Review von Andreas Held (mail) | 20.02.2009
Niemals aufgeben - diese recht redliche Philosphie vertreten wohl die Entwickler von 49games, die trotz eher schlechter Reviews nicht müde geworden sind, uns zu bemustern. Obwohl es mit RTL Winter Sports 2008 und Summer Athletics beide Male nicht klappte, lag kürzlich RTL Biathlon 2009 in meinem Briefkasten. Nachdem RTL Winter Sports vor einem Jahr mit Anni Friesinger als Werbeikone auf sich aufmerksam machen konnte, wird diesmal Magdalena Neuner eingesetzt, die kürzlich geblickt hat, dass sie nicht nur mit Leistungssport, sondern auch mit Strandfotos Geld verdienen kann - und es nun zumindest bei einem Wii-Spiel sogar zum Cover-Girl geschafft hat. Das alleine reicht jedoch natürlich nicht aus - und wenn sich im Vergleich zu Summer Athletics spielerisch nicht sehr viel getan hat, dann geht es trotz allen guten Willens wieder ab in den Wertungskeller.
Die Spielmodi
Der wahrscheinlich größte Vorteil von RTL Biathlon 2009 ist, dass sich der recht kleine Entwickler hier auf eine Sportart konzentrieren konnte - weshalb wir diesmal nicht ein Dutzend halbherzige Umsetzungen bekommen, die keinen Spaß machen, sondern nur eine einzige, die dafür deutlich besser realisiert wurde. Viel Auswahl an Spielmodi gibt es allerdings nicht: Es gibt einen Quickplay-Modus, in dem zwei Meisterschaften und ein Zufallsgenerator für weitere Rennserien zur Verfügung stehen, einen Übungsmodus (der eigentlich ein Einzelrennen-Modus ist) und die Karriere, die ihrem Namen jedoch nicht voll gerecht wird. Sesselathleten können hier mit einem von fünf Originalsportlern, die alle gemeinsam haben, dass sie ihren Vorbildern kein Stück ähnlich sehen, oder einem mit dem sehr spartanischen Editor selbst erstellten Charakter antreten und an vier Meisterschaften teilnehmen, die sequentiell gewonnen werden müssen. Der Spieler bestreitet dabei einfach so lange die selbe Meisterschaft, bis er sie gewinnt und eine Stufe aufsteigt. Damit Fehlversuche nicht sinnlos sind, erhalten die Athleten außerdem nach jedem Rennen Erfahrungspunkte, mit deren Hilfe sie im Level aufsteigen. Außerdem können vor jedem Rennen 50 Skillpunkte auf die vier Attribute des Sportlers verteilt werden, was sofort für ein kleines Deja-Vu Erlebnis gesorgt hat -Summer Athletics mussten wir heftig dafür kritisieren, dass immer alle Skillpunkte einzeln verteilt werden mussten. In RTL Biathlon 2009 ist dieses Problem nun erledigt, da sich neben jedem Atrribut ein Balken befindet und die Anzahl der zu verteilenden Skillpunkte einfach mit einem Schieber eingestellt werden kann. Eine erhebliche Verbesserung und man könnte fast meinen, dass die Entwickler unser Review gelesen und die Kritik beherzigt haben.
Auch sonst ist das Trainieren recht motivierend: Während die Junior-Meisterschaft noch recht mühelos zu gewinnen ist, dreht die KI ab der zweiten Liga auf ein angenehm forderndes Niveau auf. Selbst kleine Veränderungen der Statuswerte machen jedoch spürbare Unterschiede, sodass man sich mit besseren Statuswerten gut gegen die KI zur Wehr setzen kann.
Skifahren und Schießen
Ähnlich wie Triathlon hat Biathlon seinen Namen daher, dass hier zwei Sportarten miteinander verknüpft werden - was jedoch jeder, der halbwegs über Allgemeinwissen verfügt, auch wissen sollte. Im Spiel ist das ganze über Rundkurse realisiert, auf denen drei Runden absolviert werden müssen und jeweils am Ende der ersten beiden Runden eine Schießeinlage wartet.
