Preview von Burkhart von Klitzing (mail) | 28.08.2006
Wer sich noch an die Nintendo-Pressekonferenz anlässlich der diesjährigen E³ erinnert, der hat vielleicht auch noch Miyamotos Auftritt zur Eröffnung im Kopf. Der Mario-Erfinder stand alleine auf der Bühne mit einer Wii-Mote in der Hand. So ganz alleine war er dann doch wieder nicht, denn auf der großen Leinwand erschien das virtuelle Orchester aus der profan Wii Orchestra betitelten Tech-Demo und es spielte passend zu seinen „Taktstock-Bewegungen“.
Wir hatten nun die Gelegenheit selbst Hand an Wii Orchestra zu legen und auch wenn es wahrscheinlich keine Demo eines kommenden Titels ist sondern vielmehr eine Tech-Demo ist, wollen wir euch an unseren Erfahrungen teilhaben lassen.
Zunächst steht die Wahl zwischen zwei Stücken an: Das Zelda-Theme oder Verdis Carmen. Wer sich für eines entschieden hat, bekommt noch in einem extrem kurzen Tutorial die Steuerung erklärt, bevor es endlich losgeht. Die Wii-Mote wird rhythmisch auf und ab bewegt, was ebenso simpel ist, wie es sich liest. Das Problem ist nur, dass der Spieler im Dunkeln darüber tappt, was seine Aufgabe ist. Das Tutorial verliert kein Wort über Geschwindigkeit, Stärke oder Weite der Bewegungen. Das völlige Fehlen jeglicher Bildschirmanzeigen ist da auch keine Hilfe.
Nach einiger Zeit, die mit eher ziellosem Gefuchtel gefüllt wird, hat man zwar noch immer nicht zweifellos erkannt, was genau gefordert wird, aber zumindest merkt man, dass „mächtigere“ Bewegungen die auf N64-Niveu modellierten Orchester-Mitglieder lauter spielen lassen und auch lautere Instrumente wie Becken zum Einsatz kommen lassen, während sanfte Stock-Führung zu ruhiger Streichmusik führt. Ob es nun die Stärke einer Bewegung ist oder die Geschwindigkeit oder sonst was vergisst man denn auch recht schnell, weil man ohnehin einfach nur die Emotionen der Musik auf sich wirken lässt und sich nach ihr richtet. Da, wie gesagt, keine Spielanzeigen vorhanden sind, muss der Spieler zwar das Stück kennen um überhaupt zu wissen, ob eine ursprünglich ruhige oder durchdringende Passage ansteht, aber wer weiß, dass gleich die Pauken ertönen, der reißt die Wii-Mote in die Höhe, fährt sie mit einem Ruck gen Süden und holt direkt zum nächsten Schlag aus. Bei ruhigen Momenten werden die Bewegungen quasi automatisch feinfühliger.
Wie auch immer die Situation ist, man verliert sich in der Musik und handelt einfach richtig, was sich schlussendlich in der Bewertung nach dem Stück zeigt. Hier gibt es nämlich plötzlich doch eine Anzeige über das Vermögen oder Unvermögen des Dirigenten und man weiß spätestens jetzt, dass man im Einklang zur Musik dirigieren musste, ohne jemals darüber aufgeklärt worden zu sein. Darin spiegelt sich auch die Genialität von Wii Orchestra wieder: Zwar wird man dazu gezwungen ein Stück im Vorhinein zu kennen, aber wer das erfüllt, der bekommt ein Musikspiel-Erlebnis geboten, wie es bislang wenige gibt. Hier wird die Musik nicht in ein enges Korsett vorbestimmter Bewegungen eingefasst und der Spieler nicht genötigt auf irgendwelche Pfeile, Kreise, Striche oder sonst etwas zu schauen. Alles was zählt ist die Musik, die klar erkennbar und für jeden verständlich beeinflusst wird. Ich habe noch nie bei einem Minogue-Song gedacht, dass an einer bestimmten Stelle das linke Bein zum Tanzen bewegt werden sollte oder dass bei Tubthumping erst die linke und dann die rechte Bongo geschlagen werden sollte. Jemand ohne eine Musikausbildung weiß auch nicht, welche Taste eines Keyboards welchen Ton erzeugt, aber praktisch jeder Mensch spürt bei einem Paukenschlag in Carmen Energie in der Luft und kann sich vorstellen, wie diese mit einem Dirigentenstock zum Ausdruck gebracht werden kann.
Fazit: Wie auch bei Wii Shooting ist es fraglich, ob Wii Orchestra jemals offiziell außerhalb irgendwelcher Messe-Hallen spielbar sein wird, aber ich hoffe auf ein kleines Wunder. Das Spielprinzip ist fast schon zu simpel und der Zwang dazu ein Stück zu kennen, bevor man es spielt kann zwar ein Hindernis sein, aber es lohnt sich, sich darauf einzulassen, denn in keinem anderen Musik-Spiel nimmt die Musik so klar die Hauptrolle ein. Es steht dem Spieler frei sich das Orchester anzuschauen, die Augen zu schließen oder sonst etwas zu tun solange er dabei noch Ohren für die Musik hat und ihr so zu folgen, wie man es für passend hält, was absolut genügt um gut abzuschneiden. Eine Potenzial-Einschätzung vergebe ich aber nicht, da es sich wohl nur um eine Tech-Demo handelt.
Von Burkhart von Klitzing
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