Optional wird auch das Balance Board unterstützt, auf dem man mit Step-Minispielen für die Beinarbeit trainieren oder Seilspringen darf. Weil hier nun der ganze Körper beteiligt ist, kann die Angelegenheit schnell recht schweißtreibend werden. In den Kämpfen registriert das Balance Board Bewegungen nach links, rechts, hinten und unten und lässt den Boxer sich dementsprechend neigen, um heftigen Schlägen auszuweichen.
Die bizarre Welt des Boxsports
Diese richtigen Kämpfe finden, wie oben bereits angesprochen, im Kampfmodus statt, wo zwei unterschiedliche Variationen angewählt werden können. Zum einen gibt es aus dem Zusammenhang gerissene, freie und schnelle Duelle zwischen zwei selbst ausgewählten lizenzierten Boxern (von denen Nichtkenner des Sports fast keiner bekannt vorkommen wird), die dann so lange mit ihren Fäusten argumentieren, bis einer auch nach der „10“ noch auf den Brettern liegt. Der absolute Kern des Spiels dagegen findet sich aber im Story-Modus von Don King Boxing.
Zwar ist es auch hier so, dass sich lediglich eine Vielzahl von Kämpfen verschiedenster Art aneinanderreiht, dazwischen wird aber die Karriere von The Kid erzählt. Sehr schön ist hierbei die Tatsache, dass man nicht einfach irgendwelche schlecht animierten Zwischensequenzen und konstruierte Geschichten zu sehen bekommt, sondern Interviews mit echten Größen des amerikanischen Boxsports präsentiert werden. Da erzählt der zerzauste Paradiesvogel und Schreihals Don King etwas über seinen wichtigen Job und seine majestätengleiche Stellung in der Szene, da hört man von Agenten, Trainern und Promotern der Gegner und bekommt einen schönen Einblick in die manchmal wirklich bizarre Szene des Boxsports.
Im Laufe der Geschichte bekommt ihr neue und immer stärkere Gegner vorgesetzt, die am Ende alle auf dem Boden liegen sollten. Schön ist auch eine Idee der Entwickler, die Spieler ab und zu aus der Geschichte herauszureißen, indem sie Klassiker der Boxgeschichte nachspielen. Erzählt euer Trainer also beispielsweise etwas von einem legendären Kampf in den 30er-Jahren, dann bleibt es nicht einfach bei dieser kleinen Anekdote, sondern ihr werdet direkt in den klassischen Fight versetzt, den ihr dann bestreitet. Der Bildschirm bleibt schwarzweiß und filmrollentypische Streifen ziehen sich über das Bild. Ihr seid hierbei nicht daran gebunden, das historisch korrekte Ergebnis zu erzielen, werdet am Ende aber trotzdem über die interessanten Tatsachen aufgeklärt. Eine wirklich tolle Idee für Fans.
Wie eine Idee an der Wiimote scheitert
Zum heikelsten Punkt: der Steuerung. Ein Boxspiel auf Wii entwickelt man hauptsächlich für die Wii-Remote, um ein intensives Spielgefühl zu erzeugen. Durch realitätsnahe Bewegung soll man direkt selbst ins Spiel gesogen werden und sich so fühlen, als stünde man nicht mehr im heimischen Wohnzimmern, sondern nirgendwo sonst als im hell beleuchteten Ring. So weit, so gut. Don King Boxing setzt natürlich auch voll auf Bewegungssteuerung, sowohl mit den Armen als auch mit dem ganzen Körper, wenn man das Balance Board benutzt. In einem Tutorial erklärt der Titel anschaulich mit Animationen, Text und seichten Übungen, wie die verschiedenen Schläge funktionieren. Die Nunchuk-Erweiterung steuert den linken Arm, die Wii-Remote den rechten. Der B- bzw. der Z-Knopf bewirken Schläge zum Körper, während alles ohne Knopfdruck auf den Kopf zielt. Bei Bewegung einer der beiden Controller direkt nach vorne (nachdem man sie zuvor senkrecht gehalten hat) wird eine Gerade bzw. ein Jab ausgeführt. Bewegungen von unten nach oben bewirken Uppercuts und halbkreisförmige Haken bewirken eben solche auch im Spiel.
