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GT Pro Series
Review von Andreas Held (mail) | 13.12.2006

Rennspiele waren auf Nintendo-Konsolen nie sehr prominient vertreten. Auf dem Gamecube und dem N64 kamen mit Mario Kart oder F-Zero zwar genug hochwertige Genrevertreter, eine echte Simulation im Stil von Gran Turismo gab es jedoch nicht, wenn man von einigen Fehlversuchen wie GT64 absieht. Beim Anblick des Covers von GT Pro Series, welches von MTO entwickelt wurde und nun einer der vielen Launch-Titel von Ubi Soft ist, könnte man denken, dass sich diese Situation mit dem Wii nun geändert hat. Der weiße Hintergrund erinnert vom Stil her stark an Gran Turismo 4, ein Nissan Skyline deutet auf reale Wagen hin und der Aufkleber "Steering Wheel included" rundet den Ersteindruck ab. Die Rückseite verrät zwar, dass das Spiel grafisch in Cel Shading gehalten ist, aber das muss ja nichts schlechtes heißen, wenn die Fahrphysik stimmt - Simulationen mit trockener, realistischer Grafik gibt es schließlich schon genug.



Das Lenkrad
Etwas skeptisch war ich schon als ich erste Bilder vom Lenkrad sah. Dieses ist nicht viel mehr als ein Plastikring, in welchen man die Wii-Remote einsetzen kann - die Bewegungssensoren sollen die Drehbewegungen registrieren und dann wie bei einem echten Lenkrad ins Spiel umsetzen; die Knöpfe dienen zum Beschleunigen, Bremsen, Wechseln der Kameraperspektive usw. Nach dem Öffnen der Packung von GT Pro Series fällt einem das Lenkrad erst einmal in Form von drei Plastikteilen entgegen, die nur auf den ersten Blick an ein IKEA-Möbelstück erinnern und sich mit etwas Rumprobieren schnell zusammenstecken lassen. Der Ring hat ein überraschend hohes Eigengewicht und liegt, aller Skepsis zum Trotz, sehr gut in der Hand, obwohl man das Lenkrad quasi frei in die Luft halten muss. Störend ist nur das Band, welches man sich bei anderen Spielen um das Handgelenk bindet, da es frei vom Lenkrad herunterhängt - entweder akzeptiert man dieses Manko oder nimmt das Band vor dem Spielen aus der Wii-Remote heraus. Schade ist nur, dass MTO mit dem Lenkrad als einziges Verkaufsargument offensichtlich zufrieden war.

Das Spiel
Nun, sagen wir es so: Viel Spiel gibt es nicht. Nach dem Booten landet man im Titelbild und danach in einem Auswahlmenü mit dem Pflichprogramm an Spielmodi, also Einzelrennen, Time Attack, Multiplayer usw. Herzstück des Spiels ist der Meisterschaftsmodus, der sich als simple Aneinnanderreihung von Rennserien entpuppt: Die vier Rennklassen bestehen aus jeweils circa zehn Meisterschaften und diese wiederum aus drei Einzelrennen. Die meisten Serien sind auf bestimmte Wagen beschränkt, diese muss man jedoch nicht kaufen, sondern einfach aus einem Menü wählen, was das ganze relativ witzlos erscheinen lässt. Hat man alle Rennen gewonnen, wird die jeweils nächste Rennklasse zugänglich. Nach dem ersten Aufstieg müssen außerdem ein paar der obligatorischen Lizenztests absolviert werden, bevor man wieder an den eigentlich Rennen teilnehmen darf.

Ab auf die Rennstrecke
Leider setzt sich der flaue Eindruck, der durch den uninspirierten Karrieremodus entstanden ist, auf der Rennstrecke fort. Die Steuerung funktioniert zwar sehr gut und nach einer halben Runde schafft man es, den Wagen auf der Strecke zu halten; doch genau hier liegt das Problem: Das Fahrverhalten ist unglaublich anspruchslos. Kurzes Anbremsen vorausgesetzt, schlittern die Wagen problemlos um jede Haarnadelkurve und Fahrfehler werden, wenn sie doch mal auftreten, kaum bestraft. Für eine Simulation ist die Steuerung also viel zu simpel, für einen Arcade-Racer ist die Spielgeschwindigkeit allerdings viel zu niedrig. Unterm Strich siedelt sich GT Pro Series vom Spielgefühl her auf dem Level "Mario Kart ohne Items" an, und das Ergebnis ist einfach nur langweilig. Ähnlich verhält es sich mit den Schauplätzen: hier gibt es mit normalen Rennstrecken und - allesamt in Japan angesiedelten - Stadtkursen, Gebirgsstraßen und Highways zwar genug Abwechslung, bei insgesamt nur zehn Rundkursen wiederholen sich diese allerdings sehr schnell und viel zu oft.



