Review von Burkhart von Klitzing (mail) | 04.01.2009
Früher war die Welt der Videospiele noch simpler gestrickt, als sie es heute ist. Ja, man möchte sogar fast das Klischee-behaftete Bild von schwarz und weiß bemühen, das so manches abdankendes Staatsoberhaupt berühmt gemacht hat. Ego-Shooter verfügten nicht einmal über eine dritte Dimension, SEGA und Nintendo waren entweder verhasst oder geliebt (ungeachtet dessen, dass die großen Titel beider Firmen sich stets als Kracher entpuppten), Titus, Ocean, Cryo und Grey Matter lieferten mit biblischer Ruhe eine Gurke nach der anderen, während Square und Enix reuelose Blindkäufe erlaubten, und EA verwandelte sich von einem relativ kleinen und geschätzten Unternehmen zu einem vielerorts als innovationsarm verschrienen Megakonzern, der seine Seele auf einem Verhandlungstisch der Fifa gelassen hat. Und heute? Die viel gerügten Killerspiele brüsten sich mit teils ausgefeilten Stories und RPG-Elementen, Sonic tritt zum gemeinsamen Sport mit Mario an (und sorgt auf 360 und PS3 ebenso für vehementes Kopfschütteln wie Wii Music auf der Handschüttel-Konsole), besagte vier Schrottproduzenten existieren mittlerweile nicht mehr, während Square und Enix als fusionierter Megakonzern neben hochgelobten Werken à la The World Ends With You auch für allerlei Enttäuschungen wie den Ritt der Seiken Densetsu-Serie ins Mittelmaß sorgen. Tja, und EA? Ronaldinho darf weiterhin von einem Fifa-Cover nach dem anderen grinsen; für den Rest soll dieses Review von MySims Kingdom einen Beobachtungsansatz liefern.
„Ibu Na!“
Als Electronic Arts im Herbst des letzten Jahres das ursprüngliche MySims auf Wii- und DS-Besitzer losließ (ein aufgebohrter PC-Port folgte diesen Herbst), wussten selbige nicht so recht, was sie erwarten würde. Ein neues – eventuell vereinfachtes – Sims? Ein Animal Crossing-Klon? Das Ganze entpuppte sich schließlich als eine Mischung aus simpler Lebenssimulation inklusive sozialem Miteinander, leicht verdaulicher Abenteuerkost, sowie dem großen Trend dem Spieler Werkzeuge an die Hand zu geben, die ihn kreativ werden lassen, hier in Form eines Möbeldesigners und des Auslebens des Architekten und Innendesigners in jedem von uns. Das Ganze wurde gar in eine belanglose Story verpackt, die einen Rahmen mit klarem Spielziel vorgab und im Gegensatz zu Animal Crossing mithilfe einer Art roten Faden allzu großen Leerlauf verhindern sollte und es auch weitestgehend schaffte. Dafür fehlte wiederum die Langlebigkeit des Nintendo-Konkurrenten, schließlich kannte man recht bald jeden Mitbewohner, neue Aufträge blieben aus und die Echtzeitkomponente in Form von Jahreszeitenwechseln und Festtagen fehlte gänzlich.
Mittlerweile wurde aus dem Erstling EA-typisch eine groß angelegte Serie, immerhin steht für kommendes Frühjahr bereits Teil drei in den Startlöchern und wir wissen schon, dass dieser noch familienfreundlicher geraten soll. Noch familienfreundlicher? Dieses kleine Kunststück vollbringt schon MySims Kingdom, das es bei grundsätzlichem Beibehalt der meisten alten Elemente schafft, die Spielerfahrung etwas zu entschlacken und wirklich kaum jemanden zu überfordern, ohne dabei durch stundenlanges Wiimote-Gerüttel im Schlaf durchzuspielen zu sein. Naja, im Halbschlaf vielleicht schon.
