Review von Andreas Held (mail) | 17.05.2009
Filmumsetzungen und Kinderspiele sind mit Abstand die ungeliebtesten Testexemplare - verstärkt wird dieser Effekt, wenn es sich um eine Umsetzung eines Kinderfilms handelt, der darüber hinaus noch nicht mal sonderlich gut ist. Kein Wunder also, dass zunächst niemand "hier" geschrieen hat, als die Frage in den Raum gestellt wurde, wer Space Chimps - Affen im All denn nun testen will. Doch kaum ist ein "Sündenbock" - in diesem Fall der Autor eines äußerst unfundierten Reviews zu einem gewissen, im feudalen Japan angesiedelten Spiel - gefunden, erlangen auch solche Titel den Status, in dem sie ihre Aufgabe erfüllt haben.
Space Chimps? War das überhaupt mal in den Kinos?
Anders als bei Titeln wie Wall-e oder Madagascar, die prominentere Titel im Namen tragen, ist bei Space Chimps die Frage, ob es sich dabei überhaupt um eine Filmumsetzung handelt, durchaus berechtigt. Bei dem Animationsfilm handelt es sich um eine Low-Budget-Produktion der nicht gerade berühmten Vanguard Studios, die sehr schlechte Kritiken eingefahren hat und deshalb in vielen Kinos nicht lange oder gar überhaupt nicht zu sehen war. Fast schon ironisch ist es dann, dass das Videospiel zu Space Chimps das bietet, was in vielen anderen Filmumsetzungen so schmerzlich vermisst wird: Originale Filmsequenzen, und davon sogar überraschend viele. Leider sind die eher zufällig ausgesucht und als Einleitungen in die Levels gedacht - einen roten Faden ergeben diese Sequenzen auf keinen Fall und wer den Film nicht gesehen hat, wird danach nur marginale Eckdaten der Story kennen. Im Übrigen erkennt man aber schon an diesen Sequenzen, warum der Film so stark kritisiert wurde. Die Sequenzen sind absolut nichtssagend und haben weder Charme noch Humor. Stattdessen hagelt es Wortspiele wie "This chimp uses gorilla tactics", für die man normalerweise zehn Cent in eine Schlechte-Witze-Kasse zahlen müsste.
Hüpfen und Kloppen
Entsprechend einfältig ist auch das Videospiel zu Space Chimps gehalten. Kurze, ein bis zwei Minuten lange Filmsequenzen wechseln sich ab mit ebenso kurzen, meistens zehn Minuten langen Jump & Run-Levels, bis der Titel nach zweieinhalb bis drei Stunden auch schon durchgespielt ist. Und mit "Jump & Run-Levels" ist hier wirklich das absolute Minimum der Definition gemeint: Viel mehr als Sprung- und Angriffskommandos gibt die Steuerung nicht her und auch die anderen, immer wieder auftauchenden Elemente wie Schalterrätsel, zu deren Lösung die Köpfe verschiedener Statuen herumgetragen werden müssen, oder bewegliche Plattformen, hat man schon in praktisch jedem anderen Genrevertreter gesehen. Für sein Leveldesign bekommt Space Chimps gerade noch die Note "ausreichend": Obwohl sich Schalterrätsel, Kämpfe und Sprungpassagen regelmäßig abwechseln, spielen sich mit einer Ausnahme alle Levels des Spiels absolut gleich. Die Ausnahme ist ein Shooter-Level, welches sich gegen Ende des Spiels die Ehre gibt, in dem die Hauptcharaktere auf einer Art fliegendem Rochen durch eine Höhle fliegen und Gegner abschießen. Das ganze erinnert etwas an Lylat Wars, ist jedoch eher eine Beleidigung für den N64-Shooter als alles andere.
Der Spieler übernimmt je nach Level die Kontrolle über Ham oder Luna, den männlichen bzw. weiblichen Hauptcharakter von Space Chimps. Die beiden Schimpansen steuern sich fast identisch und unterscheiden sich nur in Kämpfen. Ham ist der geborene Nahkämpfer und kann locker ein halbes Dutzend Gegner mit einer Stampfattacke umstoßen, um dann die gestrauchelten Feinde nach und nach durch einfache Combos auszuschalten. Luna hingegen kann erstmal gar nicht kämpfen, obwohl im ersten Level mit ihr groß "Press B to attack" am oberen Bildschirmrand steht. Das funktioniert aber erst, wenn sie im ersten Teil des Levels einen nur wenige Pixel großen, braunen Fliegendreck eingesammelt hat, welcher sich bei näherem Hinsehen als Chamäleon entpuppt, dessen Zunge dann als Waffe eingesetzt werden kann. Die ist jedoch nur provisorisch, weshalb sich Luna eher auf Hüpfeinlagen spezialisiert und mit künstlichen Schmetterlingsflügeln sogar kurze Distanzen fliegend zurücklegen kann, während Hams Level etwas kampflastiger sind.
