Review von Andreas Held (mail) | 30.03.2008
Wenn man in einer Redaktion wie WiiX arbeitet, wird es (zumindest für manche) irgendwann zum Hobby, schlechte Spiele zu spielen. Nicht aus Masochismus, sondern einfach, weil man sich über diese Spiele so herrlich lustig machen kann. Besonders dann, wenn man ein Review zu dem Titel schreiben darf. Als ich dann erfuhr, dass Showtime Championship Boxing vom selben Publisher stammt wie das legendäre Balls of Fury, gab es für mich kein Halten mehr. Da ich mit Anubis II - nach dem Spielen! - durchaus noch meinen Spaß hatte, wollte ich mir diese Freude nochmal geben. Erste Enttäuschung: Showtime Championship Boxing stammt nicht von Black Lantern, sondern von einem anderen Studio. Dass es deshalb besser sein könnte, ist jedoch fraglich, denn der Name des Entwicklerstudios klingt diesmal eigentlich noch weniger vielversprechend: Nikitova Games.
Vom Nötigsten das Nötigste
Viel zu sehen gibt es in Showtime Championship Boxing nicht. Im Optionsmenü könnt ihr fünf Punkte auf "Ein" oder "Aus" stellen, die ähnlich toll übersetzt wurden, wie in Balls of Fury: So gibt es "Zwischenvideos vor dem Kampf" (Ein Zeitparadoxon!) oder den Punkt "Spieler 2 - Steuerung Invertieren" (?). Außerdem gibt es noch einen Menüpunkt, unter dem ihr euch die Steuerung ansehen könnt - hier ins Detail zu gehen, wäre jedoch Zeitverschwendung. Der Einzelspielermodus führt euch sofort zur Auswahl eures Boxers, wo ihr jeweils drei Kämpfer aus den Gewichtsklassen "Schwergewicht" und "Weltergewicht" auswählen könnt, die auf so kreative Namen wie "Punchbag Pat", "Lazy Lorenzo" oder "Sixpack Joe" hören - merkt es euch gut, denn das Lachen über die Namen der Boxer ist der einzige Moment, in dem man mit diesem Spiel für eine kurze Zeit Spaß haben kann. Die "Karriere" eures Boxers besteht aus vier Titelkämpfen, von der Amateur-Herausforderung bis hin zur "King of the Ring"-Herausforderung. Sind diese gewonnen, ist das Spiel beendet. Danach geht es in die Arena und ein Blick ins Publikum enthüllt eine der größten Menschenrechtsverletzungen in der modernen Geschichte dieses Planeten: Alle Zuschauer werden über den kompletten Kampf hinweg von einem starken elektrischen Strom durchflossen - anders ist nicht zu erklären, warum die zweidimensionalen Pappfiguren so verkrampft rumzappeln. Der Kommentator stellt die beiden Boxer vor, doch da er nicht sprechen kann, gibt er nur ein paar unverständliche Laute von sich. Danach läuft ein leicht bekleidetes Nummerngirl durch den Ring, das jedoch selbst die abgebranntesten Nerds nicht attraktiv finden werden - und der Kampf beginnt. Die "Animationen" der Boxer erinnern dabei an frühe 2D Beat 'em Up-Zeiten, als man die Sprites kritisierte, weil sie zu wenige Animationsphasen hatten. Sie sind extrem abgehackt und selbst Chuck Norris könnte seine Faust nicht in dieser Geschwindigkeit im Gesicht seines Gegners platzieren.
Es ist nicht mal ein Spiel!
Nach dem Start des Kampfes merken erfahrene Spieler sehr schnell, dass es absolut zwecklos ist, irgendwie zu versuchen, das Spiel zu steuern. Euer Boxer macht eh, was er will, und es gibt keinen logischen Zusammenhang zwischen den Eingaben des Spielers und dem Verhalten seines Boxers. Nach dieser Erkenntnis resultiert wildes Herumfuchteln mit Wiimote und Nunchuk im gewünschten Ergebnis: Der Gegner wird chancenlos verprügelt, kann selbst nur ein bis zwei Treffer landen, bekommt jedoch immer und immer wieder meine Faust an den Kopf: Links, rechts, links, rechts, paff, paff, bumm, bumm. Ein kurzer Blick auf die Energiebalken am unteren Bildschirmrand zeigt jedoch, dass der Gegner kaum Energie verloren hat, mein Boxer jedoch schon halb tot ist. Beim Versuch, eine Antwort auf die Frage nach dem "Warum?" zu finden, liefert eine genaue Beobachtung der Energieleisten schnell die Antwort: Jeder direkte Kopftreffer zieht nur etwa einen Pixel der Energie des Gegners ab, er jedoch erleichtert meinen Boxer bei jedem Treffer um zehn Prozent seiner Lebensenergie - ein lächerlicher Versuch, der strunzdoofen KI eine Chance zu geben.
