenher noch abgedrehte Storyschnipsel und Spielzeuge und der Platzhirsch Mario Party bettet die kurzen Scharmützel in ein großes Brettspiel ein, das für sich selbst Abwechslung und Spannung verbuchen kann. MySims Party scheint sich nicht so ganz festlegen zu wollen, wo es sich dabei positioniert, auch wenn die Parallelen zu den Feiern des Nintendo-Klempners stellenweise überdeutlich sind.

Streich eins und zwei auf dem Weg zur Travestie
Wer sich für den Hauptmodus entscheidet, der auf den Namen Traumfestivalmodus hört, findet sich seriengetreu in seinem Haus wieder, wo er oder sie sich erst einmal einen MySim bastelt. So weit, so bekannt, so gut? Weit gefehlt, denn hier fangen schon gleich die Probleme an. Frisuren, Brillen, Hüte und Klamotten lassen sich immer noch nicht bequem aus einer Liste auswählen, wie es Animal Crossing seit nunmehr acht Jahren vormacht; der endgültige Genickbruch des Charaktereditors sind jedoch die Ladezeiten, die sich dramatisch verlängerten, in dem Ausmaße, dass zwischen zwei Kleidungsstücken schon mal mehrere Sekunden liegen können. Im Laufe des Spiels sammeln sich dutzende Kleidungsstücke an, was die gezielte Suche etwa nach dem Ninja-Outfit zur Qual macht. Dem gegenüber steht dafür eine unerklärlich mickrige Auswahl an Haarfarben. Neu im Editor sind neben den Ladezeiten auch Statuspunkte. Fünf dieser Punkte lassen sich frei (und jederzeit erneut) auf die vier Attribute Kraft, Ausdauer, Tempo und Glück verteilen, was sich später auf die Minispiele auswirkt oder teilweise auswirken soll, besser gesagt. Nun noch schnell das abgesehen vom Editor absolut bedeutungslose Innere des Eigenheims verlassen und das „Abenteuer“ kann seinen Lauf nehmen.



Serienliebling Buddy flitzt zu dem zentralen Platz der Ortschaft, die an die Stadt des Original-MySims erinnert, wo MC Emi bereits mit dem ersten Festival auf den Spieler wartet. Der Weg zu den insgesamt zwölf Festivals, die nichts weiter als ein Turnier aus drei bis zwanzig Minispielen darstellen, führt jedes Mal zu dieser Dame und ihrem Hilfsäffchen, das wie schon die Anleitung mehr Fragen offen lässt, als sie zu beantworten. Mehr als diesen Eintrittspunkt in die Turniere hat die Stadt denn auch kaum zu bieten. Obwohl man ein ausgewachsenes MySims-Spiel kombiniert mit Minispielaktivitäten wohl nicht erwarten durfte, so ist das Endresultat nicht mehr als der Versuch, aus der Grundlage der Franchise Kapital zu schlagen. Nach und nach gesellen sich zu dem zentralen Gebiet drei weitere Abschnitte wie eine Wiese und ein Strand hinzu, denen allesamt ihre Ödnis gemein ist. Nach zwei Minuten ist ein neues Gebiet vollständig erkundet, sofern man sich das überhaupt zumuten möchte angesichts des Fehlens jedweder Highlights in der Landschaft oder sammelbarer Items. Nach gewonnenen Festivals ziehen neue (bekannte) MySims in die Nachbarschaft, ohne das Innere ihrer Häuser preiszugeben. Es bleiben nur der Blick auf die Fassade und ebenso abwechslungsarme wie ungewohnt lieblose Gespräche, aufgelockert nur durch den einen oder anderen charmanten Spruch im typisch naiv-ironischen Stil. Zumindest sofern man sich überhaupt mit der Steuerung anfreunden kann, die unverständlicherweise zwingend auf das Nunchuck verzichtet. Entweder weist man per Pointer den Weg, was gelegentlich zu merkwürdigen Abbremsmanövern führt oder man dirigiert per Steuerkreuz, was wiederum unsinnig ist, da man nicht simpel per A-Knopf-Druck kommuniziert, sondern durch eine Kombination aus Pointer und A-Knopf.
Die einzigen Möglichkeiten, sich kreativ auszutoben, bestehen im Äußeren des eigenen Hauses und dem Platzieren von Denkmälern an designierten Orten. Als Belohnung für besonders gute Ergebnisse in den Turnieren erhält der Spieler insgesamt zwölf dieser hübsch anzusehenden Monumente, die weder einen Zweck erfüllen, noch für mehr als ein Minimum an Personalisierung sorgen. Dafür sind die möglichen Bauplätze deutlich zu beschränkt – warum setzt MySims Party dem Spieler eine Textbox vor, die ihm sagt, das zentrale Areal der Stadt dürfe nur drei Denkmäler führen, obwohl wesentlich mehr freie Baustellen vorhanden sind? Sinnbildlich ist hier die Übersichtskarte, die keine Auskunft über die Position des eigenen Hauses, der Häuser anderer Bewohner oder freie Bauplätze gibt. Die Spielwelt ist nicht nur ein massiver Rückschritt von den Vorgängern, sondern insgesamt eine freche Farce. Höchstens die ganz Kleinen könnten mehr als zwei Minuten Freude aus dem Anblick der arg gleichförmigen, konventionellen Bauten inmitten von Landschaften, die kaum spannender anzusehen sind als mein Vorgarten, ziehen. Alle anderen wenden sich alsbald kopfschüttelnd dem Hauptteil einer Minispielsammlung zu.

