Review von Lars Peterke (mail) | 15.01.2007
Normalerweise kennt man Warios Spiele als Jump and Runs mit Beat-em-Up-Elementen und völlig anderer Stilrichtung als die des Klempners Mario. Allerdings wird Wario seit dem GameBoy Advance meist mit einer Spielereihe anderen Genres in Verbindung gebracht. Die Wario Ware-Spiele, so der Name dieser Reihe, sind jeweils eine total abgedrehte Sammlung an Micro-Minispielen, die dem Spieler eine meist absurde und simple Tätigkeit abverlangen. Das Schlimme daran: Dem Spieler bleiben für die Microgames meist nur 5 Sekunden Zeit. Soviel also zur Theorie. Wie sieht es in der Praxis aus? Inzwischen ist Wario Ware dank des einzigartigen Spielprinzips fast legendär und zudem ein beliebter Launch-Titel von Nintendo geworden. Denn was würde sich schließlich besser eignen, als die Umsetzung der innovativen Handheld- oder Konsolenfeatures von Big N in einer Minispiel-Sammlung? Genau aus diesem Grund erschien mit Wario Ware Touched ein Launchtitel für den Nintendo DS, der gekonnt Stylus und Mikrofon benutzte, sowie ein GameCube-Ableger, der einen tollen 4-Spieler Multiplayer bot. Jetzt zum Wii-Launch (zumindest in Japan, bei uns einen Monat später) bekommen wir ein neues Wario Ware. Smooth Moves lautet der Untertitel und nachfolgend sei einmal beleuchtet, wie "smooth" das Ganze wirklich ist.
Innovativ, intuitiv und motivierend
Das Erste, was mir Wario Ware nach dem Einschalten predigt, sind die drei Grundregeln: Handschlaufe benutzen, stehend und mit ausreichend Platz spielen und „sich gehen lassen“. Bevor ich realisiere, was das Spiel mit Letzterem eigentlich meint, bekomme ich die Story dargeboten. Wario sitzt vor dem Fernseher, als eine kleine, kückenähnliche Gestalt seine Fressalien entwendet. Eine turbulente Verfolgungsjagd führt Wario in den Formentempel, wo er mit dem so genannten „Formenstab“, ein höchst seltsames Gadged in die Hände bekommt. Unschwer zu erkennen, dass es sich hier um die Wii-Fernbedienung handelt. Kurzerhand überlegt sich Wario, wie man mit diesem neuen Spielzeug eine Menge Kohle scheffeln kann und schon nach kurzer Zeit geht´s los.
Wir finden uns nun auf einer Übersichtskarte der Stadt Diamond City, in der wir Nacheinander die Minigame-Sets von Wario und seinen Freunden (Mona, Kat, Dr. Crygor, Orbulon und Co.) spielen dürfen. Ich beginne mit Wario. Geht auch nicht anders, da er anfangs den einzig anwählbaren Punkt darstellt. Das Spiel funktioniert folgendermaßen: Ihr absolviert meist zunächst zwölf oder mehr kurze Microspiele und müsst danach ein Boss-Minispiel meistern. Ihr dürft dabei maximal drei Spiele im Durchlauf verpatzen, danach heißt es Game Over und noch mal versuchen. Für jedes der Microgames sind, wie auch schon anfangs erwähnt, zur Absolvierung nur etwa fünf Sekunden Zeit, wobei im späteren Verlauf des Spieles und der Minigame-Sets die Geschwindigkeit stark ansteigt. Da man mit der Wii-Fernbedienung sehr viele Aktionen ausführen kann, gibt einem das Spiel bei den Spielen diverse Haltungen vor. Vor jedem Minispiel wird die benötigte Haltung angezeigt. Taucht eine neue Haltung auf, so wird euch diese durch einen sehr emotional veranlagten, deutschen Synchronsprecher näher gebracht. Bei der Haltung "Die Fernbedienung" wird die Wii-Fernbedienung als Pointer auf den Bildschirm gerichtet. Zusätzlich dazu wird der A-Knopf genutzt. Ansonsten werden alle Minispiele meist komplett ohne Tastendruck und nur mit Bewegungen gelöst.
Bewegung ist alles!
