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Anubis II
Review von Andreas Held (mail) | 24.12.2009

Es gibt Tage, an denen man besser nicht aufstehen sollte. An diesen Tagen hievt man sich mitten in der Nacht, also um sieben Uhr, aus dem Bett, weil man um acht an der Uni sein muss, und setzt sich in einer langweiligen Vorlesung auf einen, dank der viel zu geringen Frauenquote, ebenso "langweiligen" Sitzplatz, um dort den wohlverdienten Schlaf nachzuholen. Nach einem langen Tag an der Uni samt versiebter Zwischenklausur kommt man dann abends um 18 Uhr nach Hause und stellt erst mal fest, dass man nichts mehr zu Essen hat. Und wenn man dann glaubt, es könne nicht mehr schlimmer kommen, findet man Anubis II in seinem Briefkasten.
So, oder zumindest recht ähnlich, erging es mir heute. Anubis II stammt aus der selben Produktreihe wie NinjaBread Man, weshalb ich durch das Review meines Kollegen Kamil ja schon sehr gut vorgewarnt war. Also, herüber in den Aldi, ein Kilo abgepackten Kartoffelsalat kaufen, und herein in die Wii mit der Scheibe - in der Hoffnung, dass es möglichst schnell vorbei ist.

Wer ist eigentlich Anubis?
Diese Frage ist durchaus berechtigt, denn immerhin hat der Titel nicht nur eine Zwei im Namen, sondern wirbt auch auf der Rückseite mit "Anubis ist zurück". Fakt ist aber, dass das einzige andere Spiel mit "Anubis" im Titel "Getsumen no Anubis" heißt und vor 13 Jahren für das Super Famicom erschienen ist. Es gibt keinen Vorgänger. Warum also Anubis "zwei"? Nun, die auf der Hand liegende Antwort ist, dass man vielleicht beim Käufer den Eindruck erwecken will, der nicht existierende Vorgänger sei so gut und erfolgreich gewesen, dass ein erfahrenes Team nun ein Sequel programmieret hätte. Wer etwas mehr Affinitäten zu Verschwörungstheorien hat, kann jedoch auch die Behauptung aufstellen, dass hier Fans des PC-Adventures Ankh über's Ohr gehauen werden sollen, da die beiden Titel sicherlich mehr Gemeinsamkeiten haben, als nur die beiden Anfangsbuchstaben des Titels. Die Antwort bleibt euch überlassen.

Prinzipiell könnte Anubis II jedoch auch eine Fortsetzung von NinjaBread Man sein, denn die beiden Spiele gleichen sich bei näherem Hinsehen stärker als zwei Sportspielupdates von EA. Die beiden Titel haben das selbe Hauptmenü und das selbe HUD, die exakt gleiche Steuerung und die gleiche Spielaufgabe. Statt acht Power-Stäben sammelt ihr diesmal acht Pyramiden in jedem Level, und statt mit Schwert und Shuriken kämpft Anubis mit einem Stab, der Magiekugeln verschießen kann. Im Nahkampf ist Anubis seinen Gegnern hilflos ausgeliefert, da die Bewegungserkennung die Hälfte der Zeit nicht funktioniert und in der anderen Hälfte der Stab durch die Gegner hindurchgeht, ohne sie zu treffen. Mit den Projektilen des Stabs ist Anubis wiederum unbesiegbar, da keiner der Gegner über Distanzwaffen verfügt und man somit alles und jeden aus sicherer Entfernung zu Brei schießen kann - wobei "sichere Entfernung" hier eine Distanz von zehn Pixeln beschreibt. Alternativ könnt ihr auch versuchen, auf Gegner zu springen, aber das funktioniert auch nicht, da Anubis fast immer von oben durch seine Gegner hindurchfällt und mit ihnen verschmilzt. Nur die Kamera ist das krasse Gegenteil, denn anstatt sich wie in NinjaBread Man wie wild zu drehen, ist sie an einer Stelle festgefroren. Die einzige Möglichkeit, sie manuell zu drehen, ist, mit der Distanzwaffe eures Stabs zu zielen und (wie in einem Ego-Shooter) mit dem Fadenkreuz auf den Bildschirmrand zu zeigen. Ganz großes Tennis.