Diesmal wartet kein mickriges Städtchen unter der Führung einer womöglich demokratisch gewählten Bürgermeisterin auf eure gestalterischen Fähigkeiten. Nein, ein waschechter, rauschebärtiger Monarch, den es mehr nach süßem Kuchen dürstet als es die erzieherische Moral heutiger Kinderspiele eigentlich erlauben sollte, sucht nach einem neuen Stabträger. Was als ähnlich spannend wie der Job des Palmwedelschwingers klingt, stellt sich schnell als ehrenhafte Aufgabe heraus, die dem Königreich zu neuer Blüte, seinen Einwohnern zu endloser Glückseligkeit und euch vor allem zu magischen Kräften zu verhelfen vermag. Also flugs ein Männlein oder Weiblein im etwas unhandlichen Charaktereditor gebastelt (klickt euch umständlich nach und nach durch alle Teile durch, anstatt sie wie etwa beim Mii-Kanal auf einen Blick zu sehen) und auf in den Wettstreit mit der mageren Konkurrenz. Mager deswegen, da lediglich der raubeinige Kapitän Barney und die verzogene Prinzessin mit dem wenig mageren Namen „Butter“ ebenfalls die Möglichkeit, der Gesellschaft Gutes zu geben, anstreben.
„Popsy Guerna!“
Diese kleine Episode der Konkurrenz spiegelt sogleich die bestimmenden Spielelemente wieder, als auch die herausstechendsten Charakteristika. Da werden Objekte platziert um für ein schönes Umfeld zu sorgen, Essenzen in Schatztruhen aufgespürt, Apparaturen repariert, der kaum als niedrig erachtbare (da schlichtweg nicht vorhandene) Schwierigkeitsgrad eventuell beklagt und ob des Charmes und des Humors ein ums andere Mal geschmunzelt, wenn sich beispielsweise herausstellt, dass Barney sich der Aufgabe nicht etwa stellt um später heroisch durch die Lande zu ziehen. Er hat es eigentlich nur auf den zweiten Preis in Form eines Toasters abgesehen. Dumm dann nur wiederum, dass er nicht einmal Strom in seinem Häuschen hat, gut allerdings für ihn und uns, dass der Spieler keine Möglichkeit hat, zu scheitern, selbst wenn die drei Teilnehmer vermeintlich auf Zeit nach Baumaterialien suchen.

Nun ist der Protagonist also endlich in den Status des Stabträgers erhoben und macht sich auf die ebenso beschwerliche, wie humanitäre Reise durch sämtliche Ländereien um das Volk an der Liebe des gütigen Monarchen teilhaben zu lassen und – ach, was soll der Schmonsens? Fakt ist: Wir halten endlich einen magischen Stab in Händen, der uns die Macht über Wohltaten und Schabernack verleiht, aber vor allem die Grundlage für einen prinzipiell immer gleichen Ablauf liefert. So reist der zusammengebastelte Held in Begleitung seiner Freunde Buddy und Lyndsay zu insgesamt zwölf Inseln, die sich in der Größe teils stark unterscheiden und erkundet zunächst die Umgebung. Ein jedes Eiland wird von mehreren knuddeligen, zu Wangenkneifanfällen verleitenden, Sims bewohnt, die nach und nach verschiedene Aufträge bereithalten. Daneben locken Schatzkisten, Angelplätze, spezielle Blumen und insbesondere die überall zu findenden Essenzen zur Erkundung, der überschaubaren Lokalitäten.