Haltestelle
Jede der 50 Übungen ist mindestens einem und maximal drei der Charakterwerte zugeordnet. So erfordert ein Lauf zum Ziel beispielsweise ein möglichst hohes Tempo und Hantelheben naturgemäß Kraft. Mit der Beschränkung auf ein frei zusammenzustellendes Team aus zwei oder drei MySims pro Festival und der Tatsache, dass ein gerade genutzter Wert für den Rest des Festivals um einen Punkt sinkt (wer Hanteln stemmt, büßt Stärke ein – ich müsste lügen, wenn ich das als realistisch bezeichnete), keimt die Hoffnung auf ein interessantes taktisches Element auf. Leider verpufft sie schnell in einer Wolke aus Frust, Unverständnis und Gleichgültigkeit – in eben dieser Reihenfolge. Der Frust setzt ein, sobald für ein Spiel kein passender Charakter im Team ist und so etwa das Aufheben von Tellern zur Geduldsprobe wird, während die versammelte Konkurrenz herumrast wie von einer Hummel gebissen. Das Unverständnis folgt in Disziplinen, die keinen Bezug zu den geforderten Attributen zu haben scheinen. Was soll ein hoher Glückswert nützen, wenn alle vier Teilnehmer das richtige Kleid aus ein und demselben Schrank heraussuchen? Stellen sich die CPU-Gegner dann vielleicht dümmer an? Was aber wäre dann im Mehrspielermodus? In manchen Minispielen bleibt der Frust noch lange erhalten, da neue Charaktere erst durch hohe Punktzahlen in ihren Disziplinen freigespielt werden müssen und manche der geforderten Leistungen allgemein bereits gnadenlos überzogen sind und ohne ein volles Konto in der richtigen Fertigkeit ohnehin unmöglich erscheinen. In anderen Miniabenteuern ignoriert der Spieler die geforderten Statuswerte dagegen schnell. Glück bei der richtigen Auswahl einer Pizzazutat ist ebenso unsinnig wie bei der Auswahl des richtigen Kleides eines Mannekins…oder der Auswahl des richtigen Kleides in einem Schrank…oder der richtigen Kekse in einer Auslage. Als wollte EA dem Schmerz noch Beleidigung hinzufügen, ist es unmöglich vor einem Festival zu wissen, welche Werte wohl wie oft und in welcher Kombination in ihm zum Zuge kommen. Verzichtet man nun darauf einen glücklichen Charakter (ein Adjektiv, das auf den Spieler längst nicht mehr zutrifft) mitzuschleifen, da Glück eh oft genug keine Auswirkung zu haben scheint, dann kommen mit Sicherheit beispielsweise das Sushi-Essen, das komplett auf Glück basiert und keinerlei Fähigkeiten voraussetzt, und die Möhrenpflückerei, die zwar auch noch Stärke und Tempo empfiehlt, aber eigentlich komplett durch Glück gewonnen werden kann und sollte. Was bleibt, ist ein ordentlicher Ansatz, der noch wesentlich ordentlicher im Sand verläuft und eher lästig denn bereichernd wirkt.



