Review von Lars Peterke (mail) | 26.12.2006
Woran denkt man beim Schlagwort „Trendsport“ im Bereich Videospiele? Richtig, Tony Hawk. Der Birdman aus Kalifornien, der als erster eine zweieinhalbfache Drehung um die Körperlängsachse (= 900°) in der Halfpipe geschafft hat. Genau dieser hat seinen Namen nämlich wieder einmal für ein neues Skateboard-Game hergegeben. Nach Tony Hawks Pro Skater 1-4, den beiden Underground-Episoden und dem siebten Teil mit Namen „AmericanWasteland“ wird nun zum ersten Mal in der Seriengeschichte ein totaler Hybrid in die Regale geworfen. Das Ganze trägt den Beinamen „Downhill Jam“ und lässt sich vom Spielprinzip her mit der Aussage „SSX Tricky mit Skateboards“ sehr präzise beschreiben.
SSX Downhill Hawk Tricky
Das Erste, was einem bei dem Spiel nach dem Anschalten auffällt, ist, dass man hier etwas vorgesetzt bekommt, dass mit den herkömmlichen Hawk-Games wenig bzw. gar nichts gemeinsam hat. Ein kurzes Intro zeigt, worum es geht: Ihr düst mit einem Board einen Abhang hinunter. Diese Tätigkeit ist im Spiel selbst natürlich sehr abgedreht dargestellt und ihr kurvt durch irgendwelche Burgen, Downtown San Francisco oder Rio. Währenddessen macht ihr Tricks und hängt natürlich eure Mitstreiter ab. Denn nur der Erste im Ziel kassiert massig Punkte. Eure Aufgaben variieren in den Levels natürlich. Spieltechnisch präsentiert sich das als ein Haufen einzelner Herausforderungen, in denen ihr entweder einen ganzen Level hinuntersaust oder nur einen kleinen Levelpart spielt.
Ihr müsst dann meist im Rennen als Erster durch das Ziel kommen oder einfach nur schneller als euer Gegner sein. Hier präsentiert sich das Spiel einfach nur extrem schwer und besonders auf kürzeren Strecken zerstört ein einziger Fehler euren Sieg. Dann gibt es noch Trick-Herausforderungen, bei denen man während des Downhill-Skatens bestimmte Highscores knacken muss. Dabei sind die Level dann durch Items an Rampen oder anderen markanten Punkten versehen, die euch beim Passieren einen Multiplikator auf eure Trickcombo geben oder einen Slow-Motion-Effekt einleiten, der euch im Rampenabsprung mehr Zeit für Tricks gibt. Im Slalom-Modus müsst ihr gegen die Zeit fahren und dabei durch spezielle Ringe fahren, die euch einen Zeitbonus geben. Je nach Restzeit bekommt ihr dann am Ende Punkte.
Die Punkteverteilung wird je nach Platzierung in Bronze (ein Punkt), Silber (zwei Punkte) und Gold (drei Punkte) vorgenommen. Ihr bekommt zu Beginn einen kleinen Haufen an Herausforderungen, durch die ihr in einer Art Baumstruktur durchwühlen müsst. Euch ist dabei ein bestimmtes Punktelimit gesetzt. Erreicht ihr dieses durch das Absolvieren der Herausforderungen mit entsprechender Platzierung, steigt ihr eine Stufe auf und erhaltet einige neue Aufgaben, die es zu lösen gilt. Dieses Gesamtkonzept stellt dann den Modus „Downhill Herausforderung“ dar. Und das war es. Mehr Modi gibt es eigentlich nicht. Einen Karrieremodus sowie Storymodus oder einen Free-Ride Modus zum Trainieren gibt es nicht. Es wird hier bei den zusammenhangslos aneinandergereihten Herausforderungen belassen, wo ihr euch dann einfach nur bis zur finalen Aufgabe durchkämpfen müsst. Das Spiel lockt dabei mit freispielbaren Boards, Charakteren und Levels.
Wii skatet man?
Nach stundenlangem, konzentriertem Schubladendenken kategorisiert man dieses Spiel als Fun-Racer. Zumindest im gewissen Sinne. Und da es für Wii-Racer ganz hipp ist, halten wir unsere Wii-Mote horizontal. Sprich: Lenken durch Neigen der Wii-Mote. Gesprungen wird mit der Zwei. Hält man die Taste, geht man in die Hocke, um an Geschwindigkeit zu gewinnen. In der Luft dient die Taste für Grab-Tricks. Grinden kann man mit der Eins. In der Luft führt ihr mit dieser Taste Flip-Tricks wie Kickflip oder Heelflip aus. Jeder Trick lässt sich in der Luft durch parallelen Druck einer Steuerkreuz-Richtung variieren und ihr erzaubert einen Madonna, Canonball, Airwalk und Co. Befindet man sich auf dem Boden der Tatsachen, kann man mit dem Steuerkreuz oder der Eins-Taste umherstehende Passanten, Touristen oder Kontrahenten anrempeln, umschubsen oder wegtreten. Dies gibt euch - ebenso wie Tricks - Punkte und füllt eure Special-Leiste. Ist diese voll, blinkt unten der bekannte „Special“-Schriftzug und mit der Taste A führt ihr dann in der Luft Special-Moves aus, die dann eure Zone Bone Anzeige füllen. Ist dies erfolgt, leuchtet ein Flammenkranz über selbiger und durch rütteln der Wii-Mote (auf und ab) bekommt ihr einen Geschwindigkeitsboost. Dieser ist besonders später im Spielverlauf unerlässlich für euren Sieg.

