Review von Tim Herrmann (mail) | 04.01.2009
Tiere und Videospiele – eine sehr gern verwendete Kombination, die bisher schon oft genug geklappt hat: Seien es nun Affen in den Donkey-Kong-Spielen, Dinos bei Mario, Hunde, Katzen, Tiger und bald wahrscheinlich auch noch Kartoffeltierchen bei Ubisoft oder Igel und Füchse bei SEGA. Tiere versinnbildlichen bestimmte Charakterzüge, die man sich in den Geschichten seiner Spiele zunutze machen kann – oder sie sind einfach nur süß und niedlich.
Aber eine Beutelratte? Was soll das denn? Kaum jemand kann sich unter dem Wort etwas Konkretes vorstellen und trotzdem ist eine Beutelratte der Hauptdarsteller in Vivendis relativ traditionsreicher Crash-Reihe. Nach Crash of the Titans kommt der quirlige Drehwurm beziehungsweise die quirlige…Ratte nun zum zweiten Mal auf Nintendos Konsole. Das neue Multiplattform-Spiel nennt sich Crash – Herrscher der Mutanten und soll diesmal vorrangig für Wii entwickelt worden sein. Was da dran ist, verrät unser Test.
Auf der Playstation war Crash noch ein echt toller Hecht und zusammen mit Spyro, dem Drachen, auf dem Zenit seiner Karriere. Dann folgten allerdings miese Minispiele und üble Partyracer mit dem ehemaligen PS-Exklusivling und das Maskottchen versank irgendwo in uninteressanter Belanglosigkeit, bis Vivendi die Beutelratte im letzten Jahr mit Crash of the Titans wieder in die gute Mittelmäßigkeit anhob. Crash – Herrscher der Mutanten scheint genau dort wieder neu anzusetzen und beginnt zunächst mit einer Geschichte, durch die Genre-Neulinge nicht ohne weiteres gleich durchblicken werden. Der eine Bösewicht hat eine Cyber-Brille gebastelt, mit der man alle Benutzer fernsteuern kann, ein anderer Bösewicht plant, die Bandicoot-Sippe, der auch Crash angehört, endgültig zu vernichten, weil sie ihm jedes Mal wieder einen Strich durch seine bösen Rechnungen machen. Crashs Schwester fällt den fiesen Plänen zum Opfer und so muss der Quirlkopf sie erst einmal retten, wobei das Spiel Fahrt aufnimmt. Beim Erzählstil der Geschichte hat man offensichtlich viel herumexperimentiert und fand letztendlich wohl alle Ideen so gut, dass man von jeder etwas verwurstet hat: So gibt es Zwischensequenzen in Spielgrafik, nette Kasperletheater-Videos oder Standbilder mit ein wenig eingeblendetem Text. Prinzipiell sicherlich nicht schlecht, aber gerade für Serieneinsteiger zunächst sehr verwirrend, weil sie nicht wissen, was man davon jetzt eigentlich halten soll.
Crash of the Titans 2
In seinem aktuellen Spiel wird Crash wieder zum Hüpfheld und knüpft damit nahtlos an das letzte Spiel an. Man lenkt die flinke Beutelratte mit dem Nunchuk durch die Levels, springt mit A, lässt einen Faustschlag mit B los und wirbelt mit Schütteln der Wii-FB durch die Gegend, um den Gegnern Saures zu geben. Der Levelaufbau ist recht linear gehalten, auch wenn man zur Ankündigung noch frei erkundbare Areale versprochen hatte, die man mit fortschreitender Erfahrung erforschen könne. Es gibt einen Levelanfang, verschiedene Hindernisse dazwischen und dann ein Levelende, nichts Überraschendes also. Mal hüpft ihr euch über rotierende und schwebende Plattformen und kraxelt an Wänden entlang und mal stellen sich Gegner in den Weg, die schnell erledigt werden wollen. Als Wegweiser durch die Levels dienen kleine Punktkristalle, das Mojo. Wer viel Mojo sammelt, bekommt ein Upgrade und kann dann länger wirbeln, schneller schlagen oder bekommt sonstige Fähigkeitsboni. Das Ganze ist verknüpft mit einem recht motivierenden Kombo-System, das die Punktwerte vervielfacht, wenn man viele Treffer am Stück gelandet hat, ohne selbst verletzt worden zu sein.

Besonderheiten mischen sich in das simple und ziemlich anspruchslose Hüpf-Gameplay nur durch eine Idee, der man sich schon im Vorgänger bedient hatte: Titanenkontrolle. Tritt Crash gegen große Elementarwesen oder sonstige Bestien an, kann er die Kontrolle über sie übernehmen, sobald ihre Energie geleert ist. Dann hüpft er auf ihren Rücken und benutzt die speziellen Kräfte, um weitere Gegner aus dem Weg zu schaffen oder kleine Rätsel in der Umgebung zu lösen. Ein Eis-Mutant beispielsweise kann Wassersäulen einfrieren, die dann als Plattformen dienen, sein feuriger Kollege dient mit unheimlicher Durchschlagskraft, wenn er Gegnern gegenüber steht. Einziger Unterschied zu Crash of the Titans: Diese Monster heißen jetzt meistens nicht mehr Titanen, sondern einfach Mutanten. Und Crash ist ihr Herrscher. Der Herrscher der Mutanten. Das Gameplay dagegen ist trotz neuen Spieltitels weitestgehend das gleiche geblieben und bietet kaum wirklich neue Ideen.