„Zi Barbagrah!“
Ein Gespräch mündet meist in Missionen, die irgendeine Form von Design zur Bewältigung voraussetzen, was sich noch einmal in drei Unterarten unterteilen lässt. Gestaltet Innenräume, Außenanlagen oder technische Apparaturen, was glücklicherweise merklich komfortabler ausfällt als etwa bei Animal Crossing, da der Spieler nicht direkt vor Ort sein muss um Objekte zu platzieren, zu drehen oder zu bewegen. Vorbei sind die Zeiten körperlicher Betätigung; Raster-förmige Anordnung gehört ebenfalls (zumindest teilweise) der Vergangenheit an. Die Wii-Remote wird zum Zauberstab, mit dessen Hilfe die verfügbaren Bauteile und Farben aus einem dezent unübersichtlichen Menü ausgewählt und schließlich per Pointer abgelegt werden. Sträucher, Kommoden, Marmorsäulen, Eiserne Jungfrauen und Springbrunnen lassen sich bequem in alle Richtungen in 90°-Grad Schritten drehen und in unsichtbaren, dermaßen großzügig verteilten Rasterfeldern platzieren, dass man meist kaum bemerkt, dass überhaupt irgendwelche Einschränkungen existieren. Ab und an allerdings springt der Cursor an bestimmten Stellen völlig konfus zu anderen Orten oder das Spiel möchte den Stabträger unbedingt dazu animieren, ein Zaunstück oder ein Bild an einer vermeintlich sinnvollen Stelle zu platzieren, egal, ob das nun im Sinne des Spieler ist, oder nicht. Auch die Dreidimensionalität erweist sich als zweischneidig. Sie erlaubt es, sich deutlich mehr kreativ auszuleben, was in absurde Türme aus Müslischachteln und Betten auf Dächern mündet, erkauft sich dies dafür mit fummeliger Bedienung. Ein Regal soll zwischen zwei Topfpflanzen? Viel Spaß, wenn der unter ADS leidende Cursor mal auf die linke und mal auf die rechte hüpft, anstatt sich gemütlich in der Mitte niederzulassen. Ein Bett soll unter eine elektrische Leitung? Sucht einen optimalen Kamerawinkel, betäubt eure Hand regelrecht mit Baldrian oder entfernt am besten die Leitung erst einmal. Insgesamt geht das Design dennoch gut von der Hand, was nicht zuletzt Komfortfunktionen wie dem schnellen Duplizieren von Gegenständen zu verdanken ist.
Ziel dieser Feng Shui-Einlagen ist weniger der eigene Wohlfühlfaktor, sondern das an das Testprinzip der Computerbild Spiele erinnernde, fast schon bürokratische Abarbeiten von Punktlisten. Die Auftraggeber verraten zwar gelegentlich irgendwelche Vorlieben, wie fernzusehen oder videozuspielen, pragmatische Naturen ignorieren die aber und besinnen sich komplett auf eine Anzeige im unteren linken Eck, die Aufschluss gibt, wie viele Punkte in die verschiedenen Bereiche wie wohnlich, niedlich, elegant oder natürlich investiert werden wollen. Die Sims gehören zwar ebenfalls diesen Kategorien an, aufgrund der genauen numerischen Vorgaben ist diese Zugehörigkeit jedoch vernachlässigbar. Nur selten sind genauere Details einzuplanen, wie der Wunsch nach mindestens einer Tür beim Hausbau (hier lernt auch der angehende Architekturstudent noch etwas dazu) oder die ordentliche Positionierung wild verstreuter Pulte und Tische. Während in den ersten Spielstunden die Motivation, die Welt tatsächlich zu einem besseren Ort zu machen, noch hoch ist, flaut sie gegen Ende ab. Anfangs versucht man sich in den Geschmack der Sims einzufühlen, ihren möglichen Wünschen zu entsprechen, alles ordentlich wirken zu lassen und eine eigene Note hineinzubringen. Wenn dann aber später auf jeder Insel neue Missionen vergeben werden, die etwa die Einfärbung von über 100 Objekten erfordern, oder Dutzende Punkte in vier Kategorien in einem ohnehin voll gepackten Haus zu erwirtschaften sind, lockt der Weg des geringsten Widerstands. Kurzum: Möglichst kleine Gegenstände, die gleichzeitig möglichst viele Punkte liefern enden auf einem großen Haufen oder quer durch den Raum geschmissen ohne allzu große Rücksicht auf ästhetische Gesichtspunkte. Ich kann jedenfalls nur hoffen, dass meine Sims auf japanische Glückskatzen stehen, denn einige von ihnen können kaum einen Schritt machen, ohne über den Porzellankitsch zu stolpern.