Zunächst einmal hört sich das recht professionell an und auch in der Praxis fühlt sich die Steuerung in den Trainingssessions ziemlich authentisch an. Geht es dann allerdings in die Kampfpraxis, offenbaren sich alle Schwächen der Wii-Steuerungseinheit auf einmal. Problem Nummer 1: die Bewegungserkennung. Man muss die Controllerhälften schon sehr akribisch genau durch die Gegend wirbeln, um tatsächlich die Schläge auszulösen, die man dem Kontrahenten in die Visage pfeffern möchte. Weil der Boxsport allerdings ein schneller ist, hat man diese Zeit zur Genauigkeit fast nie und muss deswegen auf etwas weniger überdachte Punches setzen, die dann allerdings wiederum wegen ungenauer Controllerhaltung meistens zu kläglichen Fehlschlägen werden. Und das raubt dem Spiel natürlich schon einen großen Batzen Atmosphäre, denn wenn man ständig nur Jabs und Geraden haut, auch wenn man vielleicht mal einen Haken probieren möchte, wird man nicht weit kommen im Kampf.
Ein weiteres Problem mit der Wii-Fernbedienung bei Don King Boxing liegt in der Verzögerung. Ein Schlag wird erst dann auf dem Bildschirm ausgelöst, wenn die dazu gehörige Bewegung vom Spieler komplett vollendet wurde. Die Wii-Remote halbkreisförmig zum Haken zu bewegen, dauert ca. eine halbe Sekunde. Also stellt sich auch im Spiel immer mindestens eine halbe Sekunde Wartezeit zwischen Entscheidung zum Schlag und dem Schlag selbst ein, in der der Gegner schon wieder etwas völlig anderes machen könnte (zum Beispiel selbst zuschlagen oder die Arme zur Deckung hochnehmen). Diese Verzögerung raubt dem Spiel taktischen Tiefgang, denn man kann seine Schläge kaum strategisch dosieren und muss immer zu möglichst knappen Bewegungen ansetzen, die dann meistens wegen der ungnädigen Bewegungserkennung in Geraden enden und boxerisch natürlich nicht besonders schön sind.
Kurzum: Das Konzept von Don King Boxing ist gut gemeint, aber es funktioniert einfach nicht gut genug. Das ist nicht unbedingt nur die Schuld der Entwickler (obwohl sie natürlich erst auf dieses nicht funktionierende Konzept gesetzt haben), sondern liegt hauptsächlich daran, dass der Boxsport in dieser Form auf Wii nicht realisierbar ist. Wer momentan auf ernsthafte Simulation setzt, verliert. Denn ohne direkt umgesetzte 1:1-Steuerung durch WiiMotion Plus (das man auch nur für die Wii-Remote verwenden könnte), haben die Bewegungen denselben Effekt wie ein Knopfdruck – sie lösen einen bestimmten Schlagtyp aus. Und es ist leicht nachzuvollziehen, dass die Steuerung über Bewegungen länger dauert als ein kurzer Knopfdruck – hier hätten die Entwickler wenigstens das Konzept auf die Verzögerungen anpassen sollen oder gleich ein Prinzip wie das von PunchOut!! wählen sollen, das auf der Arcade-Schiene fährt und keinen Wert auf korrekte Bewegungsumsetzung legt.
Technisch mittelmäßig, spielerisch annehmbar
Das Gesamtkonzept und damit natürlich auch die Kämpfe leiden an der nicht gut funktionierenden Steuerung, was auch das Spielerische mit nach unten zieht: In den Kämpfen gehen viele Schläge ins Leere, weil man mit dem Control-Stick des Nunchuks auch noch für die Beinarbeit sorgen muss, sich dabei aber so langsam bewegt, dass man Entfernungen schlecht einschätzen kann und nicht zackig durch den Ring tippelt. Je mehr Treffer man landet, desto mehr „Adrenalin“ sammelt sich im Körper an, das man irgendwann für besonders starke Spezialschläge verwenden darf. Wenn allerdings auch diese daneben gehen, ist der Frust groß. In den Optionen kann man verschiedene Spielregeln anpassen – wie viele Runden es beispielsweise geben soll oder ob der Gong einen Boxer vor dem Aus retten kann.
Auf grafischer Seite kann man dem Spiel keine großen Vorwürfe machen. Man hat es sicherlich nicht mit der Technik-Revolution auf Wii zu tun, aber gutes PlayStation-2-Niveau ohne optische Highlights oder Aufsehen erregende Effekte findet man immerhin vor. Das Publikum sieht naturgemäß schrecklich aus – diesen Mangel wird wohl kein Entwickler auf Wii jemals beheben können. Der Soundtrack mit viel Hip-Hop und Rap unterdessen passt sehr gut zum Sport, ist aber sicherlich nicht jedermanns Sache. Schön, dass man sich auch „Eye of the Tiger“ aus den Rocky-Filmen hat lizenzieren lassen, das im Story-Modus oft zu hören ist und den Box-Song schlechthin darstellt.