Preview von Kamil Witecy (mail) | 13.08.2008
Hat man erst einmal ein Image, egal welcher Art, ist es relativ schwer, dauerhaft davon loszukommen. Dies trifft auch auf Nintendo zu, die bereits seit einigen Jahren von vielen selbsternannten Experten mit dem so genannten „Kiddie-Image“ abgestempelt werden. Mit der Einführung von Nintendos neuester Heimkonsole Wii hat sich dies angesichts Nintendos familienfreundlicher Spielepolitik kaum geändert, zumal auch andere Entwickler mit einem Großteil der veröffentlichen Wii-Software vor allem ein junges Publikum beziehungsweise so genannte Non-Gamer ködert. Nur vereinzelt buhlen die Entwicklerschmieden um die Gunst der reiferen Spielerschaft. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass der in den letzten Monaten mit Abstand brutalste, neu angekündigte Spieletitel exklusiv für Nintendos Wii erscheinen wird. Die Rede ist von MadWorld, das spielerisch in eine gänzlich andere Kerbe als der Wii-Durchschnittstitel schlägt und ausschließlich für ein volljähriges Publikum entwickelt wird. Der düstere Titel entsteht derzeit in Zusammenarbeit mit SEGA bei Platinum Games, einem jungen Entwicklerstudio, das aus ehemaligen Mitarbeitern der Clover Studios besteht. Diese zeigtensich bereits für den innovativen Cel-Shading Prügler Viewtiful Joe und das sowohl künstlerische, als auch spielerische Meisterwerk Okami verantwortlich. Geleitet wird die Entwicklung von Shigenori Nishikawa, der zuvor schon in Dino Crisis 2 (und leider auch 3), im Resident Evil Remake und Resident Evil 4 seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat.
Jacks brutale Großstadt-Hetzerei
In MadWorld schlüpft der Spieler in die Rolle des Antihelden Jack, einem Muskelberg, der durch die dunklen Strassen einer nicht näher bekannten Großstadt zieht und allerlei Gegner auf besonders brutale Weise aus dem Weg räumen muss. Gesteuert wird Jack dabei ganz klassisch per Analogstick des angeschlossenen Nunchuks. Nähert ihr euch einem Gegner, könnt ihr mit einem Druck auf den B-Trigger eine Kampfsequenz einleiten, die wohl größtenteils mit Bewegungen der Wii-Remote zu Ende geführt wird. Dass MadWorld Nintendos kürzlich erst neu angekündigtes und sich anbietendes Controller Addon WiiMotion Plus unterstützen wird, wurde hingegen schon ausgeschlossen.

Besonders markant ist Jacks im rechten Arm integriertes „Accessoire“, welches schnell einen Vergleich mit dem von Epic entwickelten und hierzulande indizierten „Gears of War“ nach sich zieht. Genau wie Freiheitskämpfer Marcus Fenix ist auch das protzige Einzelkämpfer mit einer Kettensäge ausgestattet, mit dessen Hilfe er seine Feinde kurzerhand in der Mitte zweiteilt oder diverse Gliedmaßen durchtrennt. Im ersten gezeigten Trailer zum Spiel wird darüber hinaus auch das pochende Herz eines Gegners auf bestialische Art und Weise herausgerissen und anschließend mit der bloßen Hand zerquetscht. An wiederum anderer Stelle wird ein Gegner schwungvoll in eine rostige Mülltonne geworfen, deren zuklappender Deckel den Fiesling schonungslos halbiert, womit wir auch schon bei einem weiteren Gameplayelement angelangt wären. Ein wichtiger Aspekt in MadWorld ist die Interaktion mit der Umgebung. So kann man Gegner beispielsweise auf Dornen zerspießen, sie von Ventilatoren zerstückeln lassen, von Gebäuden werfen oder ihnen Straßenschilder durch die Schädel rammen. Dies soll laut den Entwicklern aber nur eine kleine Auswahl an den verschiedenen Exekutions-Möglichkeiten sein, die ihren Weg in MadWorld finden sollen. So darf davon auszugehen sein, dass man in der finalen Version von vielen weiteren, kreativ-bestialischen Ideen der Entwickler überrascht wird. Neben diesen Kampfsequenzen, in denen natürlich auch groß angelegte Bosskämpfe nicht fehlen werden, verspricht der Entwickler aber zusätzlich noch weitere, innovative Gameplayelemente, die das Spiel interessanter und einzigartig machen sollen. Einer dieser Elemente sind Minispiele, die den Ablauf der Brutalo-Action ein wenig auflockern sollen. In einem davon („Man Darts“) gilt es beispielsweise, die Widersacher auf eine überdimensional große Dartscheibe zu dreschen, um so eine bestimmte Anzahl an Punkten zu ergattern. Generell halten sich die Entwickler jedoch gerade in diesem Bereich sehr bedeckt, sodass man bislang keine weiteren Auskünfte geben kann.