Verkorkste Technik und was es sonst so gibt
Tony Hawks Downhill Jam klingt interessant. Man müsste dem Spiel dankbar sein, da es eine Abwechslung zu den bisher fast immer gleichen Skatergames darstellt. Aber wie gesagt: müsste. Die Realität sieht leider anders aus. Hier wären wir beim Contra der Steuerung angelangt. So simpel und logisch sie zwar gestrickt sein mag, sie wurde in technischer Hinsicht einfach nur schlecht umgesetzt. So funktioniert das Lenken des Skaters recht ungestüm - es bedarf einiger Eingewöhnungszeit. Und wenn man den Dreh dann einmal raus hat, fühlt sich das Ganze trotzdem nicht sonderlich intuitiv an. Schlimmer noch ist es beim Ausführen der Geschwindigkeitsboosts, die man durch wiederholtes Schütteln der Wii-Mote ausführt. Oft kommt es vor, dass ihr die Boosts beim kurvigen Lenken einfach ungewollt auslöst. Hier kommt dann auch der größte Kritikpunkt des Spiels zu Tage: Besonders in kurvigen Levelbereichen verliert ihr einfach die Kontrolle, durch Motionblur-Effekte erkennt ihr kaum noch die Strecke und macht dann unweigerlich Bekanntschaft mit der katastrophalen Kollisionsabfrage des Spieles. Knallt ihr mit euren Skater gegen eine Säule oder andere Objekte, insbesondere Bewegliches wie Autos oder Straßenbahnen, prallt ihr ziemlich unrealistisch davon ab. An einigen Kanten bleibt ihr einfach kurz hängen, sodass man irgendwann nur aus purer Sicherheit mit der Grind-Taste Eins im Anschlag durch die Levels brettert. Den Rest geben euch dann die mysteriösen „Interviews“ zu Beginn von jedem Level, bei denen einer der Charakter irgendwelchen Stuss in komischer deutschen Synchronisation von sich gibt. Zum Glück kann man dieses wirklich "nützliche" Feature im Menü abschalten.
Hier ist dann auch leider der Punkt, an dem man knallhart sagen muss: Gutes Konzept, aber schlecht umgesetzt. Es gibt abseits von der Kritik an der Steuerung noch einige weitere Mängel. Zwar läuft das Spiel jederzeit flüssig, allerdings bekommt man hier wieder einmal die alte Tony Hawk Engine aufgesetzt und das Spiel präsentiert sich optisch auf einem drei Jahre altem Niveau, bei dem Tony Hawks Pro Skater 4 locker mithalten kann. Zudem sind alle neun Skater, zwischen denen ihr am Anfang wählen dürft, offenbar aus einer komischen Cartoonserie entsprungen und das einzig bekannte Gesicht ist Tony Hawk selbst. Wer dachte, er könne mit Bam Magera oder sonst einem bekannten Gesicht skaten, der wird enttäuscht. Auch der „Mach-Dir-Den-Skater“-Modus wurde in diesem Spiel stark in Mitleidenschaft gezogen. Es sind nur noch rudimentäre Funktionen bei der Gestaltungen des eigenen Rollbrettfahrers möglich. Kein Vergleich zu Episoden wie „American Wasteland“, wo man jedes Detail am Skater ändern konnte.
Retter in der Not? Multiplayer und Sound
Einen Multiplayer mit bis zu drei Mitspielern gibt es ebenfalls. Hier kann man ein „Schnelles Spiel“ (Rennen mit bis zu vier Spielern) starten. Alternativ lassen sich auch Einzelevents (Rennen, Slalom, Trick, etc.) oder eine Kombination dieser Events als so genannte Eventreihe daddeln. Allerdings ist Tony Hawks Downhill Jam ein Spiel, das man üben muss, bevor man es spielen kann. Ergo: Es ist nicht sonderlich einsteigerfreundlich, weshalb eine „schnelle Runde“ mit Freunden praktisch unmöglich ist. Der große Retter in der Not ist dann der Sound. Die typischen Skateboard-Geräusche kommen in guter Qualität aus der Wii-Mote und das Spiel präsentiert sich mit einem gewohnt genialen Soundtrack aus verschiedensten Rock, Punk oder Hiphop-Tracks. Wer durch Hiphop-Gräuel etwas gegen diesen Abwechslungsreichtum hat, kann auf vorgefertigte Playlisten der Skater zurückgreifen oder seine eigene Abfolge erstellen. Schade nur, dass man hier nicht ähnlich dem Spiel Excite Truck seine eigenen Mp3s von der SD-Karte beim Spielen hören kann. Fazit: Tony Hawks Downhill Jam hätte sehr gut werden können. Das merkt man auch beim Spielen, denn dieses Spiel hat wirklich tolle Momente, man will fast von "spaßig" und "motivierend" reden. Allerdings machen die Schnitzer in Technik und Steuerung alles kaputt. Dennoch: Im Bereich der „Rennspiele“ ist dieses Spiel zum Launch die Referenz, denn GT Pro Series sowie Monster 4x4 konnten nicht überzeugen. Tony Hawks Downhill Jam ist sicher mit Vorsicht zu genießen, doch Freunde von SSX Tricky und Co. dürfen gerne mal einen Blick riskieren.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Tony Hawk's Downhill Jam | |
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| 6.0 | Grafik Angestaubtes GameCube-Mittelmaß. | |
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| 8.6 | Sound Klasse Soundtrack und Soundeffekte, nervige Interviews. | |
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| 5.3 | Steuerung Sehr simpel, allerdings technisch schwach umgesetzt. | |
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| 7.0 | Gameplay Abseits von einigen groben Schnitzern und nach etwas Einarbeitungszeit recht spaßig. | |
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| 7.1 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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