Review von Lars Peterke (mail) | 07.02.2009
Shinichi Kudo ist Japans angehender Meisterdetektiv Nummer Eins. Als er eines Tages in einem Vergnügungspark Zeuge eines Verbrechens wird, verändert sich sein Leben jedoch radikal. Während Shinichi die Verbrecher heimlich beobachtet, können zwei ihn überlisten und ihm eine Droge verabreichen, die ihn auf die Größe eines Kindes schrumpfen lässt. Damit scheinen die Tage des Meisterdetektivs gezählt zu sein, denn wer glaubt schon einem kleinen Kind? Shinichi muss untertauchen und trägt fortan den Namen Conan Edogawa. Er schafft es schließlich, sich im Detektivbüro von Kogoro Mori einzuquartieren und ist auf der Suche nach den Gaunern, die ihm in diese Lage gebracht haben. Unterdessen gilt es für ihn natürlich, viele verzwickte Fälle zu lösen. Einer dieser Fälle ist die Mirapolis-Ermittlung im gleichnamigen Freizeitpark, wo bei dessen Eröffnung ein raffiniert geplanter Mord geschieht. Die Geschichte wird hier nicht wie sonst in einem der vielen Mangas, der zahlreichen Anime-Folgen oder den Kinofilmen, sondern in einem Wii-Spiel verwertet. Und da Detektiv Conan auch in Deutschland ein Begriff ist, lies es sich EA nicht nehmen, uns mit dem Spiel zu beglücken. Ob der Titel ein Griff ins Klo oder ein gelungener Appetizer bis zum Release von Another Code ist, wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten.
Déjà-Vu
Detektiv Conan: Die Mirapolis-Ermittlung ist ein Adventure-Lizenzspiel, das sich glücklicherweise einer ganz bestimmten Sache durchaus bewusst ist: seiner Vorlage. Beim Spielstart läuft zunächst ein klassisches Intro, die Musik der Serie ertönt und das Optionsmenü offenbart uns vor dem Spielstart eine japanische und englische Synchronisation. Hier schlägt das Herz eines jeden Serienfans schon höher. Leider blieb eine deutsche Sprachausgabe aus, doch natürlich besitzt der Titel zumindest deutsche Texte. Nach dem Spielstart allerdings beginnt zumindest optisch ein Wechselbad der Gefühle. Während die ersten geheimnisvollen Dialoge von bildfüllenden Zeichnungen begleitet werden, die einen scheinbar direkt in einen interaktiven Anime versetzen, folgt anschließend karge Dreamcast-Grafik. Ziemlich schnell zeigt sich, dass diese detailarme Optik den Verlauf des Spiels dominiert. Bei Dialogen werden glücklicherweise hübsche Charakterartworks eingeblendet, die den Charme der Serie wunderbar transportieren. Übrigens sind von Beginn an alle bekannten Charaktere mit dabei und auch Ai Haibara und die Detective Boys helfen bei der Lösung des kniffligen Falls.

À Propos Fall. Worum geht es eigentlich? Schauplatz ist, wie bereits erwähnt, der Mirapolis-Vergnügungspark. Dieser befindet sich in der Mitte eines künstlichen Sees und verfügt über eine üppige Hotelanlage, die während des Spiels euer Erkundungsrevier ist. Auf der Eröffnungsfeier kann man bereits alle Spielcharaktere der Handlung beschnuppern und deren Beziehungen untereinander in Augenschein nehmen. Da wäre zum Beispiel der Besitzer des Mirapolis, der in erster Linie souverän wirkt, die Ehefrau, die nicht so ganz dem entspricht, was man zunächst erwartet, oder die Sekretärin mit so einigen Hintergedanken. Die Charaktere werden serientypisch präsentiert und der Charme des Franchises ist meist allgegenwärtig.
