Review von Kamil Witecy (mail) | 01.06.2008
„Mama, wenn ich einmal groß bin, dann werde ich Feuerwehrmann!“ - Wenn ihr nun in eurer Vergangenheit kramt und euch an die frühe Kindheit zurückerinnert, so wird dem einen oder anderen dieses Szenario mit großer Wahrscheinlichkeit recht bekannt vorkommen. Doch während im Endeffekt nur die wenigsten diesen frühen Berufstraum auch wirklich ausüben und sich stattdessen in verhältnismäßig unspektakulären Berufszweigen ansiedeln, bietet Codemasters nun jedem Wii-Spieler die Gelegenheit, zumindest virtuell mit den Rettungswagen von Feuerwehr, Polizei oder Notarzt durch die Gegend zu düsen, um Menschenleben zu retten, Brände zu löschen, Diebe zu fangen oder gar den Supermarkt vor Affen zu retten. Seid ihr bereit? Dann raus aus dem Berufsalltag und rein in den Rettungswagen.
Verrücktes Chaos!
Alarm! Die Metropole Crisis City ist in Panik ausgebrochen: Hochhäuser brennen, Bomben ticken, Gauner plündern Supermärkte und sogar die Tiere sind aus dem zentralen Zoo ausgebrochen und sorgen für ein großes Durcheinander auf den Straßen. Chaos pur! Kein Wunder, dass sämtliche Einwohner von Crisis City auf den Gehsteigen oftmals mit erhoben Armen panikartig durch die Gegend flitzen. Nun liegt es an euch, in die Rolle von Polizei, Feuerwehr oder Sanitäter zu schlüpfen, um so in abgedrehten Notfalleinsätzen für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.
Wir entscheiden uns zunächst für die Polizei und finden uns nach dem Erstellen eines neuen Speicherstandes samt klassischem Polizeiauto mitten im Geschehen wieder. Auf den Straßen des Industriebezirkes von Crisis City, welcher zu Beginn als einziger von insgesamt vier verschiedenen Bezirken zur Verfügung steht, werden wir an allen Ecken gebraucht. Da jede Sekunde zählt und die Uhr als Gameplay-Element jederzeit gnadenlos nach unten tickt, verlieren wir keine Zeit und düsen in Crazy-Taxi-Manier mit unserem Vehikel zu allen durch verschiedenfarbige Leuchtsäulen markierten Orten. Gelenkt wird dabei mit dem Control-Stick des Nunchuks, während mit B-Trigger Gas gegeben und mit der A-Taste gebremst bzw. rückwärts gefahren wird. Wer in den Bezirken von Crisis City Ortskenntnisse besitzt, ist dabei klar im Vorteil, denn das Nutzen von Abkürzungen ist essentiell, um möglichst schnell zum Einsatzort zu gelangen. Erst einmal angekommen, erhält der Spieler über die Lautsprecher der Wii-Remote von einer panischen Frauenstimme den Notruf und das jeweilige Einsatzziel vermittelt. Dabei lässt sich grundsätzlich festhalten, dass es insgesamt vier verschiedene Arten von Einsätzen zu meistern gilt. Bei gelb gefärbten Einsatzorten agiert ihr als Zulieferer und müsst somit relativ simpel von Ort A nach B fahren, um die Einsatzstelle glücklich zu machen. Sehr ähnlich ist dies bei orange eingefärbten Missionen. Der Unterschied liegt einzig und allein darin, dass ihr für jede Lieferung eine bestimmte Zeitvorgabe erhaltet. Fahrt ihr zu einer roten Leuchtsäule und wollt den folgenden Einsatz meistern, so geht es ebenfalls darum, mit eurem Vehikel zu einem Zielort zu gelangen. Diesmal müsst ihr jedoch eine zerbrechliche Fracht transportieren. Hier solltet ihr Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmern und Passanten möglichst aus dem Weg gehen und stets die Schadensanzeige im Auge behalten sollte. Solche Unfälle geschehen meist aber wesentlich schneller, als manch einer denken mag. Alle Fahrteinsätze sind dabei je nach ausgewähltem Beruf anders „getarnt“, um der Abwechslungsarmut zumindest ein wenig entgegenzuwirken. Während es mit der Polizei darum geht, flüchtige Verbrecher zu schnappen, sie mit dem Wagen zu rammen oder schnell zur Prävention eines Verbrechens zu einem Einsatzort zu gelangen, gilt es als Sanitäter, Patienten in die Ambulanz zu bringen, neue Medikamente zu befördern oder gar wichtige Organe schnellstmöglich ins nächstgelegene Krankenhaus zu kutschieren. Als Feuerwehrmann müsst ihr dagegen hauptsächlich zu brennenden Hochhäusern eilen oder aber auch flüchtige Tiere einfangen und zu entsprechenden Ortschaften begleiten. Sehr bemerkenswert ist dabei auch die Art und Weise, wie Patienten eingesammelt und gerettet werden müssen: Ihr müsst sie nämlich schlichtweg mit dem Krankenwagen rammen. Toll, oder? Dass Codemasters dem Spiel eine gehörige Portion Humor spendiert hat, wird auch an einigen nicht ganz ernstzunehmenden Einsatzzielen deutlich, bei denen ihr beispielsweise als Polizist dringend andere Kollegen mit Donuts versorgen oder plündernde Pinguine aus fremden Gärten dirigieren müsst. Ebenfalls erwähnenswert ist die Tatsache, dass ihr umherlaufende Passanten auf den Straßen problemlos über den Haufen fahren und somit herumschleudern könnt, ohne dass sich dies negativ auf euren Spielstand auswirkt. Zeitweise wirklich spaßig anzusehen.

