Unser Netzwerk: NintendoWiiX.net   | NintendoWiiX Forum   | Planet3DS.de
NitroBike
Review von Andreas Held (mail) | 18.02.2008

Relativ zeitnah zum Release des Wii in Europa, nur etwa zwei Monate später, zeigte Nintendo anhand eines eigenen Beispiels, wie Rennspiele auf Wii aussehen können. Im Arcade-Racer Excite Truck konnten Monster Trucks durch Neigen der Wii-Remote gelenkt werden und mit mit Turbo-Boost auf ungeahnte Geschwindigkeiten gebracht werden. Auch wenn der Titel sicherlich keinen Meilenstein legen konnte, sorgte er durchaus für spaßige Spielstunden. Einige Monate später meldeten sich die Entwickler eines N64-Spiels mit ähnlichem Namen zu Wort - Leftfield Productions nämlich, die am Ende der N64-Ära Excitebike 64 entwickelt haben, welches von der Fachpresse sehr gut angenommen wurde. Da der hier getestete Wii-Titel vom gleichen Entwicklerstudio stammt (allerdings nicht von den gleichen Entwicklern, da die meisten der Erschaffer von Excitebike 64 mittlerweile anderweitig beschäftigt sind), hätte es sicher Sinn gemacht, auch das neueste Spiel von Leftfield wieder "Excitebike" zu nennen. Aus irgendeinem Grund kam es jedoch nicht zu einem Deal mit Nintendo, und so hört das Spiel nun auf den wesentlich weniger klangvollen Namen NitroBike.

Excite Truck mit Motorrädern

Trotz allem merkt man Excite... verzeihung, NitroBike jedoch sehr stark an, woher es seine Inspiration genommen hat. Tatsächlich ist die Steuerung (oder besser gesagt, die Tastenkonfiguration) mit der des von Monster Games entwickelten Titels identisch. Das heißt, dass ihr die Wii-Remote waagerecht haltet, mit den Knöpfen 2 und 1 beschleunigt bzw. bremst, mit dem Steuerkreuz den Turbo aktiviert und durch Neigen der Fernbedienung zu lenken versucht. Viele Rampen befördern euer Bike regelmäßig in die Luft, wo ihr durch Kippen der Remote nach vorne und hinten euren Neigungswinkel beeinflussen könnt. Das wurde alles 1:1 aus Excite Truck geklaut. Auch der Karrieremodus ist sehr stark vom Vorbild inspiriert: In insgesamt 67 über verschiedene Meisterschaften verteilten Rennen sammelt ihr Medaillen, die sich in Punkte umrechnen lassen und schließlich den Pokal freischalten, eine Rennserie, die erfolgreich beendet werden muss, um die nächste Meisterschaft freizuschalten. Die Rennmodi reichen auch hier von Einzelrennen über Stunt-Challenges bis hin zu Zeitrennen, in denen ihr Reifen durchfahren müsst, um Zeitboni zu erhalten. Da hört es jedoch leider auf mit den Gemeinsamkeiten.

Um es kurz zu machen: NitroBike ist eines der frustrierendsten Spiele, die jemals entwickelt wurden. Das liegt gleichermaßen an der chaotischen Steuerung, der an den Haaren herbeigezogenen Kollisionsabfrage und dem unfairen Schwierigkeitsgrad. Die Steuerung sieht vor, dass ihr vor eine Kurve auf eine angemessene Geschwindigkeit runterkommt, die Wii-Remote neigt, durch Antippen der Bremse in eine Art Drift eintretet und dann, nach einer ausreichend weiten Drehung, aus der Kurve herausbeschleunigt. Man muss auch sagen, wie es ist: In vielen Fällen funktioniert das sehr gut, und wenn es immer funktionieren würde, würde das Spiel sogar Spaß machen. Tatsächlich ist es jedoch so, dass das eigene Bike entweder maßlos übersteuert und in der Innenkurve gegen die Streckenbegrenzung knallt, oder sich das Bike zwar dreht, aber trotzdem geradeaus weiterfährt, woraufhin ihr in der Außenkurve gegen die Streckenbegrenzung knallt. Die Kollisionsabfrage kommt dann in's Spiel, wenn ihr mit einem der zahlreichen Objekte Bekanntschaft macht, denn eine Kollision mit diesen führt fast immer dazu, dass euer Bike explodiert, selbst dann, wenn ihr nur sehr langsam fahrt. Dass die Entwickler dabei recht skurille Objekte neben die Strecke gestellt haben (z.B. Holzpaletten oder mechanische Betonmischmaschinen mit Handkurbel auf einer Wüstenstrecke), macht das ganze nicht weniger frustrierend. Warum explodiert ein Motorrad, wenn es mit 30 Stundenkilometern gegen eine Holzpalette fährt?



