Unser Netzwerk: NintendoWiiX.net   | NintendoWiiX Forum   | Planet3DS.de
Sim Animals
Review von Andreas Held (mail) | 08.02.2009
Dass Nintendo kostenlose Qualitätssiegel verteilt und kleine Publisher das schamlos ausnutzen, wissen mittlerweile alle. Dass auch große Publisher wie Ubisoft oder eben EA mit auf diesen Zug aufgesprungen sind, wissen auch alle. Gerade EA überflutete die Wii zum Weihnachtsgeschäft mit mittelmäßigen Titeln wie Facebreaker K.O. Party, Littlest Pet Shop oder Need For Speed Undercover. Wahrscheinlich ursprünglich auch als Teil dieser Liste geplant war SimAnimals, das nun einen Monat später als Nachzügler erscheint und vor allem wegen seiner Grafik in heftige Kritik geraten ist. Einige andere fühlten sich derweil sehr stark an Viva Pinata erinnert, und tatsächlich schien es so, als versuche sich EA an einer Art Crossover zwischen dem Rare-Titel und der eigenen Sims-Reihe. Ob das Gameplay tatsächlich über die Grafik hinwegtrösten kann, oder ob sich das Spiel so spielt, wie es aussieht, konnten wir nun selbst herausfinden.

Viva Animales
SimAnimals orientiert sich nicht nur an Viva Pinata, sondern ist ein echter (allerdings stark abgespeckter) Klon der Xbox-Franchise, der teilweise ganze Spielabläufe unverändert übernimmt. Wie im Vorbild habt ihr die Kontrolle über einen Cursor, mit dem ihr direkten Einfluss auf eines von elf Waldgebieten nehmen könnt. Folgt ihr dabei gewissen Richtlinien, fühlen sich wilde Tiere von eurem Waldstück angezogen und besuchen es. Hier kommen dann die Sims-Aspekte ins Spiel: Statt weitere Richtlinien zu erfüllen, müsst ihr nun einfach das Vertrauen der Tiere erlangen, um sie sesshaft zu machen, was immer nach dem gleichen Schema abläuft: Man untersucht sie mit dem Minus-Knopf und schaut nach, was ihr Lieblingsfressen ist: Dann überfüttert man sie damit so lange, bis sie einem so weit vertrauen, dass sie sich vom Ingame-Cursor streicheln lassen, und wackelt danach mit selbigem über sie. Das wiederum steigert das Vertrauen weiter, bis der Punkt erreicht ist, an dem sie beschließen, im Waldstück zu bleiben.



Eine weitere Aufgabe ist das Sammeln von glücklicher Energie, die von glücklichen Tieren und Pflanzen abgegeben wird. Ja, richtig gehört, die Pflanzen in SimAnimals haben Emotionen und können sogar krank werden. Während Pflanzen einfach nur auf dem richtigen Boden wachsen müssen, haben Tiere Hunger, das Bedürfnis, vom Ingame-Cursor gestreichelt zu werden und manchmal wollen sie auch einfach nur Nachwuchs zeugen. Sind diese Bedürfnisse erfüllt, wird die besagte glückliche Energie erzeugt, die die am oberen Bildschirmrand angezeigte Glücklichkeitsleiste füllt. Hier muss ein gewisser Wert erreicht werden, um das jeweils nächste Gebiet freizuschalten. Das Ganze funktionierte bei mir ganz gut, bis eine ritalinsüchtige Maus ihren Cold Turkey hatte und hysterisch durch den Wald gehüpft ist, davon müde wurde und dann im Sekundentakt traurige Energie erzeugte, weil sie nicht schlafen konnte. Den Tieren manuell das Schlafen befehlen kann man jedoch nicht. Was also tun? Glücklicherweise stellt das Spiel die Funktion bereit, bis zu fünf Tiere einfach in den virtuellen Rucksack zu stopfen. Und Tiere, die im Rucksack weggepackt sind, erzeugen keine traurige Energie.

