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Alone in the Dark
Review von Andreas Held (mail) | 19.07.2008

Die Videospielebranche ist teilweise recht vorhersehbar geworden, was Wertungen angeht. Wird ein Spiel im Vorfeld groß beworben, kann es sich kaum ein Magazin leisten, plötzlich ein vernichtendes Review zu schreiben - da sonst tausende Fanboys verärgert und Werbeverträge gekündigt würden. Umso verblüffender war es dann, dass Ataris Aushängeschild für 2008, Alone In The Dark - im Vorfeld durch diverse Trailer und Technikdemos angepriesen - von der Fachpresse fast einstimmig zerpflückt wurde. Atari kündigte daher nicht nur reihenweise Werbeverträge, sondern drohte sogar mit Unterlassungsklagen - doch auch ein noch so großer Softwarekonzern kann natürlich nichts gegen die Pressefreiheit ausrichten, und somit dürften vor allem die sagenhaften 3.1 von 10 Punkten, die ausgerechnet die sonst so durch Hypes beeinflussbaren Amerikaner von IGN für die Wii-Version vergeben haben, den Marketingdirektoren von Atari größere Schmerzen bereitet haben als ein Zehennagelpiercing. Alledem zum Trotz macht sich jedoch auch eine gewisse Unglaubwürdigkeit breit: Kann ein im Vorfeld so stark umworbenes Spiel wirklich derart schlecht sein?

Erlebnisbericht eines Betroffenen
Es ist dunkel, ich bin allein und ich habe Angst. Nicht vor der beängstigenden Stille, sondern vor dem Gameplay, das mich erwartet, als ich entgegen aller Warnungen Alone in the Dark in meine Wii lege. Trotzdem kann ich nicht ganz glauben, dass 3.1 Punkte wirklich gerechtfertigt sind, wenn all die grotesken Minispielesammlungen, die es auf Wii gibt, teilweise besser bewertet werden. Im wenig ansprechenden Hauptmenü sticht dann auch sofort die Kapitelwahl ins Auge, wo alle zehn Episoden und ihre jeweils vier Kapitel von Beginn an angewählt werden können. Natürlich starte ich in Episode 1-1, die passenderweise "Beginn des Alptraums" heißt, und sehe durch die Augen des Hauptcharakters, wie er auf einem OP-Tisch wach wird. Die erste tolle Innovation des Spiels: Man muss selbst blinzeln. Wenn man nicht alle fünf Sekunden blinzelt, wird das Bild verschwommen und man sieht nichts mehr - schlimmer noch, der Bildschirm strahlt ein so helles weiß ab, dass meine eigenen Augen extrem darunter leiden. Ich bekomme von der Videosequenz nichts mit, da ich mich zu sehr darüber aufrege, ständig blinzeln zu müssen. Danach verlassen die meisten der Anwesenden den Raum und ich muss dem einzigen Verbliebenen auf's Dach folgen, wo er mich erschießen will. Ein Erdbeben verhindert die Exekution, der Hauptcharakter flieht und hört später ein Gespräch mit, in dem es um irgendeinen Lichtbringer geht. Spätestens jetzt erinnert Alone in the Dark an einen trashigen Film aus den 70ern, und ich frage mich außerdem warum die deutsche Sprachausgabe immer noch so unendlich schlecht ist, dass die Charaktere in etwa so lebendig wirken wie die Stimme am Telefon, die "kein Anschluss unter dieser Nummer" sagt. Übrigens haben die Entwickler auch versucht, wahrscheinlich um "cool" zu wirken, möglichst viele Schimpfworte in das Skript einzubauen, die Vokabelforschung dabei jedoch scheinbar im Kindergarten betrieben. Ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber ich persönlich finde es etwas unpassend, wenn eine Frau mit Anzug und Krawatte "Du bist echt ein Blödarsch!" schreit.

Nichtsdestotrotz landet der geneigte Spieler dann irgendwann in Kapitel 1-4, wo man zunächst zwei Minuten lang die Schreie einer hysterischen Dame ertragen muss, die irgendwas daherfaselt, dass die Wände im Wartezimmer die Patienten gefressen hätten. Ohne zu wissen was zu tun ist, gehe ich durch die scheinbare Arztpraxis und hole mir einen Feuerlöscher, um die den Weg versperrenden Flammen zu löschen, was eine ganze Zeit lang dauert. Danach muss ich eine Tür einschlagen: Schlag eins haut immerhin noch ein Loch in die Tür, beim zweiten Schlag geht der Feuerlöscher einfach durch diese hindurch. Der dritte Schlag geht zwar immer noch durch die Türe hindurch, aber wenigstens löst sich diese danach in Luft auf. Danach müssen noch viele weitere Flammen gelöscht werden, bis schließlich der Boden vor mir nachgibt und das Spiel mir sagt, dass ich mit dem Minus-Knopf springen kann. Der reagiert jedoch nicht, mein Charakter fällt in das einen Meter tiefe Loch und ist sofort tot. Neustart am Anfang des Kapitels - das heißt ich muss alles noch mal machen und alle Videosequenzen, die man nicht wegdrücken kann, noch mal ansehen. Immerhin werde ich danach mit einer Sequenz belohnt, in der der Hauptcharakter an der Wand des einstürzenden Hauses herumklettern muss, und auch wenn er natürlich nicht so gelenkig ist wie der persische Prinz oder gar Lara Croft, macht wenigstens diese eine Sequenz wirklich Spaß, währt jedoch leider nicht lange.
 