Anders als noch im ersten MySims oder bei Animal Crossing spielt die eigene Zufriedenheit mit dem Resultat eine untergeordnete Rolle, schließlich verlässt man in der Regel jede Insel nach ein bis zwei Stunden wieder, ohne noch allzu oft zurückzukehren. Ein eigenes Grundstück, in das man sich regelmäßig zurückzieht, fehlt ebenfalls bis kurz vor Ende des Abenteuers. Was hier jetzt eventuell arg negativ herüberkommt, da es Gleichgültigkeit dem Spiel gegenüber suggeriert, ist letztlich Geschmackssache. Immerhin erleichtert es das Gewissen derer, die mit übermäßig akribischer Kreativität in Spielen nicht allzu viel anfangen können und sich vielmehr auf das klassische Konzept des Weiterkommens konzentrieren möchten. MySims Kingdom unterscheidet sich ohnehin in der Hinsicht stark von Animal Crossing, dass es den Zocker eher per lockerem, roten Faden durch eine dünne Hauptgeschichte mit zig kleinen Nebengeschichten führen möchte, die wenigstens einen Großteil des ersten Durchgangs dauerhaft motiviert, während der Nintendo-Konkurrent von Anfang an extrem offen strukturiert ist und über Wochen, Monate oder gar Jahre Spaß macht, immer wieder mit Überraschungen lockt, aber sich nur schwerlich für ein durchzocktes Wochenende eignet. Wer einmal das Ende von MySims Kingdom gesehen hat, wird kaum einen Anreiz verspüren, noch einmal loszulegen. Der Ablauf wäre wieder der gleiche. Neue Objekte fügen sich dem Repertoire zur gleichen Zeit hinzu, die Sims vergeben wieder dieselben Aufträge.
Technik, die begeistert – oder?
A propos Aufträge – neben den Designaufgaben, die irgendwem ein schönes Wohnerlebnis bescheren sollen (innen wie außen), sind da ja noch die eingangs erwähnten Apparaturen. Die große Neuerung, die den Wegfall des Möbeleigenbaus aufwiegen soll. Gelegentlich versperrt ein verschlossenes Tor den weiteren Weg, DJ-Anlagen liegen brach oder Tomaten vertrocknen. Was ein echter Stabträger ist, der kann da nur schwerlich einfach zusehen, also zücken wir erneut unser Wundergerät und lassen diesmal elektrische Leitungen, Laufbänder, Stromkästen, Wasserrohre und Co. erscheinen, die – sinnigen Zusammenbau vorausgesetzt – das Problem lösen. Leider machen sich auch hier mit der Zeit Abnutzungserscheinungen breit, sogar noch schneller als beim Dekorationsjob. Die ersten simplen Anlagen verbreiten noch angenehmen Puzzlecharme, doch durch einige unsägliche Designmängel hakt man diese Einlagen bald nur noch entnervt auf dem einfachsten Wege ab. So saß ich teilweise eine gefühlte Ewigkeit beispielsweise an der erwähnten DJ-Anlage, verlegte Rohre (keine pubertären Kicherwitze über Pornozitate an dieser Stelle, bitte) und ärgerte mich ein ums andere Mal darüber, dass die Leitungen zu guter Letzt nur knappen neben, über oder unter den Zielsteckern ankommen konnten. Manche Teile lassen sich schlichtweg nicht verbinden. Entweder hatten die Entwickler in diesen Fällen einen anderen – nicht logischer erscheinenden – Ansatz im Kopf oder sie sind einfach gehässig. Fakt ist, dass sie den Spieler damit wieder einmal in die Arme des Drückebergertums treiben. Denn wenn verwinkelte Konstrukte, die MC Escher kaum besser hinbekommen hätte, nicht fruchten, so hilft eines immer. Sowohl Wasser, als auch Strom und Bewegungsenergie können durch einfache Universalteile weitergeleitet werden. Stromkästen und T-Stücke mögen zwar ein hässlicheres Endprodukt hinterlassen und deutlich teurer als normale Teile sein, dafür funktionieren sie wenigstens. Über den hohen Preis muss man sich nach einigen Stunden Spielzeit eh keine Gedanken mehr machen, womit auch dieses Problem aus der (zuckersüßen) Welt geschafft wäre.
