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Wii Schach
Review von Lars Peterke (mail) | 03.02.2008

Es gibt einen Menschen, der heißt Fritz Reul. Fritz Reul hat eine Schachintelligenz programmiert die auf den Namen Loop hört und für den geneigten Interessenten für circa 50 Euro im Internet bestellt werden kann. Und es gibt einen japanischen Videospielhersteller, der heißt Nintendo. Nintendo verkauft auf seiner aktuellen Heimkonsole nun ein Schachspiel mit Fritz Reuls Schachintelligenz für ungefähr 30 Euro. Für Nintendo ein Riesenreibach, für den Spieler eventuell Abzocke. Schließlich kann er für 20 Euro mehr gleich selber die Schachintelligenz kaufen und in einem eigenen Spiel verwenden. Es gilt also zu rechtfertigen, ob Wii Schach von Nintendo dem Ladenpreis gerecht wird oder ob für den geneigten Schachspieler auch Freeware Schachprogramme wie „Arena“ ausreichen.

Schach: Das Spiel der Könige
Schach ist alt. Sehr alt, um genau zu sein. Ungefähr im fünften Jahrhundert wurde das heute weltweit beliebte Brettspiel für einen König erfunden. Auch wenn Schach mitunter viel Gehirnschmalz erfordert, ist es im Prinzip ganz einfach und auch für einen Videospieler leicht verständlich. Es lässt sich sogar wunderbar auf Nintendo übertragen, weshalb nachfolgend einmal Schach erklärt wird – verständlich für jeden Nintendo Fan.

Im Prinzip ist Schach ein bisschen wie Advance Wars. Beziehungsweise ist Advance Wars ein bisschen wie Schach, wobei letzteres zuerst da war. Ihr habt unterschiedliche Kampfeinheiten die sich unterschiedlich weit bewegen können und verschiedene Fähigkeiten haben. Gespielt wird auf keiner abwechslungsreichen Karte mit Wäldern, Gebirgen, Flüssen und dem Kriegsnebel von Nintendos Strategiespiel, sondern auf einem Acht-mal-Acht-Spielfeld, also mit 64 Feldern. Spielziel ist das Einkesseln des gegnerischen Donkey Kong. Er ist, gemäß seines Vorbildes King Kong, auch hier der König. Beide Parteien (schwarz und weiß) haben insgesamt 16 Einheiten verteilt auf zwei Reihen jeweils am Rand des Schlachtfeldes. In der ersten Reihe stehen acht Pokémon (Bauern). Sie können sich nur nach vorne bewegen und gegnerische Einheiten nur schlagen, wenn sie sich diagonal vor ihnen befinden. Ist ein Pokémon auf seiner Startposition, kann es den Ruckzuckhieb einsetzen und zwei Felder nach vorn ziehen. Erreicht eines der Pokémon von euch das letzte Level, beziehungsweise die andere Seite des Spielfeldes, entwickelt es sich in eine der nachfolgend erklärten Einheitentypen eurer Wahl (den König ausgenommen) weiter. Diese Einheiten (plus König) stehen auf der hinteren Reihe. Ganz außen stehen die Türme Wario und Waluigi. Sie können horizontal und vertikal über das ganze Feld ziehen, solange nichts im Weg steht. Weiter innen neben Wario bzw. Waluigi stehen getreu ihrer Jump and Run-Erfahrung die Springer Mario und Luigi. Sie können andere Figuren überspringen und auf jedes nächstgelegene Feld springen, das nicht in ihrer Horizontalen, Vertikalen oder Diagonalen liegt. Also beispielsweise zwei Felder hoch und eines nach links. Neben Mario und Luigi stehen die Läufer Toad und Toadette. Sie können sich diagonal über das ganze Feld bewegen. Auf den beiden übrigen Feldern steht rechts der König Donkey Kong. Er kann nur ein Feld ziehen, dafür aber in jede Richtung. Neben Donkey Kong steht die Dame Samus Aran, die die Fähigkeiten der Turm- und Läufereinheiten vereint.

