Review von Andreas Held (mail) | 30.11.2008
Kaum eine Sparte der Unterhaltungsindustrie ist manchmal so schwer zu verstehen, wie die der Videospiele. Viele großartige Namen, anfangs als Serie geplant, bleiben mit einem offenen Ende auf der Strecke, da es sich bei den Erstlingswerken um wirtschaftliche Flops handelte - Shenmue und Beyond Good & Evil sind wohl die prominentesten Beispiele. The Legend of Spyro, ebenfalls von Anfang an als Trilogie geplant, hat es jedoch irgendwie geschafft, ohne Abstriche alle drei Teile zu vervollständigen - wenn auch mit einigen Stolpern. Die eigentlichen Entwickler der Legend of Spyro-Serie, die Krome Studios, haben den Drachen nämlich kurzerhand vor die Tür gesetzt, um sich voll auf Resistance 2 zu konzentrieren. Gelandet ist Spyro nun bei einem kleinen Studio, das auf den klangvollen Namen "Etranges Libellules" hört - was übersetzt so viel heißt wie "ausländische Libellen". Klingt also schon einmal sehr vielversprechend. Ein gewisses Potential hat der Titel jedoch auch, denn der direkte Vorgänger "The Eternal Night" war ein solider Titel, der nur durch den übertriebenen Schwierigkeitsgrad ins Mittelmaß gezogen wurde.
Ein Schritt vor, viele Schritte zurück
Eines schon mal vorweg: Dawn of the Dragon ist deutlich leichter als The Eternal Night, was jedoch nicht heißt, dass es das bessere Spiel ist. Das fängt schon bei der Präsentation an: Während der zweite Teil noch einen kleinen Rückblick auf den Vorgänger gab, fängt der dritte einfach mittendrin an und Spieler, die keinen der beiden Vorgänger kennen, werden keine Chance haben die Story zu verstehen. Viel gibt es jedoch ohnehin nicht: Spyro hat den Kampf gegen Malefor im zweiten Teil scheinbar verloren und wurde drei Jahre lang in einem Bernstein eingschlossen. Kurz vor der Zerstörung der Drachenstadt wird er von Hunter, einem Leopardenmenschen, gerettet und zieht aus, um den Antagonisten in letzter Minute zu stoppen. Von der guten Präsentation aus The Eternal Night ist nichts mehr übrig und die wenigen Storyfetzen, die es im dritten Teil noch gibt, werden durch zusammenhangslose Dialoge und langweilige Szenen nicht gerade schmackhaft gemacht.
Auch spielerisch gibt es klare Abstriche zu vermelden. Spyro ist immer noch ein Action-Adventure und kein Jump'n'Run, auch wenn es einige von Tomb Raider inspirierte Klettereinlagen bietet. Der größte Rückschritt im Vergleich zum Vorgänger ist das Kampfsystem. Statt einer Auswahl an Kombos, die sinnvoll eingesetzt werden müssen, gibt es nur noch den B-Knopf und Spyro verkommt zu einem Button-Masher der stupidesten Sorte. Man drückt entweder so lange auf den B-Knopf bis alle Gegner tot sind, oder beschleunigt das ganze mit dem Z-Knopf, der eine Zauberattacke auslöst. Die Kämpfe fühlen sich dabei durchweg komisch an, da es keine rechte Kollisionsabfrage zu geben scheint und die eigenen Angriffe zwar Schaden anrichten, aber eher durch die Gegner hindurch gehen als sie wirklich zu treffen. Einziger Lichtblick: Spyro erhält diesmal direkte Unterstützung von Drachendame Cynder und im Zuge dessen kann Dawn of The Dragon auch kooperativ von zwei Spielern gespielt werden. Zählt man alle diese Faktoren zusammen, erinnert der dritte Teil der Legend of Spyro, zumindest was die Kämpfe angeht, überraschend stark an diverse Marvel-Lizenzspiele wie z.B. Fantastic Four oder Spider-Man: Friend or Foe, die sich in der Tat sehr ähnlich spielen - und ebenfalls für ihre langweiligen, eintönigen Kämpfe bekannt sind.