In Blut getränkte Schwarz-Weiß-Malerei
MadWorld klingt brutal - und ist brutal. Schließlich dürfte klar sein, dass die ausschreitenden Gewaltszenen nicht ohne anstößiges Blutvergießen daherkommen werden. Dabei will sich das Spiel generell überhaupt nicht ernst nehmen und mit viel Selbstironie und überspitzem Sarkasmus aufwarten, was schon durch die ungewöhnliche, jedoch absolut stylische Aufmachung deutlich wird. Ganz nach dem Vorbild von Frank Millers Sin City ist MadWorld komplett in schwarz-weiß gehalten. Lediglich der vergossene Lebenssaft wird in übertrieben knalligem Rot dargestellt. Dies soll den gewollten Comic-Look des Titels unterstreichen, durch den auch die übertriebene Gewaltdarstellung zu erklären ist. Der Stil kann dabei schon in der gegenwärtigen Phase überzeugen und soll bis zur Veröffentlichung noch an diversen Stellen verfeinert werden, da die Kapazitäten der Wii-Hardware noch längst nicht ausgeschöpft seien. Kein Wunder auch, wenn ein Großteil der Designer von Viewtiful Joe und Okami ihre Finger im Spiel haben. Ebenfalls erfreulich ist, dass das Spiel angesichts von ersten Gameplay-Demonstrationen absolut flüssig abläuft, auch wenn sich der Bildschirm gerade in ein dreifarbiges Schlachtfeld voller Blutfontänen verwandelt.

Zur Story ist hingegen nur sehr wenig bekannt. Bisher lies man sich nur zu der Aussage verleiten, dass die Geschichte hinter dem Spiel durchaus komplex daherkommen und mit viel Humor gespickt sein wird, sodass es in MadWorld nicht nur um ein stupides Besiegen und Töten von Feinden gehen wird. Ferner wurde seicht angedeutet, dass Jack seinem makaberen Mord-Trip nicht freiwillig folgt, sondern keine Wahl zu haben scheint. Außerdem wird man im Spielverlauf von einem Komitee, der so genannten Death Watch, beobachtet und in seiner „Leistung“ bewertet. Makaber, aber letztlich nur ein weiterer Aspekt dafür, dass man das Spiel nicht allzu ernst nehmen sollte. So wird man darüber hinaus während der Tötungsorgie akustisch von einem feschen Kommentator begleitet, der zu sämtlichen Manövern seinen mit tiefschwarzem Humor getränkten Senf abgeben wird. Das soll laut den Entwicklern die Stimmung einer Sportübertragung rüberbringen und somit wohl auch die angehende Brutalität ein wenig herunterspielen.
Dennoch wird dies wohl nicht ausreichen, um den Titel weltweit spielen zu können. Wenn man bisherige Entscheidungen der USK bedenkt, ist ein Release in Deutschland nahezu ausgeschlossen, sodass sich volljähriges Publikum wohl bei unseren Nachbarn in Österreich und der Schweiz umsehen sollte, wenn MadWorld voraussichtlich im ersten Quartal 2009 in Europa erscheinen wird. Eine weitere Möglichkeit wäre generell auch der Import aus Großbritannien, doch auch hier machen sich angesichts der Thematik erste Bedenken breit. So hat die britische Vereinigung Mediawatch, die es sich zum Ziel gesetzt hat, für mehr Familienfreundlichkeit in den Medien zu sorgen, erste Forderungen an die BBFC (das britische Äquivalent zur USK) gestellt, dem Spiel keine Einstufung zu vergeben, wodurch es offiziell nicht erscheinen dürfte. Man plädiert dafür, dass es moderne und zivilisierte Wertvorstellungen in Videospiele schaffen sollen - und nicht das Töten. Wie genau dieses leidige Thema letztlich aber endet, wird man erst dann sehen können, wenn Segas ambitionierter Angriff auf die Core-Gamer im nächsten Jahr den Goldstatus erreichen wird.
Fazit: MadWorld ist ohne Zweifel eines der blutigsten Spiele der letzten Jahre und will sich aufgrund der einzigartigen Aufmachung, des schwarzen Humors und der überspitzten Gewaltdarstellung definitiv nicht ernst nehmen. Volljährige Spieler sollten SEGAS Projekt definitiv im Auge behalten, denn mit MadWorld könnte uns Anfang des nächsten Jahres ein echter Kracher ins Haus stellen.
Von Kamil Witecy
WiiX Wertung |
Prognose Sehr gut |
|