Ihr müsst nun versuchen, möglichst viele Figuren zu schlagen, in dem ihr mit einer Figur von euch auf deren Feld zieht. Dabei ist höchste Taktik gefragt. Ziel ist es, den gegnerischen König „Schach“ zu setzen. Ihr müsst hierzu eine Einheit in einer Position bringen, die es ihr ermöglichen würde, den König mit ihrem nächsten Zug zu besiegen. Der Gegner muss nun die Situation entschärfen und den König aus dem Angriffsbereich bewegen. Ist dies nicht möglich, ist der König „matt gesetzt“, also Schachmatt. Die Kunst ist also, eine Zwickmühle aufzubauen, aus der der König nicht mehr herauskommt. Verfeinert wird das Spiel noch durch ein paar Sonderregeln, wie zum Beispiel die „Rochade“ oder das „Schlagen en passe“. Das war es dann auch schon mit den wichtigsten Regeln. Gar nicht so schwer, oder?



Ein kluger Schachzug von Nintendo?
Wichtig bei einem Schachprogramm sind die Features. Dabei achten insbesondere Puristen auf Feinheiten und Details in der Software. Im Falle von Wii Schach dominiert die Einfachheit. Anspruchsvolle Schachspieler, die mit aktuellen Versionen von Fritz Schach trainieren, werden hier sicher nicht glücklich. Wii Schach richtet sich eben an Gelegenheitsspieler, Leute die „gerne mal eine Runde Schach spielen“. Die Schachintelligenz bietet zehn Schwierigkeitsstufen. Auf Stufe eins sollte ein Schachanfänger, der alle Regeln kennt und keine sinnlosen Züge macht, recht gut gegen den Computer bestehen können. Auf Stufe zehn wird der durchschnittliche Spieler sich jedoch mehr als die Zähne ausbeißen. In der Computerschach-Weltmeisterschaft 2007 konnte Loop den dritten platz belegen. Hier ist also genug Schwierigkeit vorhanden. Wii Schach bietet ein paar Optionen. Ihr könnt Musik und Soundeffekte abschalten, die Rumble-Funktion deaktivieren oder das Design-Thema eures Schachbrettes ändern. Viel wichtiger sind jedoch die einzelnen Modi. Ihr könnt gegen den Computer spielen, einen Kumpel herausfordern oder über die WiFi-Connection spielen. Die Steuerung dabei ist denkbar einfach. Ihr bewegt den Cursor mit dem Steuerkreuz, wählt mit dem A-Knopf eine Figur und bestätigt ebenfalls mit dem A-Knopf euren Zug. Drückt ihr den B-Knopf, lasst ihr die gewählte Figur wieder los, habt ihr keine Figur angewählt, öffnet der B-Knopf die Menüleiste. Einfachheit also auf höchstem Niveau. Oder anders gesagt: Wii Schach könnte man auch mit einem NES-Controller spielen. Im Multiplayer-Modus kann wahlweise mit einer oder zwei Wii-Fernbedienungen gespielt werden. Der Classic-Controller wird praktischerweise auch unterstützt.

Besonders spannend wird es wieder mit dem leidigen Thema WiFi-Connection. Interessanterweise hat man hier sehr saubere Arbeit geleistet. Die Verbindung geht binnen weniger Sekunden von statten und Duelle werden schnell gefunden. Ihr könnt zwischen drei bzw. zwei Modi auswählen: Blitzschach (fünf Minuten), Schnellschach (20 Minuten) oder „egal“. Bei jedem eurer Züge zählt dann der Zeitcounter herunter und wenn euer Zug ausgeführt ist, wird eure Zeit angehalten und die Zeit des Gegners läuft ab. Wurde ein Gegner gefunden, habt ihr während des Verbindungsaufbaus die Möglichkeit seine Statistiken einzusehen. Bei der Gegnerauswahl habt ihr drei Möglichkeiten zur Wahl: Spiel gegen einen Spieler auf eurer Freundesliste, Spiel gegen einen zufälligen Gegner und Spiel gegen einen Gegner auf eurem Spielerniveau. Egal ob Offline-Singleplayer oder WiFi-Onlinespiel: Für jeden Sieg gibt es Punkte, der euren Rang verbessert. Ebenfalls löblich: Nintendo beweist Sportsgeist und unsportliche Spieler haben keine Chance. Denn wer eine Spielverbindung abbricht ohne über das Spielsystem aufzugeben, dann werden euch automatisch Punkte gutgeschrieben. Schade nur, dass es keine Highscore-Listen oder Schachturniere über die WiFi-Connection gibt. Denn dann wäre hier ein unglaublicher Motivationsfaktor vorhanden, der schon fast ein bedingungsloser Kaufgrund für Wii Schach wäre.