Crazy Taxi meets Minigames!
Die zweifelsfrei interessantesten Einsätze in Alarm! Brennpunkt City stellen die blau eingefärbten Minispiel-Einsätze dar, die jeweils Gebrauch von den Fähigkeiten der Wii-Remote machen und ebenfalls an den derzeitigen Berufsstand angepasst sind. So geht es als Feuerwehrmann darum, samt Pumpbewegungen mit der Wii-Remote Brände zu löschen, geöffnete Hähne zuzudrehen oder entlaufene Tiere herumzubugsieren, während ihr als tüchtiger Polizeibeamte neben der Jagd nach Dieben auch Ampeln reparieren, platte Reifen aufpumpen und sogar Bomben entschärfen müsst, indem ihr mit der Pointer-Funktion der Wii-Fernbedienung die richtigen Drähte aussucht und durchtrennt. Als Sanitäter müsst ihr unter anderem Einwohner mit gut getimten Herzmassagen wiederbeleben und sogar verschluckte Fliegen - mitsamt zur Verfügung gestelltem Röntgenbild - aus dem Atemtrakt des Patienten geleiten. Dabei sind alle Minispiele nicht besonders anspruchsvoll und dauern nur wenige Sekunden, vergleichbar beispielsweise mit einem Wario Ware, funktionieren aber dafür glücklicherweise weitestgehend problemlos. Mehr Abwechslung bei den einzelnen Einsätzen wäre dennoch mehr als angebracht gewesen, sodass ihr in jedem Bezirk sämtliche Aufgaben doppelt und dreifach erledigen müsst. Dies lässt die Motivationskurve auf Dauer leider stagnieren.
Neben dem Abklappern der einzelnen Aufträge könnt ihr auf den Straßen auch einige Extras einsammeln, die euch mehr Zeit verschaffen, eure Sirene aktivieren, mit der ihr für einen kurzen Moment den Zivilverkehr warnen und somit leichter zum Einsatzort gelangen könnt, oder das Chaos in der Stadt verringern, was sehr wichtig für das erfolgreiche Absolvieren eines Bezirkes ist. So befindet sich am rechten, oberen Bildschirmrand ein Chaos-Messer, der euch stetig angibt, wie stak das Chaos in der Stadt wütet. Verringert man das Chaos durch erfolgreich absolvierte Missionen und eingesammelte Extras, steigt das Ansehen der Institution und eine Beförderung steht an, die euch zu einem neuen Bezirk geleitet.
Zu erwähnen sei an dieser Stelle noch, dass man sich zu Beginn für einen Schwierigkeitsgrad von Leicht bis Schwer entscheiden kann. Während im leichten Schwierigkeitsgrad mehr Zeit zur Verfügung steht und erfolgreiche Einsätze auch mit mehr Zeit belohnt werden, steht im schweren Modus zwar weniger Zeit zur Verfügung, jedoch könnt ihr für jede gemeisterte Aufgabe auch wesentlich mehr Punkte einsacken und so euren Highscore weiter ausbauen.
Wie bereits erwähnt, ist Crisis City in insgesamt vier Bezirke eingeteilt, die ihr alle als Feuerwehrmann, Polizist und Sanitäter abschließen müsst. Habt ihr dies nach einigen Stunden geschafft, könnt ihr im „Crisis City-Modus“ die Stadt nach Belieben frei befahren und den Einwohnern zur Hilfe Eilen. Alle Absperrungen sind aufgehoben, die Uhr tickt nicht mehr gegen Euch und ihr könnt problemlos zwischen den drei Vehikeln wechseln. Hier geht es dann nur noch darum, euren Highscore zu verbessern.