In der Haltung „Der Zeichner“ haltet ihr die Wii-Fernbedienung wie ein Stift. Bei „Frittenfinger“ fasst ihr sie an den hinteren Enden wie ein paar Fritten mit den Fingern an. „Der Regenschirm“ ist eine senkrechte Haltung der Wii-Fernbedienung. Andere Haltungen entfremden selbige zu einem Stab, einem Besenstiel oder gar Tau. In Orbulons Minispiel-Sammlung wird zudem der Balancestein (Nunchuk) genutzt um beispielsweise mit beiden Händen zu schwimmen. Ist man schon einmal beim Thema, so kann man gleich über die Steuerung reden. Über 200 Minispiele bietet Wario Ware: Smooth Moves und nach einem ersten Durchspielen des Titels fielen mir vielleicht zwei bis drei Minispiele auf, die jetzt „nicht ganz so intuitiv“ waren. Ich gehe aber eher davon aus, dass ich bei diesen Spielen einfach nur zu blöd bin. Hier kommt das Spiel einem jedoch glücklicherweise entgegen. Jedes erlebte Minispiel kann im Formentempel nachträglich geübt werden. Dort lassen sich auch alle Haltungen betrachten und ihr seht, welche Minispiele euch noch fehlen. Die Steuerung ist, mal von den zwei bis drei von mir erwähnten Microspielen abgesehen, sehr innovativ und intuitiv. Alles geht leicht von der Hand, die Bewegungen werden sehr gut erkannt und das Spiel lässt einem dabei genug Freiraum. Damit ist auch das „sich gehen lassen“ geklärt. Denn beim Spielen fuchtelt man so manches Mal wild mit der Wii-Fernbedienung herum um herauszufinden, mit welcher Bewegung das Spiel gelöst werden kann. Einziges Manko der Steuerung ist dabei das ständige Wechseln der Posen, was auf die Dauer ziemlich hektisch und anstrengend wird, gerade wenn einem die Handschlaufe dabei ins Gehege springt. Versucht mal von der Haltung „Irokese“ (Mann trägt die Wii-FB mit beiden Händen auf dem Kopf) in die Position „Tauziehen“ zu wechseln, bei der man die Wii-Remote mit den beiden Händen vor den Beckenbereich hält.
Das absurdeste Wario Ware aller Zeiten
Mit vielen Haltungsmöglichkeiten ausgerüstet, spielen wir uns durch die einzelnen Microspiel-Sets der Charaktere. Vor und nach jedem dieser Sets werden in lustigen und vor allem sinnfreien Zwischensequenzen, einige verschiedene Handlungen erzählt, die sich auf den jeweiligen Charakter beziehen. Die Microspiele an sich sind wie gewohnt total abgedreht und bieten die absurdesten Tätigkeiten. Es würde zu lange dauern sie aufzuzählen, daher also nur ein kleinerer Einblick. Ihr müsst durch senkrechtes Bewegen der Wii-Fernbedienung einen Läufer antreiben, damit dieser als erster ins Ziel kommt. Mit Schwenkbewegungen wird Chop Suey in einer Pfanne gekocht und wenn ihr die Wii-Remote wie eine Stange haltet, müsst ihr eine Tischdecke abziehen, ohne, dass die sich auf der Tischdeckebefindenden Gläser und Flaschen umkippen und ihr vor einem riesen Scherbenhaufen steht.
Auto lenken, Pupsgase von Wario wegwedeln, in der Nase bohren, einer Kuh den Allerwertesten blank putzen, tanzen, sägen, einen Besen balancieren, Kniebeugen machen, einen Hulahup-Reifen schwingen, springen und so ziemlich jeder andere erdenkliche Interaktion ausführen steht bei diesem Spiel an der Tagesordnung. Dabei wird der völlig suspekte, japanische Humor glanzvoll in Szene gesetzt. Ganz besonders ist auch das Minispiel-Set von Spielcharakter 9-Volt. Er konfrontiert euch mit Retro-Spielen, die so ziemlich das gesamte Nintendo-Universum mit einbringen. Da werden Pikmin tot gerollt, Aufgaben aus Dr. Kawashima’s Gehirnjogging gelöst oder ihr rollt mit Samus Aran als Morphball eine Regentonne um. Wem das nicht reicht, der kann im Animal Crossing-Minispiel angeln, den Nintendogs Pfötchen geben oder durch senkrechtes nach oben bewegen der Wii-FB mit Mario Münzen sammeln.