Der Jump'n'Run-Teil kann ebenfalls nicht überzeugen, was an der Steuerung liegt, die sich manchmal am Rande einer Katastrophe befindet. Im Grunde gibt sich diese "nur" etwas hakelig, diverse Kommandos wie Doppelsprünge oder das Festkrallen an geeigneten Wänden funktionieren aber. Problematisch ist eher das, was Spyro automatisch macht und oft besser nicht tun sollte. Kleines Fallbeispiel: Spyro ist eine Wand entlang geklettert und befindet sich nun direkt über einem kleinen Felsvorsprung, von dem aus es weitergeht. Es gibt nun aber keine Möglichkeit, sich einfach auf diesen Fallen zu lassen. Wenn Spyro die Wand los lassen soll, dann geht das nur, indem er sich von ihr abstößt und über den Felsvorsprung hinausschießt. Der Spieler muss das nun mit einem Doppelsprung ausgleichen und im Segelflug zurück auf die Plattform schweben. Anderes Beispiel: Auf einem kleinen Felsvorsprung steht ein Kristall, der zerschlagen werden kann, um an Erfahrungspunkte zu kommen. Beim Einprügeln auf den Kristall bewegt sich Spyro jedes Mal unmerklich ein kleines Stückchen zurück, bis er schließlich über die Kante rutscht, nach unten fällt und einen frustrierten Spieler zurücklässt, der nun wieder unten anfangen muss. Auch was das Leveldesign angeht ist Dawn of the Dragon recht uninspiriert und weit von dem entfernt, was andere Genrevertreter zu bieten haben.
Was einen beim Spielen aber regelrecht in den Wahnsinn treiben kann, ist der Adventure-Teil, der einen überraschend großen Teil der Spielzeit einnimmt. Das Spiel beantwortet selten die Fragen "Was?" und "Wie?" und fast nie die Frage "Wo?", wenn das nächste Missionsziel genannt wird. Stattdessen ist es oft noch irreführend: Wenn Spyro und Cinder vor einem brennenden Haus stehen, dessen Bewohner von den Flammen eingeschlossen sind und im Sekundentakt um Hilfe schreien, ist es nicht die intuitivste Lösung, dem Haus den Rücken zu kehren und durch die halbe Stadt zu rennen, um einen Schalter umzulegen, der ein Becken mit Wasser füllt. Aufgrund der teils riesigen Gebiete kann man im Extremfall über eine Stunde damit verbringen, das nächste Missionsziel zu suchen, was definitiv zu viel ist. Glücklicherweise kann Spyro jederzeit fliegen, und auch wenn sich Spyro in der Luft mehr als schwammig steuert, bewegt er sich zumindest wesentlich schneller vorwärts und kann am Boden stehende Gegner überfliegen, was die ausladenden Suchaktionen etwas erträglicher machen.
Ambitioniert, aber amateurhaft
Technisch hat das kleine Entwicklerstudio einiges versucht, aber wenig geschafft. Auch hier kann ein kleines Beispiel herhalten: Bei der Verteidigung der Stadtmauern gegen Malefors Armee ist selbige am Horizont zu sehen, jedoch über eine zweidimensionale Hintergrundgrafik mit einem halben Dutzend Animationsphasen realisiert, die durchgeschaltet werden, um die marschierende Armee darzustellen. Vielleicht sieht die entsprechende Szene in der Xbox 360-Version besser aus; andere Dinge kann man jedoch definitiv nicht mehr auf die Wii-Hardware schieben: Verwaschene, einfarbige Texturen, teils extreme Popups und Clippingfehler, durch die Spyro teilweise halb in einer Wand verschwindet, hätte man mit etwas mehr Aufwand sicherlich beheben können. Teilweise gibt es eine recht große Weitsicht, die jedoch wegen der herzlich undetaillierten Landschaften nicht beeindrucken kann - das konnte Super Mario Galaxy vor über einem Jahr wesentlich besser. Auch die Rendersequenzen, die die seichte Handlung erzählen, erinnern eher an die PlayStation-Ära und wirken heute total veraltet. Insgesamt versucht Spyro: Dawn of the Dragon, sehr viel aus der Grafikengine herauszuholen, zumindest die Wii-Version wirkt jedoch durchweg wie gewollt und nicht gekonnt.
