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NewPlayControl: Pikmin
Review von Tim Herrmann (mail) | 08.02.2009

Auf der Tokyo Game Show 2005 zeigte Satoru Iwata den Controller von Nintendos „Revolution“ das erste Mal – An das Wort „Wii“ hatte zu dem Zeitpunkt noch keiner gedacht und auch Spiele hat man für das neue System damals noch nicht gesehen. Um die Fähigkeiten der Wii-Fernbedienung trotzdem vorstellen zu können, hatte man eine Demo-Version von Metroid Prime 2 – Echoes vom Nintendo GameCube heran gezogen und ihr eine Wii-Steuerung verpasst. Schon damals waren Miyamoto und Iwata der Meinung, dass die neue Nintendo-Konsole den unbeachteten GameCube-Knüllern eventuell zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten Frühling bescheren könnte.
Jetzt, dreieinhalb Jahre später, wird diese Idee in Europa Realität und heißt NEW PLAY CONTROL. Insgesamt sechs Titel wird Nintendo für Wii neu auflegen und mit einer neuen Steuerung sowie teilweise frischen Inhalten versehen – vier davon sind für Europa momentan fest angekündigt. Und Pikmin macht den Anfang. In unserem Test klären wir für euch, was die Neuerungen für das Innovationskonzept aus 2002 bringen. Für die Pikmin-Neulinge unter euch wollen wir auch das ganze Spiel an sich beleuchten, als wäre es gerade erst erschienen.

Simple Genialität
Pikmin ist ein Spiel von Shigeru Miyamoto. Unnötig zu erwähnen, dass dies der Mann hinter Super Mario, The Legend of Zelda oder Donkey Kong ist. Was alle seine bisherigen Spiele auszeichnete: Sie boten süchtig machende Spielprinzipe, simples, aber fesselndes Gameplay und so gut wie keine oder nur eine sehr spartanische Hintergrundgeschichte. Bei Pikmin ist das genau so. Eine anfängliche Zwischensequenz zeigt, wie ein riesiger Meteorit das Raumschiff vom knubbeligen Captain Olimar trifft und dieser auf einem scheinbar einsamen Planeten notlanden muss – es dauert nicht lange, bis er auf ein kleines Wesen trifft, das sich ihm anschließt und dann für ihn verschiedene Schlepparbeiten erledigt, die ihm bei der Rekonstruktion seines interstellaren Verkehrsmittels dienen. Damit ist die Geschichte weitestgehend vom Tisch gewischt und das Spiel kann beginnen.

Der kleine Pflanzen-Tier-Hybrid wird kurzerhand Pikmin genannt, gehorcht Captain Olimars Befehlen ab sofort bedingungslos und stürzt sich für ihn sogar in den Tod, wenn es denn sein muss – und es muss oft sein. Ihr könnt eure Pikmin auf überdimensionierte gegnerische Käfer hetzen, Gegenstände schleppen, Barrieren zerstören oder Wege bauen lassen. Sofern notwendig, könnt ihr mit ihnen eine ganze Armee aufbauen. Das funktioniert durch das Einsammeln von Punktmünzen und besiegten Gegnern. Lässt man die Pikmin diese Gegenstände zu ihren Nestern tragen, säht die so genannte Zwiebel neue Pikmin, die man dann ausgraben und mit auf die Reise nehmen kann. So entsteht eine Kettenreaktion und die Pikmin-Population wächst fast schon exponentiell an. Maximal 100 Pikmin wuseln hinter Captain Olimar her und spielen den hilfsbereiten Samariter.

Die Pikmin sind aber nicht alle gleich: Es gibt im ersten Teil von Pikmin rote, blaue und gelbe Pikmin, die alle unterschiedliche Eigenschaften haben und auch dementsprechend gebraucht werden. Blaue Pikmin beispielsweise überleben Wasser, gelbe können Bomben werfen und rote sind feuerresistent. Außerdem unterscheiden die Wesen sich durch ihren Blühzustand – Pikmin, die nur ein Blättchen auf dem Kopf tragen, sind schwach und langsam und sollten besser nicht für schwere Kämpfe gebraucht werden, weil sie schnell das Zeitliche segnen. Die nächst höhere Stufe erkennt man an der geschlossenen Knospe, die nur noch durch voll in Blüte stehende Pikmin getoppt wird, die mehr Schläge aushalten, härter austeilen und Olimar flotter folgen können. Grundsätzlich verfolgt Pikmin das allseits immer wieder gern verwendete und pädagogisch hochgradig wertvolle Prinzip „Allein sind wir schwach, doch in der Gruppe unbesiegbar“. Zusammen mit den Pikmin geht ihr auf die Suche nach den Bauteilen des Raumschiffes und steht dabei immer unter Druck, innerhalb von 30 Tagen die 30 Teile eingesammelt zu haben – sonst versagen die Lebenserhaltungssysteme. Das Abenteuer findet in verschiedenen Gebieten des Planeten statt, in denen jeweils ca. sieben Teile liegen, für die man je nach deren Lage ganz bestimmte oder besonders starke Pikmin sowie neue Strategien braucht und deswegen immer zwischen den Levels hin und her fliegen wird.

