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PopStar Guitar
Review von Andreas Held (mail) | 16.12.2008

PopStar Guitar versucht sich wie unschwer zu erkennen ist als Klon von Rock Band oder Guitar Hero. Doch statt - wie Konamis Rock Revolution - in genau dieselbe Kerbe zu hauen, richtet sich der von XS Games gepublishte Musiktitel nicht an junge Erwachsene, sondern an Teenager, die gerade total auf Chartmusik abfahren. Statt Bands wie Rush, The Eagles oder Metallica findet man plötzlich Miley Cyrus oder Rihanna auf der Rückseite der Box, wo die Trackliste angegeben ist - was an sich kein Grund ist, das Spiel sofort zu verurteilen, immerhin kann die angepeilte Zielgruppe mit diesen Interpreten durchaus etwas anfangen. Außerdem liegt ein eigener Aufsatz für die Wii-Remote bei, der die sonst verwendeten Gitarrencontroller ersetzen soll.

Der AirG Contorller - aka Arthritis Generator

Auf der Playstation 2 ist PopStar Guitar ganz einfach mit den für diese Konsole erhältlichen Gitarrencontrollern kompatibel - auf der Wii bekommen Kunden den "revolutionären" AirG Controller. Um es kurz zu machen: Der AirG ist ein billiges Stück Plastik, das (laut Installationsanleitung im Handbuch) so auf die Wii-Remote gelegt werden muss, dass die grüne Taste über dem A-Knopf liegt, und dann mit der flachen Hand aufgedrückt wird, "bis es einrastet". Für das "Einrasten" sorgen kleine Plastiknoppen an den Innenseiten. Danach liegen die vier Knöpfe des AirG in etwa über den Knöpfen A, -, 1 und 2 der Wii-Fernbedienung und können diese nun betätigen. Vom Spieler wird nun erwartet, dass er das Eingabegerät samt Plastikhaube wie einen Gitarrenhals in die linke Hand nimmt (einen Linkshändermodus gibt es nicht) und dann die vier Knöpfe betätigt. Dies erweist sich jedoch schon von der Grundstruktur her als sehr schwierig, weil bei einer frei in der Hand gehaltenen Wii-Remote jeglicher Gegendruck fehlt. Das Greifen von Akkorden oder halbwegs schnellen Notenfolgen funktioniert motorisch derweil überhaupt nicht, weil das fast schon provisorische Eingabegerät dafür einfach viel zu schlecht in der Hand liegt. Hinzu kommen eklatante Hardwarefehler, die in der billigen Verarbeitung des AirG begründet sind: die Knöpfe bleiben manchmal im Controller stecken, sodass sie immer noch als gedrückt erkannt werden obwohl man sie wieder losgelassen hat, oder es passiert das Umgekehrte und man drückt einen Knopf, der Plastikhebel trifft jedoch nicht den entsprechenden Button auf der darunter liegenden Wii-Fernbedienung. Zum Abschluss sei der Plus-Knopf zu erwähnen, der in die wenigen Millimeter zwischen der grünen und der roten Taste gequetscht wurde, sodass man das Spiel unweigerlich regelmäßig versehentlich pausiert. Die Noten werden übrigens mit dem Analogstick des Nunchuks angeschlagen. Auf eine Bewegungssteuerung wurde komplett verzichtet, was wahrscheinlich auch besser so ist.



Wer den AirG nicht benutzen will oder einen zweiten Mitspieler parat hat (dem Spiel liegt entgegen der Herstellerangaben auf Seiten wie Amazon nur ein Exemplar des Wiimote-Addons bei), kann auch auf eine Wiimote-Steuerung umschalten. Wer hier jetzt eine gute Lösung erwartet, muss drastisch enttäuscht werden. Diese Steuerungsvariante ist ein lächerlich schlechter Witz und eine Beleidigung für den Spieler, dem hier mit aller Deutlichkeit klargemacht wird, wie egal er den Entwicklern ist. Die Tasten werden nämlich nur um eine Position nach links verrutscht und der Spieler muss nun mit dem Steuerkreuz, der A-Taste, dem Minus-Knopf und der 1-Taste die Noten auswählen und immer noch mit dem Analogstick des Nunchuks anschlagen. Ich würde ja gerne mal den Programmier dieser Steuerung zu mir nach Hause einladen, damit er mir vormachen kann wie man PopStar Guitar halbwegs vernünftig damit spielen soll, aber wahrscheinlich weiß er es selbst nicht. Und die Wiimote-Steuerung ist ja nicht nur eine Notlösung - es wird von den Spielern erwartet, diese Steuerung zu nutzen, wenn sie zu zweit spielen wollen, da es ja zu jedem Spiel nur einen Controller gibt. Unfassbar.

