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Sonic und der Schwarze Ritter
Review von Andreas Held (mail) | 16.03.2009

Fans von Sonic the Hedgehog haben es in den letzten Jahren wahrlicht nicht leicht, wenn sie auch Fan bleiben wollen. Einzelne Ausrutscher nach oben, wie Sonic Rush oder Sonic Unleashed, werden überschattet von bestenfalls durchschnittlichen Titeln wie Sonic Heroes und Rohrkrepierern wie Shadow the Hedgehog oder Sonic the Hedgehog 2006. Einziger Lichtblick war vor etwa zwei Jahren Sonic and the Secret Rings, das auf Wii die damals noch frische Bewegungssteuerung ausnutzte und bis heute sowohl technisch als auch spielerisch zum besten auf der Konsole gehört. Nach einer scheinbar langen Entwicklungszeit und mit dem Budget eines Millionensellers im Nacken erscheint nun also Sonic and the Black Knight, und die hohen Erwartungen konnten auch dann nicht zerstört werden, als einige Magazine den Titel fast schon aus Gewohnheit abstraften.

Die Legende von König Artus - mal anders
Sonic and the Secret Rings spielte in der Welt arabischer Märchen, wo die Verhältnisse recht originalgetreu waren: Eine gute Prinzessin, ein böser Djinni und so weiter. Sonic and the Black Knight ist an die Artuslegende angelehnt, verdreht das Bekannte jedoch.



Das Intro zeigt Magierin Merlina, die von König Arthur gejagt wird, in einer Szene die fast 1:1 aus Zelda: Ocarina of Time übernommen wurde. Das ändert sich jedoch, als Merlina eine kleine Beschwörungsformel ausspricht, die statt eines Drachen jedoch Sonic vom Himmel fallen lässt - der seine Rolle als Beschützer trotzdem mehr als gut macht. In einer netten 3D-Sequenz bekämpft er die Ritter der Unterwelt. Im weiteren Spielverlauf verzichtet Sega auf solche Sequenzen: wie bereits in Secret Rings weicht die Erzählweise einem Bilderbuchstil, der aber immer noch nett aussieht. Weniger nett ist die Story selbst, die nicht gut ist, aber trotzdem durch zu viele und zu langatmige Sequenzen erzählt wird. Hier wäre weniger mehr gewesen, damit der Spieler nicht von der langweiligen Story ermüdet wird. Doch allzu schlimm wäre das ja auch nicht, wenn der spielerische Teil stimmt...

Sonic als Ritter des Windes
Wie bereits in Secret Rings ist Sonic auch hier auf einer vorgegeben Bahn unterwegs, auf der er wie in einem Rennspiel beschleunigt und seitlich bewegt werden kann. Die Steuerung übernimmt diesmal der Analogstick: Vorne und Hinten sorgen für "Gas" und "Bremse", seitliche Bewegungen werden mit den entsprechenden Richtungen angegeben. Besiegt werden Gegner nicht mehr mit dem konventionellen Jump Dash, sondern ausschließlich mit dem Schwert, das durch Bewegen der Wii-Remote aktiviert wird. Dabei besiegt Sonic seine Gegner mehr oder weniger im Vorbeilaufen und nicht beseigte Gegner werden einach stehen gelassen. Zumindest auf die Spielgeschwindigkeit hat das Schwert also keinen negativen Einfluss. Etwas seltsamer ist die Funktion, Ringe an bedürftige Bürger zu verteilen: Habt ihr 20 Einheiten der Ingame-Währung bei euch, können gewisse NPC angesprochen werden, die das Geld jedoch nur annehmen, wenn ihr vorher ein Quicktime-Event absolviert. Wirklich zu verstehen ist dieses System nicht.

Das Problem ist, dass es das eigentlich auch schon war. Die meisten Level spielen sich identisch und die Aufgaben gehen fast nie über "Besiege n Gegner" oder "verteile n Ringe" hinaus. Ab und an erscheint ein Tutorial, das einem gewisse Spezialattacken beibringt, die in ihrer Ausführung jedoch schwieriger und langsamer sind als ein einfaches Ummähen der dunklen Ritter. Jedes Level ist in mehrere Checkpoints aufgeteilt und Sonic hat anfangs unendlich viele Leben, sodass einem der Frust, ein komplettes Level wiederholen zu müssen, erspart bleibt. Lediglich wenn eine der eher einfachen Zusatzaufgaben nicht erfüllt wurde, muss das Level neu gestartet werden, da es sein kann, dass man auch vor dem letzten Checkpoint schon zu viel übersehen hat. Die meisten Bosskämpfe sind extrem kurz und spielen sich wie ein Beat'em Up ohne Tiefgang in der Steueurng - wirklich für Abwechslung sorgen also nur die Showdowns mit Arthur und der Endkampf gegen den eigentlichen Antagonisten.