Das Pikmin-Prinzip war und ist ein Geniestreich, der auch schon einen zweiten Teil auf dem GCN bekommen hat (ebenfalls bald in der New Play Control-Serie) und auf Wii wohl später in diesem Jahr in einem dritten Teil fortgeführt wird. Eine Kaufempfehlung gibt es also so oder so: Aber angesichts der Abwärtskompatibilität von Nintendos aktueller Konsole zum Vorgängermodell stellt sich die Frage, ob man sieben Euro für die GameCube- oder 30 für die Wii-Variante locker machen soll.

Neu und trotzdem alt
Die New Play Control ist nicht unbedingt ein neuer Gedanke. Zum einen natürlich wegen der in der Einleitung beschriebenen Idee von der Tokyo Game Show 2005, zum anderen aber auch, weil das erste Wiimake schon lange vor Pikmin erschienen ist: The Legend of Zelda – Twilight Princess war im Grunde genommen inoffiziell das erste Spiel der New Play Control-Reihe. Ein GameCube-Spiel mit Wii-Steuerung, mehr nicht.

Und auch heute noch definiert sich die New Play Control-Serie fast ausschließlich über ihren Namen: Bis auf Donkey Kong Jungle Beat sind alle bisher neu aufgelegten Spiele absolut inhaltsgleich geblieben und haben lediglich eine neue und angepasste „Play Control“ verpasst bekommen. Bei Pikmin auf Wii besteht diese ausschließlich in einer Unterstützung des Pointers, der eine Markierung übers Spielfeld wandern lässt. Schüttel-Features gibt es genauso wenig wie eine Unterstützung der Neigungssensoren der Controller. Früher auf dem GameCube hat der Control-Stick die Markierung gelenkt, die als Zielpunkt für geworfene Pikmin fungierte und gleichzeitig Captain Olimar durch die Levels navigierte. Obwohl diese eher indirekte Kontrolle über den Spielcharakter erst einmal ein bisschen Eingewöhnung erforderte, ging sie später sehr natürlich von der Hand und machte keinerlei Probleme. Dieselbe Funktionalität heute auf Wii, trotz oder gerade wegen der Veränderungen: Erstens kann Olimar jetzt mit dem Nunchuk direkt gelenkt werden und zweitens wird die Zielmarkierung für die Pikmin von der Wiimote übernommen, sodass nun einfach nur noch auf eine bestimmte Stelle gezeigt und dann der A-Knopf gedrückt werden muss, um ein Pikmin zu werfen oder es zu lenken. Glücklicherweise ist Nintendo nicht so töricht gewesen, fürs Werfen von 100 kleinen Pikmin eine Wurfbewegung von der Wiimote zu fordern…

Das alles funktioniert mitnichten schlechter als damals auf dem GameCube – allerdings sind echte Revolutionen in der Steuerung nicht auszumachen und man kann höchstens sagen, dass die Eingewöhnungszeit kürzer ausfällt und man sofort intuitiv zu spielen anfangen kann. 30€ ist das noch nicht wert und die Unterstützung des Pointers ist leider schon so ziemlich die einzige Neuerung. Ansonsten hat man lediglich eine neue Option im Speichersystem eingebaut. Sie ermöglicht Trödlern, die mit den 30 Spieltagen nicht auskommen, den Neustart an einem beliebigen Punkt in der Vergangenheit. Im Spiel selbst gibt es beim Werfen von Pikmin neuerdings die Option, vor dem Wurf die Farbe des gepackten Pikmins zu ändern. Durch Gedrückthalten des A-Knopfes sieht man, welches Wesen der Captain gerade gegriffen hat, ein Tippen auf den B-Trigger wechselt die Farbe. Manchmal ist das ganz nützlich. Aber auch hier gilt wieder: Keine Welt bewegende Innovation.

