Review von Andreas Held (mail) | 17.05.2008
Im Rennen um den Wii-Titel mit dem längsten Namen schickt Tomy nun einen sehr potenten Vertreter ins Rennen: "Naruto: Clash of Ninja Revolution - European Version" belegt hier sicherlich einen der vorderen Plätze, hat jedoch mit gerade mal 41 Buchstaben keine Chance gegen Dragon Quest Swords: The Masked Queen and the Tower of Mirrors. Nichtsdestotrotz eilt der Clash of Ninja-Serie ein guter Ruf voraus: Die beiden GameCube-Titel erfreuten sich großer Beliebtheit und galten als Lichtblicke im grauen Einheitsbrei schlechter Lizenzspiele. Mittlerweile liegt die Messlatte jedoch viel höher: Atari schickte mit DBZ Budokai Tenkaichi 3 einen harten Konkurrenten ins Rennen und Ubisoft konnte letztes Jahr mit Naruto: Rise of a Ninja voll auftrumpfen - ein Titel, der neben einem ausgefeilten Kampfsystem auch einen tollen Single-Player-Modus bieten konnte, in dem Konohagakure frei erforscht und in bester GTA-Manier allerhand Sidquests erledigt werden konnten. Ob der von Tomy exklusiv für Wii entwickelte Titel hier wohl mithalten kann?
Nein.
Es dauert nur wenige Minuten, bis man erkennt, dass Naruto für ein Beat'em-Up wirklich nur das Allerallernötigste bietet. Das Auswahlmenü bietet einen Einzel- und einen Multiplayermodus, einen "Missionen" genannten Storymodus und einen Punkt, der auf den Namen "Minispiele" hört. Als optimistischer Spieler wagt man sich hier natürlich zuerst an den Storymodus, der gerade im Vergleich zum Xbox360-Titel eine extreme Enttäuschung ist. Hier wird zunächst mit ein paar Zeilen Text die Handlung der ersten zwei Staffeln umrissen, bis das Spiel dann mit einem Tutorial an dem Punkt ansetzt, an dem Naruto mit Jiraiya sein Training beginnt. Überraschenderweise nutzt das Spiel zur Erklärung der Steuerung dieses Wii-exklusiven Titels die Tasten eines Xbox360-Controllers, und es muss zunächst erraten werden, welcher Knopf auf dem unterstützten Controller jeweils mit LT, RT und Kreisen in den Farben rot, gelb, grün und blau gemeint ist. Unterstützt werden übrigens alle Controller, die man überhaupt an eine Wii anschließen kann, von nur Wiimote über Wiimote plus Nunchuk oder Classic-Controller bis hin zu GameCube-Pads; einige Spezialattacken lassen sich jedoch nur dann ausführen, wenn man mit Wiimote und Nunchuk spielt. Das eigentliche Problem an der Steuerung ist jedoch, dass diese sehr schlecht ist, viele Angriffe reagieren nur sehr verzögert. Bereits die zweite Mission, in der mit einer Defensivbewegung Kunais abgewehrt werden müssen, ist fast unmöglich, da die Steuerung hier so verzögert reagiert, dass ihr theoretisch schon das Kommando eingeben müsstet, bevor der Kunai überhaupt geworfen wird. Das Schema des Storymodus ist dabei immer gleich: Zuerst wird mit Standbildern und ein paar Zeilen Text die Situation erklärt, danach muss mit einer kleinen Zusatzbedingung ("Du hast nur 50 Prozent deiner Einergie!" oder "Du darfst nur schwache Angriffe benutzen!") ein Kampf gewonnen werden. Und die nächsten Textzeilen werden angezeigt. Nach etwa zehn Minuten kommt unerträgliche Langeweile auf.
Der Einzelspielermodus steht dabei nicht sehr viel besser. Es gibt die üblichen Spielmodi wie Arcade, Einzelkampf, Time Attack und Survival. Der endgültige Todesstoß für Clash of Ninja Revolution ist das Kampfsystem selbst. Das Hauptproblem ist einfach, dass man zwar theoretisch eine durchschnittlich hohe Anzahl Moves zur Verfügung hat, sich jedoch in einen großen spielerischen Nachteil bringt, wenn man versucht, diese einzusetzen, da sie (wie bereits erwähnt) in ihrer Ausführung viel zu langsam sind. Die einzige Möglichkeit, mit einem Charakter schnelle Combos auszuführen, ist wiederholtes Drücken des B-Knopfes. Das heißt im Klartext: Der Arcade-Modus lässt sich problemlos mit einem Finger beenden, indem man einfach wiederholt auf den B-Knopf hämmert. Theoretisch kann man sich also auch einen Lego-Roboter bauen, der das Spiel für einen durchspielt. Danach folgen ein paar Videosequenzen aus dem Original-Anime, die jedoch nicht auf den gewählten Charakter zugeschnitten sind.