Das alles wäre immer noch nicht tragisch, wenn sich Sonic and the Black Knight wenigstens gut spielen würde - was es nicht tut. Die Steuerung mit dem Analogstick ist unintuitiv, da die Kamera nicht immer hinter Sonic ist, man zum Beschleunigen jedoch immer nach vorne drücken muss - selbst dann, wenn man Sonic kurzzeitig von der Seite sieht. Das ist unpraktisch, aber nicht gravierend. Das erste wikliche Manko ist das Schwert, das zwar verschiedene Angriffsmöglichkeiten bietet, letztendlich aber überhaupt nicht gezielt gesteuert werden kann - tatsächlich ist es sehr, sehr lange her, dass ein Wii-Spiel mit einer derart aufgesetzten Bewegungssteuerung daherkam. In den Levels fuchtelt man wild mit der Remote um sich, was die meisten Gegner eliminiert und wird dabei regelmäßig getroffen, ohne auch nur ansatzweise das Gefühl zu haben, dass man dagegen etwas tun könnte. Die Bosskämpfe gegen gleichwertige Gegner sind dabei reine Glückssache - meistens kann man sie aber gewinnen, indem man einfach 10-15 Sekunden lang mit der Wii-Remote herumwedelt.

Der eigentliche Genickbrecher ist dann aber der Schwierigkeitsgrad. Sonic and the Black Knight sorgt für einen kleinen Schockmoment, wenn nach zwei bis zweieinhalb Stunden die Credits über den Bildschirm flimmern. Bis dahin ist das Spiel extrem leicht und die einzige Herausforderung ist der Kampf gegen König Arthur, der nach 20minütigem Trial-and-Error und Auswendiglernen seiner Attacken gewonnen werden kann. Geht man nach dem Abspann in's Spiel zurück, wird die Story weitergeführt und der Spieler muss ab dann mit einem knackigen Zeitlimit im Nacken durch längliche Levels laufen, die sehr schwer bis unfair designt sind. Der Haken daran: Im plötzlich sehr häufigen Falle eines Ablebens geht es zurück zum diesmal sehr weit zurückliegenden letzten Checkpoint, der Timer wird jedoch nicht zurückgesetzt. Irgendwann ist der Timer dann abgelaufen und das komplette Level muss neu gestartet werden, bis man irgendwann gut genug durchkommt und das Ziel erreicht. Dann stellt sich im nächsten Level wieder die gleiche Aufgabe und die Geduldsprobe beginnt von vorne. Der Schwierigkeitsgrad an sich ist nicht das Problem, aber gepaart mit der sehr ungenauen Fuchtelsteuerung erscheint das Gesamtbild etwas sinnlos. Warum sollte man sich mit einem Spiel abfrusten, das einem nicht die nötige Kontrolle und das Feintuning in der Steuerung gibt, welches nötig wäre, um die Level zu meistern?

Auch mit dem "Überraschungskapitel" ist Sonic and the Black Knight nur ein paar Stunden lang. Für Wiederspielwert sollen die Schatzkammer sorgen sowie über ein System, über das Gefolgsleute gesammelt werden können. Gefolgsleute erhält Sonic nach jedem Abschließen eines Levels und um die maximal mögliche Zahl an Verehrern zu erhalten, muss man ein Level immer und immer wieder Spielen - etwa 12 bis 15 mal. Außerdem erhält Sonic nach dem Zufallsprinzip Items, von denen meist nur ein Teil idetifiziert werden kann und dann in der Schatzkammer abgelegt wird. Über 200 Items können so gesammelt werden - von denen man sich dann ein Bildchen angucken kann. Wie motivierend. Auch die anderen Spielmodi sind bestenfalls Beiwerk: Der Multiplayermodus zum Nachspielen der zufällig ablaufenden Bosskämpfe ist eine Farce und auch der Online-Modus wartet nur mit ein paar Zeitrennen auf, in denen die Rekorde in eine weltweite Rangliste geladen werden können.



