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Barbie als Prinzessin der Tierinsel
Review von Marian Wehmeier (mail) | 15.01.2008

99-46-84 Zentimeter. Ein lüsterndes "Boah" wird manch triebgesteuertem Dreibeiner bei diesen Körpermaßen über die Lippen rutschen, während sich das zirkulierende Blut aus seinen Hirnrinden langsam aber sicher einen Weg gen Hosenboden bahnt. Dabei sollen die Proportionen keine Männerphantasien beflügeln - im Gegenteil: Ruth Handler, "Mutter" der Barbie-Puppe und Mitgründerin der Firma Mattel, sah in ihrer Kreation die Frau als autonomhandelndes Wesen. Tja, zumindest soweit autonom, dass sie von Doktorkittel bis Bikini alles tragen kann, was das Spielzeugregal im Supermarkt hergibt.

Doch das Marketing-Konzept von Mattel geht längst über die trendigen Accessoires für die Puppe von heute hinaus. DVDs, Hör- und Videospiele erweitern seit Jahren das Franchise, ein Rendezvous mit der Produktlinie von Nintendo schien vorprogrammiert. Und da freut sich die einzige Käuferschicht, die bis jetzt etwas zu kurz gekommen ist: Denn während sich die Rentner bei Wii Sports die Knochen brechen, Eltern bei Big Brain Acedemy die grauen Zellen trainieren und typische Zocker mit Klempner Mario weite Galaxien erkunden, gab es bis jetzt für die Mädchen, die auf ihrem pinken Nintendo DS Kühe bürsten und Schafe halten konnten, keinen triftigen Grund, einen Wii zu besitzen. Activisions Barbie als Prinzessin der Tierinsel könnte das ändern.

Cinderella meets Cast Away
Als kleines Mädchen strandet die schiffbrüchige Rosella (Barbie) auf einer einsamen Insel. Sie freundet sich mit den dort lebenden Tieren an, die sich liebevoll um sie kümmern. Zehn Jahre später ist aus dem kleinen Mädchen eine junge Dame geworden. Gleichzeitig entdeckt ein junger Seefahrer, Prinz Antonio, das unentdeckte Südseeparadies. Der Schönling verliebt sich unsterblich in die hübsche Blondine, nimmt sie mit in sein Königreich. Einer baldigen Hochzeit scheint nichts mehr im Wege zu stehen.

Barbie als Prinzessin der Tierinsel ist eine Minispielsammlung, der die tropischen Rahmenbedingungen des Films zu Grunde liegen. Nach einer einleitenden Videosequenz, in der Klein-Rosella an Land gespült und von den freundlichen Tieren aufgenommen wird, findet man sich direkt auf der einsamen Insel wieder. Hier kann man die ersten sechs Minispiele anwählen. Ziel ist es, eine vorgegebene Anzahl an Inselrosen zu sammeln. Bei jedem Minispiel kann man je nach Geschick bis zu drei dieser Inselrosen gewinnen. Sind genug Rosen gesammelt, darf man zum nächsten der insgesamt sechs Schauplätze wechseln, wo wieder eine Handvoll Minispiele darauf warten, gemeistert zu werden. Neben den Inselrosen gibt es für jede bestandene Aufgabe Extras in Form von zusätzlichen Kleidern, Schuhen und anderen Accessoires, mit denen man Rosella im Laufe des Spiels einkleiden kann. Im Optionsmenü gibt es darüber hinaus noch fünf Videos aus dem Film freizuschalten, die ihre Affinität zu musical'ischem Singsang nur schwer verbergen können.

Mario Party meets Mädchenzimmer
Damit Rosella und ihr Prinz so schnell wie möglich zueinander finden, müssen nacheinander Minispiele bestanden werden. So müssen Schmetterlinge und Glühwürmchen gefangen, Blumensträuße zusammengesteckt oder romantisch Sternenbilder am Himmel nachgezeichnet werden. Mal müssen hungrige Krokodile mit allerlei Obst vollgestopft werden, damit Rosella unbeschadet den Teich zu ihrem Prinzen überqueren kann, mal schwingt sich die hübsche Blondine in bester Tarzan-Manier von Liane zu Liane, um Bananen, Orangen und Melonen zu sammeln. Das tropische Setting des Films kommt dem virtuellen Geschehen sehr zugute und bietet viel Spielraum, um abwechselungsreiche Aufgaben zu arrangieren.

Von der einsamen Insel, auf der man startet, über das königliche Schiff und der Hafenstadt, bis hin zum apollinischen Schloss des Prinzens müssen über 30 Minispiele bewältigt werden. Diese sind zwar für alle Altersklassen faßbar, ohne Überraschung aber auf die Interessenlage junger Mädchen zugeschnitten, die mit dem Perlentauchen, Blumenpflücken und Kombüsenlaufen sicher ihre Freude haben dürften. Auch die grafische Seite des Spiel ähnelt dem Bild eines ideallisierten Mädchenzimmers, das vor grellen Pinktönen und riesigen Kuscheltieren zu zerbersten droht: Farbenfrohe, exotische Schauplätze, die in verspielten Sternchen-Ornamenten und sonstiger Staffage fast ertrinken, treffen auf dauerfröhliche Akteure, denen das Grinsen ins Gesicht tätowiert ist.



