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Family Ski & Snowboard
Review von Tim Herrmann (mail) | 29.03.2009

Wii Fit ist ein Massenphänomen: Nicht nur trainingswillige Hausfrauen und lifestylesüchtige junge Paare kaufen sich Nintendos Dauerbrenner, sondern auch kleine Kinder und Videospielanfänger finden Gefallen an dem Spiel mit dem Balance Board. Nachdem die echten professionellen Trainingssitzungen schnell langweilig geworden sind, müssen die paar Minispiele herhalten, die Wii Fit zu bieten hat. Da diese zumindest teilweise auch vom Wintersport geprägt sind (mit dem Slalomfahren und dem Skispringen zum Beispiel), hat es nicht lange gedauert, bis der erste Dritthersteller mit auf den Zug aufgesprungen ist: 2008 brachte Nintendo BandaiNamcos Casual-Spiel Family Ski nach Europa – mitten im Sommer unglücklicherweise. Der zweite Teil ließ nicht lange auf sich warten: Schon im Winter des letzten Jahres erreichte Family Ski & Snowboard Japan und BandaiNamco war diesmal schnell genug, um wenigstens noch vor dem Frühling mit dem Spiel in Europa am Start zu sein. Welche Veränderungen finden sich in Family Ski & Snowboard und wie schlägt sich der Titel im Vergleich zur zahlreichen Casual- und mittlerweile auch Wintersport-Konkurrenz?

Neuschnee
Allein der Name von Family Ski & Snowboard verrät, was alles neu ist: Ab sofort ist es auch möglich, mit Snowboards über die Piste zu brettern. Und hier finden die Neuerungen auch schon fast ihr Ende. Außerdem gibt natürlich ein neues Skigebiet zu befahren: Diesmal heißt es Jamboree Snow Resort und bietet insgesamt neun zusammenhängende Pisten unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades. Wie schon im Vorgänger hat jede Strecke ihren eigenen Tiernamen und konzentriert sich auf High-Speed-Abfahrten, hindernisreiche Geschicklichkeitsparcours, seichte Anfängerpisten oder Slalom-Rennen. Für den Anfänger geht es zunächst einmal auf die Waschbärenpiste, den Kindergarten des Jamboree Snow Resorts – alternativ kann man sich auch erst einmal in der Schule ausführlichst in die Steuerung einweisen lassen (sogar die Kamerabewegung über den Control-Stick wird hier extra geübt).

Im zweiten Teil manövriert der Spieler seine Bretter unter den Füßen noch genauso über die Pisten wie im Vorgänger. Wii-Remote und Nunchuk ersetzen die Schneestöcke und geben ersten Schwung. Hat man dann einige Fahrt drauf, lenkt man den fröhlichen Skifahrer durch Neigungen der beiden Controller um die Kurven. Das hört sich nicht nur in der Theorie etwas aufgesetzt an, sondern wirkt auch in der Praxis nicht optimal: Die Steuerung funktioniert mit Wii-Remote und Nunchuk ganz gut, bietet aber keinerlei Herausforderungen und vermittelt auch nicht unbedingt das typische Ski-Gefühl. Das Balance Board, das dieser Titel standesgemäß unterstützt, wird also zur Pflicht – aus zweierlei Gründen.



Zum einen steigert das Balance messende Zubehör aus dem Wii-Fit-Bundle das Spielgefühl natürlich exponentiell. Ob man nur im Sessel sitzt und die beiden Controller hin und her bewegt, oder sich dynamisch für die Ganzkörperkontrolle auf dem Board windet, ist schon ein deutlicher Unterschied. Zum anderen funktioniert die Steuerung über das Balance Board einfach leichter und besser. Der Control-Stick des Nunchuk ist zum Beispiel nicht mehr gefragt, um die Kamera nachzujustieren und auch insgesamt düst man den Berg mit dem Balance Board einfach flüssiger herunter, weil die Lenkung und die Knöpfe aufgeteilt werden und sich die Hände so nicht auf alles konzentrieren müssen.

Casual par excellence
Doch obwohl die Steuerung mit dem Balance Board sich besser anfühlt als die Version mit den beiden Controllern, heißt das noch nicht, dass sie ganz optimal ist. Die Steuerung samt Balance Board hat sich weiterentwickelt und wir haben mittlerweile schon so einige Titel auf Wii, die das Zubehör wirklich gut benutzen, allen voran wahrscheinlich Shaun White Snowboarding von Ubisoft. Das ist zufällig auch noch ein Wintersporttitel und lässt sich daher prima mit BandaiNamcos neuem Werk vergleichen. Und leider muss man sagen, dass Family Ski bei weitem keine so gute Erfahrung bieten kann wie der Profi-Snowboarder.