Hässliche Bands performen schlechte Songs

Will man es trotz aller Hardware-Probleme doch einmal mit dem Spiel versuchen, merkt man, dass es bei der Software nicht besser läuft. Der Spieler kann am Anfang aus drei vordefinierten Bands wählen oder eine eigene Band erstellen - immerhin können hier Sänger, Gitarrist, Bassist und Drummer nicht nur benannt, sondern auch erstellt und eingekleidet werden. Das Ergebnis ist unabhängig von den eigenen Einstellungen sehr hässlich, was man sich sehr schnell klarmachen kann, wenn man einen Screenshot des Spiels ansieht. Danach geht es sofort in den Bandkeller - das Hauptmenü, welches sich sehr seltsam steuert, weil man nach rechts drücken muss um den Cursor nach links zu bewegen, und umgekehrt. Hier gibt es dann Einsicht in ein paar elementare Statistiken wie die Anzahl der gespielten Songs und drei Möglichkeiten, Lieder zu spielen: Auftritte, Studioaufnahmen und Minigames. Auftritte und Studioaufnahmen spielen sich identisch, nur dass bei Live-Versionen nach Punkten und bei Studioversionen nach dem Prozentsatz der getroffenen Noten bewertet wird. Die Minispiele bieten dann Regelwerke wie: "Ein Timer läuft ab und wird mit jeder getroffenen Note aufgefüllt". Hmmmm.... innovativ?

Will man ein Lied spielen, besteht eine Wahlmöglichkeit aus etwa 40 Songs - also etwa halb so viele, wie aktuelle Ableger der Guitar Hero- bzw. Rock Band-Serien haben. PopStar Guitar richtet sich wie bereits erwähnt ganz klar an eine junge Zielgruppe und deshalb stehen Pop-Rock-Songs wie "Thnks fr th mmrs" von FallOut Boy oder "Dirty Little Secret" von den All-American Rejects ganz klar im Vordergrund. Bei den insgesamt etwa 40 Songs sind sogar einige Master Tracks dabei; größtenteils handelt es sich jedoch um Coverversionen, die für Fans der Originale wahrscheinlich nicht an diese herankommen werden, aber zumindest technisch sauber sind. Während einige nun überhaupt nichts mit Pop-Rock anfangen können und sogar glauben, "objektiv" begründen zu können, dass diese Musik schlechter ist, werden die auf der Disk enthaltenen Songs der Zielgruppe definitiv gefallen - das belegen die Charterfolge der jeweiligen Originale, die ganz nebenbei bemerkt ja auch nicht gerade unbekannt sind. Ein großer Vorwurf, den man PopStar Guitar trotzdem machen muss, ist, dass es wirklich fast nur Pop-Rock zu hören gibt. Und während es irgendwie verständlich ist, dass die Jugend nicht mit Heavy Metal konfrontiert werden soll, gibt es durch Interpreten wie Linkin Park, Airbourne, Lacuna Coil oder Amy McDonald genug bekannte Interpreten, die etwas Abwechslung in die Songliste hätten bringen können.

Von Tomaten und faulen Eiern
Die dritte und letzte Etappe dieses Trauerspiels sind dann die Showbühnen selbst. Hat sich die lächerlich aussehende Band vor dem unsichtbaren Publikum breit gemacht, erscheint ein Fretboard, das optisch frappierend an die Ur-Version des Sat.1-Superballs erinnert. Die vom oberen Bildschirmrand fallenden Kreise sollten möglichst dann gespielt werden, wenn sie sich über den entsprechenden Symbolen am unteren Ende befinden.

