Preview von Tim Herrmann (mail) | 25.08.2009
Wer hätte damals bei Rayman Raving Rabbids gedacht, dass die Häschen irgendwann einmal eines von Ubisofts wichtigsten Aushängeschildern sein könnten? Damals war das Spiel noch als Raymans viertes Jump & Run geplant, in dem der Gliederlose gegen die Hasenarmada kämpfen sollte, bevor es irgendwann zu einer Minispielsammlung und ein Jahr danach zu einem exklusiven Franchise für Nintendo wurde. Ubisoft bewirbt die Rabbids momentan so stark wie selten zuvor, während die Fans gleichzeitig langsam das Interesse verlieren. Nach drei Minispielsammlungen von sehr schwankender Qualität in einem Zeitrahmen von nur drei Jahren wird es Zeit für Neues – 2009 ist es endlich so weit: Rabbids Go Home erscheint – und es ist keine Minispielsammlung. Auf der gamescom 2009 führte Ubisoft das Spiel vor und wir haben verschiedene Levels für euch angeschaut und wollen einen Blick voraus werfen.
Unkonventionell
Alle Spiele mit den Rabbids haben sich bisher dadurch ausgezeichnet, dass sie völlig gegen jeglichen Strom schwammen: Killerkarnickel erobern die Welt und müssen mit Klopümpeln abgeschossen werden – Hallo? „Geht’s noch?“, hat sich der Spieler bei allen Rabbids-Spielen gefragt. Gleichzeitig war das Gameplay aber leider immer höchstgradig konventionell. Mit Minispielsammlungen geht man schließlich kein großes Risiko ein, auf der spielerischen Ebene zu versagen. Rabbids Go Home tut einen erfrischenden Schritt in eine neue Richtung: Diesmal wollen die Hasen zum Mond, um nach Hause zurückzukehren, und bauen dazu einen gigantischen Turm aus Müll.

Aber die Hasen wären nicht die Hasen, wenn sie einfach von Plattform zu Plattform hüpfen würden, wie es ihr ehemaliger Opponent Rayman tun würde, der im neuen Ableger voraussichtlich überhaupt keine Rolle spielen und nicht einmal vorkommen wird. Stattdessen setzen sich zwei Karnickel in einen Einkaufswagen und düsen damit durch die Landschaft, terrorisieren die Menschen (Rabbids Go Home spielt wieder in der realen Welt), brüllen ihre Feinde an, um sie vor Schreck aus den Kleidern springen zu lassen, und sammeln alles ein, was ihnen vor die Räder kommt. Die Spielmechanik ist dabei genauso wild, wie sich das Prinzip anhört. Denn der Einkaufswagen steuert sich nicht schnurgerade wie auf Schienen, sondern braucht erhebliche Radien, um Kurven passieren zu können – wie man eben so mit einem Einkaufswagen fährt. Besonders bei schnellen Geschwindigkeiten wird es ziemlich knifflig, Hindernisse zu passieren oder Items einzusammeln und beim Umkehren geht die Geschwindigkeit ganz raus – das scheint aber durchaus so gewollt von den Machern, denn man soll nicht einfach präzise durch die Levels gleiten, sondern wirklich den Eindruck des kompletten Rabbids-Chaos bekommen. Gute Spieler werden unterdessen ihre Freude daran haben, die Levels auswendig zu lernen und so einen perfekten Run hinzulegen.
Do-It-Yourself-Rabbids
Eine Besonderheit bei Rabbids Go Home, die wir ebenfalls in Aktion sehen durften, ist der Haseneditor. Hier kann der Spieler zunächst mit einem kleinen Hasen spielen, der in einer virtuellen Wii-Remote sitzt und mit Bewegungen durch die Gegend gewirbelt werden kann. Außerdem reagiert er auf Knopfdrücke – die Entwickler haben sich hier Mühe gegeben, den Modus voll zu packen mit Überraschungen (beispielsweise bewirkt dreimaliges Drücken auf den A-Knopf einen interessiert den Knopf fixierenden Rabbid, der dann entsprechend der Anzahl an Drücken mehrmals „Dah“ flüstert). Hauptfeature dieses Modus ist aber der Editor. Mit den Gegenständen, die ihr im Spiel gesammelt habt, könnt ihr die Rabbids anmalen, verkleiden oder verformen. So verschiebt ihr Augen, blast Ohren auf, pinselt den Häschen das Ubisoft-Logo ins Gesicht oder malt ihr Fell grün an. Der Clou: Mit diesen selbst geschaffenen Rabbids könnt ihr dann auch das Spiel bestreiten. Eine nette Idee.