Ähnliches gilt für den Rest des Drumherums. Einerseits folgt nicht ein Minispiel auf das andere. Andererseits stehen sie wesentlich stärker im Fokus als beim Platzhirsch Mario Party. Zwischen den Minidisziplinen erfolgt ein ums andere Mal eine zweifache Punkteabrechnung, eine Bilanz der gesunkenen Statuswerte, sich stetig wiederholende Kommentare der Ausrichter, unerklärliche Ladezeiten, die obligatorische Auswahl des nächsten teilnehmenden Charakters und somit kurzum jede Menge Leerlauf, wie schon bei der Klamottenwahl. Dazu gesellen sich ab und an Bonusrunden, die stark an so manches Intermezzo in Mario Party erinnern, nur dass hier weder Toad noch Koopa für Überraschungen sorgen, sondern ein Magier. Wobei das Wort „Überraschungen“ ohnehin relativ ist und „Streckmittel“ passender wäre, denn jedes Mal warten lediglich elf verdeckte Karten auf eine Auswahl durch die Teams und spendieren entweder leidlich spannende Micker-Boni in Form von einzelnen Statuspunkte-Erhöhungen oder übermächtige Effekte in Form von der vollständigen Auffrischung aller Teammitglieder oder des Zwangsaussetzens einer Person für drei Runden.
Die Zahl der unnötigen Längen im Spielfluss ist damit noch nicht ausgereizt. Während die (gute) Konkurrenz im Minispielemarkt kaum Zweifel darüber zulässt, wann das nächste Event zur Verfügung steht, beginnt der MySims Party-Käufer nach dem dritten Festival munter zu rätseln, allerdings in der negativen Form von Rätseln. Anfangs steht nach jedem Sieg ein neues Fest bereit, doch nun plötzlich nicht mehr. So irrt man umher, befragt die Einwohner, baut Monumente und hofft darauf, dass es doch endlich weitergehen möge. Das passiert allerdings erst, sobald man ein paar (beliebige) ältere Festivals nochmals erfolgreich begeht. So kann man sich nicht einmal in einem Rutsch durch das Spiel quälen, sondern wiederholt die Wiederholungen ein ums andere Mal. Das könnte ja noch zu verschmerzen sein, wenn dann wenigstens zum Schluss hin neue Minispiele aufwarteten, die die Repetition vergessen ließen. Aha, ein Konjunktiv. Oh nein, keinerlei neue Disziplinen im 20-teiligen Finale.