So anspruchsvoll wie der Windows Explorer
Noch ein Ziel in SimAnimals ist das Sammeln von Medaillen, von denen es für die meisten Tiere jeweils eine und für jedes Gebiet eine weitere gibt, falls man die Glücklichkeitsleiste im jeweiligen Areal bis zum Maximum füllen kann. Für die tierspezifischen Medaillen erhält der Spieler vom Titel jeweils eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, was man tun muss, und arbeitet diese Aufgaben sequentiell ab. Das große Problem dabei ist, dass man in SimAnimals meist nur drei Dinge tun kann: Tiere füttern, Tiere streicheln und Pflanzen heranziehen. Fast immer geht es also darum, eine bestimmte Anzahl einer bestimmten Pflanze zu züchten, um Tiere anzulocken, diese Tiere durch Füttern und Streicheln sesshaft zu machen und dann über ein, zwei Zusatzaufgaben die Medaille für das entsprechende Tier abzugreifen. Nur selten gibt SimAnimals euch die Aufgabe, eine Pflanze auf für sie geeigneten Boden zu verschieben oder zwei Tiere nebeneinander zu platzieren, damit sie sich miteinander anfreunden. Der Anspruchsgrad geht dabei niemals über das Anklicken und Verschieben gewisser Objekte heraus.

Was SimAnimals nach einiger Zeit aber trotzdem fast unspielbar macht, sind die unkontrollierbaren Tiere, die irgendwann nur dazu da zu sein scheinen, den eigenen Fortschritt kaputt zu machen. Da es in SimAnimals kein Geld und kein Geschäft gibt, könnt ihr Pflanzen nur aus vorhandenen Pflanzen gewinnen, indem ihr wartet, bis eine Pflanze „Schmetterlinge hat“ (Zitat aus dem Ingame-Tutorial) und dann mit dem Cursor über ihr wackelt, bis der Samen erscheint. Wackelt ihr danach dann über dem Samen hin und her, verwandelt sich dieser in eine zweite Pflanze derselben Art. So weit, so anspruchslos. Massives Problem dabei: Eure Tiere haben immer Hunger. Und während es völlig ok ist, dass sich wilde Tiere ohne Zurückhaltung an euren Vorräten bedienen, sollten gezähmte Tiere eigentlich davon Abstand nehmen und nur das fressen, was man ihnen zuteilt. Stattdessen entwickeln jedoch alle eure Viecher plötzlich eine riesige Vorliebe für Butterblumen, wenn ihr für eine Aufgabe fünf dieser Pflanzen heranzüchten müsst. Da es seine Zeit dauert, bis eine Pflanze sämig wird, kann es sogar vorkommen, dass alle Butterblumen in einem Gebiet restlos gefressen werden und ihr neue Exemplare aus benachbarten Gebieten importieren müsst. Werden alle Exemplare einer Pflanze in allen Gebieten weggefressen, ist diese faktisch ausgestorben und alle Medaillen-Herausforderungen, für die diese Pflanze später noch benötigt wird, werden bis auf Weiteres unlösbar, sofern ihr keinen zweiten Spielstand in der Hinterhand habt. Selbst wenn man wieder einzelne Exemplare einer Pflanze bekommen würde, ist der Anbau immer noch extrem frustrierend, da Pflanzen in aller Regel schneller weggefressen werden als sie nachwachsen. Ein eklatanter Balancing-Fehler in der Spielmechanik, der daher rührt, dass auch gezähmte Tiere unkontrolliert alles wegfressen. Das Fressverhalten ist dabei auch kaum realistisch: Ein Hase verdrückt problemlos 50 Karotten innerhalb weniger Minuten, wenn man nicht auf ihn aufpasst.



Ganz ehrlich, EA: Was ist das?!
SimAnimals ist wegen seiner Grafik im Vorfeld in heftige Kritik geraten – und das völlig zu Recht. Die ärmliche Grafik der Screenshots sieht in Bewegung sogar noch schlimmer aus, da erst hier die extreme Treppenbildung dank fehlendem Anti-Alialising, die teils lachhaften Animationen der Tiere und andere peinliche Grafikeffekte zum Vorschein kommen. Die Echtzeitschatten bestehen in der Regel aus etwa 20 Pixeln und wirken wie eine Hommage an das 8-bit-Zeitalter, doch selbst ein Mega Man war damals nicht so extrem verpixelt. Ebenfalls nett anzusehen sind die besagten Schmetterlinge, die als verpixelte zweidimensionale Sprites aus dem Nichts über den Pflanzen erscheinen und nach einigen Sekunden dahin verschwinden, wo sie herkamen. Dazu gesellen sich einige grafische Bugs – nicht nur massive Clipping-Fehler kamen zum Vorschein, beim Testen passierte es sogar, dass ein Hirsch sich schräg nach oben drehte und danach bis zum Hals im Boden versank, um zwei Sekunden später ein paar Meter weiter wieder zu erscheinen. Auch ohne vorher im Boden zu versinken teleportieren sich Tiere gerne mal ein paar Meter durch die Gegend, was ganz einfach daran liegt, dass Spiel- und Grafikengine nicht richtig synchronisiert sind, sondern letztere ab und zu etwas hinterherhinkt. Als Highlight zum Schluss sei das Paarungsverhalten der Hirsche erwähnt: Zwei zeugungswille Geweihträger stellen sich im Abstand von ca. einem Meter gegenüber und lecken so lange die Luft ab, bis neben der Hirschkuh eine Rauchgranate explodiert. Nach einigen Sekunden ist der Rauch verflogen und am Explosionsort ist wie von Geisterhand ein Jungtier erschienen.