Der Schwierigkeitsgrad ist dann das Tüpfelchen auf dem I. Gerade in den Zeitrennen, in denen Reifen durchfahren bzw. durchflogen werden müssen, ist es dank der ungenauen Steuerung schon schwer genug, überhaupt schnell und fehlerfrei über die Strecke zu fahren, und dabei noch einen Großteil der Ringe zu treffen. Wenn ihr dann nach mehreren Versuchen endlich mit wenigen Sekunden Restzeit Bronze geholt habt, stellt sich heraus, dass ihr euch für die Goldmedaille nochmal um eine halbe Minute verbessern müsst. Allein der Gedanke an diese Zeit lässt selbst das berüchtigte F-Zero GX wie einen Parkspaziergang aussehen. Die KI in den Rennmodi ist ebenfalls knallhart und oft schneller als ihr, selbst wenn ihr mit dem schnellsten Bike und aktiviertem Turbo unterwegs seid. Erschwerend kommt hinzu, dass die CPU-Fahrer mit der identischen KI fahren und daher immer einen Pulk bilden. Oft liegt also nur eine Sekunde zwischen dem ersten und dem letzten Platz und es kann durchaus vorkommen, dass ihr scheinbar chancenlos das komplette Rennen auf dem letzten Platz zubringt, nur um euch dann nach einer einzigen gut durchfahrenen Kurve am Platz an der Sonne wiederzufinden. Doch dann reagiert die Steuerung wieder einmal viel zu stark, ihr schlittert ohne Eigenverschulden mit 50 Stundenkilometern gegen eine in der Wüste herumstehende Betonmischmaschine, euer Bike explodiert, und ihr seid wieder Letzter...

Ein schwaches PS2-Spiel
Doch selbst ohne diese Probleme wäre NitroBike noch lange kein wirklich gutes Spiel. Dazu gesellen sich nämlich noch das langweilige und völlig undurchdachte Streckendesign und ein extrem grober Bug. Die Strecken bestehen ausschließlich aus Geraden mit Sprüngen sowie 90-Grad-Kurven (S-Kurven und Haarnadeln gibt es zwar, diese sind aber auch nur aus 90-Grad-Kurven zusammengesetzt) - daraus folgt aber auch, dass sich fast alle Strecken komplett ähneln und es, abgesehen von der Umgebungsgrafik, keine Unterschiede zwischen den insgesamt 20 Offroad-Pisten gibt. Dazu kommt, dass das Streckendesign sehr schlecht durchdacht ist; bestes Beispiel ist eine Strecke, auf der ihr zunächst über eine Brücke fahrt und etwas später von einer Rampe abspringt, um genau diese Brücke quer zu überfliegen und nach der Landung weiterzufahren. An sich eine nette Idee, funktioniert aber nicht, da die erwähnte Rampe direkt nach einer Kurve platziert ist und ihr daher viel zu langsam seid, um den Sprung zu schaffen. Ihr landet also auf der Brücke, euer Biker fällt hin, und ihr werdet automatisch zu einem Streckenabschnitt direkt nach dem Sprung teleportiert, von wo aus ihr weiterfahren könnt. Und das in jeder Runde, drei mal pro Rennen.

Der angesprochene Bug betrifft die KI. Wie bereits erwähnt sind die KI-Fahrer um einiges schneller als ihr, weshalb ihr ständig auf der Geraden überholt werdet und ein ständiges Tauziehen um die Plätze entsteht. Auch wenn ihr erster werdet, könnt ihr die Führung meist nur wenige Sekunden lang genießen. In fast jedem Rennen - es passiert häufiger als in 80 Prozent der Fälle - werdet ihr euch jedoch irgendwann, meistens gegen Ende der zweiten Runde, auf dem ersten Platz einnisten und könnt selbst ohne Einsatz des Turbos beruhigt das Rennen nach Hause fahren. Nachdem einige Neugier aufgebaut wurde, ergab dann eine Probe auf's Exempel, dass es über zwei Minuten dauerte, bis mein Fahrer wieder von den Gegnern eingeholt wurde und das Rennen normal weiterlief. Was genau zu diesem Bug führt, wissen wohl nicht mal die Entwickler selbst, aber da es eigentlich in jedem Rennen passiert, wird der vermeintlich mörderische Schwierigkeitsgrad doch um einiges gesenkt. Zumindest in Einzelrennen ist euch eine Goldmedaille mit wenig Glück also fast sicher, und zusammen mit einigen hart erarbeiteten Bronzemedaillen aus den Zeitrennen reicht das dann auch, um das Spiel durchzuspielen - zumal es für eine Goldmedaille in den Zeitrennen sowieso keine Belohnung gibt.