Die Grafik ist so schlicht und minimalistisch wie ein Wandregal von Ikea, der Sound bewegt sich auf einem ruhigem Niveau und erinnert stellenweise an Wii Sports, während das Spiel bis auf wenige Features kaum etwas geboten wird. Der Titel lässt spaßige Elemente wie ein interaktives Tutorial vermissen und auch geeignete Modi, wie beispielsweise ein Missions-Modus, in dem bestimmte Spielsituationen gelöst werden müssen, wurden nicht implementiert. Schönerweise habt ihr die Möglichkeit Partien zu speichern und später zu beenden. Beendete Partien können später gespeichert und danach jederzeit analysiert werden. So könnt ihr aus euren Fehlern lernen und es nächstes Mal besser machen. Schachpuristen werden hier jedoch eine Optionsvielfalt vermissen und ihre Duelle mit professioneller PC-Software analysieren.

Fazit:
Schach macht süchtig. Hat man sich einmal überwunden und die Regeln verinnerlicht, wird man von dem Spiel gepackt und kann nicht mehr aufhören zu spielen. Vielleicht geht man sogar soweit, das man anfängt Bücher über Schach zu lesen, um spezielle Angriffs- und Verteidigungstaktiken zu lernen. Für einen passionierten Schachspieler ist Wii Schach sicherlich eine Gurke. Das Spiel richtet sich an Spieler die das Brettspiel gerne mal spielen und nicht so viel Wert auf Komplexität legen. Was Wii Schach nämlich wunderbar meistert ist die Einfachheit. Das Spiel ist komplett übersichtlich und bietet einige nette Optionen um vernünftig Schach zu spielen. Wii Schach kann daher den kostenlosen Schachspielen Paroli bieten und dank der guten Gegner-Intelligenz auch fortgeschrittene Spieler überzeugen. Wer Lust auf Schach bekommen hat, der probiert am besten ein Freeware-Programm wie beispielsweise „Arena“ aus und überlegt sich dann, ob es ihm 30 Euro wert ist, Schach auf dem Fernseher gegen Freunde oder Leute aus aller Welt zu spielen. Die wenigen Modi in Wii Schach verhindern allerdings höhere Wertungen. Ferner ist ein gewisses Maß an Subjektivität vorauszusetzen. Wir reden hier nicht von einem Spiel, sondern von einem Schachprogramm, weshalb die Endwertung daher nicht im Kontext zu anderen Wii-Spielen, sehr wohl aber zu anderen Schachapplikationen gesehen werden sollte.

Von Lars Peterke
Wertung für das Spiel Wii Schach
Wertungen Beschreibung
7.8Grafik
Übersichtliche und schlichte Präsentation mit verschiedenen Grafikthemen, die dem Gesamtkonzept positiv aufstößt.
7.3Sound
Minimalistische Sounds und ruhige Musik, die stilmäßig an Wii Sports erinnert.
6.9Steuerung
Simple Knopfsteuerung, die jedoch komischerweise keine Wii-Features bietet.
7.5Gameplay
Gute Schachintelligenz und Nutzung der WiFi-Connection. Die wenigen Modi sorgen für Punkteabzug.
6.7Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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