Das Schlimmste daran ist, dass uns EA auf der Packung ein ganz anderes Spiel präsentiert. Hier ist eine Version zu sehen, die mit farbenprächtiger Comic-Grafik und detailliert modellierten Tieren überzeugt. Hätte sich EA mit dem Entwickeln der eigentlichen Grafikengine nur halb so viel Mühe gegeben wie mit dem Fälschen der Promo-Screenshots, wäre dabei vielleicht sogar etwas Ansehnliches herausgekommen, das nicht als Realitätsverzerrung angesehen werden muss.

An der akustischen Front sieht es ähnlich düster aus. EA mutet den Spielern hier meistens unstruktiertes, fröhlich daher kommendes Gedudel aus Holzblasinstrumenten zu, das nach wenigen Minuten auf die Nerven geht. Die Tiere geben immer die gleichen Laute von sich, die nicht sehr glaubhaft wirken – oder wie viele von euch haben ein Kaninchen zu Hause, das lauter knurrt als ein Schäferhund, wenn fremde Besucher es streicheln wollen?

Fazit:
SimAnimals ist an sich kein Totalausfall – die grundlegende Spielmechanik funktioniert und das Interface mit der 3D-Pointerfunktion und der hakeligen Kameraführung ist zwar umständlich, aber nicht tödlich. Im Gegensatz zu Viva Pinata, das alle Altersklassen ansprechen will, richtet sich SimAnimals aber eher an junge Spieler, weshalb der Anspruchsgrad auf ein Minimum zurückgefahren wurde. Freiraum für Kreativität gibt es nicht – alles, was der Spieler optisch beeinflussen kann, ist die Position und die Anzahl seiner Pflanzen. Letztere werden jedoch nur allzu oft schneller von den Tieren aufgefressen, als sie nachwachsen können, was das Spiel komplett aus der Balance bringt und dafür sorgt, dass manche Aufgaben dauerhaft unlösbar werden können, wenn alle Bestände eine Pflanze komplett aufgefressen werden. Mit gerade einmal 34 Tieren (im Vergleich zu 60 Pinatas im ersten Teil des Vorbilds) ist der Umfang jedoch ohnehin sehr überschaubar und wäre da nicht das Problem mit den übermäßig verfressenen Tieren, würde es wahrscheinlich nur etwa sechs Stunden dauern, bis man alle Medaillen gesammelt und das Spiel zu 100% beendet hat.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Sim Animals
Wertungen Beschreibung
2.5Grafik
Absolut lachhaft - Es ist eine Unverschämtheit, wie massiv die Screenshots auf der Rückseite nachträglich geschönt wurden. Das zeigt, dass EA wusste, wie schlecht die Grafik ist.
3.7Sound
Nervtötende Blasmusik und einige amateurhafte, unpassende Soundeffekte sorgen für eine sehr unterdurchschnittliche akustische Präsentation.
6.0Steuerung
Ein umständlicher 3D-Pointer und eine hakelige Kamera sind zwar nicht wünschenswert, hier aber auch nicht sonderlich tragisch. Ansonsten erfolgt die Bedienung meist durch simples Umherziehen einzelner Objekte und ist extrem einfach und benutzerfreundlich gehalten.
5.5Gameplay
SimAnimals ist vom Prinzip her extrem leicht, Herausforderungen fehlen praktisch komplett. Jüngere Spieler könnte der virtuelle Freiwildpark also durchaus unterhalten, wenn ihnen die chronisch ausgehungerten Tiere nicht ständig alles wegfressen würden.
5.1Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



© Copyright GameCube X / Nintendo Wii X 2001 - 2023 | All rights reserved