Meisterdetektivsein leicht gemacht
Zunächst vermutet man bei Detektiv Conan: Die Mirapolis-Ermittlung sicher ein Point & Click-Spiel, allerdings entpuppt sich das Ganze dann doch eher als Adventure. Und dazu leider ein recht schnödes, muss man sagen. Ihr steuert Conan und seid eigentlich immer damit beschäftigt von A nach B zu laufen, mit Personen zu reden und Hinweise zu sammeln. Ihr lenkt Conan mit dem Steuerkreuz, nutzt den A-Knopf, um mit Personen zu interagieren und schaltet mit gedrückter B-Taste in den Untersuchungsmodus, in dem ihr euch mit dem Pointer umschaut und Dinge, die ihr auf dem Bildschirm seht, in Augenschein nehmen könnt. Der 2-Knopf öffnet das Menü und über den Plus- bzw. Minusknopf wählt ihr euer Detektivgadget und nutzt dieses. Da wäre zum einen Conans superflottes Skateboard, mit dem ihr euch schneller fortbewegt, und zum anderen ein kleines Funkgerät, mit dem ihr Kontakt zu euren Freunden aufnehmen könnt. Eigentlich könnte man jetzt denken, man braucht nur eine Wii-Fernbedienung, um zu spielen. Leider ist es aber so, dass das Steuerkreuz nur mit „Gehen“ belegt ist. Für „Rennen“ wird der Stick des Nunchucks genutzt. Ergo ist Nintendos Controllererweiterung Pflicht - Es sei denn, ihr wollt im Schneckentempo ermitteln.
Habt ihr euch also ein Nunchuck gesucht, kann es ans Lösen des Falles gehen. Dies erfolgt durch das Sammeln von Aussagen, die ihr in einer Indizienkette miteinander verknüpft. Das Spiel besteht aus einem Prolog und vier Akten. Während die Story in jedem Akt weitergeführt wird, stellt Conan in dessen Verlauf mehrere gewisse Merkwürdigkeiten fest. Diese gilt es nun, mit Aussagen und Beweisen zu untersuchen und Behauptungen schlussendlich zu untermauern. Hierzu wählt ihr im Menü die Indizienkette aus, die als Turm dargestellt wird. Dieser ist in einzelne Blöcke aufgeteilt, die stets aufeinander aufbauen. Ist zum Beispiel ein Täter verdächtig, stellt sich zuerst die Frage, wieso sein Alibi nicht besonders wasserdicht ist. Dieser Umstand entspräche dann dem untersten Block des Turmes. Ihr müsst nun aus euren Notizen die Zeugenaussagen auswählen, die diese Fragestellung kippen. Sind im unteren Block also zwei Fragezeichen aufgeführt, müsst ihr zwei Aussagen mit dem Block verknüpfen, die das Alibi des Verdächtigen entkräften. Anschließend wird der zweite Block des Turmes wählbar, bei dem erneut eine Fragestellung geklärt werden muss, bis am Ende das Rätsel um den Verdächtigen gelöst ist.
Das K.O.-Argument Nummer 1…
Pauschal klingt Conans Ausflug auf die Wii ganz passabel. Leider sucht man den Großteil der Spielzeit über jedoch nicht den Täter, sondern den roten Faden des Spiels. Detektiv Conan: Die Mirapolis-Ermittlung macht nämlich gleich zu Beginn einige Fehler, die den Spielspaß arg reduzieren. So dürft ihr gleich am Anfang den Großteil des riesigen Umgebungskomplexes erkunden und seid dabei meist hoffnungslos verloren. Denn das Spiel geht nur voran, wenn ihr mit den Schlüsselcharakteren interagiert, die quer über die Umgebung verteilt sind und selbstverständlich je nach Stand der Handlung ihre Position wechseln. Bestimmte Dinge werden erst eingeleitet, wenn ihr mit einer bestimmten Person sprecht und einen Hinweis bekommt. Ihr sucht also alle der grob 15 Schlüsselpersonen, redet mit ihnen um dann irgendwann die eine Person zu erwischen, die keinen 08/15-Dialog ausspuckt, sondern etwas Handfestes von sich gibt, was euch bei der Lösung des Falles weiterhilft und vor allen Dingen die Handlung vorantreibt. Situationen, in denen ihr Objekte untersuchen müsst, sind immer recht klar zu erkennen und gut in die Handlung eingebettet und so verbringt ihr also die meiste Zeit damit, Dialoge zu führen, bzw. die dazu nötigen Dialogpartner zu suchen, damit ihr die Hinweise kombinieren könnt.