Technisch prima - oder doch nicht?
Keine Frage - auf Screenshots und in kleinen Videos sah Sonic and the Black Knight immer toll aus. Und daran wurde auch nichts geschönt: auch auf dem heimischen Fernseher läuft das Spiel mit dem selben Detailgrad, ohne Ruckler und in der selben Geschwindigkeit. Irgendwie kann die Optik aber trotzdem nicht voll überzeugen. Es wirkt stellenweise einfach zusammengewürftelt - die vielen Details ergeben kein rundes Gesamtbild. Außerdem verwendet das Spiel für die Umgebungsgrafik extrem realistische Farbtöne, die zum leuchtend blauen Sonic einen unschönen Kontrast bilden und die Grafik im Vergleich zu Sonic Unleashed einfach blass und lieblos wirken lassen. Das soll nicht heißen, dass Sonic and the Black Knight optisch nichts hermacht: Es sieht immer noch gut aus, aber im Vergleich zu Super Mario Galaxy, Metroid Prime 3 und ausgerechent Sonic and the Secret Rings ist eben auch ein deutlicher Qualitätsunterschied zu erkennen.

Gewohnt toll ist dagegen der Soundtrack - die Levels werden untermalt von ohrwurmlastiger, schneller Rockmusik und auch Sonic and the Black Knight wartet wieder mit mehreren Songs auf, die eigens für das Spiel geschrieben wurden und einen Großteil der aktuellen Chartmusik in den Schatten stellen. Selbst in den Storysequenzen ist die Sprachausgabe bis auf wenige Ausrutscher gelungen und das Spiel hält hier auch ein nettes Klavierstück in der Hinterhand. Der Soundtrack alleine kann aber leider auch nichts mehr rausreißen.

Fazit:
Viele 3rd-Party-Hersteller wollen keine großen Projekte mehr auf Wii aufziehen, da sich in der Vergangenheit selbst gute und von der Fachpresse gelobte Titel wie de Blob oder Disaster: Day of Crisis auf Wii sehr schlecht verkauft haben - wenn dann aber selbst der Nachfolger eines Millionensellers mit so eklatanten spielerischen Mängeln daherkommt, muss man sich schon fragen, was das Ganze soll. Sonic and the Black Knight ist in praktisch allen Bereichen schlechter als der Vorgänger - insbesondere Umfang und Leveldesign hinken meilenweit hinterher. Die selten dämliche Fuchtelsteuerung macht das Schwert zum Spielspaßkiller, auch wenn die Spielgeschwindigkeit dadurch selten eingeschränkt wird, und die Boni, die den Wiederspielwert erhalten sollen, sind ein schlechter Witz. Sonic and the Black Knight macht so einfach keinen Spaß. Persönlich bin ich sehr enttäuscht von dem Titel, da Sonic and the Secret Rings für mich bis heute zu den drei besten Wii-Spielen neben Zelda und Mario Galaxy zählt - weshalb ich auch bis zuletzt ungläubig über die teils vernichtenden Reviews war. Nach einigen Stunden mit dem Nachfolger muss ich mich den Kritiken jedoch zähneknirschend anschließen. Tatsächlich habe ich mich sogar vor dem Schreiben dieses Reviews hingesetzt und gezielt darüber nachgedacht, was man wirklich Positives über das Gameplay von Sonic and the Black Knight sagen könnte. Mir ist nichts eingefallen.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Sonic und der Schwarze Ritter
Wertungen Beschreibung
8.3Grafik
Viele Details, die etwas zusammengewürfelt und durch die blassen Farbtöne leblos wirken. Trotzdem zumindest aus technischer Sicht optisch beeindruckend.
9.0Sound
Toller Rocksoundtrack mit einigen voll ausgearbeiteten Musikstücken, die professionell klingen.
4.5Steuerung
Völlig ungenaue Fuchtelsteuerung mit dem Schwert und auch das Steuern von Sonic mit dem Analogstick auf der Engine von Secret Rings wurde recht schlecht gelöst und ist unintuitiv.
4.5Gameplay
Belangloses Leveldesign, unkreative Aufgaben, viel zu kurz und absolut unmotivierende Extras für Wiederspieler. Am Wendepunkt der sonst höhepunktlosen Story springt der Schwierigkeitsgrad urplötzlich von sehr leicht auf sehr schwer und die Steuerung ist zu ungenau, als dass man die schweren Levels wirklich meistern könnte.
5.0Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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