Review von Lars Peterke (mail) | 28.10.2008
Musikspiele auf der Wii sind eine komische Sache, das weiß man durch zahllose Newsmeldungen, angefangen beim leidigen Thema „Guitar Hero Download-Content“ über Surround-Probleme bei selbigem bis hin zum heiteren Feature-Kürzen bei unserem aktuellen Testkandidaten: Rockband von EA. Vorab zum Test kann eine Vermutung also schon einmal konkret bestätigt werden: Bei Rockband Wii kauft man die Katze im Sack.
Kleines Rockband-Einmaleins
Für all diejenigen, die bisher noch nie in den Genuss von Rockband gekommen sind, eine Kurze Einführung. Generell gilt Rockband = Guitar Hero 3 in viel, viel besser + Drums, Gesang und Bass. Gespielt wird in vier Varianten: Gitarre, Bassgitarre, Gesang und Schlagzeug. Dabei steht das Wort Multiplayer im Fokus und eine Multiplayer-Kampagne (Band World Tour) steht im Mittelpunkt des Spiels. Doch dazu später mehr.
Habt ihr das nötige Kleingeld, so werdet ihr euch wahrscheinlich das Spiel Rockband sowie das Instrument Bundle zulegen wollen, in dem sich ein Mikrofon, das Drumset und eine Gitarre befindet. Letztere ist prinzipiell identisch zur Wireless Les Paul von Guitar Hero 3, besitzt jedoch einen Schalter zum Aktivieren verschiedener Sound-Modi (Echo, Refrain, Wah-Wah, etc.) und gedoppelte Grifftasten am Gitarrenhals. Während ihr bei Guitar Hero nur die gewohnten fünf bunten Knöpfe am Gitarrenhals habt, findet sich bei der Rockband Fender-Gitarre am unteren Gitarrenhals ein weiteres Bündel von fünf Knöpfen, mit denen ihr Solos spielen könnt. Den Gitarren-Controller von Rockband benutzt ihr zum einen für das Spielen als Gitarrist und zum anderen für das Spielen als Bassist.
Während das Rockband-Mikrofon ein simples USB-Micro von Logitec ist (und prinzipiell auch jedes andere USB-Micro genutzt werden kann) wird es erst beim Rockband Drumset richtig spannend. Hier geht dann auch das aufwändige Auspacken los und ihr werdet schnell realisieren, dass ihr euch den sperrigsten, klobigsten und merkwürdigsten Videospiel-Einrichtungsgegenstand angelacht habt, den man momentan für gutes Geld kaufen kann – abgesehen vom Resident Evil 4 Chainsaw-Controller vielleicht. Das Drumset besteht aus einem Standfuß, zwei Aluminiumrohren, den vier Pads und einem Pedal für die Basedrum. Das alles wird zusammengebastelt und erweckt den Anschein eines Drumsets, wobei ihr bei Bedarf die Aluminiumrohre weglassen könnt und euch das Ganze auf euren Couchtisch stellt. Wenn ihr denn einen habt und wenn dieser überhaupt groß genug ist.
Nun könnt ihr den Karriere-Modus mit eurem bevorzugtem Instrument durchspielen und Songs freischalten. Hauptreiz ist aber der Kauf einer zweiten Gitarre, um dann mit vier Leuten gemeinsam so lange zu rocken, bis man auch knackige Schoten wie „Enter Sandman“ (Metallica) oder „Cherub Rock“ (Smashing Pumpkins) im Modus „Profi“ mit fünf Sternen absolviert.