Das Langlaufen passiert in altbewährter Schüttelmanier, wobei in diesem Fall Remote und Nunchuck abwechselnd nach vorne bewegt werden müssen. Das muss man jedoch nicht so schnell wie möglich tun, sondern in einem stetigen Tempo, damit der Athlet auf dem Bildschirm schnell voran kommt, sich jedoch nicht verausgabt. Eine Kraftleiste rechts vom Athleten gibt dabei an, wo seine Belastbarkeitsgrenze liegt. Wird diese überschritten, wird die Kraftleiste zusehends kleiner und die Maximalgeschwindigkeit immer mehr eingeschränkt, bis der Sportler sich wieder erholen kann. Außerdem wird die links liegende Ausdaueranzeige aufgebraucht - und wenn diese leer ist, führt die kleinste Überanstrengung zu einem massiven Geschwindigkeitsabbau. Wer es auf die Spitze treibt, kann seinen Avatar theoretisch sogar so weit verausgaben, dass er auf der Strecke zum Stehen kommt und sich einige Sekunden erholen muss. Wer einigermaßen vernünftig spielt, wird solche Probleme jedoch nicht haben. Kurze Zwischensprints oder aggressives Angehen von Steigungen sind also erlaubt, um ein paar Sekunden gut zu machen - man darf es damit nur nicht übertreiben, da der Sportler sonst ausgepowered wird und am Ende mehr Zeit durch Regeneration verliert, als er vorher gewonnen hat. Das Ganze funktioniert wirklich gut und erinnert etwas an G1 Jockey, wo auch verschiedene Ausdauerfaktoren aufeinander abgestimmt werden mussten, und ist hier vielleicht sogar noch etwas besser gelöst, da man nicht immer den selben Rennablauf abspielt, sondern immer wieder auf die verschiedenen Strecken und andere Gegebenheiten reagieren muss.
Am Schießstand sieht es ähnlich aus: hier zielt man mit dem Pointer der Wii-Remote auf die berühmten schwarzen Scheiben, wobei jedoch das Aiming immer etwas verzogen wird, damit man nicht einfach auf die verschiedenen Scheiben zeigt und sie anklickt. Die Idee ist, dass man zunächst grob zielt, dann mit dem A-Knopf die Luft anhält, was genaueres Zielen ermöglicht, letzte Korrekturen vornimmt und abdrückt. Wie das Laufen ist auch das Schießen überraschend gut ausbalanciert: die Engine provoziert Fehler, macht das Ganze aber nicht frustrierend schwer. Wie im echten Sport können Rennen am Schießstand gewonnen oder verloren werden.
Viel Hardwareunterstützung und wenig Sinnvolles
Nintendo verteilt scheinbar Boni, wenn Entwickler ihre Zusatzhardware unterstützen - anders ist das Portfolio kaum zu erklären, das RTL Biathlon 2009 hier auffährt. Möchtegern-Biathleten können nicht nur auf das Balance Board steigen, um ihre Vorbilder durch Gewichtsverlagerungen statt durch Neigen der Controller zu lenken, sondern auch noch an Schießständen den Zapper benutzen. Da jedoch zum Laufen wieterhin die Controller bewegt werden müssen, die im Zapper eingerastet sind, muss für die Pistole ein zweites Controller-Set benutzt und der Zapper am Schießstand gegen die zum Laufen verwendeten Controller getauscht werden. Wer das ganze dann noch im Splitscreen in voller Montur spielen will, braucht vier Remotes, vier Nunchuks, zwei Balance Boards und zwei Zapper. Das ist eine ganze Menge Hardware für ein Biathlon-Spiel, weshalb man die Sinnhaftigkeit des Ganzen durchaus anzweifeln kann. Glücklicherweise hat das Spiel auch eine sparsame Seite, und wer kein Hardwaremuseum zu Hause hat, kann das ganze auch einfach mit einer einzigen Wiimote-Nunchuk-Combo im Familienkreis spielen, indem die Controller herumgereicht werden.