Hinter dem Punkt "Minispiele" verbirgt sich dann letztendlich das Shuriken-Werfen. Hier wird mit dem Pointer der Wii-Remote ein roter Punkt gesteuert, der letztendlich als "Fadenkreuz" dient, mit dem ihr 60 Sekunden lang auf Pappfiguren zielen müsst. Dafür erhaltet ihr Punkte, jedoch gibt es noch eine Zusatzregel: Für das Abwerfen männlicher Charaktere gibt es Pluspunkte; wenn ihr einen weiblichen Charakter trefft, setzt es dafür jedoch heftige Strafen. Das lassen wir jetzt als kleines Kuriosum einfach mal unkommentiert so stehen. Ob es eventuell noch weitere, freischaltbare Minispiele gibt, ist unbekannt, da die sage und schreibe sechs Seiten lange Spielanleitung (Garantiehinweise und Platzhalter für Notizen nicht mitgezählt) hierzu keine Informationen gibt. Eins ist jedoch sicher: Auf die Wertung hätten diese sich auch nicht mehr ausgewirkt.
Recht gute Nutzung der Lizenz
Eines muss man Clash of Ninja Revolution jedoch lassen: Es hat eine klar definierte Zielgruppe, die von dem Titel auch voll angepeilt wird. Darauf lässt auch schon folgender Warnhinweis auf der Verpackung schließen: "Um in den vollen Genuß des Spiels zu kommen, sind Lesekenntnisse erforderlich!" Tomy peilt hier genau die Leute an, die sich nach Schulschluss um das gemeinsame Mittagessen drücken, um sich auf RTL II die deutsch synchronisierten Naruto-Folgen anzusehen.
Bei aller Kritik muss man sagen, dass Naruto-Fans tatsächlich einiges geboten bekommen. Die insgesamt 20 spielbaren Charaktere sind detailliert nachgebaut und vor allem sehr flüssig animiert, weshalb schon eine gewisse Atmosphäre herüberkommt. Die Arenen sehen dafür sehr karg aus und es gibt insgesamt auch nur sechs Stück. Trotzdem kann Clash of Ninja tatsächlich als Grafikblender bezeichnet werden, denn wenn sich vier Charaktere gleichzeitig auf dem Brett befinden, die alle schnell und flüssig animiert sind, sieht das für Wii-Verhältnisse schon recht ansehlich aus. Ein weiterer netter Nebeneffekt ist, dass alle Single-Player-Modi auch kooperativ im Team gespielt werden und vier menschliche Spieler herausfinden können, wer von ihnen am schnellsten den B-Knopf drücken kann. Fairerweise sollte hier jedoch sagen, dass Capcom exakt dieses Spielprinzip bereits vor neun Jahren mit Power Stone auf der Dreamcast wesentlich besser umgesetzt hat. Auf akustischer Seite runden ein dem Stil der Serie gerechtwerdender Soundtrack und die englischen Originalsprecher der Serie das Fanservice-Paket ab.
Fazit: Betrachtet man die reine Spielmechanik von Naruto: Clash of Ninja Revolution - European Version (ich liebe diesen Titel), muss man von einem objektiven Standpunkt aus sehr schnell feststellen, dass das Kampfsystem katastrophal und das Lizenzspiel somit auf eine Stufe mit Rise of the Robots zu stellen ist. Das einzige, was den Titel aus den ganz argen Untiefen des Wertungskellers herausheben kann, ist die sehr gute optische Umsetzung, die Clash of Ninja Revolution gerade noch als einen Grafikblender durchgehen lässt, den eingefleischte Fans der Serie trotz allen Kritikpunkten verteidigen werden. Jeder Leser, der weniger als zwei Naruto-Poster in seinem Zimmmer hängen hat, sollte jedoch trotzdem einen großen Bogen um diesen Titel machen - erfahrene Beat'em-Up-Spieler werden nach spätestens einer halben Stunde das Pad in die Ecke legen und zu besseren Titeln wie Virtua Fighter 5 oder Dead or Alive Ultimate greifen. Wer nicht unbedingt alles haben muss, auf dessen Packung "Naruto" steht, dem sei als Alternative der Xbox360-Titel "Naruto: Rise of a Ninja" ans Herz gelegt, der Clash of Ninja Revolution so weit überlegen ist, dass die beiden Spiele schon fast nicht mehr miteinander verglichen können werden. Es kommt hier auch nicht auf die Hardware an, denn mangelnde HD-Fähigkeiten sind keine Entschuldigung für den mangelnden spielerischen Anspruch, den der Ubisoft-Titel mit seinem wesentlich durchdachteren Kampfsystem und dem exponentiell besser umgesetzten Single-Player-Modus definitiv hat.
Von Andreas Held
|
|
| Wertung für das Spiel Naruto: Clash of Ninja Revolution | |
| |
 |  | |  |
|  | |
| 7.4 | Grafik Schwache Arenen, dafür toll umgesetzte und vor allem sehr flüssig animierte Charaktere, die den Stil der Anime-Serie einfangen. | |
|  | |
| 7.0 | Sound Durchschnittliche Soundkulisse, die von den Originalsprechern (aus der Sicht von Fans) aufgwertet wird. | |
|  | |
| 4.0 | Steuerung Es gibt Spezialattacken, mit denen man sich jedoch in den Nachteil bringt, da ihre Ausführung zu lange dauert. Simples Hämmern auf den B-Knopf ist die effizienteste Spielweise. | |
|  | |
| 4.9 | Gameplay Nicht mehr als das absolute Skelett eines Beat'em Ups. Heute nicht mehr zeitgemäß. | |
|  | |
| 5.5 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
|

|