Was nicht passt, wird passend gemacht
So oder so ähnlich muss es wohl bei den Entwicklern von Harmonix zugegangen sein, als man sich mit der Konzeptionierung der Wii-Version von Rockband beschäftigt hat. „Die Grafik wird mies aussehen und die Präsentation kaputt machen! – Na dann lassen wir die Grafik halt weg!“. Klingt komisch, ist aber so. Und damit kämen wir zum ersten Feature-Abstrich bei Rockband für Wii. Da die Grafik ohne große Abstriche nicht umsetzbar gewesen wäre, entschied man sich anstelle von Ingame-Grafik vordefinierte Sequenzen und gerenderte Videos zu verwenden. Das bedeutet, dass Rockband auf den ersten Blick das momentan grafisch stärkste Wii-Spiel darstellt und fast identisch wie die Xbox 360 Version aussieht. Allerdings ist dies nur auf Kosten der Dynamik möglich gwesen, da nun je nach gewähltem Song immer dieselben Charaktere und Effekte auf dem Bildschirm ablaufen. Und viel schlimmer: Entgegen der Fassung für die360 und die PS3 könnt ihr euch daher keine eigenen Charaktere erstellen, die dann auf der Stage rumhüpfen und demnach auch nicht wirklich mit einer eigenen Band spielen.
Die nächste dicke Kürzung sind sämtliche Onlinefeatures. Kein Download-Content und entgegen Guitar Hero 3 nicht einmal einen Online-Multiplayer. Nur lokales Spielen wird geboten und nicht einmal die Highscores können online verglichen werden. Vertröstet wird man zumindest mit einem kostenpflichtigen Rockband-Trackpack aus dem Laden, welches neue Songs enthält. So habt ihr mit Rockband Wii zwar mehr Songs zum mitrocken als in Guitar Hero 3, müsst aber auch mehr Geld investieren und heiteres Discwechseln betreiben.
Die übrigen Features blieben glücklicherweise erhalten und mit dem Band World Tour Modus ist das Herzstück des Spiels weiterhin vorhanden. Trotzdem verliert das Spiel in dieser Form natürlich einen Großteil seines Reizes – besonders wenn dies das Resultat eines stark verspäteten Releases ist und der kommende zweite Teil von Rockband alle gestrichenen Features auch in der Wii-Version haben soll.
Der Rest rockt
Die Features, die es nun auch in die Wii-Version geschafft haben, wollen selbstredend kurz erläutert werden. Bei den Solo-Modi gibt es da aber nicht viel zu sagen. Ihr spielt entweder die Solo-Tour oder startet ein Schnellspiel. Spielt ihr Gitarre oder Bass, ist alles prinzipiell identisch zu Guitar Hero, nur das einem sehr schnell auffällt, dass die Umsetzung der verschiedenen Songs weitaus besser gelungen ist als in Guitar Hero 3, wo man auf höheren Schwierigkeitsgeraden teils abstrus wirkende Notenfolgen spielen muss. So rockt ihr euch nun durch Songs wie „Hysteria“ (Muse), „Learn To Fly“ (Foo Fighters), „Go With The Flow“ (Queens Of The Stone Age) oder „Rock ‚N‘ Roll Star“ (Oasis) und kommt in den Genuss von wenigen Tracklist-Ausrutschern wie „Perfekte Welle“ (Juli) und natürlich „Through The Monsoon“ (Tokio Hotel). Dabei spielt ihr je nach Songs auch Solos, die getrennt bewertet werden und müsst am Ende ein dickes Finish spielen, um nochmal ordentlich Extrapunkte zu kassieren.
Bei den Drums ist es spielerisch etwas anders. Ihr müsst ihr nicht im richtigen Moment Strumbar und Grifftaste gleichzeitig anschlagen, sondern mit den Drumsticks auf ein oder zwei der vier Drum-Pads am Controller schlagen und eventuell noch parallel die Basedrum via Pedal bedienen. Das ist besonders auf höheren Schwierigkeitsstufen ziemlich schwer und ihr könnt euch an Songs wie „The Hand That Feeds“ (Nine Inch Nails) oder „Next To You“ (The Police) die Zähne ausbeißen. Solltet ihr es trotzdem schaffen viele Noten hintereinander zu treffen, kann in einem vorbestimmten Moment ein Drum-Fill gespielt werden. Das bedeutet, dass ihr für kurze Zeit jammen könnt und anschließend den Overdriven aktiviert. Dieser ist ähnlich zur Star-Power in Guitar Hero. Ihr könnt im Multiplayer den Bandkollegen aus der Patsche helfen und einen Punktemultiplikator erhalten.
