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Star Trek Conquest
Review von Andreas Held (mail) | 01.06.2008

Die einen mögen es, die anderen halten es für Schwachsinn: Science Fiction. Erstere sind seit Jahrzehnten von einer Serie namens Star Trek fasziniert. Die Serie "Star Trek: The Next Generation" begleitet dabei das Raumschiff Enterprise bei der Erforschung bislang unbekannter Galaxien, in denen die Crew oft auf übernatürlich wirkende Phänomene stößt, die dann (nach gründlicher Erforschung des Gebiets) immer naturwissenschaftlich erklärt werden können. Daraus könnte man sehr gut ein interessantes Videospiel machen, in denen fremde Welten erforscht und Probleme bewältigt werden müssen - gerade die Entwickler von Bethesda Softworks, die durch ihre Elder-Scrolls-Reihe für frei erforschbare Welten bekannt sind, scheinen die besten Ansprechpartner für diese Aufgabe zu sein. Nach dem Erwerb der Star-Trek-Lizenz bescherten sie Xbox-Spielern jedoch das durchschnittliche Star Trek: Legacy, einen Taktik-Shooter, in dem Schlachten aus der Serie nachgespielt werden konnten. Und wenn man die Lizenz schon einmal hat, kann man Wii-Jüngern ja gleich auch eine abgespeckte Version des Titels unterjubeln.

Star Trek Wars
Alle Werte und Regeln, die "The Next Generation" vermittelt, werden in Star Trek Conquest komplett über den Haufen geworden. Statt (wie in der Serie) nach mehr Wissen zu streben, stehen die Menschen im Krieg mit den Klingonen, Romulanern, Dominion, Breen und Cardassianern. Allen Völkern geht es ausschließlich um die Eroberung der Galaxie und das Auslöschen der jeweils anderen Rassen. Kenner der Serie werden sich noch öfter wundern, wenn z.B. die Klingonen mit hinterhältigen Spezialwaffen angreifen, die den Kapitän eines Schiffes mit einem Virus infizieren, oder wenn gleich mehrere Borg-Kuben in unbesetzten Gebieten als Kanonenfutter herhalten müssen. Hier wird sehr schnell klar, dass sich die Entwickler nur einige Eckdaten besorgt haben, um dann ein paar Rassen und Schiffe aus der Serie in ein Spiel einzubauen, das eine völlig andere Charakterdarstellung vertritt. Eine letzte Enttäuschung erwartet Fans, wenn sie feststellen müssen, dass zentrale Charaktere wie Jean-Luc Picard im Spiel fehlen und auch Worf bei den Klingonen nirgendwo zu finden ist. Stattdessen tauchen bei jeder Rasse drei Admiräle auf, die zwar in der Serie vorkommen, aber dort nur eine Nebenrolle spielen und daher einen sehr geringen Wiedererkennungswert haben. In jedem Fall wurde die Star-Trek-Lizenz mit Füßen getreten und Fans der Serie werden sich nicht sehr heimisch fühlen.

Risiko im Weltall
Der größte Hammer kommt jedoch noch: Star Trek Conquest ist ein Brettspiel. Ein Brettspiel, welches keinen Zweispielermodus bietet und deshalb nur alleine gespielt werden kann - Review beendet.

Naja, ganz so einfach haben wir es uns natürlich nicht gemacht. Jedes Spiel soll seine Chance bekommen. Das Regelwerk ist glücklicherweise schnell verstanden, da der wirtschaftliche Aspekt von Star Trek Conquest kaum komplexer ist als bei den meisten Browsergames. Jede Rasse hat einen Heimatplaneten, auf dem jedem der drei Admiräle eine Flotte zugewiesen werden kann. Diese könnt ihr mit bis zu sieben Raumschiffen ausstatten, wobei ihr die Wahl zwischen Aufklärungsschiffen, Jägern und Kampfschiffen habt. Diese Flotte kann durch frontale Angriffe weitere Planeten einnehmen, auf denen ihr dann eine Sternbasis (nötig zum Bau und zur Reparatur von Schiffen) sowie ein Zusatzgebäude bauen könnt. Hier müsst ihr euch dann zwischen einer Minenkolonie (bringen mehr Geld, das zum Bau von Schiffen und Sternbasen nötig ist) und einer Forschungsstation entscheiden. Eine Forschungsstation beschäftigt sich mit dem Entwickeln von Upgrades (stärkere Schiffe, reduzierte Baukosten usw.) sowie dem Bau von Spezialwaffen, die von den erwähnten Viren über Wurmlochgeneratoren bis hin zu Geschossen reichen, mit denen ihr eine Flotte direkt schwächen könnt. Um all das zu bewerkstelligen, sind alle Sonnensysteme in ein Spielbrett eingeteilt, wobei sich jede Flotte bis auf weiteres pro Spielzug ein Feld weit bewegen kann. Hat eine Rasse ihre Heimatwelt verloren, können die noch existierenden Flotten versuchen, diese zurückzuerobern - werden auch sie dabei besiegt, gilt die jeweilige Rasse als ausgelöscht. Auch wenn das alles sehr simpel klingt, entwickelt Star Trek Conquest im Verlauf einer Spielrunde schon eine gewisse taktische Tiefe. Ihr müsst eure drei Flotten gut koordinieren, da sonst schnell eine ganze Kette von Galaxien unbewacht ist und ein Planet nach dem anderen an den Feind fällt. Weiterhin ist es von Vorteil, wenn ihr mehrere Flotten um die Heimatwelt des Gegners herum stellen könnt, um dann in einer Runde mehrmals angreifen zu können. Flotte Nummer eins schächt den Gegner, zieht sich zurück und wird repariert, danach fällt die zweite Flotte ins gegnerische Gebiet ein und erledigt den Rest. All das sind gültige Spielzüge, die auch von der KI regelmäßig angewandt werden. Lücken, die man ausnutzen könnte, um sich einen leicht verdienten Sieg zu erschleichen, gibt es nicht.