Minispaß-Sammlung

Darf man nun endlich ein Minispiel bestreiten, geschieht das undenkbare: Man sehnt sich nach ein wenig mehr Vorgeplänkel, nämlich in Form von besseren Erläuterungen. Die Erklärungen, die vor jeder Disziplin eingeblendet werden, lassen nämlich oft mehr Fragen offen, als sie zu beantworten, sowohl im Bereich der Steuerung als auch der Spielregeln. Wieder einmal zeigt Mario Party seit nunmehr über einer Dekade, wie es richtig auszusehen hat. Weiterer Vorteil des Klempners: Während man dort jedes Minispiel beliebig oft ohne Furcht vor irgendwelchen Konsequenzen trainieren darf, fehlt die Option hier. So wird der Spieler schlecht vorbereitet in das sprichwörtliche kalte Wasser geworfen und kann als Krönung nicht einmal im Pausemenü während der Action noch einmal die Tastenbelegung einsehen. Die Minispiele an sich erreichen nur selten das Niveau eines Rayman Raving Rabbids, eines Mario Party oder sogar der vorigen MySims-Minispiele auf dem DS, obwohl sie dort lediglich Beilagen zu den normalen Abenteuern waren. Da soll in zig Variationen die richtige Antwort ausgewählt werden, die Wiimote wird mal rhythmisch und mal möglichst schnell umhergefuchtelt, Rennen werden bestritten und Gegenstände gesammelt. Dummerweise verweigert die Steuerung so manches Mal ihren Dienst. Schnelle Auf- und Abbewegungen registriert das Spiel im Gegensatz zu schnellen Kreismanövern merkwürdigerweise nicht. Ebenso rätselhaft bleibt die Erkennung der eigenen Bewegungen beim Speckscheibenwenden in der Bratpfanne oder beim Gitarrensolo. Funktioniert die Steuerung in einer Disziplin doch einmal gut, so nerven andere „Einfälle“ der Programmier-Dadaisten. Warum etwa existiert keine Anzeige beim Snowboard, die verdeutlicht, welche Tasten der erforderten Kombinationen schon gedrückt wurden? Und warum verschwindet in den Auswahlspielen der Cursor zwischen den einzelnen Runden? Wer nun einmal mit der Wiimote außerhalb des Bildschirms zielt, sucht daraufhin verzweifelt seinen Cursor, während die Kontrahenten einen erheblichen Vorteil genießen. Auch sonst hinkt MySims Party in seinen Actionhappen der Konkurrenz hinterher. Bekannte Aufgaben wie Tanzen oder eine rein glücksbasierte Wahl verschiedener Sushis sind schlicht langweiliger inszeniert als ihre Vorbilder und die Zahl der Minispiele, die man tatsächlich auch einmal separat auswählen und spielen möchte, ist verhältnismäßig gering. Sie ist aber definitiv vorhanden. Das Boxxle-inspirierte Kisten-in-Löcher-Schubs-Prinzip funktioniert immer noch gewohnt gut, ein Wettlauf über schwimmende Fässer oder Seerosenblätter sorgt für Spannung und sogar eine kompetitive 2D-Shooter-Einlage hat es in das Spiel geschafft. Mit der Zeit gewöhnt man sich auch bei so manchem vermeintlichen Totalausfall an diverse Macken. Wären da nur nicht die Statuswerte, die auch die guten Minispiele teils stark verzerren…

Fazit:
Selbst meine kleine Schwester langweilte sich als großer Fan der MySims-Hauptserie binnen kürzester Zeit und mir erging es nicht anders, nachdem mich MySims Kingdom mehr als positiv überraschte. Nun schlägt die Überraschung eben in die andere Richtung und das in der Einleitung erwähnte Königreich tut sich selber keinen Gefallen. So wird weder das Volk zufrieden gestimmt, noch werden die anderen Herrscher sich sonderlich beeindruckt zeigen. Der Stadtaspekt von MySims Party ist nicht mehr als ein Alibi, der Charme der Lizenz auf ein Minimum reduziert und die meisten Minispiele funktionieren entweder nicht richtig oder langweilen spätestens nach ein paar Versuchen. Da hilft auch keine Onlinerangliste. Sieht man sich die Credits an, so scheint dieses Spin-Off übrigens interessanterweise nicht bei EA in den USA entstanden zu sein (wie die restlichen MySims-Episoden), sondern bei EA Japan. So bleibt nur zu hoffen, dass der ursprüngliche Entwickler bei MySims Agents und Racing wieder selber das Zepter in die Hand nimmt.

Von Burkhart von Klitzing
Wertung für das Spiel MySims Party
Wertungen Beschreibung
5.8Grafik
Immer noch knuddelig, ohne die Wii ins Schwitzen zu bringen.
6.2Sound
Die Musik hat bis auf einige sphärische Melodien merklich an Ohrwurmcharakter verloren.
4.6Steuerung
Wenn die Erklärung keinen Strich durch die Rechnung macht, dann so manches Mal die Erkennung.
4.2Gameplay
Simpel-Minispiele, mit ödem und lieblosem Drumherum.
4.2Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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