Wer sich nach weniger als drei Stunden Spielzeit etwas verhampelt vorkommt, kann theoretisch versuchen, in jedem Level alle Gegner zu besiegen, alle Bonusitems einzusammeln oder ein optionales Zeitlimit zu unterbieten. Außerdem liegt in jedem Level neben den normalen Bananenstauden, die die Lebensenergie wiederherstellen, eine besonders leckere Banane der Marke Dole, die von den Affen beim Einsammeln sinnig umarmt wird. Diese Extras dienen zum Freischalten recht sinnloser Extras, die sich auf Artworks zum Film und alternative Kostüme beschränken. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, zwei Variationen des oben erwähnten Shooter-Levels auf Highscores zu spielen.
Schlechte Technik im Film, schlechte Technik im Spiel
Dafür, dass die auf der DVD enthaltenen Filmsequenzen deutlich hinter Werken von Pixar oder DreamWorks hinterherhängen, können die Entwickler nichts - dafür, dass sich die Versoftung ähnlich rückständig gibt und bestenfalls wie ein Dreamcast-Spiel aussieht, schon eher. Die Animationen der viel zu kleinen Figuren sind bestenfalls okay, die Texturen der Level teils grottenschlecht und das Gesamtbild wirkt ähnlich lieblos zusammengewürfelt wie die Wohnungseinrichtung eines Informatikstudenten. Der Soundtrack ist ebenfalls ein Totalausfall, die Kompositionen einfach nur schlecht. Kurze Sprachsamples können ebensowenig überzeugen wie das ständige Herumgezicke von Luna, die sofort anmerkt, dass sie nicht an einer Akademie ausgebildet wurde oder durch die halbe Galaxie gereist ist, um jetzt dumm rumzustehen, wenn man mal zwei Sekunden den Analogstick loslässt. Selbst, wenn das Spiel durch eine gescriptete Kamerafahrt unterbrochen wird und man Luna daher faktisch gar nicht steuern kann, setzt es einen solchen Kommentar. Besser ist Ham: Er wartet immer geduldig auf die nächste Eingabe des Spielers. Fazit: Space Chimps hat bis auf seine Spielzeit kein echtes K.O.-Kriterium, aufgrund dessen man den Titel verreißen würde. Die Steuerung erledigt ihren Job, das Leveldesign ist okay und selbst die Kamera macht überraschenderweise keine Probleme. Trotzdem spielt sich Space Chimps durchgehend drittklassig, ist einfach unausgereift, viel zu abwechslungsarm, technisch schlecht und nach weniger als drei Stunden durchgespielt. Obwohl der Titel nie wirklich schwer wird, wirkt er oft unfair, was an der leicht fehlerhaften Kollisionsabfrage und stellenweise knallhartem Leveldesign liegt, das keine Zehntelsekunde Freiraum lässt - und trotzdem sind solche Passagen fast immer nach wenigen Versuchen zu schaffen. Frust kommt also nicht auf, Spielspaß dafür auch nicht. Space Chimps lässt sich daher am ehesten mit "kurz und schmerzlos" beschreiben.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel Space Chimps | |
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| 3.5 | Grafik Bestenfalls Dreamcast-Niveau, aber ehrlich gesagt sehen die Xbox Live Arcade-Portierungen von Banjo-Kazooie und Banjo-Tooie besser aus. | |
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| 2.0 | Sound Mieser, wirklich mieser Soundtrack und nervige, zickige Sprachsamples. | |
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| 6.0 | Steuerung Simpel und okay für das, was es ist. Selbst die Kamera macht keine Probleme, aber eine gewisse Schwammigkeit scheint immer hindurch und erinnert daher ständig daran, dass man es hier nur mit einer drittklassigen Filmversoftung statt mit einem ausgereiften Jump & Run zu tun hat. | |
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| 4.6 | Gameplay Tolerables Leveldesign, aber auch hier fehlt das Feintuning und es mangelt extrem an Abwechslung und Innovationen. Mit unter drei Stunden Spielzeit außerdem lächerlich kurz. | |
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| 4.9 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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