Review von Lars Peterke (mail) | 21.07.2008
Die Kuh muss gemolken werden so lang sie noch Geld gibt. Vorwürfe, die sich die Guitar Hero-Franchise nun gefallen lassen muss. Mit Guitar Hero Aerosmith erscheint das erste themenorientierte Guitar Hero. Ein Spiel nur mit Aerosmith, kann das funktionieren? Bisher gilt eindeutig: Eine möglichst zeitlose und ausgewogene sowie umfangreiche Tracklist ist das Hauptkriterium für ein gutes Musikspiel. Insbesondere gilt das bei Guitar Hero Aerosmith. Denn im Gegensatz der neuen Musikspiel-Generation Rock Band / Guitar Hero World Tour bratzt man hier lediglich auf der Plastikgitarre und bleibt von neuen Innovationen verschont. Während die Verpackung von Guitar Hero 3 mit „über 70 Songs „ (Gesamt: 73) wirbt, sind es bei Guitar Hero Aerosmith „über 40 Hammer-Tracks“ (Gesamt: 41). Klingt also, gelinde gesagt, erst einmal sehr ernüchternd. Schließlich haben wir es mit einem Vollpreis-Titel zu tun, der im Bundle genau so viel kostet, wie Guitar Hero 3. Aber alles der Reihe nach…
Wer zur Hölle sind Aerosmith?
Grundsatzdiskussion: Wieso erscheint ein Guitar Hero mit Aerosmith? Warum nicht AC/DC oder Led Zeppelin? U2 oder The Who? Und vorn heran natürlich The Rolling Stones oder die Beatles. Wenn man diverse Toplisten und Empfehlungen vergleicht, tauchen jedoch auch Aerosmith überall auf. Einer langen Bandgeschichte und natürlich auch einigen Hits ist es zu verdanken, dass sie als feste Größe gelten. Ich wette, jeder kennt mindestens einen Song von Aerosmith. Alle mal überlegen. Na, schon mal diese „I Don’t Want To Miss A Thing“-Rockballade im Radio gehört? Bestimmt. Und genau da stecken Aerosmith hinter. Der Song ist im Rahmen des Filmes Armageddon besonders bekannt geworden und ist bis heute Aerosmith’s einziger Nummer 1 Hit. Allerdings hatten Aerosmith noch zwanzig weitere Singles, die in Amerika alle in den Top 40 waren, davon sieben Stück in den Top 10. In Sachen Studioalben haben Aerosmith bereits 14 Platten veröffentlicht, fast jede erreichte mehrfachen Platinstatus. Weltweit verkauften sie über 150 Millionen dieser Alben, was sie zur prestigeträchtigsten Hard Rock-Band macht. Hiermit hätten wir also ein recht nachvollziehbares Argument, wieso nun gerade Aerosmith ihr eigenes Guitar Hero bekommen.
Aber woher kommen die Kerle überhaupt? Aerosmith kommen aus Boston im Staate Massachusetts und gründeten sich im Jahre 1970. Heute setzt sie sich zusammen aus dem Sänger Steven Tyler, Drummer Joey Kramer, den Gitarristen Joe Perry und Brad Whitford sowie Bassist Tom Hamilton. Ihre Musik gliedert sich im Hard Rock ein, nutzt aber einige weitere Elemente, vorwiegend Blues und Metal. Nach einigen enorm populären Alben und einer inzwischen großen Fanbase kamen die Klischees. Drogen zum Beispiel, die Aerosmith Ende der 70er einen Erfolgsabbruch bescherten, zwei Bandmitglieder zur Aufgabe bewogen und dafür sorgten, dass kommende Alben nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen konnten. Anfang der 80er ging es wieder aufwärts. Die beiden alten Bandkollegen (Whitford und Perry) überlegten es sich noch einmal und kamen wieder in die Band zurück. Spätestens 1987 kamen mit dem Album „Permanent Vacation“ auch wieder die Hits und eines der wohl bombastischsten Comebacks der Rockgeschichte. Heute blicken die fünf Jungs auf 37 Jahre Musik und Tour zurück. Und es geht immer noch weiter. Soviel zu Aerosmith. Da staunt ihr, was wir von NintendoWiiX alles wissen. Nein im Ernst, bisher wurden keine Wikipedia-Artikel bei unseren Reviews verletzt.
Das Spiel: Was ist nun so besonders?
Um es ganz kurz zu machen: Guitar Hero Aerosmith ist technisch identisch zu Guitar Hero 3. Das bedeutet komplett identische Spielmodi und demnach leider auch keine neuen Spielmodi. Die Spielgrafik ist ebenfalls gleich geblieben - wir bewegen uns auf dem leicht angehobenen Niveau eines Guitar Hero-Spiels für die PS2 und absolut nichts hat sich geändert. Also unter dem Strich eine Portierung, die unsere Wii hier serviert bekommt. Für Verbesserungen oder Anpassungen, um mehr Leistung aus der Wii herauszukitzeln, war demnach wohl keine Zeit mehr. Der einzige signifikante Unterschied sind also eine neue, kleinere Songliste sowie der Aerosmith-Faktor. Dies schlägt sich in einem angepassten Story-Modus nieder. Ihr benennt nach wie vor eure eigene Band, spielt mit einem der komischen, vorgefertigten Cartoon-Gitarristen, die euch das Spiel anbietet, und legt dann los. Der Storymodus ist wie in jedem Guitar Hero in verschiedene Etappen aufgeteilt, von denen ihr jeweils eine bestimmte Anzahl an Songs meistern müsst, um im Spiel weiterzukommen. Zu Beginn jeder Etappe wird ein kleines Video mit Interview- und DVD-Bonusmaterial-Charakter von Aerosmith gezeigt, in dem die Bandmitglieder ein bisschen über diese Etappe ihres Erfolges reden. Dann landet ihr in der Songauswahl und müsst zunächst zwei „Vorgruppen-Songs“ spielen. Das sind Lieder von irgendwelchen Künstlern, die Aerosmith als Inspirationsquelle angeben, darunter The Kinks, The Clash oder Cheap Trick. Randnotiz für Puristen: Bis auf vier Songs sind alle Tracks Master-Recordings.
