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Little King's Story
Review von Andreas Held (mail) | 26.04.2009

Bereits einige Monate nach dem Erscheinen der Wii wurde mit dem Namen "Project O" ein ziemlicher Hype geschaffen. Eine Starriege aus Entwicklern, die u.a. an Harvest Moon, Final Fantasy XII und Dragon Quest VIII mitgearbeitet haben, fanden sich bei den Another Code- und Hotel Dusk-Entwicklern Cing sowie bei der bisher unbekannten Town Factory ein und verwöhnten Zockerohren mit vagen, aber ambitionierten Behauptungen. Man solle seine eigene Welt aufbauen und diese selbst bereisen können und auch die Beziehungen der NPCs untereinander sollten eine Rolle spielen. Was also ist Project O? Ein episches Action-Adventure mit High End-Grafik? Ein Rollenspiel mit den Dimensionen eines Persona 4? Auf den ersten Blick kann man fast nur enttäuscht sein, wenn man zum ersten Mal einen Blick auf die Antwort in Form von Little King's Story wirft. Vor allem die sehr kindliche Aufmachung wird einigen Bauchschmerzen bereiten und es liegt nahe, Little King's Story als weiteres Spiel für Kinder und Casual-Gamer abzutun. Aber falls das wirklich so wäre - wo sind dann über zwei Jahre Entwicklungszeit sowie das geballte Talent der oben erwähnten Entwickler geblieben?

My Life as a Little King
Wie also spielt sich das legendäre Project O? Einige von euch würden darauf sicherlich mit "wie Pikmin" antworten, aber diese Antwort wird Little King's Story nicht wirklich gerecht. Generell habt ihr zwei zusammenhängende Aufgaben: Euer Königreich zu expandieren, welches anfangs aus einem Waldstück sowie einem Möchtegern-Schloss besteht, und außerdem Geld zu sammeln, um die erworbene Fläche zu entwickeln. Obwohl ihr als König persönlich durch die Welt reisen könnt, macht ihr dabei selbst natürlich keinen Finger krumm. Stattdessen schnappt ihr euch eine Gruppe von Untertanen, die dann treu nach Goldmünzen buddeln. Von diesem Geld könnt ihr weitere Gebäude bauen, die entweder eure Bevölkerung vergrößern, praktische Funktionen bieten oder zum Erlernen bestimmter Berufe dienen. Mithilfe dieser Gebäude könnt ihr die Arbeitslosenquote in eurem zunächst ausschließlich aus Hartz-IV-Empfängern bestehenden Königreich drastisch senken und außerdem notwendige Fähigkeiten erwerben, die es euch ermöglichen, weiter in die umliegenden Gebiete vorzudringen und noch mehr Bares heranzuschaffen. Außerdem müssen Kämpfer ausgebildet werden, um die sehr früh auftauchenden Gegner bezwingen zu können - womit wir bei Punkt zwei angelangt wären, der Expansion.



Alle Bereiche um euer Königreich herum sind von sogenannten UMA (Unidentified Mysterious Animal) bevölkert, die in der deutschen Version einfach "Undinger" heißen. Um sie bewohnbar zu machen, müsst ihr in jedem Teilgebiet meist das Guardian UMA finden und besiegen, woraufhin alle Untertanen des Zwischenbosses ebenfalls das Weite suchen. Dann kann dieses Gebiet bebaut werden, weitere Jobklassen werden freigeschaltet und so weiter. Das eigentliche Ziel ist jedoch das Erlangen der Weltherrschaft - einem Ziel, dem diverse andere Könige im Weg stehen, die es doch tatsächlich wagen, in derselben Welt wie der Protagonist eigene Königreiche zu regieren. So ein Verhalten kann natürlich nicht toleriert werden, und somit werden alle anderen Königreiche nach und nach von der immer größer werdenden Weltkarte entfernt.

