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Die Geheimnisse der Spiderwicks
Review von Burkhart von Klitzing (mail) | 14.04.2008

Filmspiele. Da, ich habe es ausgesprochen oder eher niedergeschrieben; das böse Wort. Die einzige Art von Spielen, die wohl einen noch schlechteren Ruf genießt, sind jene, die anstelle eines Films beispielsweise eine Band (Revolution X mit Aerosmith) oder andere ähnlich unpassende Persönlichkeiten (Michael Jordan in Chaos in Windy City) in den Mittelpunkt stellen. Das ändert nichts daran, dass zig Softwareschmieden zu großen und kleinen Hollywoodwerken ein ums andere Mal ein meist liebloses Stück Datenwust auf Konsolen und PCs loslassen. Wenn dann auch noch wie bei "Die Geheimnisse der Spiderwicks" eine Firma wie Stormfront Studios auf die Leinwandvorlage losgelassen wird, nachdem sie die Welt mit Titeln wie Tony La Russa Baseball 3: 1996 Edition und Hot Wheels Turbo Racing bedacht hat, ist die Skepsis groß. Nicht so vorschnell. Zwei Dinge sollten den geneigten Leser davon abhalten, Sierras Action-Adventure zu schnell als mieses Machwerk abzustempeln: Zum einen schufen die Stormfront Studios mit Herr der Ringe – Die Zwei Türme ein hochgelobtes Filmspiel zu einer Zeit, in der dies die absolute Ausnahme war und dies führt auch schon zu Grund Nummer zwei. Der Herr der Ringe basiert ebenso wie die Geheimnisse der Spiderwicks auf einer Buchreihe, was normalerweise für mindestens ordentliche Spieleumsetzungen bürgt (Harry Potter, Jurassic Park).

Schlechte Sprecher und andere unheimlichen Wesen
Einen optimistischen Blick auf die Hülle später, fallen die Mundwinkel doch wieder abwärts. Was steht da? „Schlüpfe mit Hilfe deines Wii-Fernbedienung in die Rolle von […]“? Nunja, so etwas sollte nicht passieren, kann aber. Wenn dann nach dem obligatorischen halben Dutzend an Firmenclips endlich das Menü erscheint und hier der nächste eklatante Fehler wartet, sinkt die Erwartungshaltung dem Spiel gegenüber ins Bodenlose. Der Menüpunkt Videos möchte mir klarmachen, dass ich den Multiplayermodus freispielen kann, indem ich den Singleplayermodus spiele. Nach einem ordentlichen Video mit Filmausschnitten findet sich der Spieler schließlich in der Rolle des Jungen Jared wieder. Die Geheimnisse der Spiderwicks orientiert sich inhaltlich bis auf einige kleine Freiheiten eng an der Filmvorlage, die wiederum etwas freizügiger mit der mehrbändigen Buchvorlage umgeht. Nach der Scheidung zieht eine Frau mit ihren drei Kindern in das Landhaus der Großtante, wo besagter Jared bald einen versteckten Lastenaufzug entdeckt, der ihn zu der geheimen Bibliothek von Arthur Spiderwick führt. Nachdem er auch noch ein versiegeltes Buch des alten Forschers öffnet, finden er und sein Bruder Simon, sowie seine Schwester Mallory sich in einem Abenteuer voller Kobolde, Oger, Waldgeister, usw. wieder.

Leider wird der Spieler schnell aus der fantastischen Welt wieder in die traurige Realität zurückgeholt. Das Haus-Interieur ist eckig und trist texturiert, die Kamera kommt an Wänden ins Straucheln, der wenig begeisternden Optik zum Trotz kommt es zu gelegentlichen Rucklern, zig Gegenstände lassen sich zunächst nur betrachten - obwohl sie später allesamt wichtig werden - was mit einem nervigen Kommentar bedacht wird und nicht zuletzt gehören die Sprecher und ihre Texte mit zu dem dilettantischsten, was die bisherige Videospielhistorie zu bieten hat. Beispiele gefällig? Findet Jared einen besseren Baseballschläger, so kommentiert er es mit „Ich wette, damit kann ich was kaputt machen.“. Wohlgemerkt, nachdem er vorher bereits einen schlagkräftigen Prügel mit sich führte. Springt er unbewaffnet gegen eine Regalwand, brabbelt er etwas davon, dass er es mit etwas anderem als einem Besenstiel versuchen sollte. Die mangelnde Weitsicht wird indes quasi als Feature angepriesen, da magische Wesen laut Buchvorlage nur in unmittelbarer Nähe sichtbar sind.