Kommt es dann tatsächlich zu einem Kampf zwischen zwei Flotten oder einer Flotte und einer gegnerischen Sternbasis, hebt sich das Spiel endlich von einem normalen Brettspiel ab. Dann wechselt es nämlich in einen Shooter-Modus, in dem das Geschehen aus der Vogelperspektive gesehen wird und ihr selbst ein Schiff steuert, während alle anderen Raumfahrzeuge von der KI gesteuert werden. Um zu gewinnen, müsst ihr mit der Wiimote auf feindliche Schiffe zielen und dabei zunächst deren Schutzschilde durchdringen. Hier wird es interessant: Tatsächlich hat jedes Schiff sechs verschiedene Schilde, die jeweils einen Teil eines um das Schiff gezeichneten Kreises schützen. Ziel ist es nun, die Schilde des Gegners zu zerstören und Lücken auszunutzen, während ihr selbst versuchen solltet, dem Gegner durch Drehen eures Schiffes nur Schutzschilde zu präsentieren. Das ist gar nicht so einfach und vor allem die KI hat damit Probleme, weshalb eure eigenen Offiziere in einigen seltenen Fällen auch gegen wesentlich schwächere Gegner fallen wie die Fliegen. Trotzdem ist es eigentlich unmöglich, mit einer kleinen Flotte durch gute spielerische Leistungen übermächtige Gegner zu bezwingen. Dafür ist das Spiel einfach zu träge, Ausweichen praktisch unmöglich und der Ausgang der Schlacht zu stark von Statuswerten abhängig. Das ist jedoch so gewollt, da sonst der taktische Aspekt des Spiels zu stark untergehen würde. Die Schießereien machen trotzdem Spaß, gerade weil man sehr sorgfältig zielen muss, um die Schilde des Gegners zu umgehen und dabei ständig in Bewegung bleiben muss, da man sonst zu Kanonenfutter wird. Das Ganze kommt jedoch mit zwei riesigen Krähenfüßen einher: Zum einen mangelt es dem Spiel sehr stark an Abwechslung, weshalb die Raumschlachten gerade beim Einnehmen einer Reihe gegnerischer Sternbasen fast schon lästig werden, zum anderen sinkt die Spielgeschwindigkeit beim Kampf von zwei großen Flotten aus irgendeinem Grund auf etwa die Hälfte ab, was den Titel fast unspielbar macht. Um diese beiden Probleme zu umgehen, können Schlachten auch einfach simuliert werden - dann verliert Star Trek Conquest jedoch auch all diejenigen Qualitäten, die es von einem Brettspiel abheben.

