Eine der ersten Meldungen, die Nintendo letztes Jahr nach der Vorstellung der Wii-Mote auf der Tokio Game Show bekannt gab, war jene, dass man First-Person-Shooter exzellent auf Wii spielen könne. Problem an der Sache: Das Ganze war nur Theorie. Also trat man bei Nintendo an Ubisoft heran und fragte an, ob sie nicht Lust hätten, einen Shooter für Wii zu entwickeln. Gesagt, getan und ein halbes Jahr später auf der E³ 2006 wurde der Titel Red Steel präsentiert. Jetzt, pünktlich zum Wii Lauch, haben wir die Vollversion vorliegen. Schauen wir doch mal, was sich seit meinem Hands On Bericht auf der Games Convention so alles bei Red Steel getan hat.
Die Präsentation. Und worum geht’s eigentlich?
Zunächst einmal bleibt zu erwähnen, dass die Version der Games Convention nur eine Demo zur Spielmechanik war und mit dem nun vorliegenden, kompletten Spiel wenig gemein hat. Erst einmal ein kurzer Einblick in die Story des Spiels: Alles beginnt in Los Angeles. Ihr seid der Amerikaner Scott Monroe und sollt am heutigen Tage endlich den Vater eurer Verlobten Miyu kennen lernen. Dazu kommt es allerdings nicht. Denn der Vater Isao Sato wird verraten und eure Verlobte von den Yakuza entführt. Nach der Flucht vor den Yakuza führt euch der Weg nach Little Tokio in Los Angeles, wo ihr einen guten Freund von Isao Sato antrefft. Ihr erfahrt von ihm, wer hinter der Entführung steckt und spürt dann dessen Geliebte auf, welche in ihrem Club „Angels Heaven“ arbeitet. Am Ende führen euch die Umstände von Los Angeles nach Japan, direkt zu den Yakuza, wo ihr euch dann anschickt, eure Verlobte zu retten. Der Fairness halber breche ich aus Rücksicht vor eventuellen Spoilern hier mal ab.
Jetzt natürlich die Frage, wie sich die Story im Spiel selbst präsentiert. Ubisoft hat sich hier nicht lumpen lassen und spendiert dem Spiel eine komplett deutsche Lokalisation mit deutschen Texten und Sprache. Das ganze Pipapo halt. Die Synchronstimmen sind zwar nicht hundertprozentig hollywoodreif, gehen aber mehr als in Ordnung. Auch der Rest ist gut gelungen. So nerven nicht einmal die Sprachsamples der Gegner, die statt komischem Gebrabbel wie „Stiiiiirb’ duuuu Huuuund!“ eher glaubwürdige Sprüche wie „Verreck’ du Scheißkerl“ in ihrem Sprachschatz besitzen. Zudem wurden japanische Charaktere auch japanische Stimmen aufgelegt, was das Spiel noch mal authentischer gestaltet. Alle Stimmen passen zu den einzelnen Charakteren und vermitteln sehr gut das Flair des Spiels. Dieses präsentiert sich nämlich doch recht filmreif.
Von Beginn an merkt man, dass Red Steel eindeutig versucht, eine spielbare Version dieser ganzen 08/15 Yakuza-Mafia-Filme zu sein, die jeder von uns in seinem Kopf hat. Bandenkriege zwischen japanischen Gangs, Ballerorgien par excellence und natürlich der Kampf um Ehre und Respekt. Und was soll man sagen, Red Steel meistert diesen Vorsatz mit Bravour. Von der ersten Minute an fühlt man sich ganz einfach vom Spielstil und der Atmosphäre gefangen, die wirklich seinen ganz speziellen Charme ausstrahlt. Die Zwischensequenzen werden fast comicartig in Form von vielen sehr dynamisch aneinandergereihten Bildern, Artworks und anderen Zeichnungen präsentiert. Wir kennen dies bereits von Spielen wie Need for Speed Underground 2 auf dem Cube oder jüngst von Konamis Metal Gear Solid Graphic Novel auf der PSP.