Die Notenfolgen sind dann das letzte und leider auch größte Armutszeugnis für PopStar Guitar. Dass bei schnelleren Passagen ein Großteil der hörbaren Noten fehlt, ist noch irgendwo verständlich, die meiste Zeit jedoch sind die Noten entweder asynchron und spürbar versetzt zur tatsächlichen Musik, oder völlig der Phantasie der Entwickler entsprungen und können daher überhaupt nicht mehr mit der Gitarrenspur des gerade gespielten Liedes in Verbindung gebracht werden. Dazu kommen Bugs, durch die man manche Noten nicht treffen kann, während sie sich genau über den Symbolen befinden, sondern um etwa eine Sekunde versetzt spielen muss, damit sie von der Engine gewertet werden - immerhin tritt dieses Problem an fixen Stellen auf, sodass man durch Auswendiglernen entgegenwirken kann. Und das muss man auch, denn aufgrund der überraschend harten Engine zur Bewertung der eigenen Leistung ist nach exakt sechs hintereinander verpassten Noten Schluss, unabhängig davon, welchen Schwierigkeitsgrad man gewählt hat. Das alles, in Verbindung mit der schlechten Hardware, kann dann schon mal dazu führen, dass jemand, der woanders alle Gitarrensolos problemlos nachspielen kann, in PopStar Guitar plötzlich Probleme mit Liedern von Miley Cyrus oder den Jonas Brothers bekommt.

Fazit:
Es wurde nicht mal versucht, hier ein halbwegs spielbares Produkt in den Laden zu stellen, sondern einfach ein schlechter Klon produziert, dessen einzige Verkaufschancen darin liegen, aufgrund der Ähnlichkeit im Namen mit Guitar Hero verwechselt zu werden und vielleicht ein, zwei Fans von Miley Cyrus zu ködern. Beim Soundtrack kann man trotz der sehr einseitigen Musikauswahl noch den Zielgruppenaspekt gelten lassen, denn PopStar Guitar richtet sich nun mal an junge Teenager, und die regelmäßigen Charterfolge von Bands wie Simple Plan oder den Jonas Brothers lassen es zu, für diese Songs zu argumentieren. Die Zielgruppe rechtfertigt allerdings nicht die hundsmiserable Verarbeitung des AirG-Controllers oder die noch miserable Tastenbelegung bei der Wiimote-Steuerung, die Mitspieler nutzen müssen, und erst recht nicht die völlig asynchronen Notenspuren, die nicht selten völlig zusammenhangslos zur eigentlichen Musik sind. Die Entwickler von Broadsword Interactive sind schuld, dass wahrscheinlich tausende Kinder am Heiligen Abend sehr traurig sein werden - nämlich dann, wenn sie PopStar Guitar unter dem Weihnachtsbaum finden und es nichts ahnend in ihre Konsole legen. Schämt euch!

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel PopStar Guitar
Wertungen Beschreibung
2.6Grafik
Das Fretboard sieht aus wie das Spielfeld bei Superball, das 1995 über Telefon mit Fernsehzuschauern gespielt wurde. Die Bandmitglieder sind in 3D, aber weniger detailliert als Playmobil-Männchen und nicht mal animiert, sondern stehen völlig statisch auf der Bühne.
5.0Sound
PopStar Guitar bietet alles von Pop-Rock-Song bis hin zu.... nun ja, Pop-Rock-Songs, vor allem jedoch Coverversionen dieser Songs. Mehr Abwechslung und mehr Originalversionen wären nett gewesen, ansonsten ist die Auswahl für die Zielgruppe noch ok.
1.1Steuerung
Der AirG-Controller ist ein kaputtes Stück Plastik und die Wiimote-Only-Variante ein lächerlich schlechter Witz. Absoluter Totalausfall auf der ganzen Linie.
1.8Gameplay
Völlig zur Musik asynchrone Notenspuren machen das wenige kaputt, was überhaupt geboten werden könnte.
1.4Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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