Review von Marian Wehmeier (mail) | 22.03.2008
Im spaßigen Minispielpaket Wii Play wurde die Wii-Remote erstmals zum Tischtennis-Schläger umfunktioniert. Zwei Spieler konnten gegeneinander antreten und sich die Bälle um die Ohren schlagen. Das war simpel und spaßig zugleich. Black Latern Studios' Balls of Fury, die Film-Portierung des gleichnamigen Action-Klamauks, hat zwar mehr zu bieten als ein Minispiel. Der Spielspaß ist bei den Ballwechseln allerdings irgendwie im Netz hängen geblieben.
Ping Pong-Wetten können Leben kosten
Ab und zu ist weniger wetten mehr. Bei den Olympischen Sommerspielen 1988 wettet Pete Daytona sein Leben darauf, dass sein zwölfjähriger Sohn Randy das Tischtennis-Finale gewinnt. Der ohnehin ängstliche Knabe erfährt das, wird noch nervöser, stolpert prompt im Finale über seine eigenen Füße und knallt mit dem Kopf gegen die Tischtennis-Platte. Das Match ist verloren, sein Vater verliert die Wette und wird ermordet. So it goes.
Knapp zwanzig Jahre später nehmen zwei FBI Agenten mit Randy Kontakt auf. Mit seiner Hilfe wollen sie den Untergrund-Guru Feng aufspüren, der nicht nur illegale Ping Pong-Turniere organisiert, sondern auch für den Tod von Randys Vater verantwortlich ist.
Randy merkt schnell, dass seine Ping Pong-Skills über die Jahre merklich eingerostet sind. Der Spieler hat nun die Aufgabe, ihn durch eine Handvoll Matches zu führen. Ziel ist es, Randy wieder zu seiner alten Stärke zu verhelfen, damit er es letztendlich mit Feng aufnehmen kann.
Ping Pong-Spiele können Leben gefährden
Im Story-Modus begleitet der Spieler Randy auf seinem Rachefeldzug, der in gnadenlos langweiligen Bilderläufen und Textpassagen erklärt wird - ohne animierte Sequenzen, ohne Sprachausgabe. Zudem gibt es einen Exhibition-Modus für ein schnelles Match gegen den Computer oder einen Mitspieler, einen Turnier-Modus und einen Arcade-Modus, der ein Story-Modus abzüglich Bilder und Texte zwischen den Spielen ist.
Im Match nutzt man nun die Wii-Remote als Tischtennis-Schläger, den man nach rechts oder links, oben (Lob) oder unten (Slam) schwingen kann. Mit gedrücktem B-Knopf lassen sich Bälle anschneiden, mit A kann man Spezialschläge (Feuerbälle oder Looping-Schläge) vollführen.
Schade nur, dass das komplette Steuerungssystem mehr oder weniger gar nicht funktioniert. Punkt 1: Im Grunde braucht man die Wii-Remote einfach nur irgendwie umherschwingen, um seinen Gegner bei Laune zu halten oder gar ganze Turniere zu gewinnen. Einen Gegner, der schwer parierbare Bälle schlägt, gibt es nicht. Selbst mein Hund könnte Balls of Fury spielen, doch bevor die PETA..., kommen wir zum zweiten Punkt. Der besagt: Die unpräzise Steuerung erlaubt es nicht mal im Ansatz, den Flugweg des Balles zu bestimmen. Zudem macht es absolut keinen Unterschied, ob man der Wii-Remote kurz einen kleinen Ruck versetzt oder sie wie wildgeworden fast in den Fernseher schmeißt - der Ball fliegt immer mit gleicher Standard-Geschwindigkeit übers Netz. Punkt 3: Die gesamte Steuerung fühlt sich künstlich an. Bälle können selbst Bruchteile von Sekunden, bevor man eigentlich reagieren müsste, zurückgeschlagen werden. Was bei Wii Play noch intuitiv herüber kam, fühlt sich hier nur noch unnatürlich an.

Diese miserable Steuerung schafft es gekonnt, absolut keinen Spielspaß aufkommen zu lassen. Lebengefährlich frustrierend wird es, wenn Computergegner, die den Spieler dank einfältigem Gameplays und praktisch nichtvorhandener KI nicht bezwingen können, immer und immer wieder Spezialattacken abfeuern, die man nicht parieren kann. Man selbst kann diese Attacken auch ausführen - und stellt mit Verwunderung fest: Der Gegner pariert sie, als handele es sich um unplazierte Lobs. Das Spiel offenbart derart amateurhaftes Gamedesign, dass man nur noch lachen kann. Oder schreien.
Unterhaltsame Übersetzung, spannende Credits
Unterhaltsam wird Balls of Fury eigentlich nur in den Menüs - dank zweifelsohne misslungenden Übersetzungen: So wird die Höchstgeschwindigkeit eines Balles in einem Match als "Bestes Balltempo" bezeichnet, der Nunchuck wird nur "Zubehör" genannt. Jede Wiederholung nach einem Punktgewinn heißt "Wiederholen" (den Ball?) und die obigatorische Revanche nach einem verlorenen Spiel wird als "Rückkampf" (Kampf?) tituliert.
Im Spiel selbst gibt es nicht viel zu sehen. Nach den Vorbereitungen zu einem Match folgt ein Ladebildschirm, dann die zwei Köpfe der jeweiligen Gegner im Profil, unterlegt mit ein paar lodernden Flämmchen. Dann kommt wieder ein Ladebildschirm mit der Knopfbelegung, bevor sich dann häßlich animierte, teilweise grausam unproportionale Spielermodelle, die hinter den Tischtennis-Platten herumzittern, über zig Dutzend langatmige Ballwechsel die Kugel zuschieben, bevor der computergesteuerte Gegner einen Ball vertändelt oder ihn dank Spezialattacke unparierbar macht.
Das Aufregendste am ganzen Spiel ist es, unter "Mitwirkende" zu verfolgen, wie viele Leute es brauchte, um dieses Machwerk herzustellen. Und wenn es ein vierköpfiges Musik-Team braucht, um eine Handvoll kaum variierende Heavy Metal-Instrumentals auf Schülerband-Niveau rauszuhauen, kann man sich leicht vorstellen, was für ein Spiel das ist, das die vier Leute aus dem Programmier-Team zusammen gewurstelt haben. Mit noch ein paar Spielen dieser Qualität dürfte bei den Black Lantern Studios in der Tat bald das Licht ausgehen. Wenn ein Popcorn Arcade-Titel mit einer extravagant verunglückten Film-Portierung ins Bett steigen würde - Balls of Fury würde als ungeliebter Bastard herausgekommen. Qualitätssicherung von Nintendo, die Kondome!
Fazit:

Von Marian Wehmeier
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| Wertung für das Spiel Balls of Fury | |
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| 3.2 | Grafik Steife Animationen, unproportionale Körper der Charaktere, schlimmes Menüdesign. Teilweise nette Grafikansätze in den Austragungsorten.
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| 5.5 | Sound Ein paar Heavy Metal-Songs ohne Tiefgang und Variation. Jeder Spieler hat einen Standardspruch, der schnell nervt.
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| 1.6 | Steuerung Vgl. "Ping Pong-Spiele können Leben gefährden", Punkt 1, 2 und 3.
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| 1.8 | Gameplay Der Story-Modus, der mit Standbildern und Text erzählt wird, sagt schon alles aus: Ein schnell dahingefriemeltes Produkt, das ohne Anspruch, ohne Langzeitmotivation und auch ohne Spielspaß auskommt.
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| 2.1 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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