Danach geht es nämlich ins Alptraumparkhaus, das seinem Namen alle Ehre macht. Wieder einmal starte ich völlig ziellos und die Spielfigur wird ständig in irgendwelche Spalten hinabgezogen, aus denen man sich nur mit Glück befreien kann. Nach einer Runde durch das Parkhaus finde ich mal wieder einen Feuerlöscher, dort wo es meiner Auffassung nach weitergehen sollte, werde ich jedoch von einer unsichtbaren Wand aufgehalten. Warum? Ich weiß es nicht. Dafür ist mir mittlerweile klar geworden, warum Alone in the Dark so sehr verrissen wurde. Es ist auf den ersten Blick kein schlechtes Spiel, sieht für einen Wii-Titel ganz ordentlich aus und ist auch nicht unspielbar. Niemand würde sich darüber aufregen, wenn mal ein Knopf nicht reagiert oder es mal zu einem Clippingfehler kommt - hier stößt man aber praktisch im Sekundentakt auf solche Probleme und findet selbst in der ersten Stunde schon so viele Kritikpunkte und Logikfehler in der Spielmechanik, dass es unmöglich ist, alle aufzulisten. Selbst die extrem schlechte Steuerung der Nahkämpfe (zwischen Schwingen der Wiimote und dem Schlag des Charakters gibt es fast eine Sekunde Verzögerung, und aufgrund der Kamera schlägt man meistens auf "unsichtbare" Gegner ein, die hinter einem stehen) hätte man verzeihen können, wenn dafür wenigstens die Atmosphäre und der Rest des Gameplays gestimmt hätten. Stattdessen hänge ich nun in einem Parkhaus und habe keine Ahnung, wie ich an der unsichtbaren Wand vorbeikommen soll. Und diese Myriaden an Patzern und Kritikpunkten sind es schließlich auch, die das Spiel innerlich zerfressen, fast nichts mehr übrig lassen und es für den Spieler auf Dauer unerträglich machen.

Ein letzter Versuch
Gerade deshalb haben die Entwickler wohl auch die Kapitelwahl eingebaut, durch die man effektiv zum nächsten Checkpoint springen kann. In einer Videosequenz wird mir gezeigt, dass ich wohl mit einem Auto aus dem Parkhaus hätte entkommen müssen, welches ich nun selbst steuern muss. Die Fahrzeugsteuerung ist wohl die schlechteste in der Geschichte der Wii: Es wird mit dem B-Knopf beschleunigt und durch Drehen der Wiimote um die Längsachse gelenkt - völlig unverständlich, warum das nicht mit dem Analogstick des Nunchuks geht. Glücklicherweise muss man nur geradeaus fahren und Hindernissen ausweichen, was eher Glückssache ist, da der Wagen manchmal einfach durch Objekte hindurchfährt, dafür aber kurz darauf an weit entfernten Hindernissen kleben bleibt. Nach einigen Versuchen ist die Fahrt geschafft und mein nächstes Ziel soll sein, eine Wunde zu verarzten. In einer Videosequenz ruft der Hauptcharakter 911 an und die Stimme am anderen Ende der Leitung sagt, dass er eine öffentliche Toilette suchen soll, weil sich dort ein Verbandskasten befinden würde. Nach einem ausgedehnten, ziellosen Parkspaziergang finde ich eine Toilette, jedoch keinen Erste-Hilfe-Kasten und weiß mal wieder nicht, was zu tun ist. Nach etwa einer Minute in der Toilette fällt der Hauptcharakter dann plötzlich tot um. Einfach so.

Obwohl ich beim plötzlichen Herztod in der Toilette erst etwa eineinhalb Stunden gespielt habe, ist an dieser Stelle bereits fast ein Drittel des Spiels absolviert - und bei den eineinhalb Stunden sind dreifach angesehene Zwischensequenzen und lange Umwege wegen unsichtbarer Wände mit eingeschlossen. Ohne Fehlversuche, aber auch ohne sich zu beeilen, könnte man es locker in vier bis fünf Stunden durchspielen - und Extras, die zum Wiederspielen anregen, lassen sich nicht ansatzweise erkennen. Auf die selbe Art und Weise könnte man nun auch die anderen beiden Drittel des Spiels dokumentieren, da es sich nie wirklich zum Positiven ändert, sondern durch den ansteigenden Schwierigkeitsgrad eher noch frustiger wird. Das würde jedoch den Rahmen dieses Reviews sprengen und ist auch nicht nötig, da der Eindruck bereits jetzt mehr als aussagekräftig ist.

Fazit:
Nehmt mir dieses Spiel weg. Nehmt mir einfach dieses Spiel weg... danke. Alone in the Dark ist mit so vielen Negativpunkten vollgepumpt, dass man fast denken könnte, die Entwickler hätten absichtlich versucht, möglichst viel falsch zu machen. Den Begriff "Survival-Horror" haben sie jedenfalls auf ihre eigene Art umgesetzt, wenn auch leider nicht auf eine sehr sinnvolle Weise. Das Spiel ist in allen Punkten, angefangen von seiner Story über seine Präsentation über die Steuerung bis hin zum Gameplay, absolut amateurhaft - und es ist schlecht. Wirklich verdammt schlecht.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Alone in the Dark
Wertungen Beschreibung
6.5Grafik
Für Wii-Verhältnisse durchaus ansehnlich. Verkommt jedoch oft zu grauem Pixelbrei, dank viel zu übertriebener Motion-Blur-Effekte.
4.2Sound
Völlig überzogene, orchestrale Musik, kaum Soundeffekte und eine extrem amateurhafte Sprachausgabe.
4.7Steuerung
Unübersichtlicher Mischmasch aus Tastenkommandos und sinnloser Bewegungssteuerung. Nahkämpfe spielen sich absolut furchtbar, der Rest funktioniert.
3.3Gameplay
Ein bis kurz vor das Zerbersten vollgepumptes Sammelsurium an Kritikpunkten. Ein wahrhaft "schreckliches" Spiel.
3.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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