Das liegt nicht unbedingt am Grundkonzept des familienfreundlichen Casual-Skispaßes, sondern daran, dass man im Prinzip nur Kontrolle über Bewegungen nach links oder rechts hat. Bei Shaun White wurde am Bildschirmrand ein Balance Board dargestellt und immer gezeigt, welche der acht Zonen gerade wie stark angesprochen wurde. Bei Family Ski gibt es eine Leiste, auf der ein Zeiger je nach Gewichtsverlagerung von links nach rechts wandert und umgekehrt. Durch diese ziemlich grobe Bewegungsumsetzung wird es auch bei den Tricks in der Luft oft schwer, die gewünschten Tricks gezielt auszuführen und es kommt zum Glücksrad. Und meistens endet das Ganze in eher unkontrolliertem Gewackel, auf das dann irgendeine Aktion folgt.

Aber im Kern ist das in diesem Falle gar nicht so schlimm: Denn Family Ski & Snowboard ist keine professionelle Simulation und auch keine arcadelastige Punktehatz, bei der man sich über Ungenauigkeiten ärgern müsste. Es ist ein Casual-Spiel – und das wirklich durch und durch. Der Titel setzt seine Spieler im Jamboree Snow Resort aus und lässt sie dort machen, was sie wollen. Mit Lifts kann man sich zu anderen Gipfeln bewegen, von wo aus man dann in flüssigem Übergang zu einer Abfahrt ansetzt. Spielerische Effekte hat das allerdings nur selten. Bei besonders guten Leistungen, wird ab und zu ein neues Kostüm freigeschaltet, aber ansonsten spielt man wirklich nur zum Spaß, ohne Geschichte, ohne Erfolgsdruck und ohne wirkliches Spielziel. Die typischen Charakteristika eines Gelegenheitsspiels also.

Das spiegelt sich auch in der allgemeinen Spielgeschwindigkeit wider: Die maximale Geschwindigkeit fühlt sich (trotz den merkwürdigen Geschwindigkeitsstreifen am Bildschirmrand) immer noch ziemlich langsam an und Sprünge dauern unglaublich lange, sodass man so einige Lufttricks vollführen kann. Stürze oder sogar Verletzungen gibt es unterdessen nicht. Im schlimmsten Falle kommt euer Spielcharakter etwas aus dem Gleichgewicht, was durch Controllerschütteln wieder ausgeglichen werden kann.

Auf den Pisten finden sich verschiedene andere Wintersportler, von denen man einige ansprechen kann. Die einen verraten bestimmte Tricks und Kniffe fürs noch bessere Wintersporterlebnis, die anderen wollen sich auf einen Wettbewerb einlassen und wieder andere vergeben euch kleine Aufgaben, die ihr im Resort erledigen sollt. Auch hier gilt wieder, dass es euch im Prinzip keinen Fortschritt bringt, als Botenjunge für einen Angestellten des After-Ski-Restaurants zu arbeiten oder euch auf einen Abfahrtswettkampf mit dem König des Ski Resorts einzulassen – im besten Fall bekommt ihr ein paar neue Accessoires, mit denen der Spielcharakter behangen werden kann. Aber eine Geschichte oder Ähnliches wird durch diese Extraaufgaben nicht vorangetrieben.

Modi gegen die Eintönigkeit
Wenn man sich auf dieses Casual-Konzept des Titels nicht einlassen will oder kann, wird man keine Freude an Family Ski & Snowboard haben. Für zwischendurch macht eine kurze Abfahrt durchaus Spaß, aber für mehr als eine Stunde am Stück kann Family Ski & Snowboard kaum unterhalten. Das Gameplay wiederholt sich einfach permanent – und ob man nun einen Wettbewerb fährt oder irgendwelche Aufgaben erledigt, letztendlich fährt man doch immer nur Ski bzw. Snowboard.

Gegen diese Eintönigkeit kämpfen verschiedene Extra-Modi an, die teilweise Minispielcharakter haben und deswegen besonders bei den Wii-Fit-Veteranen gut ankommen dürften. Bei den Wettkämpfen werden zum Beispiel mehrere Slalom-Challenges angeboten (wovon es in Wii Fit bekanntlich nur zwei gibt) oder Hindernis-Parcours zum möglichst schnellen Durchqueren zur Verfügung gestellt. Neu ist auch eine Halfpipe, in der man am laufenden Band Tricks vollführt. Am Ende folgt wie immer natürlich die obligatorische Wiederholung des gerade Gespielten (die optional ist), eine Bewertung des Ganzen und ein Eintrag in die ewige Bestenliste.



