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Hands-On: Kirby's Epic Yarn
Preview von Burkhart von Klitzing (mail) | 09.08.2010

„Oh, das neue Kirby. Das muss ich auch unbedingt noch spielen.“ „Dann mach doch einfach.“ „Na, den Kollegen da werd ich wohl noch zu Ende spielen lassen.“ „Wieso? Spiel doch einfach mit!“
Einen simplen Knopfdruck später finden wir uns sogleich als blaues Schnurwesen in einer längst laufenden Partie neben Kirby wieder und genießen erst einmal, wofür Kirby’s Epic Yarn bislang die meisten Vorschusslorbeeren einheimste: Den Look, der einem Heimwerkunterricht entsprungen zu sein scheint. Bäume, Wiesen, Wolken und selbst ganze Gebäude bestehen aus Stoffflächen, die dermaßen flauschig aussehen, dass man am liebsten gleich über den Schirm streichen möchte. Helden und Feinde hingegen setzen sich aus dem namensgebenden Garn zusammen und erlauben dank Texturleere stets einen Blick durch ihre Kullerbäuche und flatternde Ärmchen. Auch sonst hat Entwickler Good Feel scheinbar tief in Großmutters Näh- und Häkelkiste gegriffen. So säumen etwa Knöpfe, Reißverschlüsse und Strasssteine die bunten Landschaften, die durch übereinanderliegende Stoffteile und die ungewohnten Animationen einen ähnlich schicken und gleichzeitig verwirrenden dreidimensionalen Effekt zaubert, wie schon die Paper Mario-Serie. Obwohl alles deutlich erkennbar platt daherkommt, wirken die Figuren plastisch, wenn sich die Garnfäden umherwinden.



Diät
Epic Yarn gewinnt durch seinen Look nicht nur an optischer Eigenständigkeit, er erlaubt den Entwicklern zugleich einen simplen Kniff, der das Gameplay der langlebigen Serie ordentlich umnäht – Verzeihung: umkrempelt. Da der pinke Edelknödel in seinem neuen Abenteuer quasi leer und durchlässig ist, kann er seinen gewohnt großen Appetit nach Gegnern nicht mehr stillen und auch Luft, Äpfel und co lassen sich nicht mehr einsaugen. Ausgedehnte Flatterpartien und Kopie der Fähigkeiten von Feinden fallen somit weg, an ihre Stelle treten eine Art Peitsche und eine Handvoll omnipräsente Verwandlungen. Mit der Leihgabe der Familie Belmont könnt ihr Kontrahenten packen um sie als Wurfgeschosse zu missbrauchen. Knöpfe können gegriffen und so als Schwunghilfe zum Erreichen höherer Plattformen genutzt werden. Andere Knöpfe schieben nach einem Ruck Stofffetzen übereinander, wodurch vormals unerreichbare Kanten plötzlich in greifbarer Nähe liegen, Reißverschlüsse werden wundervoll animiert geöffnet und offenbaren so dahinterliegende Areale.

Kirbys Metamorphosen aktivieren sich teils automatisch zu gegebener Zeit. Hängt ihr etwa an einem Reißverschluss und zieht ihn mit aller Kraft auf, dann muss schon ein ausgewachsenes Kettenfahrzeug her. In einem kurzen Level zeigt sich, dass das Wort „ausgewachsen“ noch ganz andere Dimensionen annehmen kann, wenn Kirby sich in einen Panzer verwandelt, der den halben Bildschirm einnimmt, während der zweite Spieler die übrige Hälfte mit mächtigen Fausthieben und Raketen eindeckt. Andere Verwandlungen, wie ein schnittiger Rennwagen und ein langsam herab segelnder Fallschirm dagegen sollten im richtigen Moment aktiviert werden um zusätzliche Edelsteinvorräte zu entdecken oder schlicht voranzukommen.



Fadenscheinig
Die Sache mit dem Vorankommen ist denn auch möglicherweise der Faden der Klothos, der von Atropos Schere bedroht ist. Wo die Damen der griechischen Mythologie noch abhängig von Schwierigkeiten im Leben der Erdbewohner deren Lebensfäden durchtrennten, könnte Epic Yarn über einen Mangel an Schwierigkeit stolpern. Sicher, die Serie war noch nie für sonderlich große Herausforderungen an die Spieler bekannt und der Mangel einer freien Flugfähigkeit wie in den Vorgängern verspricht zunächst anspruchsvolleres Plattformbusiness, doch Kirby kann diesmal nicht sterben. Trifft ihn ein Feind, hüpft er lediglich ein Stück nach hinten. Einen ähnlichen Weg ging bereits Wario in Wario Land 2-4. Je nach Art der Bedrohung verlor der Antiheld hier zumindest Münzen oder Fortschritt, etwa indem er mit angeschwollenem Kopf in ein höher gelegenes Gebiet emporstieg oder als Zombie durch Bodenplatten fiel. Kirby hingegen scheint bislang keinerlei Bestrafung fürchten zu müssen, was etwa den Bosskampf gegen einen eigentlich bedrohlichen Drachen zur Farce macht. Statt seinen Attacken auszuweichen, preschen wir todesmutig nach vorne, lassen jeden Angriff über uns ergehen und schlagen zu, sobald er seine verletzliche Zunge preisgibt. Zumindest sieht das ganze Prozedere erneut bildschön aus.

Fazit:
Style over Gameplay? Wir wollen es nicht hoffen, schließlich bieten die spielbaren Abschnitte neben einem (man kann es schlicht nicht oft genug betonen) wundervollen optischen Stil bereits beinahe erfrischend klassisch anmutende Hüpfaction und spannende kompetitive Punktehatz die einfach jede Menge Spaß macht. Was bislang fehlt, ist ein Anreiz, die Feindesscharen halbwegs ernst zu nehmen, was nicht nur an der gewohnten Niedlichkeit mitsamt Kulleraugen und Pausbäckchen liegt, sondern an Kirbys Unverwüstbarkeit. Früher ging das ja auch. Dafür hätte man bei früheren Titeln auch warten müssen, bis der Kollege seine Partie beendet hat. So hat wohl alles seine guten und weniger guten Seiten.

Von Burkhart von Klitzing
WiiX Wertung
Prognose Sehr gut



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