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Zack & Wiki - Der Schatz von Barbaros
Review von Tim Herrmann (mail) | 23.01.2008

Schüttle die Wii-Remote und im Spiel wird etwas passieren – eine sensationelle Aufforderung Ende 2006. Die Steuerung mit Bewegungen des ganzen Körpers hat die Massen begeistert und das Gefuchtel bei Wario Ware oder Rayman Raving Rabbids verzauberte das Spielgefühl zu etwas Neuem, noch nie da gewesenem. Ein Jahr, zig Minispielsammlungen, etliche schlechte Portierungen und einige ideen- und inspirationslose Konzepte später, reist ein einfaches Schütteln des Controllers niemanden mehr vom Hocker. Innovation ist gefordert, doch – so komisch es sich anhört – auf dem Wii-Markt ist diese bis jetzt nur in seltenen Fällen durch das blau leuchtende Laufwerk gewandert.
Ausgerechnet ein Drittentwickler, Capcom nämlich, probiert die neue Konsole nun mit einer Exklusiventwicklung für Nintendo aus. Den zuerst gewöhnungsbedürftigen langen Namen Zack & Wiki – Der Schatz von Barbaros trägt dieses Werk, hat rein gar nichts mit Wikingern zu tun und ist weit besser als es die nicht stattfindende Werbekampagne und die unterdurchschnittliche Aufmerksamkeit für das Spiel vermuten lassen könnten. Warum das so ist, wollen wir in unserem Test für euch erläutern.

Zack & Wiki ist etwas anderes. Es weckt das totgeglaubte Genre der Point & Click Abenteuer nämlich nicht einfach nur wieder auf. Viel mehr haucht es ihm ein ganz frisches Leben ein, das es auf Wii zu etwas ganz besonderem macht. Nur hier ist dieses Konzept überhaupt möglich, keine andere Konsole ermöglicht das Spiel so, wie es ist. Und der Grund dafür liegt einzig und allein in der Wii-Remote.

Rätsel bestehen aus Rätseln
Point & Click Adventure ist für Zack & Wiki genau genommen eine falsche Genrebezeichnung. Denn auf Anhieb stellt sich der 08/15-Spieler darunter doch ein Spiel vor, bei dem eine Spielfigur sich in einer weitestgehend zusammenhängenden Spielwelt bewegt, Gegenstände aufsammelt, diese später miteinander kombiniert, sich mit Menschen unterhält und eine Geschichte interaktiv durch Rätsel miterlebt. Zack & Wiki dagegen ist eher ein Puzzlespiel, was aber wiederum oft mit Tetris oder anderen Blöckchenspielen assoziiert wird. Am besten passt wohl die Bezeichnung „Mischung aus allem“ für Capcoms Titel.

Eine Handlung ist eigentlich nur sporadisch vorhanden. Ihr findet einen Teil des legendären Piratenkapitäns Barbaros in einer vermufften, alten Schatzkiste und erklärt euch dazu bereit, ihm seine verbliebenen Körperteile zu beschaffen. Im Gegenzug will euch dieser einen Schatz von unermessbarer Größe für einen Piraten verleihen: sein prächtiges Schiff. Im Hintergrund aller Geschehnisse steht also ein pädagogisch herrlich wertloses Motiv: die Gier nach mehr Schätzen, mehr Reichtümern, mehr Gold und mehr Ruhm.


 

Ausgangspunkt einer jeden Mission ist das Hauptquartier auf der Schatzinsel. Dort ist die versammelte Mannschaft der Seehasen vertreten, die Piraten-Crew, der auch Zack angehört. In diesem einräumigen, kleinen Hüttenquartier könnt ihr euch Tipps anhören, Geschichten erzählt bekommen, bestimmte Gegenstände kaufen, auf die noch später näher eingegangen wird und selbstverständlich entscheiden, was ihr als nächstes im Spiel tun wollt. Bei eurem Boss meldet ihr euch ab und werft dann einen Blick auf die Karte. Dort erscheinen eure freigespielten Regionen (insgesamt werden es vier sein). Sie sind wiederum unterteilt in verschiedene einzelne Stages und einen Bosskampf, der dann den nächsten Abschnitt öffnet. Jedes einzelne dieser Levels dreht sich um einen größeren Rätselkomplex, der letztendlich zu einer verfluchten Schatztruhe führt. Und spätestens bei dieser Schatztruhe bekommt es auch Bedeutung, dass der junge Pirat nicht allein auf der Schatzsuche ist: Sein Gefährte heißt Wiki und ist das vielleicht abgedrehteste und interessanteste „Feature“ in diesem Spiel. Wiki ist ein kleines, gelbes, affenähnliches Wesen, das natürlich nicht nur fliegen kann, sondern auch noch magische Fähigkeiten besitzt. Diese mystischen Mächte kommen zum Tragen, wenn ihr eure Fernbedienung schüttelt. Dann fungiert das Äffchen plötzlich als Glocke und vertreibt entweder böse Geister oder verwandelt Gegner in Gegenstände. Ja, das ist richtig: Tatsächlich besiegen könnt ihr die auftauchenden Gegner im Spiel aktiv nicht (aber ihr könnt größeren Kontrahenten Fallen stellen). Dafür ist es aber möglich, die kleineren Ungeziefer und Monstrositäten durch einen Glockenschwung zu eurem Nutzen zu verwenden. Jedes Wesen verwandelt sich dabei in einen bestimmten Gegenstand, der seiner vorigen äußeren Form nicht unähnlich sieht. So wird der bullige Eber schnell zu einem kräftigen Hammer, der widerborstige Tausendfüßler zu einer Säge und der plumpe Piratenkontrahent zu einem soliden Block.