Und apropos Dynamik: Auch die Hintergrundmusik kann sich sehen lassen. Ubisoft hat sich hierfür extra den Komponisten Tom Salta ins Boot geholt, der schon Soundtracks für die Ghost Recon Spiele komponierte. Das Ergebnis kann sich hierbei wirklich sehen lassen. Sehr stimmige Kompositionen, die, je nach Spielsituation zwischen fetzigen Beatmelodien und japanisch-ruhiger Klangkulisse tangieren. Und dabei passt irgendwie alles haargenau zusammen. Die Musik ist ganz einfach so, wie man es von Red Steel erwarten würde. Auch die Soundeffekte können positiv auftrumpfen und die Qualität der Sounds aus der Wii-Remote sind erstaunlich gut, da macht das Nachladen richtig Spaß.
Die Optik
Als letzte, und wohl wichtigste Komponente der Präsentation hätten wir dann die Grafik. Und die ist einfach „whoohooo“. Naja gut, fast. Aber schaut doch einfach auf die Screenshots. Seht ihr diese Fülle an Lichteffekten, die eine besonders starke Atmosphäre erzeugen? Mal schick, mal schäbig, mal bedrohlich, so ziemlich alles wird hier mit Licht in Szene gesetzt. Die Texturen sind vielleicht im Detail nicht immer das Nonplusultra bei Wii, aber im Endeffekt fällt dies gar nicht ins Auge, da Red Steel ein sehr schneller Shooter ist und man kaum Zeit findet, auf solche Details zu achten. Stattdessen fällt einem nur das wirklich tolle Gesamtbild auf. Ihr stürmt mit eurer Uzi im Anschlag durch ein Apartment, welches mit schier hunderten von Objekten eingerichtet ist. Danach landet ihr in einem Restaurant und liefert euch ein heißes Pistolengefecht zwischen Tischen, Sitzbänken, Bartheken und Fenstern. Oder ihr stürmt mit der Shotgun im Anschlag in eine Sauna, Dampfwolken hängen in der Luft, gedämmtes Licht scheint und die Gegner schrecken auf und greifen an, während sie noch ihr Handtuch tragen. Egal wo im Spiel ihr euch befindet, im Gesamtbild betrachtet sieht das Spiel die meiste Zeit über einfach nur fantastisch aus.
Zudem ist fast alles interaktiv. Ihr könnt mit vielen Objekten interagieren und so zum Beispiel Tische durch eine ruckartige Vorwärtsbewegung des Nunchuck umwerfen. Das Beste ist jedoch, dass fast eure komplette Umgebung zerstörbar ist. Überall zerspringt Glas und klirrt, Kugeln schlagen um euch herum in die Holzmöbel ein und hinterlassen dabei Einschusslöcher oder ihr erzeugt mächtigen Krach, wenn ihr elektronische Geräte kaputt ballert. Das sieht im Spiel nicht nur schick aus, sondern unterstützt das Spielgefühl ungemein. Alles wirkt hitziger, dramatischer und erhöht den Spaßfaktor beim Spielen ungemein. Ein Kritikpunkt sind jedoch die Charaktere und vor allem Gegner, die für meinen Geschmack zu detailarm sind. Am Schluss aber noch das Tollste: Im Singleplayer gibt’s den ganzen Spaß ohne Framerateeinbrüche oder sonstige Ruckeleinlagen, das Spiel unterstützt 60Hz und eine spezielle Bilddarstellung in 480p.
