Viele wissen gar nicht, dass „Die Sims“ nicht den ursprünglichen Grundstein für eine unglaubliche Entwicklung der Videospielbranche im Bereich der Simulationsspiele gelegt haben. Die Wahrheit ist, dass ein kleiner Entwickler namens Maxis (mittlerweile EA zugehörig) ein Spiel namens SimCity unter anderem für das Super Nintendo Entertainment System auf den Markt barchte - und zwar bereits im Jahre 1989, elf Jahre vor der erfolgreichen Lebenssimulation.
Der Titel konnte in das Genre der Wirtschaftssimulationen eingeordnet werden und wurde erst durch das aus dem Stadtbaukonzept resultierende „Die Sims“ als bestverkaufte Computerspielreihe von Maxis abgelöst. Ziel war es, eine eigene Stadt zu planen, die dann schnell wächst und in Hinsicht auf Einwohnerzahl oder Steuereinkommen auf wirtschaftliche Maßnahmen des Bürgermeisters – euch – reagiert.
Neben den Sims, die später alle Rekorde brachen und zu zig Spin-Offs und Erweiterungen geführt haben, entwickelte sich auch SimCity weiter und wurde zu einer Serie, die bis zu SimCity 4 reichte.
Mit SimCity Creator hat ElectronicArts nun ein neues Spiel der Serie am Markt, das ohne die Hilfe von Originalentwickler Maxis entstanden ist. Aber was taugt dieser Wii-exklusive Titel wirklich? Kann die Wii-Remote ihre Bestimmung erfüllen und die PC-Maus ersetzen? Und was bietet das Wii-Spiel an Neuerungen im Vergleich zu den vorangegangenen Computerspielen? Wir geben Antworten in unserem ausführlichen Test.
Alles beim Alten
SimCity Creator bleibt trotz seiner neuen Plattform und trotz des Titelzusatzes „Creator“ ein reinrassiges SimCity-Spiel. So ist natürlich auch das Grundkonzept gleich geblieben. Alles startet auf einem unbebauten Stückchen Land, das ihr sogleich bearbeiten werdet. Dazu muss zunächst einmal eine gute Infrastruktur gewährleistet sein. Vom Startkapital (das je nach Schwierigkeitsgrad variiert) wird zunächst ein Kraftwerk zur Stromerzeugung gebaut und ein Wasserturm oder eine -Pumpe errichtet, die die Bewohner der SimCity mit dem kühlem Nass versorgen sollen. Wasser- und Stromleitungen helfen dann, die essenziellen Güter durch das gesamte Areal zu schleusen.
Wo sich wer ansiedeln darf, bestimmt nur der Bürgermeister. So legt der Spieler Wohngebiete an, weist Gewerbegebiete aus und gibt auch Anweisungen, wo sich die Industrie niederlassen darf. All diese Areale wollen natürlich irgendeinen Anschluss an die große, weite Welt haben und benötigen dadurch Straßen, die ihr kreuz und quer in die Landschaft setzt. Der allererste Schritt ist nun gemacht und sehr schnell werden sich die ersten Bewohner ansiedeln und die ersten Firmen ihre Niederlassungen bauen.

Nun tun sich mit den ersten Bürgern aber natürlich wieder neue Probleme auf: Was passiert beispielsweise bei Kriminalität, Feuer oder Krankheit in der idyllischen Kleinstadt? Eine Polizeiwache, eine Feuerwehr und ein Krankenhaus müssen her, denn auf eventuelle Nachbarstädte, die diese Leistungen anbieten könnten, darf man sich in der Hinsicht nicht verlassen. Auch die Kinder wollen zur Schule, alle wollen auf sicheren und befestigten Straßen fahren, am besten auch noch mit dem Bus, Züge sollen verkehren, Verbrecher weggesperrt werden – aber Steuern möchte dafür natürlich niemand bezahlen. Deswegen besteht auch diesmal wieder die Gradwanderung zwischen zu hohen, zu niedrigen und dem richtigen Steuersatz, die Grenzen zum richtigen Budget für Polizei, Feuerwehr und Gesundheitssystem und, und, und. Und immer wenn etwas nicht stimmt, wird sich das auch in der Stadt widerspiegeln, indem die Straßen zum Beispiel merklich mitgenommen aussehen oder die Baugebiete nicht mehr wachsen. Alles beim Alten also, das gab es auch schon in den vorherigen SimCity-Teilen.
Creator?