Natürlich hexen Zack & Wiki aber nicht einfach aus Jux und Tollerei in den Levels herum. Die entstehenden Gegenstände werden dringend gebraucht, um weiterzukommen. Und das funktioniert meistens im Kettenreaktionsprinzip. Ihr findet beispielsweise eine Schlange und verwandelt diese kurzerhand in einen Gegenstand, der sich später als ein verlängerter, grüner Greifarm entpuppt. Mit diesem schnappt ihr euch z.B. einen hoch gelegenen Gegenstand und könnt diesen wiederum verwenden, um entweder einen Mechanismus auszulösen, euch ein neues Item zu krallen oder sonstige clevere Aktionen durchführen, die letztendlich alle zur sagenumwobenen Schatzkiste führen. Zu viel soll an dieser Stelle nicht zu speziellen Beispielrätseln gesagt werden. Denn ein ganz besonderes Charakteristikum von Zack & Wiki ist die Pflicht, alles penibel genau auszukundschaften, sich kreative Verwendungszwecke für Items zu überlegen und Apparaturen richtig zu bedienen.

Einfach wild herumzuprobieren, ist dabei aber gewiss nicht drin. Auf jeden Fall nicht für ehrgeizige Menschen. Denn je nach dem, wie schnell und effizient man ein Rätsel gelöst hat, verleiht das Spiel einen bestimmten Punktewert, den es mit HirameQ betitelt hat. Blinkend, blitzend, mit Konfetti, Geklatsche und Gejohle eröffnet einem das Spiel hierbei in einer angenehm pompösen Weise unglaubliche Genialität oder straft einen mit einem missfallenden und verächtlichem „Nett“ ab, wenn man mit zu vielen Versuchen an dem Rätsel rumgedoktort hat. Auch die Zeit wird beim Durchspielen berücksichtigt und dient für Highscore-Jäger später als Ansporn, den Level noch einmal zu bestreiten.

Aber nicht nur der HirameQ-Wert oder die Durchspielzeit sind Ausschlaggeber dafür, einen Level noch einmal zu durchlaufen. Viel besser ist es noch, dass so einige Stages nicht nur auf eine Weise gelöst werden können: Manchmal eröffnet das Spiel auch alternative Lösungsmöglichkeiten, die besondere Kreativität erfordern und einen entsprechend brillanteren HirameQ-Wert einbringen. Meistens kommt man nur durch Zufall auf die abgefahrenen Lösungen, fühlt sich dabei aber umso besser, weil diese den Level kurz und schmerzlos beenden und herrlich abgedreht anmuten.


 

Schütteln, Drehen, Neigen, Stoßen, Rütteln
Wie oben gesagt, punktet Zack & Wiki am meisten durch seine Steuerung. Ihr steuert Zack durch einfaches Klicken auf den Ort, zu dem er laufen soll. Fahrt ihr mit dem Pointer über ein verdächtiges Objekt, färbt der Cursor sich pink. Die Wii-Remote ist aber vor allem ein universelles Einsatzmittel gegen alle Arten von Problemen und es ist vollkommen zutreffend, wenn das Spiel im Ladebildschirm prophezeit: „Wie du die Wiimote hältst, ist der Schlüssel zum Erfolg“. In anfänglichen Levels zeigt der Computer noch vor jedem Rätselbeginn eine kurze Animation, wie der Controller gleich zu halten sein wird, später bleibt das der Kreativität des Spielers überlassen. Realitätsnahe Gedanken sind dabei Pflicht, denn erstens macht es mehr Spaß, alles exakt wie im echten Leben zu tun und sich dem Spiel dabei viel näher zu fühlen und zweitens kann die Lösung sonst nur über wildes Schütteln und Hoffen, dass man zufällig dabei die richtige Eingabe macht, gefunden werden.