Ein Bein gestellt: Gameplay und Steuerung
Ziehen wir also ein Fazit: Präsentation, Optik und Sound sind erste Sahne, doch wie sieht es mit dem Gameplay und vor allem der Steuerung aus? Nun, bei diesen beiden Aspekten stellt sich Red Steel irgendwie selbst ein kleines Bein. Schauen wir zunächst auf die Steuerung. Umsehen kann man sich mit der Wii-Mote, die als Pointer auf den Bildschirm gerichtet wird. Mit dem B-Knopf ballert man dann was das Zeug hält und mit dem Steuerkreuz wechselt man die Waffe. Hält man den A-Knopf gedrückt, lassen sich Ziele anvisieren. Zudem besteht dann die Möglichkeit, heranzuzoomen, indem die Wii-Mote zum Bildschirm hinbewegt wird. Dies stellt sich allerdings als relativ mühselig heraus, da man dabei einen ziemlich langen Arm machen muss. Mit dem Plus-Knopf kommt man ins Spielmenü, der Minus-Knopf zeigt euch noch mal euer derzeitiges Missionsziel. Dann noch ein cooles Feature: ein Drehen der Wii-Mote überträgt sich auf eure Waffe. Styler können also, wenn sie mögen, auch mit schräg gehaltener Waffe durch die Levels rennen. Hier ein weiteres Plus für die Autensität des Titels. Außerdem wird man in manchen Spielsituationen um Entscheidungen gebeten. Durch Bewegungen der Wii-Mote abwechselnd nach links und rechts (Kopfschütteln) oder abwechselnd nach oben und unten (Kopfnicken) könnt ihr mit Ja oder Nein entscheiden.
Kommen wir zum Nunchuck. Mit dem Stick lenken wir Scott durch die Level, mit dem C-Knopf springen wir, der Z-Knopf dient zum Ducken, einer der wohl meistgebrauchten Tätigkeiten während des Spielens. Zudem übernimmt der Sensor dann noch einige Funktionen. Durch ein Schütteln des Nunchuck nach Links und Rechts wird eure Waffe nachgeladen. Trefft ihr auf eine Tür und eine grüne Hand erscheint auf dem Screen, so könnt ihr diese durch eine ruckartige Bewegung des Nunchucks zum Bildschirm hin öffnen. Dann könnt ihr noch Waffen aufheben. Stellt euch hierzu über eine Waffe, sodass das Bild der Waffe unten rechts angezeigt wird. Dann wird der Nunchuck ruckartig gen Boden gezogen um die Waffe aufzuheben. Interessant dabei: Ihr könnt maximal drei Waffen tragen und das Spiel bekommt eine sehr leicht taktische Note, denn nur mit Pistole und Shotgun könnt ihr nichts werden, da in späteren Spielpassagen auch Schnellfeuerwaffen oder ein Sniper gut zu gebrauchen sind.
Und jetzt sind wir bei der Gretchenfrage: Ballerspiele mit Wii, geht das? Ja, es geht! Anfangs sicher ein bisschen ungewohnt und komplex, besonders wenn man die üblichen Kontroller-Shooter spielt, allerdings hat man spätestens nach den ersten 3 Leveln die Steuerung verinnerlicht. Zudem finden sich unter den Optionen verschiedene Einstellungen, unter anderem zur Sensivität der Wii-Mote. Hat man dann den Bogen raus, wird munter mit Shotgun und Uzi durch die Level gestürmt. Zumindest fast, denn es gibt da einen kleinen Haken: Zwar ist die Intelligenz der Gegner nicht unbedingt hochkarätig, doch wer einfach durch die Level rennt, wird gnadenlos über den Haufen geschossen. Es will mit Bedacht vorgegangen werden und gerade in späteren Leveln kann es sein, dass ihr die meiste Zeit mit Ducken, Aufstehen und Rennen beschäftigt seid, um am Ende die Gegner ins Jenseits schicken zu können.