Also muss über den kompletten Kampf hinweg alle paar Sekunden für fast eine halbe Minute die Abwehrhaltung eingenommen werden, um Energie zu regenerieren, bis sich alles wiederholt: Der Gegner wird zehn mal getroffen und verliert kaum Energie, der Spieler wird drei mal getroffen und ist dann schon wieder fast K.O. - also muss wieder für eine halbe Minute lang die Abwehrhaltung eingenommen werden. Während dieser Zeit findet kein Boxen statt, doch das Publikum jubelt fröhlich weiter.
Nach drei Minuten endet die Runde, und obwohl er selbst kaum Treffer landen konnte, gewinnt der Gegner mit zehn zu acht Punkten. Aha. Runde zwei verläuft genauso und der Gegner gewinnt mit zehn zu acht Punkten. Runde drei verläuft genauso und - als hätte man es ahnen können - der Gegner gewinnt mit zehn zu acht Punkten. Spätestens hier stellt man sich dann ernsthaft die Frage, ob die Engine die Punkte überhaupt aktiv zählt, oder einfach am Ende jeder Runde sagt "CPU gewinnt mit zehn zu acht Punkten, so, und jetzt lasst mich weiterschlafen, ich habe Kopfschmerzen". Bereits in der vierten Runde, nach ganzen neun Minuten Spielzeit, gibt es keinen Grund mehr, diesen Titel auch nur eine Sekunde länger zu spielen. Ich schlage also blind auf meinen Gegner ein, bis nach sehr kurzer Zeit die komplette Energie meines Boxers aufgebracht ist. Danach ist er K.O., wird angezählt und es erscheint ein Standbild mit der Decke der Arena, dem Gesicht den Ringrichters, einem schwarzen Kreis mit einem roten Punkt in der Mitte und einem roten Kreis mit einem L in der Mitte. Beide Kreise bewegen sich in zufälligen Bahnen über den Bildschirm und können nicht gesteuert werden - zehn Sekunden später ist der Kampf verloren. Der Clou daran: vorher gab es noch einen Ladebildschirm mit der Aufschrift "NIEDERSCHLAG - MACH DICH BEREIT!" Ja, richtig gehört: Das Spiel musste für diese aus einem Standbild und zwei Kreisen bestehenden Sequenz mehrere Sekunden lang nachladen. Fazit: Ich möchte mich hiermit im Namen der gesamten Redaktion bei Data Design Interactive entschuldigen. Nach dem Spielen von Anubis II dachte ich, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte, habe das Spiel verrissen und mit einer 1.7 abgestraft. Nach weniger als zehn Minuten mit Showtime Championship Boxing plagen mich jedoch nicht nur Gewissensbisse, sondern auch eine Art Trennungsschmerz: Ich will wieder Anubis II spielen. Denn erst jetzt sind mir die Qualitäten der Popcorn-Arcade-Spiele überhaupt bewusst geworden: Der Charakter reagiert auf Eingaben des Spielers und, was wichtiger ist, die Titel sind zumindest insoweit spielbar, dass man sie beenden kann. Beides trifft auf Showtime Championship Boxing nicht zu, und so bleibt, unglaubwürdig wie es sich anhören mag, nur die Erkenntnis, dass Anubis II im Vergleich zu diesem Titel eine absolute Software-Perle ist. Warum Nintendo selbst hier noch das Seal of Quality vergeben hat, ist unerklärlich, denn selbst als Fünf-Euro-Download für WiiWare hätte dieses Spiel kein grünes Licht bekommen dürfen. Eigentlich ist es nicht mal ein Spiel, denn genauso gut könnte man eine Karosserie ohne Motor und Räder als Auto bezeichnen - klar sieht es zumindest aus wie ein Auto, aber fahren kann man damit nicht. Showtime Championship Boxing ist absolut unspielbar und ich kann ruhigen Gewissens sagen, dass es das schlechteste Spiel ist, das ich jemals gespielt habe - vielleicht sogar mit das schlechteste, das jemals für eine Konsole lizenziert und legal veröffentlicht wurde.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel Showtime Championship Boxing | |
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| 2.0 | Grafik Auf Screenshots sogar noch einigermaßen annehmbar, in Bewegung nur noch peinlich. | |
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| 1.5 | Sound Der Kommentator kann nicht sprechen, gibt unverständliche Laute von sich, und dann gibt es noch ein seltsamen Rauschen, das wohl das Publikum darstellen soll. Die Boxer sagen "uh", wenn sie getroffen werden. | |
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| 1.0 | Steuerung Laut Spielanleitung: Wii-Remote steuert die rechte, Nunchuk die linke Faust. Das trifft jedoch in der Praxis nur auf die Fäuste des Spielers zu, der damit auf das Spiel einschlägt. | |
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| 1.0 | Gameplay Vier Einzelkämpfe könnte man theoretisch in unter einer Stunde gewinnen, und das ist alles woraus das Spiel besteht. Dank seiner Unspielbarkeit, die einen nicht mal den Einstiegskampf gewinnen lässt, bietet Championship Boxing jedoch eine unendliche Langzeitmotivation... | |
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| 1.0 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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