Was also bietet SimCity Creator, was man in den bisherigen PC-Spielen nicht bekommt, die es für lachhafte Sümmchen im Internet zu ersteigern gibt? Die schnell gegebene Antwort hierauf lautet: Nicht so besonders viel. Den Titelzusatz Creator verdient sich die neue SimCity wohl hauptsächlich dadurch, dass diesmal mehr Freiheit beim Bauen von Straßen und Verkehrswegen geboten wird. Wo bei den voran gegangenen Simulationen immer alles perfekt strukturiert und möglichst symmetrisch sein musste, ist SimCity Creator jetzt ein wildes Tier in Sachen Ordnung. Denn Straßen und Wege können optional völlig frei durch die Landschaft gezogen werden – Innovationen im Gameplay bewirkt das aber nicht. Eher kann dieses Feature lästig werden, wenn man ein gerade angelegtes Wohngebiet ans Netz anbinden will und dann durch die wackelige Pointersteuerung die teuer eingerichteten Parzellen wieder mit einer Straße zerstört. Da ist die gerade, altbekannte Variante des Straßenbaus vorteilhafter, sodass ihr diese wohl auch wesentlich öfter nutzen werdet.
Eine weitere halbe Neuerung in SimCity Creator sind die Spielfiguren, die sich nun mehr in MySims-Manier präsentieren. Sie haben die typischen eckigen Köpfen und großen Knopfaugen, die die Figuren in den Wii-exklusiven Simulationsablegern prägten – allerdings tun auch sie nicht wirklich etwas zur Sache.
Bei den Katastrophen hat Creator eine kleine Aufstockung erfahren. Neben den üblichen Feuern oder Tornados, die in der Stadt wüten, tritt nun auch Godzilla dem Zerstörungsverein bei und bläst Feuersalven durch die beschaulichen Wohngebiete. Einige Katastrophen werden durch Schütteln des Controllers ausgelöst. Und insgesamt kann man schon am Cover des Spiels erkennen, dass es viel Wert auf die außergewöhnlichen Ereignisse legt. Letztendlich muss aber immer wieder die Frage erlaubt sein, was diese Katastrophen eigentlich sollen? Man guckt sie sich einmal an, ohne danach zu speichern, um einmal die Effekte dabei gesehen zu haben. Aber warum sollte man seine teuer errichtete Stadt plötzlich durch Katastrophen ernsthaft zerstören wollen…?
Die vielleicht auffälligste Neuheit in SimCity Creator ist der Online-Modus über die Nintendo Wi-Fi-Connection, der aber ähnlich wie die gerade beschriebenen Elemente ebenfalls keinen großen Beitrag zu einer SimCity-Revolution beiträgt. Ihr dürft hier an Wettbewerben teilnehmen, die ein gewisses Ziel vorgeben. Dann startet man eine neue Stadt und baut drauf los, bis man zum vereinbarten Ziel gekommen ist und die Stadtdaten dann gesendet werden. Im Prinzip ist das nichts anderes als der Offline-Missionsmodus. Einziger Unterschied: die Ergebnisse werden durchs Internet (gottweißwohin) gesendet. Online-Modi ergäben bei einem Spiel wie SimCity mehr Sinn, wenn Spieler ihre Städte untereinander tauschen könnten – das ist allerdings nicht möglich. Ein Multiplayer-Wettbauen hat auf jeden Fall recht wenig Reiz.
Helikopterflüge über die eigene Stadt runden den Kasten mit den Neuerungen ab. Durch Neigungen der Wii-Remote lenkt ihr das fliegende Vehikel über die Gebäude. Was eigentlich wieder ziemlich nutzlos und überflüssig ist, weil sich sowieso nur ein paar kleine Klötzchen zeigen und der Spieler auch nicht mehr sieht, als wenn der Zoom ganz normal benutzt wird.
Die Wii-Remote als Maus
Eine normale 08/15 Computermaus hat insgesamt drei, vielleicht vier Funktionen: die Bewegung des Mauszeigers, Linksklick, Rechtsklick und eventuell noch das Mausrad. Mehr nicht. Dass die Wii-Remote mit ihren sechs Aktionsknöpfen, dem Steuerkreuz und der Pointer-Funktion dem altbewährten Computer-Zubehör überlegen ist und es mindestens ersetzen kann, daran bestand für die meisten lange Zeit kein Zweifel. Bei SimCity wurde die Steuerung mit einer Mischung aus Knopf- und Pointer-Steuerung gelöst. Der Pointer flitzt über den Bildschirm und verschiebt somit auch das Sichtfeld, während der A-Knopf oder Steuerkreuz-Unten das Hauptmenü öffnen. Von hier aus wählt man mit dem Kreuz die verschiedenen Funktionen an und entscheidet sich zum Bauen oder Einrichten von Institutionen, Straßen oder Baugebieten, sieht sich die Bilanzen an, legt Abgaben und Budgets fest, konsultiert Berater, löst die altbekannten Katastrophen aus oder passt Spieloptionen an.