Mittendrin statt nur dabei
Positiv bemerkbar macht sich dagegen die Steuerung. Innovative Wii-Nutzung sollte niemand erwarten; am interessantesten ist hier noch die Auf- und Abbewegung von Wii-Remote und Nunchuk als Simulation des Heraufziehens an Seilen eines Speiselifts. Ansonsten wird wieder einmal wild herumgefuchtelt um Schläge auszuführen und die seltenen Fernkämpfe profitieren von dem Controller. Das ganze funktioniert meist gut, der alternative Einsatz eines Classic Controllers ist unnötig, wenn auch nicht schlechter. Wahlweise lassen sich Attacken auch ohne Rütteln sondern durch Tastendruck an Nunchuk und Wii-Remote ausführen, was der bald ermüdete Arm dankend annehmen dürfte, zumal die Nutzung aufgeladener Angriffe durch reine Bewegungsinputs etwas umständlich geraten ist. Die Kamera erweist sich außerhalb des Hauses in den anliegenden Gärten, Wäldern und dem Steinbruch glücklicherweise als wesentlich umgänglicher. Ein Druck auf C gepaart mit Nunchuk-Bewegungen hat meist den gewünschten Effekt.



Das mit vier Stunden recht knappe Hauptabenteuer wird nicht nur durch zahlreiche unterschiedliche Spielelemente durchweg interessant gestaltet, sondern auch durch die Tonnen von (größtenteils belohnungsfreien) Nebenmissionen auf eine Länge von etwa acht Stunden erweitert. Den Großteil dieser Zeit verbringt der Spieler als abenteuerlustiger Jared, bewaffnet mit einem Baseballschläger. Ab und an steht ein Wechsel zu seinem nachdenklicheren Zwillingsbruder Simon (mitsamt mächtiger Spritzpistole), seiner älteren Schwester Mallory (versucht sich in einigen nervigen Fechtduellen) und dem Wichtel Thimbletack (wirft mit Nadeln) an. Bis auf letztgenannten, der lediglich verhältnismäßig kleine Areale in den Zwischenwänden des Hauses erkundet, durchstreifen alle Helden die gleichen atmosphärischen Gegenden, die trotz weiterhin matschiger Texturen ein bemerkenswertes Mittendrin-Gefühl erzeugen. Laubhaufen, dichte Wiesen, wuchernde Halblichtungen – alles ist stimmig designt und dadurch, dass später nur ein kleiner Kreis rund um das Haus absolute Sicherheit vor Feinden bietet, ist jeder Ausflug in die entlegeneren Orte ein kleines Abenteuer mitsamt beruhigtem Aufatmen, wenn das traute Heim wieder in Sichtweite liegt.