Habt ihr die Vorgruppen gemeistert, folgen einige Aerosmith-Songs. Interessanterweise fehlt „I Don’t Want To Miss A Thing“ in der kompletten Tracklist. Andere Songs wie „Dream On“ oder „Walk This Way“ haben es glücklicherweise in das Spiel geschafft. Ob ein Aerosmith-Fan aber zufrieden ist, ist ein wenig fraglich. Wir haben beim Musikportal last.fm nachgeschaut: Von den 15 meistgehörten Aerosmith-Songs sind 7 nicht in Guitar Hero Aerosmith vertreten. Immerhin der Rest der Karriere ist recht authentisch. Die Spielorte sind Aerosmith-Stationen des Ruhmes nachempfunden, vom ersten Gig in der Meldon Nipmuc Regional High School, über die Superbowl Halbzeitshow bis hin zur Aufnahme in die Hall of Fame des Rock. Natürlich sind auch alle Bandmitglieder von Aerosmith nachgebildet und haben einen Auftritt als digitales Ebenbild. Jetzt kommt der Punkt, an dem man sich als Reviewschreiber etwas aus der Nase zieht. Denn Abseits der Tracklist und dem angepassten Storymodus gibt es nichts Neues an diesem Titel. Fazit: Ja Activision, was darf es sein? Lorbeeren? Dream On! Für Guitar Hero Aerosmith gibt es meiner Meinung nach jedenfalls keine. Eine wirklich kleine Tracklist (allein verglichen mit Guitar Hero 3) sorgt für Abzüge in der Wertung. Die Tatsache, dass sich technisch nichts im Vergleich zum Vorgänger getan hat, schmälert den Spaß zudem weiter. Download-Content? Fehlanzeige. Und subjektiv gesehen, wurde auch spielerisch nachgelassen. Zumindest hat sich im Gameplay bislang nichts geändert und Rock Band hat bereits bewiesen, das es besser geht. Einzig positiv sind die Aerosmith-Cutscenes im Spiel, die Zusammen mit dem angepassten Storymodus ein wenig Flair in das Spiel bringen. Nichtsdestotrotz bekommen Spieler beim Guitar Hero 3 Bundle mehr für ihr Geld oder sind dazu angehalten ihr Geld für den Wii-Release von Rockband aufzusparen. Zweite Meinung von A. Held
Wie schon bei Guitar Hero III möchte ich zur Ergänzung noch mal meinen eigenen Senf hinzugeben, der aus der Sicht eines Spielers stammt, der seit Guitar Hero 1 dabei ist und Through The Fire And Flames auf Expert dutzende Male beenden konnte. Und eines ist ganz klar: Guitar Hero Aerosmith ist zwar keine ganz so extreme Abzocke, wie es Guitar Hero Encore: Rocks the 80s vor einem Jahr war, aber immer noch ganz klar ein Melken der Geldkuh. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass GH Aerosmith mit etwas mehr als halb so vielen Liedern immer noch den Vollpreis kostet, obwohl es auf der selben Engine läuft und absolut nichts neues bietet. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die Hälfte der beliebtesten Aerosmith-Songs immer noch fehlt und auch die Rechte an den Songs deutlich bequemer zu beschaffen sind, wenn sie alle von der selben Band stammen, hätte man hier deutlich mehr Inhalt bekommen können, vielleicht sogar müssen. Außerdem muss ich sagen, dass GH: Aerosmith mich als Veteranen extrem kalt lässt; der Grund dafür ist Rock Band, wo ich mir mehr oder weniger zum gleichen Preis eine ebenso lange individuelle Tracklist erstellen kann, die statt unbekannten Aerosmith-Album-Fillern Lieder wie Ride The Lightning, Screaming For Vengeance oder Working Man enthält. Auch wenn der mittlerweile fünfte Guitar Hero-Teil sicherlich auch ein paar nette Soli enthält, sind die meisten der Lieder dezent langweilig, was Neversoft durch ihre berühmten Wände aus Dreifachakkorden, dazuerfundene Noten und (besonders im Fall von Train Kept A Rollin') kreuz und quer und völlig ohne System über das gesamte Fretboard verstreute Noten auszugleichen versucht. Das macht die Songs zwar schwieriger, aber auch nicht spannender oder gar spaßiger. Meine persönliche Wertung würde daher deutlich unter 7.0 Punkten liegen - wer Aerosmith-Fan ist und mit dem Schwierigkeitsgrad der bisherigen Teile überhaupt nicht klar kam, ist jedoch vielleicht noch ganz gut bedient.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Guitar Hero: Aerosmith | |
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| 5.3 | Grafik Stillstand. Keine Verbesserungen im Vergleich zu Guitar Hero 3. | |
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| 7.3 | Sound Eine kleinere und einseitigere Tracklist ist nicht sonderlich spektakulär. Zumindest der berühmte Dolby Surround-Fehler sollte nicht mehr enthalten sein… | |
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| 9.3 | Steuerung Gewohnt gute Steuerung mit der Guitar Hero Wii Wireless Les Paul. | |
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| 8.0 | Gameplay Der Spielspaß leidet an der kleineren Tracklist. Positiv ist der stellenweise sehr authentische Storymodus. | |
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| 7.3 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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