Vom Studium der Architektur zur Volkswirtschaft
Eine einfache Währung, die im Tausch gegen Objekte oder Dienstleistungen universell akzeptiert wird und zu einer Art Marktwirtschaft führt, existiert indes nicht. Stattdessen steckt jede Insel voller Essenzen, die nötig sind um neue Möbel freizuschalten, Sammelaufträge zu erfüllen (ja, sogar an World of Warcraft-Fans wurde gedacht) oder schlichtweg etwas zu bauen. An Bäumen wachsen diverse Früchte, die von Äpfeln über Kirschen hin zu Raketen und Augäpfeln reichen, im Boden warten Erze, Lehm und Speck (!) auf ihre Entdeckung durch Metalldetektor und Schaufel, Sims spucken Essenzen in Form ihres aktuellen Gemütszustands aus, aus der Badewanne kommt ein Kraken (ebenso wie an den Angelplätzen). Solange man nicht stur von Mission zu Mission rennt, sondern auch mal nebenher ein paar Büsche per Wiimote-Zucken ausrupft und die selten platzierten Spitzhacken ausprobiert, sollte man recht bald genug Essenzen haben und insbesondere genug Mana, denn dieses lässt sich auch bei Lyndsay jederzeit im Tausch gegen andere Essenzen erhalten. Dennoch ist der Überfluss an Materialien nicht so groß, dass man sich irgendwann langweilen würde. So mancher seltene Stoff wie Kaiserium, bei dessen Erwähnung im Chemieunterricht ich wohl krank gewesen sein muss, bedarf doch so mancher Suche. Außerdem bietet jede Insel neue Essenzen, die die Neugierde wecken.
Die Diversität der elf Inseln macht ohnehin einen großen Teil des Spaßes von MySims Kingdom aus. Jedes Eiland folgt einem eigenen Thema, das das Herzblut der Entwickler widerspiegelt. So bevölkert ein Elfen-Geschwisterpärchen ein paradiesisches Naturreich, komplett mit sprechender und orakelnder Einhornstatue. Während das Mädel seine Aufgabe, die Natur zu ehren und zu schützen ernst nimmt, hat ihr Bruder nichts besseres zu tun, als das Wasser der heiligen Beeren zu seinem Whirlpool umzuleiten und dem utopischen Traum einer Rockstarkarriere nachzuhängen, wofür prompt der ansässige Waldschrein dran glauben muss. In einer abgelegenen Ecke steht währenddessen eine Roboterdame, die nach einem Systemabsturz nun denkt, genau das zu sein, was sie nach dem Reboot als erstes sah: Ein Baum. Im Naturreservat einer anderen Insel hingegen tummeln sich nur Tiere bis auf die Gründerin, die stolz von ihrem „Tierrettungs-Safari-Streichelzoo-Naturpark“ erzählt. Auf Spukikana versperrt urplötzlich ein Lebkuchenhaus den sonst eher sumpfig-gruseligen Weg. Darin wartet eine herzliche alte Dame, die davon berichtet, dass sie ihr Keksimperium auf neue Landstriche erweitern möchte und gibt auch gleich einen Vortrag über Marktwirtschaft. In Kombination mit den süßen Stimmen, die im markanten Sims-Geplapper kaum Ruhe geben und fernab der unsäglichen Laute des vom Konzept her vergleichbaren Lylat Wars liegen, baut das EA-Werk einen ungemeinen Charme auf, der nicht nur die jüngeren Semester einzufangen vermag. Auch etwas ältere Spieler, die aus der Wannabe-G-Zeit der Pubertät heraus sind, können sich oftmals ein Schmunzeln oder gar Kichern kaum verkneifen. Stets wuseln mehrere Sims um den Spieler umher, unterhalten sich oder probieren mit ihren ebenso abgehackten wie süßen Animationen die Objekte der Umgebung aus. Beobachtet, wie ein Bösewicht zusammen mit dem Goth-Boy und dem Tollpatsch in den Whirlpool steigen. Seht zu, wie sich eure Freunde in einem Videospiel bekriegen.