Es ist sogar noch schlechter!
NinjaBread Man war das erste Spiel seit der Gründung unseres Vorgängermagazins GameCubeX, das mit einer Wertung unter 2.0 gestraft wurde, und somit das schlechteste Spiel, das wir jemals getestet haben. Anubis II setzt sogar noch einen drauf und ist dem Vorbild in insgesamt drei Punkten unterlegen.
Zum einen wäre hier das Setting zu erwähnen. Bei allen Kritikpunkten kann man NinjaBread Man ja zumindest unterstellen, dass es irgendwie ein lustiges Spiel ist, welches man, wie wir ja schon sehr schön bewiesen haben, wunderbar verreißen kann. Anubis II verwendet ein klischeehaftes ägyptisches Setting und besitzt daher keinerlei Originalität, weshalb es nicht mal mehr in die Sparte "so schlecht, dass es schon wieder lustig ist" fällt. Zum anderen wäre hier die Grafik, die beim Möchtegern-Pfefferkuchenmann natürlich auch keine Meilensteine aufstellt, jedoch noch irgendwie annehmbar ist. Anubis II ist vor allem eins: gelb. Alle Innenbereiche wurden mit der selben, lächerlichen Wandtextur tapeziert und ab dem dritten Level kommt es sogar vor, dass manche Wände gar nicht texturiert wurden und deshalb einfarbig schwarz sind. Außenlevel münden an ihren Rändern in ein gelbes Nichts, und wenn diese Grenze überschritten wird, fällt Anubis durch den Boden, wird um ein Extraleben erleichtert und ohne eine Sekunde Pause einfach zum letzten Checkpoint teleportiert. Die Musik ist zwar absolut unpassendes Happy-Happy-Gedudel, wurde von mir jedoch nicht als allzu schlimm empfunden, was aber auch daran liegen könnte, dass ich kurz vorher im Supermarkt Mario Winan's "Let Me Love You" ausgesetzt war (ohne Betäubung!) und deshalb wohl alles andere vergleichsweise als musikalische Offenbarung angesehen hätte. Dafür sind die Soundeffekte absolut lächerlich, angefangen vom auf Dauer unglaublich nervigem "BoingBoingBoing" der nach ihrer Aktivierung hüpfenden Checkpoints, bis hin zum dezenten Surren der ägyptischen Rasenmäherfliege.

Punkt drei auf meiner Liste ist der Endkampf, der auch in diesem Spiel glücklicherweise nach etwa einer Stunde erreicht ist. Der Skelettritter, welcher auf den kreativen Namen Mumm'hotep hört, begrüßt euch zunächst mit der trashigsten Bösewichter-Lache aller Zeiten, steht danach wie angewurzelt in der Mitte des Raums herum und schießt mit Feuerbällen. Nach einiger Zeit findet man heraus, dass die einzige Waffe, die Mumm'hotep etwas anhaben kann, Bomben sind, die über eine Serie übertrieben schmaler Plattformen erreicht werden müssen, die obendrein ständig und völlig unsystematisch für ein paar Sekunden verschwinden, weshalb man nur mit sehr viel Glück an die begehrten Items kommt. Hat man sich dann abgerackert, stellt sich heraus, dass es am Controller keinen Knopf gibt, um die Bomben zu werfen, und Mumm'hotep somit scheinbar unbesiegbar in der Mitte des Raumes steht. Erst die Spielanleitung liefert die Antwort auf diese Frage, wenn man sie denn in dem unübersichtlichen Buchstabenwirrwarr finden kann: Eine Kombination aus insgesamt drei Kommandos, darunter Bewegungen und ein Druck auf den A-Knopf, ist nötig, um die Bomben zu werfen. Sehr intuitiv; genau solche Steuerungsschemata hatte Nintendo bei der Konzeptionierung der neuen Konsole im Sinn!

Fazit:
Mit der Veröffentlichung von Anubis II begibt sich Green Kangaroo in eine legale Grauzone. Mit der Zwei im Namen unwissende Käufer glauben zu lassen, dass es einen Vorgänger gegeben hätte, ist eine Sache - ein Spiel zu veröffentlichen, welches in seiner Grundfunktionalität derart eingeschränkt ist, eine ganz andere. Von den laut Credits insgesamt etwa 15 bis 20 Leuten, die an diesem Spiel gearbeitet haben, saßen sechs in der Qualitätssicherung - die waren jedoch offensichtlich in Urlaub, als dieses Spiel in die Testphase ging. Anubis II hat eine Grafik, die noch weit unter N64-Niveau liegt, einen unterdurchschnittlichen Soundtrack, eine Steuerung, die sehr ungenau ist und eine Bewegungserkennung, die nicht funktioniert. Selbst wenn ihr dieses Spiel über eine Internetplattform geschenkt bekommt, solltet ihr nicht annehmen, da es nicht mal die Versandkosten wert ist, um es zu euch zu befördern, geschweige denn den Papierumschlag, in den es gesteckt wird. Und sollte es aus irgendeinem Grund doch mal bei euch herumliegen, dann schmeißt Disc, Cover und Anleitung in den Müll und freut euch über eine schicke Ersatzhülle für andere Wii-Spiele.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Anubis II
Wertungen Beschreibung
2.0Grafik
Alle Wände sind entweder gelb oder gar nicht texturiert. Unter N64-Niveau.
3.5Sound
Unpassende, aber erträgliche Musik. Lachhafte Soundeffekte.
2.5Steuerung
Extrem ungenau. Die Bewegungserkennung versagt in 50 Prozent der Fälle.
1.0Gameplay
Nach 60 Minuten ist der Endkampf erreicht. Das sind 59 Minuten zu viel.
1.7Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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