Unser Netzwerk: NintendoWiiX.net   | NintendoWiiX Forum   | Planet3DS.de
Opoona
Review von Andreas Held (mail) | 28.09.2008

Third-Party-Titel haben es wahrlich schwer auf Wii. Um überhaupt etwas reißen zu können, muss man den Spielern von der ersten Sekunde an deutlich machen, dass es sich bei dem angekündigten Titel weder um ein Casual-Game, noch um Massenware handelt. Beides haben die Macher von Opoona gehörig vergeigt: Erste Screenshots des Spiels wirkten weder optisch noch technisch ansprechend und die Ankündigung, dass Opoona nur mit dem Nunchuk spielbar sei, lies viele Wii-Besitzer wieder ein abgespecktes, vereinfachtes Spiel für Non-Gamer und kleine Kinder erwarten. Meldungen über die durchaus interessanten Gameplay- und Storyansätze gingen später eher unter, sodass Opoona schon vor seinem Release kaum mehr Beachtung geschenkt wurde - und das, obwohl es sich um das erste reinrassige RPG handelt, das in Europa released wurde, und noch sehr lange ein Einzelgänger bleiben wird.

Durchwachsener Ersteindruck
Zugegeben: In den ersten Minuten mit Opoona werden sich die meisten wahrscheinlich fragen, auf was sie sich da wieder eingelassen haben. Die fürchterliche deutsche Übersetzung muss mit entsprechenden Systemeinstellungen umgangen werden, der Grafikstil ist bestenfalls gewöhnungsbedürftig, das Charakterdesign grauenvoll und die ungünstige Benennung der Figuren, mit Namen wie "Mameena" und "Dadeena" für die Eltern von Opoona, tun ihr Übriges. Als Spieler muss man dann Opoona über das Raumschiff seines Vaters steuern, sehr viel reden und erfährt dabei sehr wenig. Einzig wissenswert ist, dass Opoonas Familie wohl Urlaub auf dem Planeten Landroll machen will, der seit einem Meteoriteneinschlag in eine Licht- und eine Schattenseite geteilt ist. Außerdem laufen seit diesem Ereignis Monster auf der Oberfläche herum und die Menschen wohnen in Kuppelstädten, um sich vor ihnen zu schützen (die enormen Parallelen zu Phantasy Star sind sicher rein zufällig). Wenn man die einleitende Sequenz beendet hat, gibt es jedoch einen Zwischenfall, das Raumschift stürzt ab und Opoona fliegt, gefolgt von seinen beiden Geschwistern, mit einer Rettungskapsel davon. Das Schicksal vom Rest der Crew, der auf dem Schiff bleiben muss, ist derweil ungewiss...



Höhen und Tiefen
Nach dem Unfall erwacht Opoona alleine in Tokione, der Hauptstadt Landrolls. Sofort wird ihm gesagt, dass die Menschen dort glauben, dass jeder eine Bestimmung habe und dieser nachgehen soll bzw. sogar muss. Nach einem kleinen Checkup wird er als Ranger eingeteilt, das heißt, es ist ab nun seine Aufgabe, gegen die auf Landroll lebenden Monster zu kämpfen und Missionen in der Außenwelt zu erfüllen. In einer ersten Trainingsmission geht es zunächst darum, ein paar Probekämpfe zu absolvieren und das Kampfsystem kennen zu lernen, das sich ähnlich gewöhnungsbedürftig gestaltet, wie das Charakterdesign. Die Grundidee ist die, dass Opoona einen Gegner anvisiert, das über seinem Kopf schwebende Energiebonbon auflädt und zum passenden Zeitpunkt seinen Gegnern entgegenschleudert. Dies geschieht durch Zurückziehen des Analogsticks zum Aufladen; soll das Bonbon abgefeuert werden, lässt man ihn einfach los. Die Kämpfe finden dabei komplett in Echtzeit statt und es vergeht eine kleine Wartezeit, bis der nächste Schuss abgefeuert werden kann. Auf Items und die bekannten Zauberarten kann per Knopfdruck zugegriffen werden und nach einiger Zeit wird Opoona von seinen Geschwistern unterstützt, die dann abwechselnd mit ihm auf die Gegner feuern.
Allgemein bietet das Kampfsystem keine enorme taktische Tiefe, fordert jedoch durch einen manchmal überraschend hohen Schwierigkeitsgrad und die hohe Spielgeschwindigkeit, weshalb man seine HP ständig im Auge behalten und den Gebrauch von Heilzaubern gut einplanen muss.