In einem anderen Spielmodus werdet ihr auf frei zu erkundende Gipfel versetzt, auf denen es noch keine Zivilisation oder Seilbahnen gibt, wo die Piste noch nicht mit Hindernissen gespickt ist und wo euch keine Konkurrenz suchenden Mitsportler auflauern. Hier könnt ihr euch frei bewegen, die natürlichen Schanzen nutzen, in seitlicher Skistellung bis zum Gipfel hüpfen (wem’s Spaß macht…) oder eine rasante Abfahrt über die unbebauten Hänge wagen. Diesen Spielmodus guckt man sich im Prinzip einmal an, wodurch die Spieldauer gestreckt wird, aber letztendlich ist auch er kein Spielinhalt, den man immer und immer wieder genießen möchte.

Jeden Abend Feuerwerk im Schneeparadies
Grafisch hat sich – wie bei allem anderen in diesem Nachfolger eigentlich auch - nicht viel getan. Immer noch gibt es teilweise wirklich fiese Steintexturen oder pixelig flimmernde Gerüste für Hindernisse und immer noch sieht der Schnee, auf dem man gerade fährt, wunderbar strukturiert aus. Man hinterlässt seine Spuren im gefrorenen Nass und sieht auch die Fahrrillen der vorher gegangenen Sportler. Die Weitsicht ist dabei allerdings nicht besonders lobenswert, denn da erkennt man deutlich, wie verschiedene Schneemuster einfach aneinander geklebt wurden. Schön wird das Spiel auch, wenn es Nacht wird. Dann gibt es nämlich regelmäßig Feuerwerke und schöne Lightshows mit netten Effekten. Die knubbelköpfigen Spielfiguren erinnern unterdessen weiterhin stark an die MySims oder an die Miis (die übrigens auch unterstützt werden und einem manchmal auf der Piste begegnen), wobei das Feature wieder einmal gefällt, sie frei einzukleiden und sie zu personalisieren.

Auf soundtechnischer Ebene hat der Titel nicht besonders viel zu bieten: Die computergesteuerten Charaktere haben Slogans wie „Hello“ und „Let’s Go!“ auf Lager, während im Hintergrund kaum nennenswerte Melodien vor sich hin leiern und man machmal verstörenderweise auch Techno zu Ohren bekommt.

Fazit:
Family Ski & Snowboard ist allerhöchstens ein seichtes Update zum ersten Teil, mit dem man denjenigen etwas Nachschub bringen möchte, die sowieso schon Fans von dem Konzept sind. Bis auf die Unterstützung der Snowboards und des neuen Spielgebiets bietet der Titel fast nichts, was man nicht schon bei Teil 1 gesehen hätte, weswegen man sich ganz genau überlegen sollte, ob man unbedingt beide Spiele braucht. Wenigstens ist der Publisher diesmal mit dem Preis ein wenig herunter gegangen und verlangt nicht mehr 50€, sondern nur noch 40€. Insgesamt ist Family Ski & Snowboard nicht mehr und nicht weniger als ein freundliches Familienspiel ohne spielerische Tiefe, das man zwischendurch ab und zu mal einschieben, aber kaum am Stück spielen kann. Es weist alle typischen Kennzeichen eines reinrassigen Gelegenheitsspiels auf: Personalisierbare Spielcharaktere, kein Spielziel, leichte Steuerung und offenes Gameplay. Wer nach einem wirklichen Wii-Wintersporterlebnis sucht, ist mit Shaun White Snowboarding für Wii allerdings deutlich besser bedient, weil es mehr Action, einen ergebnisorientierten Spielverlauf und eine bessere Unterstützung des Balance Boardes bietet. Family Ski versäumt es, erfahrenen Spielern ein tiefer greifendes Spielerlebnis zu vermitteln als das immer gleiche Hoch- und Runterfahren auf den Skipisten.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Family Ski & Snowboard
Wertungen Beschreibung
7.0Grafik
Technisch unspektakuläre Umgebungen, die nur mit schönen Schneetexturen in der Nahansicht, putzigen Charakteren und ein paar Lichteffekten bei Nacht punkten können.
6.9Sound
Insgesamt eigentlich nicht nennenswert. Der Sound erfüllt seine Aufgabe, eine fröhliche Atmosphäre zu vermitteln und ein wenig akustische Untermalung zu bieten.
7.9Steuerung
Während die Steuerung sowohl mit als auch ohne Balance Board im Kern funktioniert, sollte man der Ganzkörpersteuerung allein deswegen den Vorzug geben, weil sie einfacher und realitätsnäher funktioniert als die Neigekontrolle mit den Kontrollerhälften. Im Vergleich zu Shaun White Snowboarding wird das Balance Board aber nicht präzise genug benutzt, um sowohl Viel- als auch Wenigspielern zu gefallen.
6.8Gameplay
Eintönigkeit kommt schnell auf, obwohl es verschiedene Aufgaben im Ski-Resort zu erledigen gibt und obwohl das frei befahrbare Gebiet recht groß ist. Ein paar minispielartige Extra-Modi erhöhen den Umfang angemessen.
6.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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