Die Steuerung eurer Untertanen ist dabei überaus simpel, aber effizient. Mit der Richtungstaste nach unten könnt ihr jederzeit die Anordnung eures Trupps verändern und somit die gerade benötigten Charaktere nach vorne holen. Danach könnt ihr optional mit der Z-Taste eine Linie einblenden, die in der Blickrichtung der Spielfigur verläuft und bis zu einem gewissen Grad Objekte oder Gegner anvisieren kann. Anschließend könnt ihr eure Gefolgsleute mit dem A-Knopf in die angegebene Richtung schicken und bei Gefahr mit dem B-Knopf wieder zurückpfeifen. Ob und wie eure Sklaven mit dem anvisierten Objekt interagieren, hängt dabei von deren Beruf ab: Soldaten werden Gegner anspringen und auf sie einschlagen, dafür jedoch selbst vor einfachen Hindernissen stehen bleiben, während sich Fragezeichen über ihren Köpfen bilden. Bauarbeiter können Brücken oder Treppen errichten, die weitere Gebiete zugänglich machen, Holzfäller riesige Bäume aus dem Weg schaffen, Bauern versteckte Schätze ausbuddeln und so weiter. Die Tastenbelegung ist perfekt gewählt und obwohl weder der Pointer noch die Bewegungssteuerung überhaupt genutzt werden, kann man sich nach kurzer Zeit schon kaum mehr vorstellen, das Spiel mit einem anderen Controller zu spielen.

Pikmin X Zelda
Die Antwort aus dem oberen Absatz kann also getrost zu einem "wie Pikmin, aber es ist eher ein Action Adventure und hat Rollenspielelemente" erweitert werden, schließlich war Pikmin zumindest im ersten Teil noch näher an einem Puzzlespiel dran. Das heißt aber nicht, dass Little King's Story sonderlich komplex ist. Im Gegenteil: Zwar kommen gerade in den ersten Stunden regelmäßig neue spielerische Möglichkeiten hinzu, die das Gameplay nahtlos erweitern, ohne das Bestehende zu verändern. Doch dadurch wird das Spiel nicht anspruchsvoller, sondern nur umfangreicher: Man muss nicht drei Tage im Voraus den Aufbau seines Königreichs planen und wenn man im Kampf Mist baut, werden die gefallenen Krieger am nächsten oder übernächsten Tag am Strand in der Nähe des Schlosses wieder angespült - gegen eine entsprechende Gebühr, versteht sich. Der kindgerechte Grafikstil verrät ja schon, dass Little King's Story auch jüngeren Spielern zugänglich ist und diese werden definitiv in der Lage sein, das Spielprinzip zu verstehen. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass das Spiel für erwachsene Spieler langweilig wäre; dafür macht das Erforschen der Gebiete und das Sammeln dutzender Items, die im Schloss verkauft werden können, einfach zu viel Spaß und selbst die kindliche Aufmachung fällt nach kurzer Zeit gar nicht mehr wirklich auf. Man darf nur nicht erwarten, wie in Overlord komplexe strategische Entscheidungen fällen zu müssen, und selbst im ebenfalls kindgerechten Pikmin war die Gefahr, den wandelnden Pflänzchen ein frühzeitiges Ableben zu bescheren, wesentlich größer. Ein weiterer Pluspunkt von Little King's Story ist der zumindest in der englischen Version sehr geniale Humor - die deutsche Übersetzung machte insgesamt einen sehr schlechten Eindruck ("Geschichtenaufgaben"…) und sollte deshalb nur von Spielern genutzt werden, die der englischen Sprache nicht mächtig sind.



Wer Little King's Story frisch in seine Konsole einlegt und den von vielen Testern beschriebenen Top-Titel erwartet, wird sich zunächst einmal fragen, wo dieser ganze Hype herkommt. Die erste Stunde des Spiels ist durch und durch unbeeindruckend, dient aber nur als Einführung in das Spielprinzip. Danach offenbart der Titel ein weiteres Stück seines Potentials, spielt dieses aber erst nach und nach aus. Mit der Zeit entwickelt sich Little King's Story dann zu einem überraschend nonlinearen Action-Adventure: Die dutzenden Sidequests sind nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt hunderte verschiedenartige Items zu sammeln, optionale Gebiete werden von knackigen Endgegnern bewacht und manchmal macht es auch einfach Spaß, ohne feste Ziele mit einem Trupp Soldaten in die Welt zu ziehen, Gegner zu vertrimmen und mit den so erlangten Items eine finanzielle Rücklage zu schaffen. Die zahlreichen Bosskämpfe sind übrigens der klare spielerische Höhepunkt von Little King's Story. Diese drehen nach den ersten Spielstunden irgendwann auf ein überraschend forderndes Niveau auf, ohne wirklich unfair zu werden. Die Gegner lassen sich nur dann besiegen, wenn ihr euren Trupp geschickt ausspielt und in vielen Fällen müssen bestimmte Berufe als Unterstützung eingesetzt werden, um den entscheidenden Vorteil herauszuholen. Solange ihr euch nicht gerade im Showdown mit einem anderen König befindet, könnt ihr aber jederzeit von einem Kampf zurücktreten, um zu hohe Verluste zu vermeiden.