Bonusfeatures und die Präsentation
Fernab der einzelnen Minispiel-Sets habt ihr einige weitere Spielmodi. Zum Beispiel dürft ihr im späteren Spielverlauf auch Spiel-Mischungen wie „Bunte Mischung“ oder „Superschwer“ spielen. Seid ihr hier erfolgreich, könnt ihr einige Spiele für den Multiplayer-Modus frei spielen. Zudem erschließen sich euch einige weitere Solo-Spielchen. Im „Tischtennis-Turm“ haltet ihr einen Tischtennisschläger und müsst ein Ball einen Turm hinaufschlagen. Fällt der Ball herunter, habt ihr verloren. Einige Hindernisse im Turm machen euch das Leben dabei nicht unbedingt leichter. Ein weiteres Minispiel ist ein Shooter mit Pixeloptik und ihr dürft beim Spiel Block-Star verschieden geformte und große Blöcke auf einem Tablett stapeln und diese dann später balancieren. Dieses Minispiel bietet einen riesigen Haufen verschiedener Level und ist schon fast ein unterhaltsames Spiel für sich. Weitere Minispiele sind unter anderem eine Version des NES-Klassikers Ballon-Trip in der Third-Person-Ansicht, sowie eine neue Version des Spieles Pyoro, das es schon in vorhergehenden Wario Ware Episoden zum Freispielen gab.
Der letzte wichtige Aspekt wäre dann natürlich Grafik und Sound. Das Spiel präsentiert sich hier sehr zweckmäßig und daher grafisch weit unter dem Niveau des Wii. Bis auf einige hübsche 3D-Spiele wäre das Spiel auch ohne große Probleme auf dem GBA möglich. Allerdings bleibt zu sagen, dass der Stil im Gesamten dann doch einfach gut zum Spiel passt. Nutzt ihr ein Componentenkabel, bekommt ihr zudem ein gestochen scharfes Bild im 480i-Modus. Der Sound ist flippig und unterstreicht den Stil des Spiels mit seinen Retro-Klängen, Beatmelodien und den Soundeffekten der Charaktere. Allerdings ist es damit auch getan und wirklich spektakuläres bleibt einem hier auch verwehrt.
Multiplayer
Am Schluss sei noch ein Wort über den Multiplayer verloren. Dieser ist leider nicht das Gelbe vom Ei und muss auch erst freigespielt werden. Hier gibt es einige Minispiele, die ihr mit bis zu 12 Leuten spielen könnt. Hierbei wird die Wii-Fernbedienung aber einfach nur weiter gereicht und es beschränkt sich auf unspektakuläre Spielchen wie beispielsweise Darts. Das macht zwar im gewissen Rahmen Spaß, allerdings ist es sehr schade, dass Nintendo es versäumt hat einen 4-Spieler Multiplayer für die generellen Minispiele zu entwickeln. Ich denke da an Wario Ware für den GameCube, welches im Multiplayer-Bereich grandios war. Fazit: Wario Ware: Smooth Moves ist zweifelsohne ein Vorzeigespiel. Wenn ich es spiele, dann weiß ich, warum ich mich für Wii entschieden habe und nicht für Xbox 360 oder sonst etwas. Das Spiel macht Spaß, ist gewohnt verrückt und für Minispiel-Freaks erste Sahne. Die Grafik liegt bis auf einige hübsche 3D-Spiele mit seiner meist Bitmap-Optik zwar weit unter dem Wii-Niveau, doch dies tut dem Spiel wirklich keinen Abbruch. Das große Manko des Spieles ist sicherlich der viel zu karge Multiplayer und der Singleplayer, den man bequem an einem Tag durchspielen kann. Dennoch, Wario Ware: Smooth Moves ist so kurzweilig und motivierend, das man es gerne ab und an in den Wii legt. Und trotz eher unspektakulärem Multiplayer ist das Spiel trotzdem irgendwie ein Partyhit. Denn hier macht das Zusehen allein schon genug Gaudi. Minigame-Fans dürfen also bedenkenlos zugreifen. Wer es etwas tiefsinniger mit mehr Umfang und besserem Multiplayer mag, der wartet lieber auf Mario Party 8, welches im März erscheint.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Wario Ware: Smooth Moves | |
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| 4.9 | Grafik Schönes Gesamtkonzept, Wii wird bis auf wenige Ausnahmen jedoch nicht im Ansatz ausgereizt. | |
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| 7.2 | Sound Sehr passend zum Spiel, jedoch nicht sonderlich spektakulär | |
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| 9.6 | Steuerung Glanzparade. So sieht ein Spiel aus das die Wii-Fernbedienung fast perfekt ausreizt. | |
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| 8.5 | Gameplay Spaßig, motivierend und hoher Arcade-Faktor. Leider fehlt die Langzeitmotivation. | |
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| 8.0 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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