Mit dem Soundtrack sieht es ähnlich aus: Die orchestrale Musik passt einfach nicht zum weniger epischen Spielverlauf und wirkt oft deplatziert, einige der ruhigeren Stücke wissen da schon eher zu gefallen. Insgesamt ist der Soundtrack besserer Durchschnitt, aber durchaus ok. Selbiges kann von der Sprachausgabe leider absolut nicht behaputet werden - die ist nämlich einfach nur schlecht und oft werden Sätze völlig falsch betont, fast so, als hätten die Sprecher den Inhalt der Sätze nicht verstanden. Außerdem wirkt es manchmal so, als hätten mehrere Figuren den gleichen Synchronsprecher, dessen Stimme dann je nach Charakter leicht nachbearbeitet wurde, um sie verschieden klingen zu lassen. Da es jedoch nur sehr wenige kurze Sequenzen gibt und die Story ohnehin stark im Hintergrund steht, kann man darüber sehr leicht hinwegsehen. Fazit: Die ausländischen Libellen haben bei der Entwicklung von Dawn of the Dragon viel versucht und nur sehr wenig richtig gemacht. Insbesondere ist es interessant zu beobachten, wie die Entwickler versucht haben, viel aus der Grafik herauszuholen, indem eine hohe Weitsicht oder ganze Armeen dargestellt werden, das ganze jedoch eher unbeholfen wirkt und letztendlich deutlich zu erkennen ist, mit welchem Budget hier gearbeitet werden musste. Seine wirklichen Schwächen hat Spyro jedoch ganz klar im spielerischen Bereich - eintönige Kämpfe gegen minutenlang respawnende Gegner, die nervige Steuerung und frustrierende Suchaufgaben ziehen den Spielspaß stark herunter und lassen ein unterdurchschnittliches Action-Adventure zurück, dass aufgrund des niedrigen Schwierigkeitsgrades und des geringen Anspruchs bestenfalls für jüngere Spieler geeignet ist, die noch nicht sehr wählerisch sind. Vielleicht sollte der letzte Teil der Legend of Spyro-Trilogie also eher "Dusk of the Dragon" heißen, denn momentan erscheint es recht sinnlos, die Franchise noch weiter auszuschlachten.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel The Legend of Spyro - Dawn of the Dragon | |
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| 6.4 | Grafik Die hohe Weitsicht und andere Effekte leiden unter verwaschenen, undetaillierten Texturen und vielen Grafikfehlern. Rendersequenzen wirken veraltet. | |
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| 7.0 | Sound Nette, teils jedoch unpassende Hintergrundmusik in den Levels, schlechte Sprachausgabe in den Zwischensequenzen. Insgesamt aber wirklich ok. | |
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| 6.8 | Steuerung Die Tastenbelegung ist halbwegs vernünftig, alle Kommandos gehen gut von der Hand und auf eine Bewegungssteuerung wurde fast völlig verzichtet. Leider steuert sich Spyro etwas hakelig und macht oft nicht das, was gerade sinnvoll wäre. | |
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| 4.3 | Gameplay Langweilige Kämpfe, nervige Suchaufgaben und ein Umfang von ca. 10 Stunden lassen sehr wenig Spielspaß übrig. Die Vorgänger waren hier insgesamt deutlich besser. | |
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| 5.5 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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