Budgettitel oder Vollpreisspiel?
Zugegeben, auf technischer Ebene macht Little King's Story sehr wenig her. Es sieht aus wie ein PS2-Titel und bietet nicht einmal 480p, sodass es auf HD-fähigen LCD-Fernsehern schon arg verwaschen aussieht. Auch ein 60Hz-Modus muss vermisst werden. Wenn selbst Titel wie "Das Zauberkarussell" diese Features bieten, muss man sich schon fragen, warum bei einem so groß angelegten Projekt ausgerechnet hier gespart wurde. Dazu kommt der ohnehin schon sehr gewöhnungsbedürftige Grafikstil, der bei vielen Spielern Vorurteile hinsichtlich des Kiddie-Images aufkommen lassen wird. Tatsächlich steckt der Titel aber voller Details: Das wird vor allem dann deutlich, wenn sich dutzende oder gar hunderte Untertanen eingefunden haben, die alle einen Namen haben und ihrem eigenen Tagesablauf nachgehen, Decken ausbreiten und unter der Sonne ein Mittagsschläfchen halten oder kurz miteinander reden. Auch die Animationen sind extrem putzig, das Königreich befindet sich im stetigen Wandel und mit der Zeit lernt man die grafische Gestaltung wirklich zu schätzen. Auch die handgezeichneten, oft mit Stop-Motion-Technik realisierten Cutscenes wirken anfangs gewöhnungsbedürftig und wissen erst später zu überzeugen.



Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Sound. Meist kommen im Vergleich zu ihren Originalen recht unveränderte klassische Melodien aus den Lautsprechern, die anfangs eher Langeweile hervorrufen, und man fragt sich, ob den Studios bei so vielen Starentwicklern das für die Anheuerung talentierter Komponisten benötigte Geld ausgegangen ist. Spätestens wenn in den Außenarealen abwechslungsreichere, unbekannte Stücke zu hören sind und die Wilhelm-Tell-Ouvertüre beweist, wie gut sie als Bosskampf-Musik funktioniert, lernt man aber auch den Soundtrack von Little King's Story zu schätzen und fragt sich stattdessen, warum nicht noch mehr klassische Musikstücke an passenden Stellen eingesetzt wurden. Der einzige wirkliche Kritikpunkt ist die Sprachausgabe beziehungsweise das, was hier als solche präsentiert wird. Die Charaktere unterhalten sich alle in einer Fantasiesprache, ähnlich wie in Banjo-Kazooie oder Lylat Wars, was anfangs noch nicht so schlimm ist, aber spätestens dann einen Beigeschmack hinterlässt, wenn man merkt, dass jeder Charakter nur einen oder höchstens zwei gesprochene Sätze auf Lager hat, welche dann einfach abgeschnitten werden, sobald der parallel mitscrollende Text komplett dargestellt wurde - danach wird der Satz von vorne wiederholt, immer und immer wieder. Besonders das Genuschel von General Howser wird erwachsenen Spielern bereits nach kurzer Zeit extrem auf die Nerven gehen. Außerdem hätte der gute Humor in den Cutscenes durch eine entsprechende Sprachausgabe noch weiter betont und verbessert werden können.

Fazit:
Little King's Story ist sicherlich kein Spiel für jeden. Das kann man sich sehr leicht am Beispiel zweier fiktiver Spieler klar machen, die hier (natürlich ohne jeden Bezug zu realen Personen) Philipp und Andreas genannt werden sollen. Beide Spieler haben sich Little King's Story zum Releasetag gekauft und waren nach einer Stunde noch nicht sehr angetan von dem Titel. Dann besiegen beide den ersten Boss, eine untote Kuh, die dazu gebracht werden muss, gegen eine Wand zu rennen, damit ihr Kopf in die Gegend fliegt und langsam wieder zum Körper zurückhüpft, wodurch dieser gefahrlos angegriffen werden kann. Philipp denkt sich nach diesem Bosskampf: "Was für ein Schwachsinn" und schaltet wieder auf seinen HDMI-Eingang um, um in Gears of War 2 online ein paar Deathmatches zu spielen. Andreas denkt sich jedoch: "Ein Spiel, in dem man zur Wilhelm-Tell-Ouvertüre eine untote Kuh verprügelt, kann gar nicht schlecht sein!" und ist danach umso motivierter zu sehen, welche Ideen die Entwickler außerdem in der Hinterhand halten.