Weit über zwanzig Varianten gibt es, wie man den Controller halten kann und alle simulieren die Handhabung der echten Variante des Gegenstandes oder die echten Bewegungen der Hand, die man in Zacks Situation machen würde.

Die Bewegungserkennung selbst funktioniert ohne jeden Tadel. Die Pointerfunktionen ermöglichen ein genaues Zeigen auf den Bildschirm und die Bewegungssensoren beweisen wieder einmal, was sie eigentlich alles können und wie genau sie sind. Man fängt fast an, sich dafür zu schämen, den Controller in manchen Spielen immer noch grobschlächtig zu schütteln, wenn Zack & Wiki einem die ganze eigentliche Sensitivität der Gyrosensoren eröffnet.

Ding… ♫
Für noch mehr Pluspunkte sorgen der Stil und die ganze Aufmachung von Zack & Wiki – Der Schatz von Barbaros. Eigentlich reicht zur Untermauerung dieser Behauptung ja schon die oben angebrachte Beschreibung des Magieaffens Wiki, aber es gibt noch so viel mehr Liebenswertes zu sehen und zu hören: Zuallererst natürlich die herrlich quietschbunte Cel-Shading-Grafik. Sie erinnert teilweise an „The Legend of Zelda – The Wind Waker“, ist aber insgesamt eine reine Comic-Grafik und noch sehr viel bunter. Die Piratencharaktere sind Häschen mit Kopftüchern und Ohrringen oder kleinwüchsige puppenähnliche Männchen und die anderen vorkommenden Figuren und Charaktere sind ebenso liebevoll gestaltet. Auch seine Herkunft merkt man dem Spiel deutlich an. Die wortlosen Konversationen mit den grummeligen Kritzelzeichnungen in einer Sprechblase oder den Herzchen oder Tränen als Erweiterung zu den Texten der sprechenden Charaktere, die man aus so vielen japanischen Rollenspielen kennt, verbreiten ihren Charme. Genauso wie Wikis bekloppter „Ding“-Ausruf (gefolgt von einer Achtelnote am Ende fast jedes Satzes) oder der japanischen Sprachausgabe, die immer wieder Sprachsamples wie ein kreischendes „Zaaaaakuuuu“ (=Zack!) oder ein grimmiges Lachen einstreut.
Auch die Musik passt. Klirrend frostige Glockenspiele in der Eiswelt und piratiges Gedudel im Hauptquartier haben zwar keinen Ohrwurmcharakter, sind aber auch nicht als irgendetwas wie ein Kritikpunkt zu betrachten.

 


Nicht leicht, aber fair
Oft problematisch bei Point & Click Abenteuern: der Schwierigkeitsgrad. Da gehen die Rätsellösungen schon beim einen oder anderen Spiel gerne einmal ins Absurde herein, sodass eigentlich kein normal denkender Mensch darauf kommen kann und Komplettlösungen eigentlich Pflicht sind. Bei Zack & Wiki steigert sich die Schwierigkeit gemächlich mit fortschreitender Spieldauer. Am Anfang ist noch alles nett und freundlich. Die Rätsel sind gut zu lösen, die zu bespielenden Arealkomplexe nicht zu ausufernd und die Anzahl an zu findenden Gegenständen noch überschaubar. Je weiter man aber auf der Schatzinsel vordringt, umso schwieriger werden die Kopfnüsse, umso größer die Areale und umso mehr gibt es zu beachten. Halbe Stunden kann man dann an nur einem Komplex der insgesamt über 20 Komplexe sitzen. Ein Fehltritt und vielleicht öffnet sich plötzlich eine Falltür.
Und dann war es das mit unserem Comic-Piraten. Er stirbt. Wer jetzt einen halben Herzinfarkt bekommt und nicht damit leben will, dass der niedliche Protagonist auf seinen Reisen auch ableben kann, dem kann gesagt werden, dass die Sterbesequenzen immer äußerst humorvoll inszeniert sind. Zack klatscht gegen den splitternden und rissigen Fernsehbildschirm, wird von einem tonnenschweren Block überrollt und ist dann flunderplatt und, und, und. Nun kann man zwar auch der Meinung sein, dass das nicht unbedingt lustig ist, ernstzunehmen ist es aber trotzdem irgendwie nicht.
Ist Zack tot, eröffnen sich euch zwei Möglichkeiten. Entweder ihr werft den ganzen Krempel erzürnt hin und kehrt pampig ins Hauptquartier zurück, um eine alternative Mission zu starten oder ihr startet den Level ganz von vorne. Ja, ganz von vorne. Checkpoints gibt es nicht, der Level startet noch einmal ganz von Anfang an. Es sei denn, ihr habt euch im Voraus der Mission mit einem teuren platin-Ticket versorgt, das für euch die Zeit um ein paar Sekunden zurückspult und das Unglück ungeschehen macht.
Wer unwiederbringlich an einem Rätsel festhängt und keine Ahnung hat, was es nun zu tun gibt, der sollte bestenfalls eine Orakel-Puppe besitzen. Diese ist ebenfalls im Voraus im Hauptquartier käuflich zu erwerben und gibt dem Verzweifelten einen kleinen Tipp, wo er sich doch als nächstes einmal genauer umsehen sollte. Das Orakel ist übrigens ebenfalls ein äußerst „anmutig“ inszeniertes Häschen…