Auch technisch ist MTOs Titel bestenfalls unterer Durchschnitt. Zwar gibt es gerade auf den Stadtkursen genug Objekte neben den Strecken, die Texturen sind aber größtenteils sehr häßlich und starkes Grafikflimmern zieht den Ersteindruck noch weiter herunter. Die Autos selbst sehen wesentlich schlechter und undetaillierter aus als in Capcoms Auto Modellista, welches einen sehr ähnlichen Grafikstil verfolgte - und dieses ist schon vor einigen Jahren und unter anderem auf der Playstation 2 erschienen. Selbst verglichen mit Metropolis Street Racer auf der Dreamcast sieht GT Pro Series insgesamt schwächer aus.

Die Sounduntermalung ist zumindest etwas besser, wenn auch ebenfalls nicht überzeugend. Die Musikstücke würde ich, wenn ich sie in ein Genre einordnen müsste, als "Smarties-Techno" bezeichnen - japanische Dance-Musik, die etwas an den Soundtrack der Anime-Serie Initial D erinnert, jedoch wesentlich weniger erwachsen klingt. Die Motorengeräusche erinnern etwas an Spielzeugautos und aus irgendeinem Grund ist ein Nissan Micra doppelt so laut wie ein Toyota Supra.

Fazit:
Wenn man es mit einem schlechten Spiel zu tun hat, gibt es mehrere Gründe woran dies liegen kann. Kleine, unerfahrene Entwicklerstudios scheitern meistens am beschränkten Budget, bauen jedoch oft eigene Ideen ein, durch die ihre Spiele zumindest spielenswert werden. Unfähigkeit kann man den Entwicklern von MTO sicherlich nicht vorwerfen, denn die Steuerung funktioniert nach einer sehr kurzen Eingewöhnungszeit einwandfrei. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass man einfach mit dem Lenkrad als Verkaufsargument schnelles Geld verdienen wollte und niemand Lust hatte, sich Mühe zu geben oder kreativ zu sein. Stattdessen beschränkte man sich darauf, die Grundzüge aus Gran Turismo zu übernehmen und eine Steuerung zu programmieren, mit der zwar jeder klar kommt, an der jedoch niemand wirklich Spaß haben wird. Abgesehen davon ist das Spiel noch ziemlich unfertig - den Rumble-Motor spürt man beispielsweise bei jeder Bodenwelle, aber bei Kollisionen mit der Streckenbegrenzung oder anderen Wagen hält das Lenkrad still, die Texte vor den Lizenztests haben oft nichts mit der eigentlichen Prüfung zu tun... ich könnte diese Liste jetzt noch sehr lange fortsetzen.

GT Pro Series ist nicht zwingend ein schlechtes Spiel, da die Steuerung funktioniert, der Umfang zwar sehr stark gestreckt, aber im Grunde ausreichend ist - jedoch kann auch ein kostenlos beiliegendes Lenkrad nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Endprodukt ohne eine einzige eigene Idee der Entwickler auskommen muss. Allenfalls könnte man GT Pro Series als Rennspiel für Kinder empfehlen, da jüngere Spieler an der einfachen Steuerung und der zeichentrickartigen Grafik sicherlich Gefallen finden werden. Alle anderen sollten darauf warten, dass das Lenkrad von einem vollwertigen Rennspiel unterstützt wird.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel GT Pro Series
Wertungen Beschreibung
4.7Grafik
Bestenfalls zweckmäßig, wäre aber selbst auf der Dreamcast nicht überzeugend gewesen.
6.2Sound
Die Musik ist Geschmackssache, die Motorengeräusche hingegen unrealistisch.
6.9Steuerung
Die Steuerung mit dem Lenkrad funktioniert sehr gut, ist jedoch viel zu anspruchslos als dass sie Spaß machen würde.
5.5Gameplay
Unfertig, uninspiriert und langweilig - es wirkt, als hätten die Leute bei MTO einfach keine Lust gehabt.
5.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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