Neben dem Karrieremodus für Einzelspieler können im „Party-Modus“ sämtliche zuvor freigespielten Minigames mit bis zu vier Veteranen gespielt werden. Dabei wird jeweils hintereinander und abwechselnd gespielt, sodass die Wii-Remote wie auch schon in Wario Ware: Smooth Moves weitergereicht werden muss. Habt ihr zwei Wii-Fernbedienungen parat, könnt ihr auch zu zweit gleichzeitig im Duell spielen.
Darüber hinaus bietet der „Party-Modus“ auch noch einige Herausforderungen für den Einzelspieler. Hier geht es darum, in einigen Rettungsdienst-Minispielen beispielsweise springende Bewohner von Häusern zu retten oder in medizinischen Minispielen eine ruhige Hand zu beweisen. Eine kleine, nette Dreingabe. Mehr aber leider auch nicht.
Über Technik und nervende Funkgespräche!
Codemasters verrücktes Notfallmanagement präsentiert sich im buntem, aber viel zu detailarmen und teils unscharfen Cartoon-Stil, welches die Messlatte im visuellen Bereich sicher auf keine neue Stufe stellt. Dafür passt der Grafikstil zur vermittelten, chaotischen und nicht ganz ernstzunehmenden Atmosphäre, in dessen Spielewelt sich immer und überall umherflitzende Einwohner und Fahrzeuge tummeln. Schade ist hingegen, dass man sich bei den Einwohnern nur für etwa eine Handvoll verschiedener Charaktermodelle entschieden hat, sodass sich diese ständig wiederholen. Nur selten gibt es Ausnahmen und man sieht beispielsweise einige der ausgebüchsten Tiere oder gar verrückt gewordene Mumien, die sich unter die Passanten gemischt haben. Ein Schadensmodell bei den einzelnen Vehikeln sucht man selbstverständlich ebenfalls vergeblich.
Die ausgewählten Musikstücke sind meist schnell, hektisch und passen zum gesamten Setting, können dank ihres Dudelcharakters und der Tatsache, dass sie sich innerhalb eines Bezirkes ständig wiederholen, dennoch nicht überzeugen. Die Soundeffekte mit hysterischen Sirenen-Sounds, klappernden Motorengeräuschen und schreienden Passanten tun ihr übriges dazu.
Die deutsche Sprachausgabe ist dabei ein zweischneidiges Schwert. Über Funk werdet ihr von eurer Leitstelle mit Ausrufen wie „Chaos!? Nicht mit dir, gut gemacht!“ gelobt, aber auch genauso schnell getadelt:“ Hast du keine Würde?! Du Verlieeeeeeeeeeeerer!“. Dies kann zwar in den ersten Stunden ein ganz nettes Feature sein, dürfte den meisten angesichts der übertrieben hysterischen Stimme, aber spätestens nach einigen Stunden auf den Geist gehen. Fazit: Codemasters hat mit Alarm! Brennpunkt City eine humorvolle, kurzweilige und durchaus spaßige Rettungswagen-Hetzerei erschaffen, die sich im Prinzip am besten als Mix aus Crazy Taxi und den Minigames aus Wario Ware beschreiben lässt. Leider werden die teils wirklich guten Ansätze und Ideen durch zu wenig Abwechslung, Tiefgang und einer höchstens durchschnittlichen Technik überschattet. Freunde von abgedrehten Konzepten könnten sich den Titel dennoch einmal ansehen, zumal der Titel schon für rund 35 Euro erhältlich sein sollte.
Von Kamil Witecy
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| Wertung für das Spiel Alarm! Brennpunkt City | |
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| 5.8 | Grafik Zum Setting passender Comic-Look, der jedoch zu detailarm ist, ein wenig inspirationslos wirkt und ohne entscheidende Höhepunkte auskommt. | |
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| 6.0 | Sound Hektische, aber durchaus passende Musikstücke, denen es jedoch an Abwechslung mangelt, treffen auf eine mehr als zwiespältige, deutsche Sprachausgabe. | |
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| 7.0 | Steuerung Solide, arcadige Fahrzeugsteuerung und funktionierende, jedoch teils zu anspruchslose Steuerung bei den Minispielen. | |
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| 6.8 | Gameplay Abgedrehter Mix aus Crazy Taxi und Minispielen mit guten Ansätzen, jedoch viel zu wenig Abwechslung und Tiefgang. | |
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| 6.5 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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