An sich können die Kämpfe schon Spaß machen, allerdings gibt es einige Faktoren, die den RPG-Teil von Opoona ziemlich madig gestalten. Der offensichtlichste und von Anfang an prominenteste Faktor ist die absurd hohe Zufallskampfrate, die extrem an der Geduld des Spielers zerren kann. Dazu kommt ein sehr fragwürdiges Zeitlimit, innerhalb dessen jeder Kampf gewonnen werden muss. Während der meisten Kämpfe stellt das kein Problem dar, weil die häufiger vorkommenden Gegner ohnehin nach kurzer Zeit das Zeitliche segnen, bei Endgegnern läuft die Uhr jedoch gerne mal auf Null - in dem Fall wird der Kampf als verloren gewertet und man muss den kompletten Dungeon mit allen Zufallskämpfen wiederholen. Das allergrößte Problem bei der Erforschung der Spielwelt ist jedoch die Kamera. Während diese in den Städten jederzeit frei gedreht werden kann, zeigt sie in den Außenbereichen und in Dungeons grundsätzlich stur nach Norden und kann um keinen Grad nach links oder rechts gedreht werden. Die sterile Kamera wird sehr schnell zu einem extremen Störfaktor und ist ohne Zweifel der Hauptkritikpunkt von Opoona - oft kann man einfach nicht sehen,wo man hinläuft, oder sucht verzweifelt nach Wegen und Objekten, die sich außerhalb des Sichtfeldes befinden. Das Schlimmste daran ist, dass eine Kamerasteuerung technisch absolut drin gewesen wäre, da man sie in Städten jederzeit frei drehen kann und sie selbst in den Außenlevels noch nach oben und unten geneigt werden darf. Nur drehen darf man sie nicht. Wenn dann alles zusammenkommt und man gefühlte Stunden durch einen Dungeon irrt, weil man keine Übersicht hat, dabei ständig von Zufallskämpfen genervt wird und am Ende beim Bosskampf der Timer abläuft, woraufhin man in der Krankenstation der zuletzt besuchten Stadt aufwacht, ist eine Frustresistenz vonnöten, die die meisten Spieler nicht haben werden.

Kellnern, Angeln und Weissagen
Schade ist das schon ein bisschen, denn Opoona hat nicht nur eine ganz nette Story, die nun wahrlich kein tiefgreifendes Epos ist, aber durchaus ein paar Fragen aufwirft und interessant bleibt, sondern auch viele nette spielerische Ideen. Das RPG verbaut nämlich auch viele Elemente aus Spielen wie die Sims oder Animal Crossing. Opoona hat in jeder der ausladend großen (aber nie unübersichtlichen) Städte die Möglichkeit, eine Reihe Nebenjobs anzunehmen und sich durch diese überraschend viele Karriereleitern hochzuarbeiten. Die Jobs sind manchmal notwendig, um die Story voranzutreiben, meistens jedoch optional. Hat Opoona einen Arbeitgeber gefunden, der Verstärkung gebrauchen kann, muss auf dem Amt ein entsprechender Auftrag abgeholt werden, der dann erfüllt werden muss, damit er im jeweiligen Beruf eine Stufe aufsteigen kann. Die Jobs sind zwar allesamt nicht sehr anspruchsvoll, aber eine mehr als willkommene Abwechslung zum klassischen RPG-Teil des Spiels und können einen gewissen Charme versprühen, der die vielen Zufallskämpfe und Kameraprobleme eine Zeit lang vergessen lässt.

Die Palette ist wirklich extrem umfangreich: Mal gilt es, Fische als Futter für eine gefährderte Tierart zu angeln, ein anderes Mal verlässt man sich als Wahrsager auf sein Bauchgefühl und ein wiederum anderes Mal findet man sich plötzlich in einer Hotelküche wieder, wo man Bestellungen der Gäste zusammenpackt und zu ihnen auf's Zimmer bringt. Keiner dieser Jobs ist für sich betrachtet ein spielerischer Meilenstein, der unglaubliche Facettenreichtum lässt das Gesamtbild des Karrieresystems jedoch sehr überzeugend wirken. Oft wünscht man sich sogar, dass das Spiel den kämpferischen Teil komplett weggelassen und sich stattdessen voll auf die verschiedenen Jobs konzentriert hätte.