Die Minispiele an sich gestalten sich von der Umsetzung als auch vom Schwierigkeitsgrad her zugänglich für jedermann. Nicht selten kommt es vor, dass man schon nach dem ersten Versuch alle drei Inselrosen gewonnen hat. Für Hundert erreichte Punkte gibt es eine Rose, für Zweihundert Punkte zwei Rosen, für Dreihundert drei. Eine Einleitung, die während des Ladevorgangs eingeblendet wird, erklärt dabei das Aufgabenziel und die Steuerungsmöglichkeiten. Bei der Expedition zur Tierinsel kann auch ein Mitspieler ins Geschehen eingreifen. In den Minispielen muss man dann entweder im Team kooperieren oder gegeneinander antreten. Das alles, nicht nur der Aufbau und die Umsetzung der Minispiele, erinnert stark an die virtuellen Partyexzesse vom italienischen Kultklempner. Einzig das Spielbrett wurde wegrationalisiert.

Kitsch meets Kinder, Küche und Kirche

Barbie als Prinzessin der Tierinsel ist das erwartete Nischenprodukt, das gerade etwas für heranwachsende Mädels sein könnte, die sich einen unkomplizierten Einstieg in die Welt der Videospiele wünschen. Das Spielprinzip ist bestechend simpel, die Steuerung geht locker von der Hand, die Möglichkeit zu verlieren gibt es nicht. Das Einkleidezimmer, in dem man Rosella nach seinen Wünschen ausschmücken kann, wird gerade für Barbiefanatiker ein willkommender Bonus sein, genau wie die freischaltbaren Videoschnipsel aus dem Film. Auch die gelungende deutsche Synchronisation und das detaillierte Tropenszenario gefallen. Wer sich in der kunterbunten Barbiewelt wohlfühlt und sich generell eher als ein Gelegenheitsspieler sieht, wer kein anspruchsvolles Gameplay erwartet und vorallem den zutiefst schnulzigen Finalsong übersteht, darf die Reise auf die Tierinsel gerne antreten.

Wer sich zu der eben erwähnten Gruppe nicht zählt, wird mit diesem Spiel nur wenig anfangen können. Denn ein Schwierigkeitsgrad ist praktisch nicht gegeben: Auf der einen Seite muss man sich schon ziemlich dumm anstellen, um keine Inselrose zu gewinnen, und auf der anderen Seite muss man ziemlich wenig Können investieren, um alle drei Inselrosen gleich beim ersten Versuch einzuheimsen. Daraus resultiert, dass es auf ganzer Linie an Herausforderung mangelt. Erfahrene Spieler haben nach gut neunzig Minuten jedes Minispiel mindestens einmal gespielt und sich dank pervers kitischiger Hochzeitssequenz mindestens einmal übergeben. Auch die Steuerung, bei der die Wii-Funktionen leider notgezwungen-aufgesetzt wirken, ist oft unpräzise, während manche Minispiele z.B. das Schütteln der Wii-Remote gar nicht richtig erfassen (als hätten das die Entwickler gewusst, hat man immer die Alternative, den A-Knopf zu nutzen).

Hat man trotzdem Lust, Rosella beim Kleidernähen, Gerichtekochen und Essenservieren zu unterstützen (Lebensschwerpunkte, die Frauen mit traditionellem Wertekanon vielleicht heute noch haben), dem bietet das Spiel ein paar Stunden sinnfreies Schütteln mit der Wii-Remote. Vielleicht gibt es in einer möglichen Fortsetzung ja sogar ein Minispiel, in dem Rosella putzen darf oder ihrem Gemahlen ein Bier holen muss.

Fazit:
Für Barbiefans bietet das Spiel eine Fülle von brauchbaren, wenn auch ziemlich simplen Minispielen mit Tropen-Look. Diese Zielgruppe kann sicherlich verschmerzen, dass die Steuerung schwammig, der Sound nur durchschnittlich ist, dass die Grafik auch auf dem GameCube hätte realisiert werden können und die übertrieben langen Ladezeiten den letzten Nerv rauben. Das Hauptproblem des Spiels ist leider, dass alle anderen potenziellen Kunden diese Mankos nicht verschmerzen werden, gar verschmerzen können und darüber hinaus noch von dem teilweise unerträglichen Firlefanz der perfekten Barbiewelt terrorisiert werden. Objektiv gesehen bietet Barbie als Prinzessin der Tierinsel trotz der Masse an Minispielen kaum Substanz und wird gerade aufgrund des Preis-Leistung-Verhältnisses nur für eine sehr kleine Käuferschicht interessant sein. Vielleicht freut sich ja ein kleines Mädchen, das das Kühebürsten und Schafehalten leid ist.

Von Marian Wehmeier
Wertung für das Spiel Barbie als Prinzessin der Tierinsel
Wertungen Beschreibung
6.8Grafik
Ein paar Grafikfehler und steife Animationen, aber hübsche, exotische Szenerie und detaillierte Umgebung.
6.8Sound
Unauffällige Melodien im Hintergrund, deutsche Synchronisation, nervige Sprachsamples.
6.2Steuerung
Ein Balanceakt zwischen sehr leicht und anspruchslos.
5.5Gameplay
Über 30 Minispiele, die aber kaum Herausforderung bieten, Features nur für Fans brauchbar, nach anderthalb Stunden hat man alles gesehen.
5.8Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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