Leichte Unterhaltung
Ihr bewegt euch zwar in einer theoretisch frei begehbaren Welt und nicht etwa in einzelnen, voneinander strikt abgetrennten Levels, aber trotzdem ergibt es wenig Sinn, zurückzulaufen. Denn alles, was es zu finden gibt, springt euch praktisch auf die Nase und tanzt Walzer darauf. Das hat es der sehr gnädigen Kamera zu verdanken, die stets alles gut im Auge behält und nie nachjustiert werden muss (was auch gar nicht geht). Geheimnisse befinden sich beispielsweise unter der Erde, in die die Beutelratte sich graben kann (an dieser Stelle merkt man auch schön, warum man den Charakter auch im Deutschen „Crash Bandicoot“ nennt – sonst müsste man ja immer von „Crash Beutelratte“ sprechen). Auch auf hohen Vorsprüngen, bekletterbaren Wänden oder weiter entfernten Plattformen finden sich kleine Extras, die es mit Doppelsprüngen, Spezialhüpfern oder kleinen Umwegen zu erreichen gilt.
Zwischendurch stellen sich ein paar Gegner in den Weg, die Crash das Leben gern schwer machen würden, aber nach zwei Schlägen im normalschweren Modus schon hinüber sind und keine echte Gefahr darstellen. In den Mutantenkämpfen drückt man ein paar Mal Z und ein paar Mal B und die Biester sind besiegt, woraufhin man sie verwenden kann, um den Rest mit noch größerer Wucht noch schneller zu schlagen. Die Entwickler haben bei Crash – Herrscher der Mutanten viel Wert auf ein hohes Spieltempo gelegt. Man wollte keine bockschweren Geschicklichkeitspassagen, die den Spieler fordern und dadurch aufhalten. Die freche, abgedrehte Beutelratte sollte quirlig und putzmunter durch die Levels sprinten und wie im Vorbeigehen Gegner besiegen und kleine Rätsel lösen. Das tut sie auch – und natürlich ist dadurch fast kein Schwierigkeitsgrad vorhanden. Crash ist leichte Unterhaltung, die man spielen kann, wenn man sich entspannen will und keine Lust auf „högschde Konzentration“ beim Spielen hat, wie unser Fußballbundestrainer es sagen würde.
Keine Besonderheiten
Als man das neue Crash entwickelt hat, so die Macher des Spiels, hatte man vorrangig Wii im Hinterkopf und wollte das Spiel von Nintendos Konsole aus auf die anderen Plattformen portieren. So weit die Versprechungen. Aber was hat das gebracht? Sagen wir es so: Geschadet hat es dem Spiel nicht, allerdings kann man auch keine Aufsehen erregenden Neuerungen feststellen. Die Grafik des Spiels ist akzeptabel bis gut. Während Crash und seine direkten Umgebungen ordentlich aussehen, aber trotzdem auch größtenteils locker auf der PlayStation 2 möglich wären, glänzt die Software mit angenehmen Hintergründen und farbenfrohen Landschaften, die das Auge besänftigen und den Eindruck vom Ganzen verbessern. Über die Spielmusik lässt sich fast nichts schreiben, weil sie so belanglos ist, dass sie sofort wieder aus Kopf und Gehörgang verschwindet, wenn das Spiel nicht mehr läuft. Einzig die gelungene Sprachausgabe mit flotten und recht witzigen Sprüchen seitens der Gegner verdient noch Erwähnung und auch in den Zwischensequenzen gibt es nicht viel an der vokalen Untermalung zu bemängeln.

Die Wii-Steuerung unterdessen hat glücklicherweise auf Schüttelsteuerung in den Kämpfen verzichtet und vertraut lieber dem B-Knopf. Die Beschleunigungssensoren kommen nur zum Einsatz, wenn Crash sich drehen und um sich schlagen soll. Außerdem werden Spezialattacken der Mutanten durch einen Controlleruck ausgelöst. Ansonsten sind die Knöpfe für alles zuständig und der Pointer hilft manchmal beim Anvisieren, wenn man mit den Fähigkeiten von bestimmten Mutanten hantiert. Eine angenehme Kontrolle, die keine unnötigen Bewegungen aufzwängt, simpel funktioniert und keine Fehler macht. Fazit: Crash – Herrscher der Mutanten ist simple und unspektakuläre leichte Unterhaltung für Zwischendurch. Das Spiel ist anständig und ohne große Fehler entwickelt, präsentiert sich in einer ansehnlichen Technik, spielt sich flüssig und fordert vom Spieler keine besondere Anstrengung beim Spielen. Für die einen ist das genau das Richtige zum Entspannen und Spaßhaben, andere sehen sich nach etwas mehr spielerischem Gehalt. In jedem Falle bleibt Crash – Herrscher der Mutanten ein „gutes“ Jump & Run, das aber durch den Mangel an neuen Ideen und frischen Gameplay-Elementen nicht das Zeug zu einem „sehr guten“ Titel hat.
Von Tim Herrmann
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| Wertung für das Spiel Crash - Herrscher der Mutanten | |
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| 7.4 | Grafik Solides Niveau, keine Hässlichkeiten, die einem ins Auge springen. Schöne Hintergründe, gut gestaltete Umgebungen. | |
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| 7.0 | Sound Nervt nicht, begeistert nicht, fällt kaum auf. Schön: Die Sprachausgabe im Spiel und in Zwischensequenzen, die witzige Samples und lustige Dialoge bietet. | |
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| 8.0 | Steuerung Funktioniert problemlos und verzichtet auf zu viel Bewegung. Von Zeit zu Zeit kommen die Wii-Features zum Tragen, bewirken aber kein neues Spielgefühl oder sonstige Veränderungen. | |
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| 7.0 | Gameplay Der Spielfluss ist schnell und das Gameplay plätschert wegen geringer Schwierigkeit so vor sich hin. Der Titel ist zum entspannten Spielen bestens geeignet, kann aber ansonsten nicht positiv auffallen. | |
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| 7.1 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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