Was die Grafik des Spiels angeht, könnte Ubisoft ein ähnlicher Fauxpas unterlaufen sein, wie Activision, als sie auf der Verpackung der Wii-Version von Guitar Hero 3 das "Dolby Pro Logic II"-Logo anbrachten. Laut Verpackung läuft das Spiel nämlich in 480p, was jedoch von der tatsächlichen Optik absolut nicht glaubhaft gemacht wird - und das fängt schon auf dem Bildschirm an, indem euch die Benutzung der Handgelenksschlaufe nahe gelegt wird, der deutlich verwaschener aussieht als in anderen Spielen. Im Intro präsentiert sich Nitro Bike dann in seiner ganzen Hässlichkeit: Matschige Grün- und Brauntöne bilden eine völlig verwaschene Optik, die angeblich in 480p läuft - die Auflösung erinnert jedoch eher an 320 x 240-Zeiten. Dazu kommt der Rauch, der einfach undurchsichtig und schwarz ist, was schon mal dazu führen kann, dass beim Durchfahren einer großen Rauchwolke der Bildschirm für zwei Sekunden komplett schwarz wird und ihr blind weiter fahren müsst. Die trashige Rockmusik fällt zum Glück kaum auf, und auch der Online-Modus steht nur unter "ferner liefen". Der banale Grund dafür ist, dass es allem Anschein nach kaum jemandem gibt, der dieses Spiel online spielen will - geschweige denn zehn Leute, die alle gleichzeitig versuchen, sich zu verbinden, damit auch mal ein Rennen zustande kommt. Kommt es nach längerer Warterei dann doch zu einem Rennen, schwankt die Verbindungsqualität zwischen gut, ganz brauchbar und in einigen Fällen leider auch fast unspielbar. Dennoch kein Wunder, immerhin warnt schon im Online-Menü der Schriftzug: "Während des Online-Spiels kann die Spielgeschwindigkeit variieren".

Fazit:
NitroBike ist ein Paradebeispiel für zwei Dinge. Zum einen für ein Spiel, welches absolut lieblos programmiert wurde, ohne dass sich irgendeiner der Entwickler Gedanken über die Spielmodi und das Streckendesign gemacht hätte. Zum anderen dafür, dass sehr viele Dritthersteller-Spiele auf Wii nicht mal an Playstation 2-Niveau heranreichen und diesen Titeln daher auch ein sehr schlechter Ruf vorauseilt, der letztendlich dafür sorgt, dass auch wesentlich bessere Titel wie Scarface oder Thrillville auf dieser Konsole untergehen. Über NitroBike selbst gibt es derweil nichts mehr zu sagen. Grafik, KI, Steuerung, Streckendesign - einfach alles an diesem Spiel ist unterdurchschnittlich und selbst für Online-süchtige taugt nicht allzu viel, da es allem Anschein nach kaum jemnad online spielen will und es somit keine Gegner gibt. Letztere sollten also auf Mario Kart Wii warten und auch alle anderen sind besser bedient, wenn sie einfach Excite Truck noch einmal aus dem Regal holen.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel NitroBike
Wertungen Beschreibung
5.4Grafik
Selbst f�r ein Wii-Spiel stellenweise unfassbar h��lich. Viele Objekte und die hohe Spielgeschwindigkeit retten die Wertung etwas.
6.0Sound
Trashige Rockmusik, die sich im Hintergrund h�lt und noch mit das Beste an diesem Spiel ist.
2.5Steuerung
Chaotisch und ungenau. Nitro Bike begibt sich an die Grenze zur Unspielbarkeit.
5.2Gameplay
Netter Karrieremodus mit vielen Renntypen, der aber nach vier Stunden durchgespielt ist und mangels Boni keinen Wiederspielwert hat.
5.1Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



© Copyright GameCube X / Nintendo Wii X 2001 - 2023 | All rights reserved