Was nicht ganz zu gefallen weiß, sind spielerische Sackgassen, die manchmal auftreten können, wenn man einen Gegenstand zu voreilig und ohne nachzudenken benutzt hat. Aber auch dann weist das Spiel einen darauf hin und wertet das als ein Game Over.

Insgesamt kann man also mit den Worten schließen, dass Zack & Wiki bestimmt nicht zu leicht, aber auch nicht unschaffbar schwer ist. Die Möglichkeiten der platin-Tickets und Orakel-Puppen wirken gekonnt gegen den Frustfaktor an und das Ableben ist witzig dargestellt. Manchmal hält das Spiel zwar einige unberechenbare Fiesheiten bereit (wie zum Beispiel den plötzlichen Absturz einer Klippe, vor dem man sich tunlichst mit einem Fallschirm ausgestattet haben sollte) bereit, diese kann man aber wegen ihrer Seltenheit verzeihen.

Fazit:
Zack & Wiki – Der Schatz von Barbaros ist eine einzige große, pure Innovation. Die Verwendung der Wii-Remote ist so vielfältig wie bei keinem anderen Spiel und die Rätsel sind unheimlich intelligent gestaltet. Denken ist Pflicht, aber Zack & Wiki ist kein einfaches Denkspiel, das manchmal zu Frust führt. Viel mehr bringt es seine Spieler auch regelmäßig zum Grinsen und überzeugt mit seiner humorvollen, abgedrehten Japano-Präsentation. Es bringt die Spieler aber auch zum Staunen und erzeugt nicht selten den berühmten „Aha-Effekt“, der eintritt, wenn man ein Rätsel nach langem Probieren endlich gelöst hat. Den Wiederspielwert holt sich der Genre-Mix dadurch, dass viele Levels auch alternativ lösbar sind und Highscores wie benötigte Zeit oder Kreativitätspunkte gespeichert werden. Zack & Wiki – Der Schatz von Barbaros ist ein wirklich ambitioniertes Projekt (von einem Dritthersteller!), das eindeutig nicht nur die Höchstpunktzahl im Innovationsbereich, sondern auch den WiiX-Award für hervorragendes Spieldesign und intelligentes Gameplay verdient hat. Es wäre wirklich zum Weinen, wenn das Spiel sich auch in Europa so verhalten verkaufen würde wie in Japan oder den USA, denn dann gibt es bald wirklich nur noch Anti-Experimente mit altbewährtem Gameplay, altbewährter Steuerung und altbewährter, profitabler Zielgruppe. Bitte kaufen.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Zack & Wiki - Der Schatz von Barbaros
Wertungen Beschreibung
8.5Grafik
Bunte Cel-Shading-Optik mit vielen bemerkenswerten Details und optisch ansprechenden Effekten.
8.0Sound
Gute Musik mit schönen Soundeffekten und witzigen Sprachsamples trägt dazu bei, dass man hier keine größeren Kritikpunkte ansetzen kann.
9.0Steuerung
Zack lässt sich anfangs zwar etwas gewöhnungsbedürftig, dann aber problemlos durch Klicken auf einen Punkt steuern und die Rätsellösungen über die Wii-Remote funktionieren tadellos. Sie sind absolut innovativ, meistens intuitiv und fühlen sich einfach toll an.
9.0Gameplay
Die einzelnen Abschnitte sind intelligent gestaltet, durchdacht und halten einige Besonderheiten bereit. Dazu gibt es Alternativrouten und Highscores sowie einen fairen Schwierigkeitsgrad und ein paar freizuschaltende Extras.
9.1Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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