Little King's Story besitzt kein entscheidendes Feature, welches man anpreisen kann. Die Qualitäten des Spiels liegen außerhalb des Messbereichs herkömmlicher Wertungsschemata und sind definitiv subjektiv. Im Prinzip kann Little King's Story mit der Genialität eines Super Mario Bros. gleichgesetzt werden: Dort konnte man auch nur laufen, rennen, springen und schießen, jedoch wurde durch das Leveldesign und sonstige Ideen so viel aus diesem Grundprinzip herausgeholt, dass der NES-Titel bis heute als eines der besten Spiele aller Zeiten gilt. Und ähnlich verhält es sich mit Little King's Story: Man braucht im Prinzip nur vier Knöpfe, von denen zwei eher optional sind, aber auf dem simplen Kern wurde ein so umfangreiches Spiel ausgearbeitet, dass man sich daran nicht stören muss. Ganz im Gegenteil: Der Titel steht für das, was Nintendo immer so propagiert, nämlich für jedermann zugängliche Videospiele, die trotz ihrer Einfachheit Spielern aller Altersklassen einfach jede Menge Spaß machen können.


Zweite Meinung von T. Herrmann:
Little King’s Story ist ein Spiel, das man einfach nicht in Zahlen und Worten beschreiben kann, weil es so speziell ist. Es ist ein unheimlich niedlicher Titel, der die grundlegende Simplizität seines Gameplays mit einer komplexen und umfangreichen Spielwelt und einem bis zum Schluss durchdachten Spielprinzip vermischt und damit einen Genre-Cocktail kredenzt, der einfach erfrischend anders schmeckt. Allein das einfache Erkunden der riesigen Spielwelt und das Suchen nach Schätzen ist schon unheimlich motivierend; Sein Königreich dann zu erweitern und die Früchte seiner Arbeit direkt in der lebendigen Umgebung umgesetzt zu sehen, setzt dem Ganzen dann aber noch die Krone auf. Dass die Grafik sich auf durchschnittlichem Niveau bewegt und die Kameraperspektive manchmal ungünstig ist, kann man verzeihen. Und auch wenn Little King’s Story von der Steuerung her absolut konservativ bleibt und auf kein einziges der Wii-Features eingeht (obwohl der Pointer sicherlich ab und zu sehr sinnvoll gewesen wäre), ist es genau der Typ von Spiel, für den die Konsole entwickelt wurde: ein fesselndes, von absolut jedem spielbares, leicht zu erlernendes, unglaublich großes und spaßiges Abenteuerspiel. Jedem Fan von originellen Spielprinzipen, die keine grundlegende Abneigung gegen Farbe in Videospielen haben, kann man Little King's Story wärmstens ans Herz legen.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Little King's Story
Wertungen Beschreibung
7.0Grafik
Unzählige liebevolle Details können nicht davon ablenken, dass der Titel auch auf der PS2 hätte realisiert werden können, und die fehlenden 480p- bzw. 60 Hz-Modi fallen bei einem sonst so durchdachten Spiel wirklich negativ auf.
8.1Sound
Klassische Melodien, die nach kurzer Zeit ihr volles Potential ausspielen und zum Spiel passen, als seien sie eigens dafür komponiert worden. Lediglich die Sprachausgabe bzw. das, was einem hier als solche verkauft wird, ist zeitweise wirklich störend.
8.9Steuerung
Gut durchdacht, intuitiv und effizient. Obwohl der Titel weder den Pointer noch Bewegungssteuerungen nutzt, ist er sinnvoll auf die Kombination aus Wii-Remote und Nunchuk zugeschnitten.
9.4Gameplay
Ein simples, auch für Kinder verständliches Spielprinzip dient als Fundament für ein Spiel, das vor Charme sprüht und die Genialität der Entwickler in jeder Facette erkennen lässt. Ein Höchstmaß an Kreativität sorgt dafür, dass man trotz der Anspruchslosigkeit jede Menge Spaß mit Little King's Story haben kann - ungeachtet des eigenen Alters oder der generellen Fähigkeiten im Umgang mit Videospielen.
9.0Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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