Die Level in Red Steel gestalten sich sehr abwechslungsreich. Ihr ballert euch durch Parkhäuser, Hotelkomplexe und gegen Ende des Spiels natürlich durch Hinterhofgassen Tokios und Quartieren der Yakuza. Dem zu trotz ist das ganze Spiel aber viel zu gradlinig. Auch wenn jede Mission euch vor verschiedene Missionsziele stellt, so lassen sich diese jedoch meist automatisch abhandeln und im Endeffekt müsst ihr nur vom Start bis zum Ziel eines Level gelangen. Lebend natürlich. Am Rest gibt es nichts zu meckern. Das Spiel ist bis an den Rand mit Action gefüllt, euch wird kaum eine Pause gegönnt und ihr ballert, was das Zeug hält. Alle Spielaktionen gehen nach gewisser Zeit in Fleisch und Blut über und spätestens dann macht Red Steel einfach nur noch einen Mordsspaß. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Das Aushängeschild: Schwertkämpfe
Das wohl bedeutendste Element und zugleich Markenzeichen von Red Steel sind die Schwertkämpfe mit dem Katana. Trefft ihr auf einen Gegner mit Schwert, wird dieser vom Spiel fixiert und ihr kommt erst weiter, wenn ihr ihn besiegt habt. Schwertschläge führt ihr durch Bewegungen mit der Wii-Mote aus. Der Nunchuck dient zum Blocken. Mit dem Stick könnt ihr ausweichen und durch Bewegen des Nunchucks (links, rechts oder vom Bildschirm weg ziehen) die gegnerischen Schläge blocken. Hierbei ist Können und Geduld gefragt. So will ein Schlag des Gegners beispielsweise im richtigen Moment pariert werden, damit dieser aus dem Gleichgewicht geworfen wird, zurückstolpert und in diesem Moment eine perfekte Zielscheibe für euer Schwert bietet. Habt ihr einen Gegner besiegt, stellt euch das Spiel vor eine Moralfrage. Lasst die Wii-Mote nach unten sausen um den Gegner zu töten, oder tut selbiges mit dem Nunchuck, um ihn zu verschonen. Letzteres bringt euch Respektpunkte ein, tötet ihr ihn allerdings, kann es sein das ihr spezielle Gegenstände erhaltet.
Und jetzt kommt der große Haken betreffend der Steuerung. So toll es auch klingen mag, mit der Wii-Mote Schwertkämpfe auszutragen (Ohne Zweifel, wir alle haben davon geträumt), umso ernüchternder ist es, das eure Bewegungen nicht 1:1 übertragen werden. Stattdessen werden sie abgeglichen und es wird quasi geprüft, in welches Bewegungsmuster eure Bewegung passt. Dementsprechend wird dann einer von 8 möglichen Schlägen ausgeführt. Dabei passiert es gut und gerne, dass der Schlag im Spiel gar nicht eurer Aktion mit der Wii-Mote entspricht. Leider hier ein großes Minus für die Steuerung von Red Steel, doch da die Schwertkämpfe nicht den Löwenanteil im Spielablauf einnehmen, geht das Spiel daran nicht den Bach runter. Sehr schade ist es trotzdem. Hier wurden eindeutig Chancen auf eine höhere Wertung verspielt.
Der Mehrspielermodus
Einen Multiplayer bekam Red Steel dann auch noch spendiert. Noch mal ein Plus. Denn der ist wirklich ganz okay geworden. Es gibt 3 Modi. Deathmatch und Team-Deathmatch, welche selbsterklärend sind und als drittes den Killer-Modus. Dieser kann nur mit vier Leuten gespielt werden und ist in Runden aufgeteilt. Dabei spielt jeder Spieler für sich alleine und bekommt über den Lautsprecher der Wii-Mote ein geheimes Ziel. Wer sein Ziel zuerst erfüllt bekommt Punkte für die jeweilige Runde. Das Spiel bietet vier Maps: Docks, ein Hafenareal, ein Dojo, ein Restaurant und eine Spielhalle. Es werden dabei die üblichen Einstellungen wie beispielsweise Zeitlimit geboten und jeder Spieler kann vor dem Start einen Bonus wählen, z.b. +20% Feuerkraft, mehr Energie, etc., so dass alles etwas interessanter wird. Eine Onlinefunktion gibt es nicht und in Anbracht von nur vier Maps ist das alles ein bisschen schade, dennoch haben wir hier einen grundsoliden Multiplayer, der Spaß macht und sicher für einige schöne Daddelabende mit Freunden sorgt. Bleibt nur die Frage, wem das kostspielige Vergnügen zu Gute kommt, die ganzen Wii-Motes und Nunchucks zu kaufen.