Technisch wäre sicher mehr drin gewesen als die polygonarmen Charaktere und Landschaften, die nun dabei herausgekommen sind. Lediglich beim Wasser und dem Rauch lässt EA plötzlich die Grafikmuskeln der Wii spielen. Am besten sieht man einfach über die technische Bescheidenheit hinweg und betrachtet das Spiel mehr von einem künstlerischen Winkel, denn was das Team letztlich aus der mickrigen Engine herausholte, ist in jedem Moment schön anzusehen. Die Musik hält sich meist dezent im Hintergrund mit hörbaren Melodien, die weder nerven, noch auch nur für zwei Minuten im Ohr bleiben. Anders sieht es bei den Tracks aus, die an technischen Geräten wie CD-Player oder Turntable aktiviert werden; die schnellen Tracks haben durchaus einen gewissen Ohrwurmfaktor und EA hat sogar zwei Lizenzsongs eingebaut. Crocodile ist mir, ehrlich gesagt, gänzlich unbekannt, dafür punktet Shwayze’s Buzzin’ nach seiner Transformation in die Simssprache.
A little less action and a little more conversation
Sorgt ihr euch um die Roboterdame, die sich für einen Sauerstoffproduzenten handelt? Hier springt eine weitere Missionsart in die Bresche, nämlich das Kontakte Knüpfen. In simplen Multiple Choice Dialogen gilt es, die Aktionen und Sätze zu finden, die das Gegenüber glücklich stimmen, bis es schließlich zu neuem Selbstvertrauen findet, euer Freund wird oder eben begreift, ein Roboter zu sein. Auch wenn es möglich ist, den Gesprächspartner zu verärgern und somit den Dialog vorzeitig zu beenden, so bringt das keinerlei Nachteile mit sich und wenn man es noch einmal versucht, ist sogar bei jeder vormals gewählten Option vermerkt, was sie für einen Einfluss auf die Laune des Sims hat. Scheitern wird so quasi unmöglich. Aber was soll es? Die Möglichkeiten sind hier wieder teilweise dermaßen liebevoll gemacht, dass man sich mehr an den Reaktionen als am erfolgreichen Ausgang erfreut. Erzählt einen Witz, parodiert einen anderen Sim, lasst Fledermäuse frei oder – im Falle der Roboterdame – führt ein Gespräch gänzlich im Binärcode! Leider sind nicht nur in letztgenannten Fall die richtigen Optionen nicht immer eindeutig (um nicht zu sagen, dass sie manches Mal arg fragwürdig sind), doch meistens ist der Verlauf gut nachzuvollziehen und vorauszuahnen. Ist doch mal eine unsinnige Entscheidung der Entwickler dabei, bedeutet das eigentlich nur, dass man die Gelegenheit hat, noch mehr Interaktionsmöglichkeiten auszuprobieren, bevor man an das Ziel kommt.