Ein Universum voller verschenktem Potential
Oft werden wir in unserer Redaktion mit Drittherstellerspielen konfrontiert, die von vorneherein völlig unspielbar und undurchdacht sind. Star Trek Conquest hätte jedoch durchaus Potential gehabt, wenn sich hinter dem Menüpunkt "Kampagne" eben auch wirklich eine Kampagne befunden hätte - und kein Brettspiel. Die Mischung aus Aufbaustrategie und 2D-Shooter könnte richtig Spaß machen, wenn es für jede Rasse einfach zehn verschiedene Spielbretter gegeben hätte, auf denen man sich nach und nach mit allen Rassen auseinandersetzen müsste. So bleibt ein Titel ohne jegliche Langzeitmotivation. Denn allerspätestens, wenn das Spiel mit allen Rassen einmal gewonnen wurde, gibt es keinen Grund, die Scheibe noch einmal ins Laufwerk zu legen. Umgekehrt wäre wohl selbst Starcraft bei weitem nicht so beliebt, wenn es nur eine einzige Karte geben würde, auf der Terraner, Zerg und Protoss die immer gleiche Schlacht austragen würden. Natürlich hätte Star Trek Conquest niemals die Spieltiefe eines Starcraft erreichen können, bei entsprechender Nutzung des Potentials wäre jedoch ein spaßiger Shooter mit leichter Strategiekost dabei herausgekommen. Schade!

Auch technisch ist Star Trek Conquest bei weitem keine Katastrophe. Das Spielbrett und die Menüs sind zweckmäßig gestaltet, übersichtlich gehalten und intuitiv mit dem Pointer zu bedienen. Außerdem hat jede Rasse ihr völlig eigenes Interface, die dem Spiel einen eigenen Look verpasst. Bei Raumschlachten seht ihr im Hintergrund den umkämpften Planeten, sehr kleine, aber für ihre Größe angemessen detaillierte Raumschiffe und wesentlich größere, ebenso detaillierte Sternbasen. Auch Explosionen sehen toll aus: Zerstörte Basen zerbersten in mehrere Stücke, die nicht einfach verschwinden, sondern kontinuierlich durch den Weltraum reiben. Schade ist nur, dass das Ganze auf Kosten der Spielbarkeit geht, denn die extremen Einbrüche in der Spielgeschwindigkeit sind schon fast der Hauptkritikpunkt am ganzen Spiel. Soundtechnisch sieht es ähnlich aus: Zwar verwöhnt das Spiel eure Ohren mit toller, orchestraler Musik im Stil des Soundtracks der Serie, dafür sorgt die furchtbare Sprachausgabe fast schon dafür, dass der Mute-Button gedrückt werden muss. Amateurhafte Sprecher sind eine Sache, aber ein patriotisches "For the Empire!" oder stupide Einzeiler will fast niemand hören. Viele Sprüche haben auch keinerlei Bezug zum Spielgeschehen, weshalb sich oft sehr merkwürdige Sätze ergeben, wenn das Spiel mehrere Sprachsamples aneinanderreiht: "Our shields have been destroyed. We are victorious!"

Fazit:
Star Trek Conquest hat sehr viele Fehler, die man hätte verzeihen können: Der geringe Bezug zur Serie und die fehlende taktische Tiefe wären kein Todesurteil gewesen, wenn das Spielprinzip vernünftig umgesetzt worden wäre. Dann stünde nämlich jetzt ein eingängiger Shooter mit netten taktischen Elementen in den Regalen, der zur UVP von 30€ wirklich hätte empfohlen werden können. Da jedoch selbst der Kampagnen-Modus nur eine einzige Schlacht bietet, in der jeder gegen jeden Kämpft und auf der immer gleichen Karte gekämpft wird, verkommt Star Trek Conquest insgesamt nach allen gültigen Definitionen zu einem Brettspiel, dem ein fehlender Multiplayermodus einfach nicht verziehen werden kann. Einzelspieler stören sich unterdessen an der Tatsache, dass ab einem gewissen Punkt im Spiel, wenn alle Flotten eine gewisse Größe erreicht haben, die Spielgeschwindigkeit unzumutbar wird und keinen Spielspaß mehr aufkommen lässt. Star Trek Conquest ist ein Spiel mit vielen guten Ansätzen und netter Technik, das jedoch in dieser Form kaum mehr als ein paar Stunden unterhalten kann. Letztendlich bleiben beim Spieler ein fader Beigeschmack und sehr viel verschenktes Potential auf der Seite des Spiels selbst.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Star Trek Conquest
Wertungen Beschreibung
6.8Grafik
Zweckmäßige Menüs, nette Details, tolle Explosionen, bei großen Flotten jedoch leider auch eine unzumutbare Spielgeschwindigkeit.
7.4Sound
Ein orchestraler Soundtrack und passende akustische Effekte treffen auf eine amateurhafte, inhaltlich stupide Sprachausgabe.
8.0Steuerung
Intuitive Menüs, auch die Pointer-Steuerung während der Raumschlachten funktioniert sehr gut.
4.5Gameplay
Mit einem vernünftigen Kampagnenmodus wäre es ein netter Titel gewesen, so bleibt Star Trek Conquest ein Brettspiel, das bestenfalls ein paar Stunden lang motivieren kann.
5.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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