Der Entwickler, Ubisoft in Montpellier, fand die Idee anscheinend sogar so gut, dass man das Feature noch stärker unterstützen will. Wie man uns verriet, soll es zum Start von Rabbids Go Home einen Extrakanal (wie damals bei Wii Fit mit dem Wii-Fit-Kanal) geben, in dem regelmäßig Designerwettbewerbe mit Rabbids gestartet werden. Außerdem kann man seine Hasen mithilfe des Verbindungsservices WiiConnect24 hochladen oder Designs von anderen empfangen.
Weder Jump & Run noch Racing
Aber wie spielt sich Rabbids Go Home nun? Ein traditioneller Platformer ist das Spiel nicht, es gibt gar nicht die Möglichkeit, den Einkaufswagen hüpfen zu lassen. Ein Racing-Spiel ist es dagegen auch nicht, denn festgeschriebene Kurse gibt es nicht. Die Levels sind frei zu erkunden und bergen weit mehr als nur die einfachen Routen zum Ziel – es gibt zahlreiche versteckte Geheimnisse und Gegenstände sowie Quests und Aufgaben von anderen Hasen. Damit erinnert das Spiel gameplaytechnisch stark an THQs Wii-Hit de Blob aus dem Jahre 2008, wo man sich auch frei bewegen konnte, Gebäude einfärben musste und zwischendurch besondere Aufgaben von seinen Freunden bekam.
Bei den Levels findet sich eine gesunde Mischung aus offenen Welten und actionbasierten Geschwindigkeitskursen, in denen die Rabbids z.B. auf einer Flugzeugturbine durch den Flughafen rasen. Ihr werdet weiß umrandete Gegenstände einsammeln und in eurem Einkaufswagen platzieren, der dann auch immer voller wird. Zwischendurch werdet ihr auf Posaunenhasen treffen, die euren Fortschritt in Form der gesammelten Items sichern und zum Müllturm schicken. Extraaufgaben geben euch dann eine bestimmte Anzahl an Items vor, die ihr einsammeln müsst, oder lassen euch die Levels nach Verstecken erkunden.

Garniert wurde das Ganze immer wieder mit Zwischensequenzen, in denen man zum Beispiel musizierende Orchester-Rabbids sah oder den Häschen bei ihren Eskapaden mit String-Tangas und sonstigem beistehen durfte.
Fazit: Rabbids Go Home mag auf den ersten Blick mit seinen träge steuerbaren Einkaufswagen und pastellfarbenen Grafiktönen schal und uninspiriert wirken, tatsächlich steckt hinter dem Konzept aber eine gute Idee mit vielen versteckten Features, die nicht jeder gleich entdecken wird. Endlich sind ein zusammenhängender Spielverlauf und eine Geschichte vorhanden – dazu wird Rabbids Go Home sich über Menschen und ihre Gewohnheiten lustig machen und den Spielern somit gewissermaßen den Spiegel vorhalten. Nicht umsonst bezeichnet sich der Titel selbst als Comedy-Adventure. Das Gameplay ist ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu den aneinander gereihten Minispielen und bietet potentiell genug Stoff, um genau wie das spielerisch ähnliche de Blob lange zu unterhalten. Wie gut das Spiel wirklich wird, wird in der Vollversion durch die Dichte der Zwischensequenzen und deren Beitrag zur Geschichte sowie in der Abwechslung in den einzelnen Levels bestimmt werden. Ich freue mich jedenfalls bereits auf den Titel, der zumindest bei mir einen guten Ersteindruck hinterlassen hat, und drücke den Rabbids wirklich die Daumen, dass sie endlich ihren ersten spielerischen Hit landen können.
Von Tim Herrmann
WiiX Wertung |
Prognose Sehr gut |
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