Detailverliebte Optik und angenehme Soundkulisse
Opoona ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man auch ohne HD-Grafiken und Millionen von Polygonen optisch ansprechende Spielwelten auf den heimischen Fernseher zaubern kann. Die riesigen Städte sind ebenso groß wie detailverliebt und erschaffen eine optisch ansprechende Welt, die nur von den irgendwie misslungenen Charakteren und NPCs etwas verschandelt wird. Die Außenwelten sind überraschend detailliert und sehen wunderschön bis beeidruckend aus - auf Wii bekommt man sowas nur sehr selten zu sehen. Die Monster sind dann wiederum nicht so geglückt und sehen animiert noch schlechter aus, als auf Standbildern, weshalb die Kämpfe leider den optischen Tiefpunkt des Spiels darstellen. Auch die meisten Dungeons sind nicht ganz so detailliert wie die toll gestalteten Außenwelten.
Beim Soundtrack verhält es sich sehr ähnlich: Die meiste Zeit hört man angenehme Melodien, welche die positive Atmosphäre der detailverliebten Spielwelt unterstreichen und einen großen Teil zum durchaus vorhandenen Charme des Spiels beitragen - leider gibt es aber auch einige Stücke zu bemängeln, bei denen man sich fragen muss, was sich der Komponist dabei wohl gedacht hat. Auch hier muss leider wieder das Kampfsystem angeprangert werden, denn das Battle Theme ist ein gehöriger Griff in Klo. Sprachausgabe ist nicht einmal in Samples vorhanden und die Soundeffekte fallen weder positiv noch negativ auf, sondern unterstreichen das insgesamt überraschend schön designte Spiel.

Fazit:
Opoona ist, genau wie seine Spielwelt, in eine Licht- und eine Schattenseite geteilt. Oberflächlich haben wir es hier mit einem wirklich sehr liebevoll gestalteten Titel zu tun, der wesentlich mehr Engagement seitens der Entwickler erkennen lässt als der größte Teil der berüchtigten Third-Party-Billigproduktionen, die auf schnellen Profit ausgelegt sind. Das Spiel ist überraschend umfangreich, optisch liebevoll gestaltet und bietet extrem zahlreiche Gameplay-Ideen, die ein wirklich gutes Fundament legen. Leider arbeiten die extrem hohe Zufallskampfrate, das völlig unnötige Zeitlimit während der Kämpfe und nicht zuletzt die sterile Kamera extrem gegen den aufkommenden Spielspaß. Das Traurige daran ist eigentlich, dass es sich bei allen Mängeln nicht um technische Fehler handelt, die aus mangelnder Motivation der Entwickler heraus entstanden sind, sondern um bewusst getroffene Entscheidungen, die schlichtweg falsch waren, nun das eigentlich sehr gute Spiel verschandeln und auch die Gesamtwertung empfindlich nach unten drücken. Unterm Strich ist Opoona immer noch ein interessantes und einzigartigartiges Spiel, das für Fans von RPGs oder Spielen wie Animal Crossing durchaus zwei oder drei Blicke wert sein sollte, aber man muss eine Engelsgeduld mitbringen, um über die Patzer hinwegsehen zu können.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Opoona
Wertungen Beschreibung
7.6Grafik
Was anfangs sehr gewöhnungsbedürftig aussieht, entpuppt sich mit der Zeit als überraschend detailliert gestaltetes Stück Software. Lediglich die Charaktermodelle und die Monster enttäuschen.
8.1Sound
Angenehmer Soundtrack mit wenigen Fehltritten, der den Charme des Spiels unterstreicht.
6.0Steuerung
Theoretisch nur mit dem Nunchuk spielbar, zusammen mit der Wii-Remote jedoch wesentlich komfortabler zu bedienen. Warum nur ist in den Außenbereichen und Dungeons die Kamera nicht drehbar?
7.0Gameplay
Durch die vielen Jobs gibt es extrem viel zu tun, doch der RPG-Teil leidet trotz interessanter Ansätze unter der hohen Zufallskampfrate und vor allem auch unter der nicht änderbaren Kameraperspektive. Insgesamt durchaus spielenswert, aber alles andere als perfekt.
7.0Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



© Copyright GameCube X / Nintendo Wii X 2001 - 2023 | All rights reserved