Don’t feed the troll
Die Geschichte rund um das mächtige Buch des Großonkels und den Oger Mulgarath, der jenes Buch zu entwenden versucht, fasst den Spielablauf angenehm in einen Rahmen, ohne dabei den Spieler in Linearität zu zwingen. Dank der jederzeit aufrufbaren Missionsziele, die meistens (aber eben nur meistens) detaillierte Informationen liefern, besteht jederzeit die Wahl zwischen „An der Hand führen lassen“ und freiem Erkunden der diversen Ortschaften. So lassen sich etwa Beweise für die Existenz von Zwergen im Unterholz finden. Wesentlich wichtiger sind die überall zu findenden Waldgeister. Diese magischen Wesen lassen sich in einem simplen Minispiel fangen, ähnlich den Papierblättern, die durch Rubbeln mit einem Bleistift ein Bild freigeben. Spaß macht dieses Minispiel kaum; immerhin entwickelt man mit der Zeit eine dermaßen große Routine, dass es sehr kurz ausfällt und nur noch nervt, wenn man gerade einige Geister gefangen hat, ohne einen der sehr großzügig verteilten Checkpoints zu erreichen, stirbt und die ganze Aktion noch einmal starten soll. Dafür erweisen sich die Wesen als äußerst nützlich, schließlich lassen sie sich etwa für Wirbelattacken, Unverwundbarkeit oder einen dauerhaft größeren Lebensbalken einsetzen. Glücklicherweise können einmal gefangene Waldgeister später ohne erneutes Minispiel wieder erbeutet werden.

Insgesamt fließt der Spielablauf angenehm vor sich hin, erfahrene Spieler dürften auch auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad keine großen Probleme haben bis auf ein, zwei Situationen. Einige Male bremst sich Die Geheimnisse der Spiderwicks jedoch selbst aus. Sprünge werden wie schon in der Zelda-Reihe automatisch an Kanten ausgeführt, was im Steinbruch für so manchen Aufschrei sorgt, wenn man eigentlich nur eine Stufe tiefer landen wollte, anstatt abzuspringen. Ebenfalls lästig ist ein Zwischengegner, der den Weg versperrt und ihn erst freigibt, nachdem fünf Kobolde an ihn verfüttert wurden. Der einzige effektive Weg dazu besteht darin, sich ihm zu nähern, woraufhin er den Spieler packt, einige Sekunden später fallenlässt und sich einen Kobold packt, der dumm genug war, dem Spieler zu weit zu folgen. Nicht genug, dass man dies mindestens fünf mal wiederholen muss um einmal an ihm vorbeizugelangen: Diese Aufgabe wartet des Öfteren bis endlich ein Mittel gefunden werden kann um ihn endgültig aus dem Weg zu räumen. Ebenfalls unnötig: Da das richtige Ende erst nach Erfüllung aller Nebenaufträge wartet, wozu auch das Fangen sämtlicher Waldgeister gehört, steht gegen Ende eine lästige Suche nach den letzten Geistern an, bis man wohl zufällig darauf kommt, dass einige dieser Wesen nur an bestimmten Orten für bestimmte Charaktere sichtbar sind.

Fazit:
Die Geheimnisse der Spiderwicks ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits überzeugen vor allem das offene Gameplay mit seinen unzähligen Nebenaufgaben und die gelungene Atmosphäre in dem ungewohnten Fantasy-Realitäts-Setting. Auf der anderen Seite bremsen einige Nervfaktoren gelegentlich den Spielverlauf und nicht zuletzt die furchtbaren Sprecher sorgen für ein Atmosphäre-Minus. Nichtsdestotrotz dürften insbesondere junge Fans der literarischen und filmischen Vorlage gut unterhalten werden, während erfahrene Zocker ohne Interesse am Spiderwick-Universum zumindest den Gang in die nächste Videothek wagen können, denn auch für sie bietet der Titel ordentliche Unterhaltung irgendwo zwischen Zelda und Mario, wenn auch deutlicher für Kinder ausgerichtet. Hier liegt jedoch auch das größte Problem für Sierras Titel: Der Film ist ab sechs Jahren freigegeben, das Spiel jedoch erst ab zwölf, womit es etwas zwischen den Stühlen sitzt.

Von Burkhart von Klitzing
Wertung für das Spiel Die Geheimnisse der Spiderwicks
Wertungen Beschreibung
6.3Grafik
Technisch mies, aber stimmig designt und atmosphärisch.
5.9Sound
Musik und Soundeffekte passen optimal, aber diese Sprecher...
7.5Steuerung
Funktioniert meist. Nicht mehr und nicht weniger.
6.8Gameplay
Abwechslungsreich; prinzipiell durchschnittlich.
6.8Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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