Herzschmerz mit den Pikmin
Pikmin hat sich früher gut gespielt und spielt sich auch heute mit der neuen Steuerung noch gut. Anders als an der Steuerung wurde an der Grafik allerdings nicht geschraubt: Die Menüs sehen größtenteils gleich aus und zeigen die blasenartigen Blockschrift, die Ingame-Grafik hat sowieso keine Änderungen erfahren und die eher matschigen Texturen der Nahansicht befinden sich weiterhin auf dem GameCube-Niveau von 2002. Neu dazugekommen sind ein 480p-Modus und eine Unterstützung des mittlerweile obligatorischen 16:9-Modus. Was man der Optik (nach wie vor) zu Gute halten muss, ist das extrem liebevolle Design und ihr daraus folgender Charme: Pikmin spielt sich in einer Welt ab, die viel größer ist als der Protagonist und seine Titel gebenden Pflanzenwesen. Normale Käfer werden plötzlich zu riesigen Monstrositäten und einfache Blümchen sind gefühlte drei Meter hoch. Eine Spinne wird plötzlich zum Giganten und Pfützen zu unüberwindbaren Seen.

Die Sound-Effekte vermitteln immer noch einen extremen „Oh, wie süß!“-Faktor. Die Pikmin jauchzen und quietschen, wenn sie geworfen werden (auch aus dem Lautsprecher der Wii-Remote) und haben bestimmte Sprach- bzw. Quietschsamples auf Lager, wenn sie Spezialaktionen wie zum Beispiel das Aufheben von kleinen Bomben ausführen. Wenn sie gefressen werden oder auf sonstige Weise das Zeitliche segnen, wird das mit einem jämmerlichen und erbärmlichen Fiepsen untermalt, der direkt ins Herz sticht und mit scharfer Klinge darin herumwühlt. Man möchte keine Pikmin verlieren und hat regelrecht Mitleid mit ihnen, wenn ihr transzendenter Geist in die Sphären des Jenseits steigt. Fakt ist jedoch: Pikmin sind in diesem Strategiespiel eine einfach nachproduzierbare Massenware, die man ab und zu einfach opfern muss.

Fazit:
Pikmin war, ist und bleibt einfach genial: Das Spielprinzip macht süchtig, war eine der größten spielerischen Innovationen der letzten Jahre und der berüchtigte Zahn der Zeit hat bis heute nicht daran genagt. Den Mut, ein solches in allen Belangen neues Franchise auf den Markt zu bringen, beweist nicht einmal Nintendo heutzutage mehr, es wird hauptsächlich auf Altbewährtes und Bekanntes gesetzt. Deswegen sollten auch alle, die Pikmin in der Vergangenheit noch nie berührt haben, dem Spiel spätestens jetzt eine Chance geben. Was die Frage nach der besseren Version angeht, kann man aber klar sagen, dass die GameCube-Variante völlig ausreicht: Die seichten Neuerungen der NewPlayControl rechtfertigen einen Neukauf für zusätzliche 20 Euro bei weitem nicht und der extrem niedrige Gebrauchtpreis des GameCube-Titels nimmt dem Wiimake einigen Wind aus den Segeln und entreißt ihm ein paar seiner wichtigen Kaufargumente. Pikmin 2 könnte sich da schon eher als Wii-Version lohnen, schließlich ist dieser Titel auch gebraucht noch sehr teuer und wird bei eBay als Rarität zum ehemaligen Neupreis gehandelt. Obwohl in der Wii-Version von Pikmin alles gut funktioniert und nichts verschlimmbessert wurde, sorgt Wii nicht für die ultimative Revolution des Franchises, sondern beweist lediglich, dass Pikmin 3 auch als Wii-Exklusivling aller Wahrscheinlichkeit nach wieder exzellent funktionieren wird.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel NewPlayControl: Pikmin
Wertungen Beschreibung
7.4Grafik
Keine Veränderungen in der Wii-Version: In der Nahansicht sind die Texturen etwas breiig, aber insgesamt muss man Pikmin einen unglaublich liebevollen Stil zusprechen, der perfekt zu dem Titel passt und seinen ganz eigenen Charme versprüht.
7.5Sound
Schrecklich niedliche Fiespgeräusche der kleinen Pikmin und relativ aussageloses Gedudel im Hintergrund.
8.9Steuerung
Funktioniert nach wie vor absolut problemlos, zieht aus der Wii-Steuerung aber keine neuen überzeugenden Pluspunkte.
9.0Gameplay
Das Gameplay hat sich nicht verändert, bleibt aber selbstverständlich eine qualitative Ausnahme auf dem Videospielmarkt. Wer Pikmin noch nie gespielt hat, bekommt jetzt eine neue Chance.
8.2Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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