Spielt ihr mit dem Mikrofon, findet ihr euch in einem Singstar-Klon wieder, der einige spannende Rafinessen bereithält. So wird bei „Are You Gonna Be My Girl“ (JET) eifrig im Takt auf das Mikrofon geschlagen und bei „In Bloom“ (Nirvana) oder „I’m So Sick“ (Flyleaf) darf nach Herzenslust geshoutet werden. Selbstredent wird hier darauf geachtet, das ihr in der richtigen Tonhöhe singt. Die exakte Wiedergabe des Textes ist dabei eher zweitrangig. In Anbetracht einiger sprachlich wirren Songs wie das französische „New Wave“ (Pleymo) ist das aber auch besser so.
Der zweite Part in Rockband ist dann der Multiplayer. Hier spielt ihr entweder gemeinsam mit bis zu drei weiteren Freunden ein Schnellspiel oder stürzt euch in die Band World Tour. In der Bad Worl Tour wählt ihr Songs aus und stellt eine Setlist zusammen, spielt damit erst in kleinen Clubs, verdient euch so mehr Kohle und füllt am Ende riesige Arenen mit eurer Musik. Ferner gibt es noch zwei Duell-Modi. Im „Tauziehen“ spielt ihr einen Song und die Teilnehmer übernehmen nacheinander verschiedene Parts. Wer seinen Part am besten spielt, gewinnt. Beim Score-Duell spielt ihr einen Song direkt gegen einen Freund und wer am Ende den höheren Score hat, gewinnt und darf angeben. Hier liegt übrigens das ultimative Partyspiel vor. Wer erst einmal eine Rockband-Komplettausstattung bei sich zu Hause stehen hat, der bekommt seine Freunde nicht mehr von der Konsole weg. Fazit: Auch wenn Rockband spielerisch seinen Rivalen Guitar Hero 3 in allen Belangen schlägt, so ist es Preis-Leistungs-Technisch doch eine Sauerei, die sogar ohne Onlinemodus daherkommt. Von diesem Standpunkt aus gesehen heben sich Vor- und Nachteile beider Titel auf und man kann Rockband guten Gewissens auf eine leicht höhere Stufe im Vergleich zu Guitar Hero 3 stellen. Dennoch wirft der zweite Teil von Rockband seinen großen und prunkvollen Schatten bereits voraus und schreit „Fehlkauf!“ an all diejenigen, die sich dieses Spiel nun übereilig kaufen. Über sechs Monate musste man als Wii-Spieler also nun warten, damit dann letzendlich einige Features herausgekürzt wurden. Bei einem parallelen Release zu den Versionen für Xbox und PS3 hätte man hier ein Auge zudrücken können – schließlich lag eine Umsetzung einige Zeit im Dunkeln. Mittlerweile kommt man aber nicht umher „Frechheit!“ zu rufen und einige Strafpunkte in der Wertung zu geben. Objektiv ist Rockband auch für die Wii ein sehr gutes Spiel, dennoch sollte man sich gut überlegen, ob man nicht auf den weitaus besseren zweiten Teil wartet, zumal bis dahin auch der Preis für die kostspielige Rockband-Hardware gesunken sein sollte.
Da uns EA aus Kostengründen nicht die komplette Rockband-Hardware zur Verfügung stellen konnte, haben wir für die Steuerungswertung teilweise die sehr ähnliche Hardware der Xbox 360-Version begutachtet.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Rock Band | |
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| 7.9 | Grafik Vordefinierte Videos und Sequenzen sorgen zwar für eine superbe Präsentation, lassen diese dafür aber auf lange Sicht statisch und undynamisch wirken. | |
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| 9.2 | Sound Hervorragende Tracklist mit hoher Qualität. | |
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| 9.2 | Steuerung Steuerung
Gute Verarbeitung der Controller-Hardware und stets akurate Steuerung im Spiel. | |
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| 8.0 | Gameplay Technisch besser als Guitar Hero 3, die gekürzten Features nehmen dem Titel jedoch einen Großteil seines Reizes. | |
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| 8.2 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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