Stellenweise wäre das nicht dramatisch. Denn es ist ja der Sinn eines solchen Spieles, sich Zeit zu nehmen und etwas einzutauchen. Jedoch hat man sich hierbei offenbar nicht viel Mühe gegeben, dem Spieler die notwendige, angenehme Spielumgebung zu bieten. Da wäre besonders die Musik hervorzuheben, die zwar okay ist und auch den Charme der Anime-Vorlage einfängt, sich allerdings auf kurze 15-Sekunden-Loops beschränkt, die einem arg auf die Nerven gehen. Der 1-Knopf der Wii-Fernbedienung wirkt sich auf euer potentielles Spaßverhalten beim Spiel ebenfalls destruktiv aus. Denn obwohl bei einem Tastendruck Conan hier einen Tipp geben soll, passiert im Endeffekt nur äußerst selten etwas, wenn ihr auf den Knopf drückt. Sätze wie „Ich sollte mit Ran sprechen, ich glaube sie ist im 4. Obergeschoss.“ wären ein Fest, tauchen nur leider nie auf.
Und noch eine schlechte Eigenschaft führt das Spiel zu Tage: Minispiele. Diese erachtet man meistens schon vor dem Spielen als schlecht und wird in der Annahme leider bestätigt. Banales und nicht ausgefeiltes Wiimote-Geschwinge steht an der Tagesordnung. Glücklicherweise sind die kleinen Spielchen aber nur ein Bonus innerhalb des Hauptspiels und können daher ignoriert werden, es sei denn ihr wollt BGM-Stücke und Charakterartworks freischalten. Die bereits erwähnte Dreamcast-Grafik kann man dagegen allerdings leider nicht ignorieren. Alles wirkt steril, die Texturen sind unspektakulär und langweilig und alles ist so lieblos zusammengewürfelt, dass manche Räume des Spiels sogar völlig leer sind und keinen praktischen Nutzen haben, so beispielsweise eine Aussichtsetage des Hotelfoyers und ein Übergang zur Gartenanlage. Fazit: Detektiv Conan: Die Mirapolis-Ermittlung bietet euch einen serientypischen Mordfall mit serientypischer Story und einigem serientypischen Flair. Leider hinkt das Gameplay aber hinter diesem soliden Fundament hinterher und die vielen kleinen Schnitzer nehmen fast die komplette Dynamik aus dem Konzept, während nervige Musik und altbackene Dreamcast-Grafik eine atmosphärische Spielumgebung aussperren, die ansonsten eventuell diesen Umstand ein Stück weit kaschiert hätte. Was bleibt, ist ein solides Adventure, für das man viel Geduld mitbringen muss. Wer sich selbst zu den Fans des kleinen Detektivs zählt und eben diese immense Geduld mitbringt, der kann ruhig versuchen, den Mirapolis-Fall zu lösen. Alle anderen warten lieber auf das ansprechendere Another Code oder klären am Besten den Fall um die Geheimakte Tunguska.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Detective Conan - Die Mirapolis-Ermittlung | |
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| 5.0 | Grafik Tolle Charakterartworks und gezeichnete Szenen stehen im Kontrast zu langweiliger Dreamcast-Optik | |
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| 6.4 | Sound Serientypische, auf Dauer jedoch sehr nervige Hintergrundmusik. Originalgetreue Synchronisation auf Englisch und Japanisch. | |
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| 7.2 | Steuerung Funktionierende Steuerung mit der Wii-Fernbedienung und sinnfreie Einbindung des Nunchucks. | |
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| 6.0 | Gameplay Die durchweg guten Ansätze verlieren sich dank langatmiger Lauf- und Suchpassagen und der unausgereiften Optik und Musikuntermalung im Nichts. | |
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| 6.2 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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