Grafisch ist RTL Biathlon 2009 recht augenfreundlich und eine Offenbarung im Vergleich zu SimAnimals, aber immer noch bestenfalls gehobenes Dreamcast-Niveau. Gerade die Athleten selbst sind zwar prima animiert, sehen jedoch in ihren 70er-Jahre-Schlafanzügen recht lächerlich aus und leiden zudem unter der recht miesen Charaktermodellierung. Trotz 480p-Modus zeichnet sich eine erhebliche Treppenbildung an den virtuellen Sportlern ab und insgesamt kann die Optik einfrach nicht überzeugen, wenn auch definitiv gute Ansätze zu erkennen sind. Anders sieht es bei der Musik aus: Dem Midi-Soundtrack kann man nicht mal mehr gute Ansätze zuschreiben, auch wenn man sich teilweise flaumig an SNES-Zeiten zurückerinnert fühlt, als auf den 16bit-Modulen ähnliche Musik gespeichert war. Aber selbst zu SNES-Zeiten hätte man diese Musik nicht gut gefunden - die Melodien sind zwar recht abwechslungsreich und nerven deshalb zumindest nicht, es ist aber ein ganz klarer Qualitätsunterschied zu besseren Kompositionen zu erkennen. Fazit: RTL Biathlon 2009 ist ein gutes Spiel. Diese schockierende Tatsache musste ich erst mal sacken lassen. Die Steuerung funktioniert, das Spiel macht Spaß und alle spielerischen Elemente sind so gut gegeneinander ausbalanciert, dass man schon fast denken könnte, dass bei 49games echte Biathlon-Fans arbeiten und RTL Biathlon 2009 mehr als nur ein am Fließband gefertigter Lizenztitel ist. Trotzdem darf man sich hier natürlich nicht allzu sehr in Lobeshymnen verstricken: Der Soundtrack fährt auf durchschnittlichem Midi-Niveau und auch die Kompositionen an sich können nicht überzeugen; die Grafik ist ebenfalls weder realistisch noch detailliert und die schlechten Charaktermodelle können eine Nacht mit den echten Biathletinnen nicht annähernd ersetzen. Der einzige wirkliche Kritikpunkt, den ich an dem Titel äußern kann, ist also, dass er etwas zu Unrecht zum Vollpreis in den Läden steht - denn die Technik lässt definitiv erkennen, dass es sich hierbei eigentlich um einen Budget-Titel handeln sollte. Auch spielerisch sind definitiv Grenzen zu erkennen: Von einem Karrieremodus erwarte ich heutzutage, dass der Lebensweg eines Sportlers von der ersten Eins im Sportunterricht bis zur Dreifach-Goldmedaille bei Olympia nachgespielt werden kann, und nicht eine Aneinanderreihung von vier Meisterschaften. Ein Online-Modus oder zumindest Online-Ranglisten wären ebenfalls machbar gewesen. Auf der Strecke spielt es sich dann aber so gut, wie eine Biathlon-Simulation eben sein kein, weshalb RTL Biathlon 2009 unter'm Strich ein Titel ist, der durchaus auch für längere Zeit Spaß macht, das niedrige Budget und die kurze Entwicklungszeit jedoch deutlich erkennen lässt.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel RTL Biathlon 2009 | |
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| 5.6 | Grafik Die Dreamcast lebt. Starke Treppenbildung, lächerlich unmodische Skianzüge und zweidimensionale Zuschauer treffen auf gute Animationen der Athleten und eine recht ansehnliche Streckengrafik. | |
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| 4.7 | Sound Midi-Musik, die sich an der Grenze zur Nervigkeit bewegt. Wenn schon Midi, dann sollte es sich wenigstens nach etwas anhören. Tut es aber nicht. | |
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| 7.8 | Steuerung Wer will, kann sechs Controller benutzen - eine Remote-Nunchuk-Combo zum Laufen, eine weitere die im Zapper verbaut wird sowie ein Balance-Board zum Lenken der Athleten. Das alles funktioniert aber auch mit "lediglich" zwei Controllern ganz prima und sowohl der läuferische Teil als auch das Schießen spielen sich wirklich gut. | |
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| 7.1 | Gameplay Die Rennen an sich machen richtig Spaß, strengen durch ihre Länge körperlich an und das Spiel ist sehr gut ausbalanciert. Leider fehlt ein Karrieremodus, der das Ganze angemessen verpacken und gut präsentieren könnte. Immerhin können die selbst erstellten Athleten kontinuierlich trainiert werden. | |
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| 6.8 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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