Der letzte Aufgabentyp schließlich ist kaum mehr als eine Randbemerkung wert. Nicht etwa, weil er schlecht wäre, sondern aufgrund der Simplizität: Scheucht Kaninchen, Spinnen, Kühe und Konsorten entweder zu einem bestimmten Ort oder von ihm weg. Das klappt prinzipiell gut und bringt eine kleine Actionkomponente in das Abenteuer. Einzig auf der Schauspielerinsel frustrieren zig kleine Sackgassen in denen sich die Rammler gerne mal verhaken.
Verfolgt irgendjemand meine Reviews? Falls ja, so dürfte ihm aufgefallen sein, dass ich mich jedes Mal wieder über dumme Fehler in Wii-Spielen aufrege. Fehler aller Art, die noch zu Cube-Zeiten wesentlich weniger verbreitet waren und ihren Weg nun auch noch in eine Electronic Arts Produktion gefunden haben, wenn auch dankbarerweise in relativ geringer Zahl. Nichtsdestotrotz darf eine Qualitätskontrolle schlichtweg nicht übersehen, dass einzelne Texte zu lang sind für ihre Textboxen und so entweder abgeschnitten sind oder überragen (nicht das gute „überragen“…). Sogar einige Grammatikfehler haben sich eingeschlichen. Besonders irritierend: Der Besitzer der Schauspielinsel scheint ein Opfer der Lokalisationsabteilung geworden zu sein. So heißt er mal Tristan Veril, nur um kurz darauf als Trevor Verily durchzugehen.
Sammlernaturen suchen nach dem etwa 24-stündigen Hauptspiel die versteckten Blumen, Statuen und Rüstungsteile (schenkt sie der Burgwache, die eigentlich nur an PC-Rollenspielen interessiert ist), entdecken à la Animal Crossing alle Fischarten oder buddeln nach Schriftrollen die den Objekte- und Farbenfundus erweitern. Spielerische Überraschungen bleiben indes aus. Fazit: MySims Kingdom hat praktisch keinen Schwierigkeitsgrad, weite Teile seines Gameplays werden nach einiger Zeit ermüdend und der Ablauf ist so fest vorgegeben, dass man bereits eher von einem Adventure als von einer Lebenssimulation sprechen kann und dadurch auch der Wiederspielwert gering ausfällt. Würde ich hier den Schlussstrich für das Review setzen, so wäre das Urteil vernichtend, aber wie man bereits aus dem Augenwinkel sehen kann, geht der Text weiter und EA darf aufatmen. Über weite Strecken macht der Designspielplatz durchaus Spaß und der Entdeckergeist wird ebenso wie der Sammelgeist angesprochen, doch was den zweiten MySims-Teil groß macht, ist Liebe. Auch wenn ich mich für diesen Abrutsch in den Kitsch entschuldige, so stehe ich auch zu ihm. Jeder der Dutzende Sims hat seine eigene, herzallerliebste Persönlichkeit und wurde mit Bedacht in eine ausgetüftelte, humorvolle Welt gepflanzt, die tatsächlich zu leben scheint. Und das macht aus MySims Kingdom dann auch doch wieder eine Lebenssimulation. Eine gute. EAs Werk ist in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil der objektiv perfektionierten Hochglanztitel, für die der Konzern bekannt ist, denn vor allem hat er eines: Seele. Vielleicht sollten wir unser Bild von schwarz-weiß umstellen…auf weiß-schwarz.
Von Burkhart von Klitzing
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| Wertung für das Spiel MySims Kingdom | |
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| 5.8 | Grafik Objektiv: Mies. Subjektiv: KNUDDEL! | |
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| 6.9 | Sound Unaufdringliche Musik, lustige Stimmen. Sicher nicht jedermanns Fall. | |
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| 7.5 | Steuerung Ein paar Störfaktoren, ein paar nette Ideen. Funktioniert insgesamt prima. | |
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| 7.3 | Gameplay Aufgabencocktail mit Kreativitätsbonus. Dumm nur, dass sich beide nach einiger Zeit abnutzen. | |
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| 7.5 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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