Meistens werdet ihr euch im Baumenü tummeln und auswählen, was als nächstes konstruiert werden soll. Nehmen wir als Beispiel eine Bauzone: Zunächst stellt sich die Frage nach der Bebauungsdichte. Zum Start einer Siedlung reicht die niedrigste und günstigste Version völlig aus. Wählt den entsprechenden Kasten also aus und entscheidet euch dann dafür, in welcher Form ihr das Gebiet anlegen wollt. Standardmäßig bietet der Titel an, frei Karos aus dem Rasternetz zu vergeben, was allerdings sehr zäh von der Hand geht und wirklich ewig dauert. Schneller geht es, wenn ihr mit einem Druck des Kreuzes nach unten die Rechteckform auswählt und dann bequem ein rechtwinkliges Viertel anlegt. Alternativ gibt es auch die Ellipsenform zur Auswahl. Der Pointer der Wii-Remote kommt jetzt zum Anlegen des Gebiets in der Praxis zurück ins Spiel (zur Auswahl der kleinen Schaltflächen am oberen, linken Bildschirmrand wäre er wirklich lästig gewesen) und legt den Startpunkt des Rechtecks fest. Durch Druck auf den A-Knopf wird er fixiert und ihr zieht die Form beliebig groß. Dabei tut sich eine der Schwächen des Wii-Controllers auf.
Wenn die gute, alte Maus bei der Cursorsteuerung auf festem Grund liegt, muss man sie nur in einer horizontalen Ebene hin und her schieben und der Cursor pariert sofort und präzise. Die Wiimote dagegen liegt in der zittrigen Hand und muss durch Muskelkraft in einer vertikalen Ebene bewegt werden. Verständlich, dass dadurch keine ähnliche Präzision wie mit der Maus möglich ist. Außerdem bewegt sich der Cursor sehr weich. Anders als im Zielscheibenschießen bei WiiPlay, wo das Fadenkreuz sofort auf Bewegung anspringt, trödelt der Zeigefinger bei der Stadtsimulation ein wenig träge über den Schirm.
Zwar wird SimCity Creator durch diesen Fakt nicht unspielbar und mit Übung und etwas Geduld bekommt man auch alles so hin, wie man es geplant hatte, aber lästiges Nachjustieren und schnelles Verrutschen der Kameraansicht stehen leider an der Tagesordnung.
Verschiedene Spielviertel
Kern von SimCity Creator ist der freie Modus. Hier baut ihr eine Stadt ohne jeglichen Zeit- oder Aufgabendruck nach eigenem Belieben und schaltet mit der Zeit neue Bauwerke und Denkmäler frei, lasst eure Berater im Rang aufsteigen (wenn denn welche da sind) und lasst die Stadt immer weiter wachsen – unter steter Berücksichtigung der funktionierenden Infrastruktur, Finanzpolitik etc. Dabei stehen verschiedene Schwierigkeitsgrade und Stadtgebietsgrößen zur Verfügung. Eine bestehende vom Spiel angebotene Stadt zu öffnen und selbst weiter zu bearbeiten, ist übrigens nicht mehr möglich.
Im Missionsmodus gibt die Software Ziele und Aufgaben vor. In einer bereits existierenden Metropole sollen beispielsweise Gärten gebaut, eine riesige Industrie angesiedelt, Kriminalität reduziert oder ein funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz angelegt werden. Daneben findet ihr einige Zusatzmenüpunkte, in denen die bereits frei geschalteten Gebäude angesehen oder Belohnungen begutachtet werden.
Audiovisuelle Tristesse
Grafisch baut SimCity Creator meistens auf dem realistischen Stil von SimCity 3000 (aus dem Jahre 1999) auf, enttäuscht dabei aber an vielen Stellen. So ist ein Zoom beispielsweise nicht stufenlos möglich - in der niedrigsten Zoom-Stufe erkennt man gar nichts mehr und in der höchsten sind die Gebäude immer noch nur relativ klein. Ärgerlich ist auch die Tatsache, dass man fast nie Autos oder Sim-Bewohner auf den Straßen erkennt, die Wege sind wie leer gefegt. Es herrscht kaum Leben. Und wo man in den PC-Vorgängern bei Streiks noch wütende Feuerwehrmänner auf den Straßen beobachten konnte, herrscht nun gähnende Leere. Auch ansonsten kann SimCity Creator durch seine Optik nicht überzeugen, die Gebäude sind sehr sparsam designt und beinhalten so gut wie keine Details, sind meist nicht viel mehr als Klötzchen. Und ein wenig lächerlich ist es auch, wenn pünktlich zum 1. Dezember immer alles in ein helles Grau getaucht wird, was wohl Schnee simulieren soll, aber im Endeffekt wirklich nur zu Schwarzweiß führt. Im Frühling wird dann alles wieder grün und dann zum 1. März wird es plötzlich für einen Monat Nacht, wo dann die Lichter leuchten. Man hat sich hier wirklich nicht viel Mühe gegeben und alles höchstens zweckmäßig gehalten.
Es ist schon ärgerlich, dass ein neun Jahre altes PC-Spiel liebevoller aussieht als dieser Titel aus dem Jahre 2008. Durch die optische Tristesse und den Mangel an Lebendigkeit geht viel vom SimCity-Charme verloren. Der Sound des Spiels variiert dabei übrigens von „schrecklich nervtötend und dudelig“ bis hin zu „ganz in Ordnung und durchaus anhörbar“. Es handelt sich natürlich durchweg um das altbekannte Sims-Geklimpere ohne echte akustische Higlights.